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Lop>riplit k>' tzi.ictin b'i.'uolit'.vuiwi.'i', Hallo (Haak) IZs Nachdruck vcrboicii. 'Aber daS Ivar inimöglici). Er mußic diesem Niis Mister Snylous sosvri felgen oder gar nicht. Wenn er nicht umgehend zusagtc, waren hundert andere da, die diese einzigartige Chanee auönnhten. So gab cs kein Nederiegen. Der künftlcrischc Ehrgeiz war doch viel zu stark in ihm, in dem Beruf, den er sich ciust im Zwange der Not erwähl! hatte, nun auch das Höchste zu leisten. (LS gad nichts, was sich zwischen ihn und seinen Beruf stellen konnte. Er muhte eiligst packen und konnte nur ein paar hastige Zeilen schreiben, die Lorc von HnniuS anderntags erreichen würden. In einer Stunde ging der kleine Lokalzug, der auf der Hauptstrecke den Stuttgarter Zug erreichte und ihn weiter nach St. Moritz zu führen würde. V i e r zehnte s K apri e k. Lorc von Hunius hatte den Tag nnd die 'Nacht nach der Begegnung mit Mario Bernari in fiebernder Unruhe verbracht. Sie begriff nicht, Ivas eigentlich mit ihr vor- gcgaugen. Sic, die scheue, zurückhaltende Lore von Hunins, halte sich von einem sremdcn Manne, den sic nur zwcimal gesehen, umarmen, küssen lassen, ohne sich zu wehren! Wie war das nur möglich? Die Schamröte schlug ihr in die Waugen, wenn sie nur an die Szene im Garten dachte. Aber sie sühlte, sic hätte sich sa nicht wehren können. Denn diese süße Lähmung, die sie ergriffen, alS der Mann seinen Arin um ihren Hals schlang, diese süße Lähmung überkam sie selbst noch in der Erinnerung an seine Zärt lichkeit und seinen Uuß. Sie hätte sich ihrer Freundin Leni ossenbaren müssen oder der gütigen Fran Maria mit den klugen, forschenden Augen, die ihr heule beim 'Abendbrot nnd beim Gutenacht- sagen so nachdenklich entgcgcnschautcn. Aber auch nicht ein Wort vermochte Lore zu sprechen von dem Erlebnis deS Aachmittags. WaS hätte sie auch sagen sollen? Daß sic einen Menschen liebte, den sie ein-, zwcimal gesehen? Bon dem sie nichts wußte, als daß er ein kühnes, schönes Gesicht und eine stolze Gestalt hatte? Daß er tanzen konulc wie kaum eiu anderer? War dies alles genug, um zu begründen, daß sie wie ein kleines Mädchen sich willenlos in den Arm nehmen und küssen ließ? O nein, mau konnte dies alles nicht sagen. Aber man würde ihn ja Wiedersehen und würde ihm selbst vielleicht sagen können, daß man kein Menschenkind war, mit dem eiu Mann leichtes Spiel treibe» konnte. Man würde cs sagen, wenn mau die Krast dazu hätte. Lore schlug die Häudc vor das erglühende Gesicht. Würde sie die Kraft haben? Oder würde sic nichts anderes wissen, als daß er wieder bei ihr sein, daß sie seine geliebte Stimme hören, seine strahlenden, grauen "Augen sehen und seinen Kuß spüren würde? Die ganze Nacht lag Lore von Hunius wach und sah mit bangen Augen hinaus in die Sommernacht. Sie ver mochte nicht zu schlafen vor der neuen unbekannten Ge walt, die in ihr Leben gekommen, und sie war glücklich, als das erste Nosa des Morgens zwischen den Baum wipfeln des Gartens aufblühte und die ersten Vogcl- stimmen den beginnenden Tag cinsangcn. Die Arbeit, die heute wie jeden Tag auf sie und Leni wartete, war das beste Mittel, um über diesen fremden, unruhigen Gedanken hinwegzukommen. So war denn Lore neben Leni bald in Haus und Küche beschäftigt, so daß die Stunden wie im Fluge dahingingen. Es war nach dem Frühstück, um elf Uhr, als der Brief träger Beutinger auf seinem Rad vor dem Karlshof hielt. Lore, die gerade mit einem großen Eimer voll Brom beeren aus dem Obstgarten kam, stellte ihre Last hin und nahm Herrn Beutinger die Post ab. Als erster fiel ihr ein Brief an sie in die Hände, dessen Handschrift sie nicht kannte. Während Herr Beutinger in die Küche ging, wo wie immer ein kühler Trunk auf ihn wartete, öffnete Lore mit erstauntem Gesicht den Brief. Ohne recht zu be greifen, las sie diese Worte: „Lore, ich mnß