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Texte der Gesänge. 2. Szene der Andromache: „Aus der Tiefe des Grames“. Max Bruch. Aus der Tiefe des Grames Was schreckt mich empor? Was weinen die Schwestern? Was klagen die Brüder? Wohin drängt jammernd der Menge Gewühl? Auf gold'nem Wagen der König! Was birgt das Tuch ihm zur Seite? Weh' mir, weh’! Erloschene Augen, zerschlagene Glieder, Geliebtester Gatte, so seh’ ich dich wieder, Dein armes, zertretenes Weib! Nicht hast du mir liebreich vom Lager Die Hand zum letzten Abschied gereicht! Kein Weisheitswort sprach dein sterbender Mund. Dess' ich ewig gedächte, Die leidvollen Tage, die endlosen Nächte In Tränen der Wehmut versenkt. Nacht ist's um mich! Mein Stab zerbrach, Verlassen starr' ich, trostberaubt, Der versunkenen Sonne nach! Traure, mein Knabe! Ruhm ward und Ehre des Schicksals Spiel! Was stünde fest, da der Herrliche fiel? Er sank und dem Fall erzittert die Stadt! Zerbrecht, ihr Männer, die krieg’rische Wehr! Das dunkle Verhängnis, es naht! Vom Haupte den prangenden Schmuck herab! Ihr Frauen, ihr Bräute, zerreißt das Gewand! Es wogt wie von Rauch und Flammen. Ilium! Du sinkest in Asche zusammen! 4. a) Schmerzen. Sonne, weinest jeden Abend Dir die schönen Augen rot, Wenn im Meeresspiegel badend Dich erreicht der frühe Tod; Doch erstehst in alter Pracht, Glorie der düstren Welt, Du am Morgen neu erwacht, Wie ein stolzer Siegesheld! R. Wagner. Ach, wie sollte ich da klagen, Wie, mein Herz, so schwer dich seh’n, Muß die Sonne selbst verzagen, Muß die Sonne untergeh’n? Und gebieret Tod nur Leben, Geben Schmerzen Wonnen nur: O, wie dank’ ich, daß gegeben Solche Schmerzen mir Natur! Frau von Wesendonck. Sag', welch wunderbare Träume Halten meinen Sinn umfangen, Daß sie nicht in leere Schäume Sind in ödes Nichts vergangen? b) Träume. Träume, die in jeder Stunde, Jedem Tage schöner bliih’n, Und mit ihrer Himmelskunde Selig durchs Gemüte zieh’n? R. Wagner. Träume, die wie hehre Strahlen In die Seele sich versenken, Dort ein ewig Bild zu malen: Allvergessen, Eingedenken! Träume, wie wenn Frühlingssonne Aus dem Schnee die Blüten küßt, Daß zu nie geahnter Wonne Sie der neue Tag begrüßt. Daß sie wachsen, daß sie blühen, Träumend spenden ihren Duft, Sanft an deiner Brust verglühen Und dann sinken in die Gruft. Frau von Wesendonck. Drei Zigeuner fand ich einmal Liegen an einer Weide, Als mein Fuhrwerk mit müder Qual Schlich durch sandige Heide. Hielt der Eine für sich allein In den Händen die Fiedel, Spielt umglüht vom Abendschein Sich ein lustiges Liedei. c) Die drei Zigeuner. Hielt der Zweite die Pfeif' im Mund, Blickte nach seinem Rauche, Froh, als ob er vom Erdenrund Nichts zum Glücke mehr brauche. Und der Dritte behaglich schlief, Und sein Cymbal am Baume hing. Ueber die Saiten der Windhauch lief, Ueber sein Herz ein Traum ging. F. Liszt. An den Kleidern trugen die Drei Löcher und bunte Flicken, Aber sie boten trotzig frei Spott den Erdengeschicken. Dreifach haben sie mir gezeigt, Wenn das Leben uns nachtet: Wie man's verschläft, verraucht, vergeigt, Und es dreifach verachtet. Lenau. d) Abseits. Es ist so still, die Heide liegt Im warmen Mittagssonnenstrahle, Ein rosenroter Schimmer fliegt Um ihre alten Gräbermale; Die Kräuter blüh’n; der Heideduft Steigt in die blaue Sommerluft. Laufkäfer hasten durchs Gesträuch In ihren goldnen Panzerröckchen, Die Bienen hängen Zweig um Zweig Sich an der Edelhaide Glöckchen! Die Vögel schwirren aus dem Kraut, Die Luft ist voller Lerchenlaut. F. Fleck. Ein halb verfallen' niedrig’ Haus Steht einsam hier und sonnbeschienen: Der Kätner lehnt zur Tür hinaus, Behaglich blinzelnd nach den Bienen; Sein Junge auf dem Stein davor Schnitzt Pfeifen sich aus Kälberrohr. Kaum zittert durch die Mittagsruh Ein Schlag der Dorfuhr, der entfernten; Dem Alten fällt die Wimper zu, Er träumt von seinen Honigernten; Kein Klang der aufgeregten Zeit Drang noch in diese Einsamkeit. Stör«.