Volltext Seite (XML)
Ein Sonntagskind. Heiterer Noma» von Harry Nitsch. (Fortsetzung und Schluß zu Nr. 277.) Bunte Chronik. * Der Golfstrom der Lüfte. Einen fesselnden Einblick in die Kette von Wirkungen, die der Golfstrom ausübt, gewährt eine Reihe Forschungen, die in der Feststellung des Vorhandenseins einer interessanten atmo sphärischen Parallelerscheinung, eines regelrechten Golf stroms der Lüfte gipfelt. Man weiß, daß die erwärmten Wasserfluten des GolsstromeS bei ihrem Ausfluß aus dein mexikanischen Golfe mit einer Geschwindigkeit von 8 km in der Stunde in den Atlantischen Ozean einströmen. Die Breite de- GolsstromeS beträgt gegen 60 km, seine Tiefe rund 400 m, und nach wissenschaftlichen Berech nungen führt dieser mächtige Strom eine Wärmemenge von 40000 Billionen Kalorien mit sich. Diese unvor stellbar gewaltige Menge von Wärme erlangt einen ent Bolkswirtfchastliches. k Die Ausfuhr au» dem Chemnitzer Ko«sulat»bezirt nach den Vereinigte» Ltaate« von Amerika betrug im November 3 552 307 M. gegen 3 922 975 M. im Oktober und 3113 566 M. im November v. I. Die Ausfuhr von baumwollenen Strümpfen bleibt stationär und immer noch sehr niedrig. Sie beträgt setzt 157 739 Dutzend gegen 121 844 Dutzend im November v. I. Der Durchschnittspreis beträgt 1,27 Dollar gegen 1,46 Dollar pro Dutzend im November v. I. Die Aussuhr von baumwollenen Handschuhen hat wesentlich abgenommen. Sie beträgt 109 396 Dutzend. Ter Durchschnittspreis beträgt 1,53 Dollar gegen 1,27 Dollar im November 1912. Die Ausfuhr von großen Cotton- wirkmaschinen hat sehr stark abgenommen, ebenso die Ausfuhr von Spielzeug, Wandtaschen, Perlentaschen und wollenen Kleider stoffon. Die Ausfuhr von wollenen Kleiderstoffen hat sich ver vierfacht im Vergleich mit dem Monat Oktober. Ferner hat sich nach säst dreijährigem Stillstand im Export eine starke Nachfrage nach Tüll gezeigt. k Prestowerle, Aktiengesellschaft in Chemnitz. Das am 30. September abgelaufenc Geschäftsjahr schließt nach Abschrei bungen in Höhe von 152 825 (152 285) M. mit einem Gewinn von 167 538 M ab gegenüber einem Verlust im Vorjahre von 184 610 M., sodaß der vorhandene Fehlbetrag nur noch 36 690 M. beträgt. — Im Geschäftsjahr 1910/11 wurde ein Verlust von 68 448 M. ausgewiesen, der sich im Jahre 1911/12 auf 204 228 M. erhöhte. o Geraer GleArijität»»erk- nnd Straßenbahn-Aktiengesell schaft in Gera. Die Einnahmen aus dem Straßenbahnbelriebe betragen im November d. I. 18 750 M. (i. V. 18922 M), in den ersten fünf Monaten des laufenden Geschäftsjahres 111112 M. (106151 M.), die Einnahmen für Licht und Kraft betragen im Oktober d. I. 40546 M. (34 204 M ), in den ersten vier Monate » 130107 M. (102 717 M ). scheidenden Einfluß auf das Klima der Erde, und die neuesten Forschungen ergeben nach einem Berichte der „Revue", daß dieser warme Strom des Atlantischen Ozeans in direkter Folgewirkung die Ursache für die Entstehung von Wüsten wird. Das Wasser ist ein Körper, der Wärme ungewöhnlich gut bewahrt, und selbst in den hohen nördlichen Breitegraden führt der Golfstrom noch eine sehr große Wärmemenge. Die auf dem Wasser ruhenden Lustmassen empfangen naturgemäß vom Golf strom eiue wesentliche Erhöhung ihrer Temperatur und sind viel wärmer als die sie umgebende Atmosphäre. Auf diese Weise bildet sich über dem Golfstrom deS Ozeans ein regelrechter Golfstrom der Lüfte. Allein diese warme Luftströmung wird nicht durch die Erdteile aufgehalten und abgelenkt, sie setzt ihren Weg über Europa fort und gibt ihre gewaltigen Wassermassen in Form von Regen ab, wodurch sie die zahlreiche» Binnenseen in Schweden, Finnland und im nördlichen Rußland speisen. Infolge der Erdumdrehung wendet sich der Golfstrom der Lüfte anfangs nach Osten, um dann nach Süden zu streben. So entstehen die Massen kühler Luft, welche die wesentlichen meteorologischen Eigentümlich