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Arbeiter Erwin Schoel, denen vorgeworfen wird, am , S. September bei^ dem Ueberfall den SA.-Mann Hermann ! Tielsch ermordet zu haben. Den beiden Angeklagten Ernst i Sehling und Heinrich Holzer wird vorgeworfen, zu I »em Mord Beihilfe geleistet zu haben. , Zu der Verhandlung, für die mehrere Sitzungstage in , Aussicht genommen sind, sind insgesamt 18 Zeugen geladen. ! Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hat sich der Ueberfall auf folgende Weise abgesvielt: Der bisher flüchtige Führer des Untergaues Zentrum des Roten Frontkämpfer- . Bundes, Hermann Tschäge, bereitete den Feuerüberfall i planmäßig vor. Es wurde ein „Stoßtrupp" gebildet, dem zur Aufgabe gestellt war, das SA.-Lokal zu umstellen und ruf ein besonderes Signal zu beschießen. Diesem Stoßtrupp gehörten außer Tschäge noch der Organisationsleiter Erwin Rätsch, der Literaturobmann Emil Beilfuß vom Roten Frontkämpferbund und der Kommunist Schoel an. Als die ? Kommunisten das SA.-Lokal kurz vor Mitternacht am S. September 1931 ereicht hatten, schossen sie zunächst aus einiger Entfernung die beiden SA.-Posten, Tielsch und Seelig, die vor der Gastwirtschaft standen, nieder, und feu- § erten dann zahlreiche Schüsse in das Lokal, wodurch die § SA.-Männer Ihlenfeld und Abholz schwer verletzt wurden. § Beilfuß, Schoel, Tschäge und Rätsch wurden nach der Tat durch die „Rote Hilfe" nach Rußland geschafft, wo die beiden ersteren bis zum Sommer vorigen Jahres verblieben. Sie kehrten dann nach Deutschland zurück, da sie unter den russischen Verhältnissen nicht leben konnten. Nach Eröffnung der Sitzung äußerte sich der Angeklagte Schoel zur Anklage. Er erklärte, er habe mit der Sache j selbst nichts zu tun, sondern sei nur als Mitwisser nach i Rußland gefahren. Mit dem Angeklagten Beilfuß sei er erst einige Zeit nach dem Ueberfall vor der Reise nach Rußland zusammen gekommen. „In Rußland", so erklärte der Angeklagte, „hat es so schlechtes Fressen gegeben, daß wir aus die Märkte gehen mußten, um Verkaufsstände auszuplündern, damit wir nicht verhungerten. Vor Ungeziefer ist man bald verkommen. Ich verdiente zwar 2S0 Rubel monatlich, aber wie soll man davon leben, wenn ein Brot schon 12 bis 15 Rubel kostet." Der Angeklagte erklärt weiter, er sei aus Rußland nach ' der Ukraine abgeschoben worden, weil er sich verschiedentlich an Protestaktionen der politischen Emigranten beteiligt habe. Tr sei dann nach Deutschland zurückgekehrt und habe bei der .Roten Hilfe" versucht, etwas im Sinne der politischen Emi granten zu tun. Der Reichstagsabgeordnete Pieck vom Zentralkomitee habe ihm aber erwidert: „Die in Ruhland gehen uns nichts mehr ant" Lr habe sich schließlich an die antibolschewistische Front ge wandt, um seine Kenntnisse über die russischen Verhältnisse zu verkaufen. Als man ihm dort mißtrauisch begegnete, habe er die Geschichte von seiner Beteiligung an der Ermor dung des Tielsch erzählt, um den Rationalsozialisten zu be weisen, daß er sich ganz in ihre Hände begeben habe. Der Vorsitzende machte den Angeklagten darauf auf merksam, daß er doch nach seiner Festnahme im Herbst vori- zen Jahres vor der Kriminalpolizei, wie auch vor dem ver- rehmungs- und Untersuchungsrichter ein Geständnis abge legt hätte. Der Angeklagte widerrief jetzt sein Geständnis Md erklärte, er habe sich nur dazu bereilgefunden, da die Kriminalbeamten ihm Hoffnung gemacht hätten, es würde eine Amneskte eintreten. Durch sein Verhalten habe er lediglich die KPD. blamieren wollen. Schadenersatzansprüche im Vaduzer Prozeh. Vaduz (Liechtenstein), 9. Juni. In den weiteren Ver handlungen im Prozeß wegen der versuchten Entführung der Brüder Rotter wurden die ziffernmäßigen Ansprüche der Aivilparteien bekannwegeben. Fritz Rotter und seine Schwe ster verlangen