unerwartet fort. Ich hätte gewünscht, mein Versprechen wahrmachen und bald nach dem Karlshof kommen zu können. Nun will cs das Schicksal anders, und ich muß nur hoffen, daß cs mich wieder einmal zn Ihnen führt. Ich denke sehr an Sie. — Schreiben Sie mir. St. Moritz postlagernd. M. V." Mit bleichem Gesicht starrte Lore von Hunius auf die ^energischen Schriftzüge, die ihr von dem gelblichen . lBttttenpapier entgegenleuchteten. Ein leiser Wehlaut kam jaus ihrem Munde. Aber sie legte im gleichen Augenblick imir einer beinahe wilden Bewegung ihre Hand auf den jMund. Ihre Stirn zog sich zusammen. Noch einmal sah isie auf das Papier. Dann ritz sie es mit einer energischen ^Bewegung mitten hindurch. Das war die Strafe dafür, daß sie sich hatte gehen jlassenl Nun hielt sie diesen Brief in Händen I Einen 'Abschiedsbrief! Denn nichts anderes könnte dieser Brief 'bedeuten, als einem Versuch einer neuerlichen Begegnung lauszuweichen. Sie hatte sich selbst und ihre Stellung ver gesse» »»r> mußte dafür büße». Doch niemand durste wincu. Ivie sie ins Her; getroffen war. Leni Binden»»»» in ihrem heimlichen smigen Glück spürte nichts von dem, was in Lore verging. Man batte auch alle Hände voll zu tun und konnte sich um den ein zelne» nicht recht kümmern.. Nur Fra» Maria Binder mai!» sah de» Zug der mühsam milerdrücNc» Oval i» LoreS Gesicht. Was war mir mit dem Kinde geschehen? DaS Uebermüligc war ans ihre» Augen gewichen, der sorglose, bisher fast kindliche Mund halte einen herben cjng bekommen. Irgend etwas war in Lores Leben ge treten, waS sic vollkommen verändert Halle. Aber immer, wenn sic Lorc fragte, sagte die hastig: „Ich bitte Sic, Tanlc Maria, bcunruhigcn Sic sich nicht um mich! Es ist wirtlich nichts. Aber schließlich miiß der Mensch doch einmal ernster werden. Uebcrdies sind die Gedanken an das, was kommt, wenn ich hier fertig bin, nicht besonders beglückend. Daß ich auf die Dauer nicht mit meinem Bruder Horst znsammcnleben kann, wird mir immer klarer. Ich hatte neulich erst wieder eine» Brief von ihm, der mir das klar bestätigte." „'Aber Kind, wenn cs das ist, was dein Herz beschwert — du kannst doch bei »ns auf dem Karlshof bleiben, solange du willst." „Ich weiß, Taute Maria, daß Sie mich nicht fortschicken würden, und dafür bi» ich Ihne» so dankbar. Aber für iilich ist eS besser, daß ich mich ans eigene Füße stelle. Ich möchte nicht, wie mein Bruder Horst, immer anderen Leuten zur Last fallen. Man miiß die Tatsachen nehmen, wie sie nun einmal sind. Geld haben wir Hunius' nicht mehr und müsse» sehe», welches z» verdienen." Fra» Maria Binderman» ließ sich wirklich durch Lores Worte täusche» nnd glaubte,..dgß nur die Sorge um ihre Zukunft Lorc so verändert hatte. Und Lore war glücklich! daß cs ihr gelang, den licbcvollen Fragen Frau Biiider- mauns auSzuweichcu. Ganz tief nmßtc sic in sich verschließen, was sic gc- lrosfen hatte. Tagsüber ging cs noch. Die Arbeit, die in der zweiten Julihälftc noch einmal stark ansticg, nahm ihre Kraft tagsüber in Anspruch. Nur die Abende, wenn die letzten Gäste den Karlshof verlassen, die Bücher ab gerechnet, die Küchcnrüume geschlossen waren, wurden bitter. Die Süßigkeit des Sommers machte das Blut schwer und die Sehnsucht heißer. Immer wieder flammte daun die Erinnerung auf an ein kühnes, schönes Männer- gcsicht, an eine dunkel vibrierende Stimme und einen Mund, der ihr die Sehnsucht ins Blut geküßt. So war denn Lore von Hunius ganz froh, daß man abends noch öfter den Wagen anspannte und nach Bad Kissingen hinübcrfuhr, um an dieser oder jener kleinen Veranstaltung teilzunehmen. Doktor Häber war es, der immer wieder im Karlshof anrief und Herrn Bindcr- mann bat, herüberzukommen. Einmal war es ein netter Theaterabend des Kurtheaters, das nächste Mal ein be sonders gutes Konzert, das dritte Mal ein Waldfest draußen in dem Kurpark, zu dem er Karten schickte, und