keiten der russischen Steppengegend bestimmen. In dem Maße, als der Luftstrom sich wiederum dem Äquator nähert, erwärmt er sich von neuem, bleibt aber trocken und ohne Dunst; trockene Winde begleiten ihn und üben ihren Einfluß auf die berührten Erdstriche: und so ent steht auf unserem Erdball jener mächtige Wüstenstreisen, der sich von Turkestan über Arabien durch die Sahara erstreckt; das entspricht genau der Linie, die der Golf strom der Lüfte auf seiner Heimkehr aus dem nördlichen Asien beschreibt. Nachdem dieser Luflstrom den afrika nischen Erdteil verlassen hat, ivird er durch die Passat« winde seinem Ursprungsorte wieder zugeführt, und der Kreislauf beginnt in ewiger Wiederholung von neuem. * Die Ergebnisse der Versuche mit Fern bremsung von Eisenbahnzügen. Uber die Ergeb nisse der Versuche mit Fernbremsung von Eisenbahnzügen, die kürzlich unter Aufsicht der bayrischen Eisenbahn behörden auf der Strecke Nürnberg—Gräfenberg statt gefunden haben, werden der „Inf." folgende Einzelheiten mitgeteilt: Die Versuche haben die Brauchbarkeit des neuen Fernbremsungssystems, das eine Erfindung des durch sein Fernlenkboot bekannt gewordenen Lehrers Christoph Wirth darstellt, bewiesen. Im einzelnen wirkt die Bremsvorrichtung nach dem Wirths i,en System folgendermaßen: Ein Wagen des Zuges, am besten eignet sich hierzu der Gepäckwagen, wird mit einer Empfänger- antenne ausgerüstet. Jede, neben der Bahnlinie einher laufende Telegraphen- oder Fernsprechleiluug kann als Sonderantenne in Gebrauch genommen werden, wobei das neue System Einrichtungen vorsieht, die etwaige Störungen im Telegraphen- oder Fernsprechsystem aus schalten. Ter Lokomotivsühier erhält auf diesem Wege ein Licht- oder Glockensignal, doch ist ein solches nicht immer notwendig, da eventuell auch die Westlughouse- Nolbrcmse unmittelbar betätig: werden kann. Was dem neuen System seinen Vorzug sichern würde, ist nach den Angaben Wirths der Umstand, daß die Zahl der Sendestationen, je nach den Verhältnissen verringert werden kann. Nur alle 80 bis 100 km ist eine solche Sendestatiou erforderlich, die noch dazu in bequemer Weise mit den einzelnen Zwlschen- stationen und Bahnwäriersignalapparaten eine Ver bindung Herstellen kann. Bei den bisherigen Versuchen wurde hierbei ein Druckknopf oder Taster in Anwendung genommen, doch kann auch an Stelle eines solchen ein lelbständiger Sendeapparat treten, der durch einfaches Drehen einer Kurbel die Weitergabe der Wellenzeichen in richtiger Zahl- und Reihenfolge ermöglicht. Übrigens sind die Versuche mit der Wirihschen Fernbremsung nicht die ersten ihrer Art. In England wurden vor einiger Zelt Versuche auf allerdings anderer Grundlage unt einem anderen System gemacht, um einem Eisenbahnzug in Fahrt mittelbar Fernsvrechsignale zuzuführcn. Diese Versuche sind in Wilton bei Birmingham und kürzlich auch auf einer Eisenbahnlinie bei Stratford on Avon von H. v. Kramer anSgesührt worden. Wie es scheint, mit hinreichendem Erfolg, denn die Stratfordlinie hat eine Einrichtung auf Grund dieses Systems erbauen lassen, die eine vollständig selbständige Zugsicherungs-und Blockanlage darstellt, mit der jeder Zug in gefährlichen Fahrstrecken aufzuhalten ist und anderseits vom fahren den Zug aus falsch gestellte Signale richtiggestellt werden können. Als Markus später mit Max allein auf dessen Himmer war, stellte er sich breitbeinig vor ihn hin, musterte ihn von oben bis unten und sagte dann: „Ein so schneidiger Kerl wie du hat mir als Braut- sührer gerade noch gefehlt. Wenn noch nicht jeder Funken früherer Zuneigung in dir erloschen ist, gibst du mir jetzt keinen Korb. Fräulein Susanne Wollenweber und Herr Markus Brandhuber geben sich hiermit die Ehre, Herrn Max Lindemann zu ihrer Ende Juni nächsten Jahres stattfinden den Hochzeit ergebenst einzuladen. U A. w. g." „Tas sagst