zur Ersetzung von Barauslagen rund 3900 Schweizer Franken und 3000 Schweizer Franken Genug tuungssumme zugunsten der Liechtensteiner Armenverwal tung. Frau Wolf fordert 800 Schweizer Franken zur Dek- kuna ihrer Barauslagen, dazu 4000 belgische Frank als Entschädigung für bleibende Nachteile. All« Angeklagten er klärten sich grundsätzlich zur Schadenswiedergutmachung be reit. Muller tötet drei ihrer Kinder. Das Schwurgericht Würzburg verurteilte die 42 Jahre alte ledige Tagelöhnerin Anna Gutermutb wegen Kindesmordes in drei Fällen zu Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust. Die Tagelöhnerin e^tickte drei ihrer Kinder nach der Geburt und vergrub sie im Keller. Notlandung des WeMegers Mattern Moskau, 9. Juni. Von dem Weltflieger Mattern fehl ten nach seinem Start in Omsk längere Zeit'irgendwelche Nachrichten. Später wurde gemeldet, daß er bei Proko pjewsk, 600 Kilometer von Nowosibirsk, eine Notlandung vor nehmen mußte. Von Nowosibirsk kam-ihm ein Flugzeug mit einem Mechaniker und Ersatzteilen zu Hilfe. Die Rol lo ung Matterns erfolgte wegen einer Motorpanne. Da b.' er Landung auch einige Verstrebungen am Schwanz- 1 ees Flugzeuges zerbrachen, verzögerte sich der Weiter- s '. Mattern hat bei seiner Notlandung Verletzungen nicht erlitten. Er befindet sich wohlauf. 85 -Mart derMoilisons mißglückt London, - Juni. Der Versuch des Fliegerehepaares Jim und Amy Mollifon, den von ihm geplanten Flug über den Atlantischen Ozean anzutreten. ist mißglückt. Das Ehe paar versuchte gegen 5.30 Uhr in Croydon zu starten. Das mit Brennstoff schwer belastete Flugzeug lief etwa 100 Me ter, stellte sich dann mfolge einer Unebenheit des Geländes auf den Kopf und fiel wieder zurück. Das Untergestell und die beiden unteren Tragflächen zerbrachen. Der'Propeller wurde verbogen und die Motoren aus ihren Lagern gerissen. ! Das Fliegerpaar blieb unverletzt. Die Jnstandsetzungsar- § beiten des Flugzeuges werden ungefähr einen Monat in ! Anspruch nehmen. Sodann werden wir, erklärte Mollison, s erneut das Unternehmen wagen. Drei Tote bei Explosion eines Schweihapparates. Bei der Legung von Wasserleitungsröhren in Bogutschütz (Ober schlesien) explodierte ein Schweißapparat. Drei Arbeiter wurden getötet, zwei schwer und vier weitere leicht verletzt. Niesenbrand in Bremerhaven Bremen, 9. Juni. In nächster Rähe des Brandes, vor einigen Tagen, unmittelbar gegenüber dem Aeuerdepol, brach > am Donnerstag wieder ein Brand — von noch gewaltigerem ' Ausmaß — aus. Das Feuer ist ganz überraschend entstan den. Die Ursache steht noch nicht fest. Der Schuvpen 7, in dem Fischmehl in großen Mengen gelagert wird, stand plötzlich in Hellen Flammen, die sofort auf den zwischen den . Schuppen 7 und S errichteten provisorischen Vaumwollschup- pen Übergriffen. Trotzdem die Vehr sehr rasch zur Stelle war, mußte der Schuppen 7 schon als verloren aufgegeben werden. Ls galt, den Schuppen S zu schützen, in dem grö ßere Mengen Baumwolle lagern. Die Bremerhavener Feuerwehr wurde tatkräftig unterstützt von der Wesermün der Feuerwehr, der Schutzpolizei ükd der SA. SSlMA Nachrichten r Taucha. DerTod i m B r u n u e n j ch u ch t. Ju. zerwerr ^auaza verungwate der ü/zäynge Robert Haupt tödlich; er war um oem Äusvetzern oer »chlemmanlage beschäftigt. Plötzlich stürzte ein Gerusiteil herab und traf Haupt so ichwer am Kops, daß er in die Mess geschleudert wuroe. Die Feuerwehr tonnte Haupt nur noch als Leiche bergen. Leipzig. o a m i t i e n d r a in a. Im Haus Bayerische »trage rov man die Layre alte, «en einigen Moumen verwitwete uma Bulter mu lyrem elf >myce anen <-oyn uno ver achtjährigen Dmyler gasvecgistel aus. Muller und »vyn wurveii t>> vervugilvie»» ou,»uno MV ^rankeuy^us gejiyufsl, wuy^env ve> orr nur nou- ver ^.oö jenZ'l- z»eUen war. -er g- in ^nr,wermui uve» e>en -rvv ves wauru «w mn,e>>. 