an dem Abend, anläßlich eines Kongresses, der in Bad Kissingen stattfand, die Premiere eines Films, der in der Großstadt schon gelaufen war und als besonders gut galt. Doktor Häber hatte durch die alltäglich vorbeikommende Post drei Logenkarten für die Familie Bindermann ge sandt und hatte in einem Brief dazu bemerkt, daß er sich gestatten würde, während der Vorstellung, wenn die Ehrengäste begrüßt waren, einen Augenblick in der Loge von Herrn Bindermann Platz zu nehmen. Lore hatte mit gemachter Lebhaftigkeit zugestimmt, als Leni ihr glückstrahlend von dem Kinobesuch erzählt hatte. Sie selbst hatte bisher noch nicht allzuviel Kinovorfüh rungen gesehen, und was sie kannte, war ihr bisher immer flach und äußerlich erschienen. Sie hätte sich viel leicht lieber ein gutes Konzert oder einen ernsten Theater abend gewünscht. Doch war sie in ihrer zerrissenen Seelen stimmung dankbar für jede Zerstreuung, die sie von ihrem Kummer ablenkte, wenn es ihr auch jetzt immer ein leiser Schmerz war, Lenis glückstrahlende Augen zu sehen. Nicht als ob Neid ihre Seele ergriffen hätte. Denn sie gönnte der geliebten Freundin alles Gute und Schöne. Doch unwillkürlich mußte sie an ihren eigenen Liebestraum denken, der so schnell und jäh zerstört worden war. Sie hatte bald nach jenem ersten Brief einen zweiten von MaNo Bernari bekommen. Aber sie hatte diesen Brief uncröffnet an den Absender zurückgesandt. Der letzte Nest von Stolz, den sie sich bewahrt, verbot ihr, eine heimliche Korrespondenz mit diesem Manne zn beginnen, der nach ihrer Meinung mit ihr nur gespielt hatte. Aber immer wieder mußte sic an ihn denken. Und auch jetzt, während sie neben Leni und Herrn Bindermann in der dunklen Loge des Kinotheaters saß, stand vor ihrem Geiste die Gestalt Mario Bernaris. Sie schloß die Augen und spürte, wie in der Dunkelheit unter den Lidern ihr die Tränen hervorquollen. Sie war so dankbar, hier im Dunkeln zu sitzen, unbeobachtet, und wieder einmal die Maske der Heiterkeit ablegen zu können, die sie sonst unter schmerzhafter Mühe trug. Die Musik, die aus dem Orchester zu ihr kam, war ihr ein fernes Rauschen. Ihre Gedanken waren weit fort bei dem Mamie, der sic einmal geküßt und dann verlassen hatte. Sie preßte die Hand ausS Herz. Wie Weh das tat! Wie schlug cS und sehnte sich »ach etwas, was unwieder bringlich verloren war. Gewaltsam öffnete sie die Augen, um sich zur Wirklichkeit zuriickzufindcu. Mau durfte nicht träumen. Trani» war daS Gefährlichste, WaS cs für ein einsames, »»glückliches Herz gab. Da weitete» sich ihre Auge». Ging der Traum weiter. Narrte sic ein Trugbild? Da vorn ans der Leinwand stand eine wnnderbar schöne Fra», oen Kopf sehnsüchtig erhoben. Diese Fran Ivar niemand anders als jene Dame, die ihr die furchtbare Szene in dem Karlshof ge macht, und der Man», der jetzt mit einem strahlenden Lächeln ihr entgegenkam, Ivar lein anderer als der Un bekannte, der sic im Garten des Karlshofes geküßt. Lore von Hnnins krampfte die Hände nm die rot- samtcme Lehne ihres Stuhles. Er war es. Und mm erklang anch seine Stimme. Geisterhaft nnd doch wirklich, seine dunkel vibrierende Stimme. Tie sprach Licbcsworic zu der hinreißend schönen Fra» dort auf der Leinwand, die nun die Arme anSbreitete und sich mit einer schlangcu- glcichen Bewegung ihres Körpers an den Mann schmiegte. Und jetzt bog der Man» den Kppf jener Fra» genau so zu sich, Ivie er einst ihre» Kops in seine 'Arme genommen. Seine Lippen suchten mit heißem Kuß den Mnud der Fra» auf der Leinwand. Lorc von HuniuS sübltc, Ivie jeder BluiStiwvsen aus ihrem Gesicht wich, Ivie ihre Hände ei.laU Waiden. Das war also die Lösung des Rätsels. Jene schöne Trau und der Unbekannte, sie gehörten zusammen. Tie würde» nicht mir im Spiel znsammciigcl ören, sonder» auch in der Wirklichkeit, im Leben! Das, was den Unbekannten zu ihr hingeführt, es Ivar mir eine flüchtige