du so in deinem jugendlichen Leichtsinn", erwiderte Max und ging auf den Scherz des Freundes ein. „Zuvor muß ich aber erst wissen, wer meine Brautführerin sein wird. Ich verkaufe meine Schneidigkeit nicht im Sack." „Dir soll Heil widerfahren, Ma^", fuhr Markus ein dringlich fort. „Ich bestimme dir hiermit das hübsche Schwe- sterleiu meiner Braut als Dame. Du, die Mädels haben Geld. Viel Geld sogar. Meine bekommt vierzigtausend Emmchen bar mit." Max lachte: „Du fährst schweres Geschütz auf, um meine dir bekannten Grundsätze ins Wanken zu bringen. Nun hast du mich neugierig gemacht, und ich sage dir mein Kommen nicht früher zu, bis du mir verraten hast, wie du deine vier zigtausend Emmchen kennen lerntest." „Junge, das ist ein Roman, der sich aber in wenigen Worten erzählen läßt. Setze dich bequem auf dein Kanapee, stecke dir einen neuen Glimmstengel an und höre: Ich war erst seit vier Wochen in meiner neuen Garnison, als ich eines Abends Gelegenheit hatte, am benachbarten Biertische das Gespräch zweier Philister mit anzuhören. Die Biederen sprachen so laut, daß meinerseits keinerlei Indiskretion vorlag. „Lieber gebe ich meine Mädeln einem hergelaufenen Vagabunden, als einem vom Militär", schrie der eine der beiden Spießer. Er war ein derber, untersetzter Mann mit protziger goldener Nhrkette und gewaltigen Brillaniringen an den dicken Fingern. „Wenn sich deine Mädels aber nun gerade in Soldaten verlieben? Wir haben jetzt das neue Regiment herbe- kommcn. Es sind patente Kerle darunter." Ich richtete mich stramm auf, denn unter den „patenten Kerlen" war natürlich auch ich gemeint. „Tie Mädels sollen mir kommen", schrie der mit der goldenen Uhrkette. „Ich enterbe sie." So ging das Gespräch noch eine Weile hin und her, bis eine Wette daraus wurde. Der mit der Uhrkette setzte hundert Mark gegen einen alten Hosenknopf, daß seine Mädels keine Soldaten heiraten würden. Tie Sache machte mir einesteils Spaß, andernteils verdroß sie mich aber auch, und zwar wegen der Beleidi- quug des Militärs, die darin lag. So ein kleinstädtischer Spießer wagte es, uns seine Mädels zu versagen. Das wußte gerochen werden. Mein Feldzugsplan war bald gemacht. Ich kundschaftete aie Adresse des Mannes mit der Uhrkette aus, pirschte mich an feine älteste Tochter, ein liebes, blondes Mädel von neun zehn Jahren, an und erhielt nach vier Wochen den ersten Kuß von ihr. Zwei Monate später schwor sie, ohne mich nicht mehr leben zu können. Nach drei Monaten bekam ich von dem Alten einen Korb, der nicht aus Pappe war. Vier- undzwanziy Stunden später erhielt er von mir einen Brief in dem ich ihn vor ein Entweder-Oder stellte: Entweder geben Sie mir die Hand Ihrer Tochter, schrieb ich ihm, oder ich zeige Sie wegen Verächtlichmachung einer Staatseinrichtung an. Das wird mit dem Zuchthaus, wenn nicht gar mit dem Tode bestraft. Daß ich dabei fürchterlich aufschnitt, wußte ich wohl, aber es blieb mir nichts anderes übrig. Ich berichtete ihm dann von der erlauschten Unter redung und den dabei gegen das Militär verübten Injurien. Zum Schlüsse erlaubte ich ihm großmütig, die verwetteten hundert Mark von der Mitgift abzuziehen. Am Abend feierten wir die öffentliche Verlobung. Und weißt du warum? Weil dem Alten mein Anerbieten mit den hundert Mark imponierte! Ich sei ein Filou, sagte er. Aber ec will mir die hundert Mark von den vierziatausend ab ziehen, das hat er geschworen. Nun, das wird sich ertragen lassen. Was sagst du nun? Kommst du zur Hochzeit und machst die kleine Gertrud, meiner blonden Susanne Schwe sterlein, glücklich?" „Ich werde zur Hochzeit kommen, Markus, dir zuliebe und in Erinnerung mancher gemeinsam verlebten schönen Stunden. Aber die kleine Gertrud werde ich nicht glücklich machen." Markus sah dem einstigen Kollegen prüfend in die Augen. Dann schlug er ihm plötzlich kräftig auf den