2,yemnitz. Diamuniene Hochzeit, ^as seltene ' Fest ver Diamantenen ^va-zen veging oas Ehepaar Broi- aus in geistiger und körperlicher rven-ye. Der Ehemann yt Ehrenvorsitzender des Konzertmaeiubs Htwersöors und sieht im 83. Lebensjahr, während seine Frau 80 Jabre alt isi. Zusammenschluß von Gemeinden Seit etwa 20 Jahren ist die Bereinigung der Gemeinden Groß-, Klein- und Neugraupa betrieben worden, ohne daß eine Einigung erzielt werden konnte. In den letzten Wochen haben erneut Verhandlungen zwischen den drei Gemeinde vertretungen stattgefunden, in denen die Vereinigung endlich beschlossen wurde; die neue Gemeinde lall den Namen .Graupa" führen. Der Bezirksausschuß der Amtshaupt- mannschaft Pirna beschloß, die Vereinigung der drei Gemein den zu befürworten. Auch hinsichtlich der von den Gemeinde vertretungen von Reichstein und Hermsdorf beschlossenen Bereinigung unter dem Namen „Bielatal" lvracb der Be zirksausschuß die Befürwortung aus. Dänische ll-Booksflottille in der Rordsee. Das dänische i U-Bootsmutterschiff „Henrik Gerner" und fünf U-Boote durchfuhren auf einer Reise von der Ostsee zur Nordsee , den Kaiser-Wilhelm-Kanal. Das Ende des Fassadenkletterers Kaßner In der Nacht zum 2. Juni wurde, wie bereits gemeldet, rin wilder Diamantenhändler, der in Dresden auf der Straße Edelsteine zum Verkauf anbot, von einem Polizei beamten zur Rede gestellt und, da er mit einem Revolver gegen den Beamten oorging^ im^Handgemenge durch einen 1l. Fortsetzung " Der Rappe jagte vorwärts. Henning hatte die Sporen Mt nötig. Als das Pferd keuchend in Schritt verfiel, lag der Wald hinter ihnen. „Bist du in Rotacker zu Hause?" fragte Henning. „Ja, in der Mühle? antwortete eine ängstlich Stimme. Henning tonnte das Gesicht des Weibes nicht sehen aber die Kappe aus Otterpelz ließ nicht auf eine Mag! schließen. Quer über die Felder ritt Henning nach der Mühle Das Hoftor war verschlossen. „Holla!" rief Rotacker und trat mit dem Fuße gegei die schweren Eichenbohlen. Drinnen im Hofe wurde, Stimmen laut. „Wer ist's?" „Oeffnet!" schrie Henning ungeduldig. Vorsichtig wurde der Torflügel aufgesperrt. , „Was wollt Ihr?" „Ich habe da ein Weibsbild im Sattel, das sagt, ei gehöre in die Mühle!" Aus dem Hause kamen zwei Männer mit Kiensackeln Der eine trat an das Pferd und hob die Leuchte. i „Herr von Notacker?" rief der Müller erstaunt. „Vater!" „Linda!" Die Frau glitt von dem Pferd in die Arme Geb l Hardts. „Mußt' nicht, daß es Eure Tochter war", sagte Rotacke, „Herr, ich bitt' Euch, erklärt mir —" s Da sprengte auf dem gehetzten Gaul der Knecht in bei Hof, die Hände in die Mähne des zügellosen Pferdes gc krampft. „Euer Knecht kann's Euch berichten, Müller", sagt ! Rotacker und wandte den Rappen. * * * Henning brannte die Wachsstümpfchen am Christbaun an. Es duftete nach harzigen Tannennadeln. Das Lachei der Knechte und Mägde scholl aus der Gesindestube herau zu Henning Rotacker. Er rückte einen Stuhl neben dei Tannenbaum und breitete das Seidenkleid über di Lehne. Er nahm ein Küchlein von einem der Zinntellei die voll Backwerk, Aepfel und Nüsse auf dem Tisch standen, knabberte daran und lachte in sich hinein. E freute sich auf Berbcs erstaunte A ->n. Als Berbe dann in die Stube huschte, blieb sie ml gefalteten Händen an der Tür stehen. Ihre grauen Augei leuchteten im Glanz der Lichter. „Nun, Berbe, gefällt dir mein Baum?" Sie nickte. Sie hatte rote Wangen bekommen wie est staunendes Kind. „Und sieh, Berbe, auf dem Stuhl da, das ist mell Weihnachtsgeschenk für dich!" Nun kam sie näher, zaghaft und doch von NeugierH getrieben. Die Goldfäden schimmerten in dem Seidefl stoss. Leise strich Berbe mit der Hand darüber. Und st schüttelte den Kopf und blickte Henning verwundert au „Für mich, Herr? — Es ist Scherz!" „Nein, Berbe, du kannst es