Laune gewesen, wie Künstler sie oft genug habe». Sic war töricht genug gewesen, zu glauben, und mußte nun sehen, das; dieser Glaube aus nichts gegründet Ivar. Sic mußte nun hier sitzen und mit auschaneu, wie der Mann, nach dein sic sich verzehrte, eine andere Frau im 'Arm hielt, sic küßte, ihr Liebesworte zuslüstcrtc. Und sie mußte sich gestehen, daß diese beiden herrliche» Menschen, die auf der Leinwand das Schicksal einer Liebe vor ihr entrollten, zueinander paßten, wie zwei Meuschcii nicht besser zueinander passen konnten. Sic waren beide so vollendet schön und gingen im Spiel so ineinander auf, wie Lore cS nie zuvor erlebt. Tief war der Schmerz der Eifersucht, ocr bei diesem Anblick ihr Herz durchbohrte. Aber einer Selbsttäuschung versuchte sie sich in ihrer Ehr lichkeit nicht hinzugcbcn. Diese beiden Mensche» waren füreinander bestimmt, and sie selbst war nichts dagegen. Dieser Mann, der sie einmal geküßt, lebte in einer Welt, in der sie nichts z» suchen halte, und in der sie niemals etwas gelten würde. Es war die Welt jener schönen Fraii, die Welt des Glanzes, deS Ruhmes und der Sorglosigkeit. Es aab keinen Wca dorthin. . Fünfzehntes Kapitel. Sonja Detczv hatte Mario Bernari mit strahlendem Lächeln empfangen. Kein Wort hatte sie erwähnt von der Verstimmung, in der sic geschieden waren. Es war so am besten. Und Mario war ihr dankbar dafür. Um so dankbarer, als er durch die plötzliche Abreise von Kissingen und die Unmöglichkeit, mit Lore von Huniüs zusammenzukomiuen, doch bedrückt mar. So nnpfand er Sonjas liebevolles und heiteres Wesen wie eine Beschwichtigung. Es gab auch kaum Zeit, über private Dinge nach- zudcnken, denn schon eine Stunde nach seiner Ankunft hatte er eine längere Besprechung mit Mister Sayton, der ihm das Manuskript in die Hand drückte und ihn auf- forderte, bis zum nächsten Morgen sich mit der Rolle, dis man ihm zugevacht hatte, vertraut zu machen. Auch Breittner war auf Sonjas Bitte hin Mario mit etwas gezwungener Freundlichkeit entgegengekommen. Und in ven gemeinsamen Besprechungen, die bald nach Marios Ankunft einsetzten, waren die künstlerischen und geschäftlichen Interessen des ganzen Kreises viel zu groß, als daß man auf persönliche Spannungen zurückkommen konnte. Mario las die ganze Nacht hindurch das Filmmanu- stript. Er ging mit heißem Kopf in seinem luxuriös aus gestatteten Zimmer auf und ab, machte sich Notizen, über legte und formte schon jm Geiste die ganze Gestalt des Helden in dem neuen Filmdrama: „Das Geheimnis des roten Riffs." Vor seinen Augen erstand die Gestalt des Ernest wie plastisch. Der Schaffensrausch ergriff ihn mit der alten Intensität. Erst gegen Morgen legte er sich ein paar Stunden zum Schlafen hin. ,Jedoch erschien er pünktlich um elf Uhr zur festgesetzten Zeit in den Privaträumen Saytons, um dis weiteren Vesprechungen zu führen. Man sah ihm die kurze Nachtruhe nicht an. Seine klaren Augen leuchteten vor Energie und Schaffensfreude, um seinen Mund lag der Willensstärke Zug, den Sonja von der gemeinsamen Arbeit her genau kannte. Sie lächelte befriedigt. Sie halte Mario da, wo sie ihn, haben wollte. Wenn man ihm eine Nolle gab, die seiner Wesensart entgcgenkam, dann vergaß er alles andere. Und Sonja hatte recht damit. Die Begegnung mit Lore von Hunius trat in Mario zurück. Er war auch darin ein richtiger Mann, daß die Arbeit in erster Linie bei ihm stand. So empfand er, als er seinen Brief an Lore ungeöffnet zurückerhielt, wohl einen Augenblick einen Schmerz. Aber als er Sonjas Augen mit einem leiden schaftlichen und verlangenden Blick auf sich gerichtet sah, steckte er den Brief in die Tasche und machte eine unwill kürlich abschließende Handbewegung. Vielleicht war es besser sy. Vielleicht war cs gut, daß er sich nicht in eine neue Liebe verstrickte, die ihm nur Schwierigkeiten und! Konflikte mit Sonja gebracht hätte. (Fortkelmna kolatA