glauben: das Kleid ist fü dich!" Sie schaute ganz bekümmert drein. „Es mag sich fü mich nicht schicken!" „Soll die Liebste Hennings von Rotacker in Lumpci gehen?" sagte er stolz. „Wenn du dich selbst nicht dami schmücken willst, sollst du dich für mich schön machen!" Ein Leuchten ging über ihr Gesicht. „Ja, Herr, ftb dich — für dich!" ' Sie hielt behutsam das Kleid in die Höhe. „Wird el mir passen?" Henning lächelte. „Ich denke! Wenn wir neben einanderstehen, kann ich dich auf die Stirn küssen. Dai nahm ich zum Maß für das Kleid." ' ; „Soll ich's probieren? Heute abend?" „Freilich sollst du's!" Da nahm Berbe das Kleid und lief damit aus de, Stube. Henning schenkte den Becher voll Wein. Ein glück liches Lächeln spielte um seine Lippen, als er den Welu trank. Er ließ sich in den Lehnstuhl fallen und sah zu, wie die Wachslichtchen am Baum eines nach dem anderen erloschen. Er wurde ungeduldig. Die Berbe ließ ihn lange warten! Da wurde die Tür geöffnet. Henning sprang auf. Ihr Name verblaßte auf seinen Lippen. War es die Berbe? — Eine edle Fran, eine Königin! Sie hatte die Haare in modischer Art hochgesteckt. Schmaler und rassiger erschien das Gesicht, von Purpur röte übergossen, ein Lächeln von rührender Verlegenheit um den Mund. Henning Notacker schritt auf sie zu und neigte sich vor ihr wie vor einer Edeldame. Es war im Scherz ein zwingender Ernst. Aber Berbe flog an seinen Hals und barg beschämt das Gesicht an seine Schulter. „Oh, du flüsterte sie. Henning zog sie lachend an den Tisch. „Komm, wir wollen die Küchlein kosten; die Gret ist stolz auf ibr Backwerk." Sie saßen sich einander gegenüber, knabberten an den Kuchen, knackten Nüsse, tranken den Wein und waren von Liebe trunken. Aber das glückliche Staunen verlor sich nicht aus Hennings Augen. Die häßlichen Schimpfworts Ler Bauernburschen kamen ihm in den Sinn. Er lachte heimlich auf. Er besaß einen Schatz, von dem keiner etwas wußte, einen Edelstein, den die anderen für einen Kiesel ansahen. ------- Kurz nach Neujahr kam der Dillinger im Schlitten nach Rotacker. Er schnaufte die Treppe herauf und polterte in die Stube. Sein feistes Gesicht glänzte von der kurzen Fahrt durch den Wintertag. „Ihr seid mir ein netter Nachbar, Notacker! Dachi mir, Ihr würdet mir in Dillingen einen Besuch abstattcn. Dabei drückt Ihr den Pferderücken nicht halb so wie ich und schnappt nicht wie ich nach Luft wie ein Karpfen!" Henning empfand seine Unschicklichkeit, daß er dem Nachbar nicht, wie es die Sitte erheischte, einen Besuch in Dillingen gemacht hatte. „G'rad' in den nächsten Tagen wollt' ich zu Euch reiten", log er. „In den nächsten Tagen?" spottete der Dicke. „Viel leicht, wenn sie meine Leiche begraben hätten!? 's wär' mir eine Ehr', die letzte Ehr' - aber ich hält' nichts mehr davon. — Doch das ist gewiß: Euer Wein ist besser denn meiner. Drum setz' ich das Stück Wegs dran." Henning lachte und rief nach Hendel. „Ich will Euch nicht lange dürsten lassen!" Der Hausmeister brachte den Wein und schenkte den Herren die Becher voll. „Leg Holz aufs Feuer, Mann!" rief Dillinger. „Der Wind weht scharf vom Wetterstein her. Ich hab' im Schlitten die Füße halb erfroren! — Trinkt, Rotacker! Kein besser Freud' auf Erden ist als gutes Leben Han! — Steck' die Kerzen gleich an, Hendel, ich sitze nicht gern im Dunkeln!" „Ihr scheint Euch hier wohl zu fühlen, wie zu Hause!" sagte Henning. „Freilich, Rotacker I Zu Heinrichs Zeit war ich häufig zu Gast allhicr, daß mau von Gast kaum noch reden konnte. Jst's nicht so, Hendel?" Der Alte nickte. „Ihr habt recht, Herr! Einmal schlieft Ihr drei Tage lang in der Gaskammer Euren Rausch aus..." Dröhnend klang Dillingers Lachen. „Sag's ja immer, der Wein in Notackcr war allzeit gut!" Hendel hatte die Kerzen angezünvet und die Fenster zugestellt. (Fortsetzung folgt!)