Schenkel und rief: „Tu Heimtückeri Also schon gefangen. Mich quetscht er bis aufs Blut aus, und er selbst hüllt sich in Unnahbarkeit und Schweigen. Beichte, Elender!" „Du irrst, Markus", erwiderte Max ruhig. „Ich habe nichts zu beichten und bin nicht gefangen." Max wäre es wie eine Entweihung seiner jungen, reinen Liebe erschienen, wenn er mit diesem braven, aber oberflächlichen Menschen davon gesprochen hätte. „Wirklich ganz frei? Nun, dann können wir doch noch Schwäger werden. Ich werde Gertrud so viel Gutes von dir erzählen, daß sie sich aus der Ferne in dich verliebt und deine Eroberung mit Volldampf betreibt." 30. Kapitel. Markus Brandhuber war wieder abgereist. Max ent schloß sich nun, Georgi sein Geheimnis mitzuteilen. Er nannte den alten Herrn auf dessen Wunsch Vater. Max bat ihn zu einer kurzen Unterredung auf sein Zimmer. „Vater, ich habe bisher ein Geheimnis vor dir gehabt. Tas; ich es haben mußte, quält micht." Georgi sah Max prüfend in die Augen. Dann lächelte er sanft. „Es ist kein schlimmes Geheimnis, das sehe ich in deinen Gesichtszüaen geschrieben. Ich habe auch kein solches erwartet. Was ist es, das du mir nicht sagen durstest?" Max atmete tief auf, griff in seine Brusttasche und holte eine Photographie hervor: „Wie gefällt dir dieses Mädchen ?" fragte er mit bebenden Lippen. „Das Mädchen hat ein liebes, offenes Gesicht. Ich glaube, daß in diesen schönen Augen kein Falsch ist." „Wahrlich, Vater, ein Falsch ist auch nicht darin", rief Max erregt rind glücklich. „Sie ist das edelste Geschöpf, das ich kenne. Ein Engel." „Du liebst sie also. Nur Verliebte kennen Engel. Ge wöhnliche Menschen begegnen ihnen nie." „Wir lieben uns", gestand Max leise. „Wir! Das glaube ich ohne weiteres, guter Max. Daß die Liebe nicht einseitig ist, entnahm ich schon daraus, daß du das Bild dieses Engels besitzest. Wo hast du ihn kennen gelernt?" „In Paris, Vater." „Sie ist eine Französin?" „Felicie Marechal stammt aus sehr guter, allerdings unbemittelter Familie. Ihr Vater ist Professor an der Sor bonne in Paris. Felicie ist aber keine Pariserin, sie ist in: Elsaß geboren. Ihr Vater wurde erst vor einigen Jahren nach Paris berufen. Ich lernte sie in der Familie meines Freundes Martell kennen " „Und lieben", ergänzte Georgi leise lächelnd. „Und warum hast du es mir bis heute verschwiegen? Was bewog dich dazu? Hattest du kein Vertrauen zu mir?" „Es geschah auf ihres Vaters Wunsch. Die zwei Jahre der Trennung sollten unser Prüfstein sein. Wir lieben uns heute noch mehr wie damals. Felicie schreibt mir hellte, daß sie große Sehnsucht nach mir hat. Ich vergehe vor Sehnen. Gib sie mir, Vater." „Warum sprichst du erst heute von ihr, Max? Du bist schon einige Tage vom Militär zurück; das dem Vater deines Mädchens gegebene Versprechen bindet dich daher nicht mehr." Max sah den alten Herrn lächelnd an: „Du wirst mich auslachen, Vater, und ich lache jetzt selbst über meine törich ten Bedenken. Ich fürchtete, es würde dich kränken, daß meine Wahl auf eine arme Ausländerin gefallen ist." „Tu törichter Junge! Schreibe deiner kleinen Felicie, daß ich mich von Herzen freuen würde, sie recht bald kennen zu lernen. Ist dazu keine Gelegenheit, ohne daß ich die weite Fahrt nach Paris unternehme? Sie würde mir in meinen Jahren etwas beschwerlich werden." „O doch!" jubelte Max. „Wir habeu uus brieflich darüber schon verständigt. In Frankfurt hat Felicie eine Tante mütterlicherseits. Dorthin kann sie zu Besuch reisen. Nach Frankfurt ist es auch für uns nicht weit." „Gut, schreib» ihr in diesem Sinne. Und mm lasse uns zur Mutter gehen. Auch sie nimmt warmen Anteil an der, die deines ferneren Lebens Begleiterin werde soll." Das Zusammentreffen wurde für Ende Oktober ver abredet. Toch kurz vor der Abreise kam ein schmerzbcwetzter Brief von Felicie, in dem sie Max mitteilte, daß an ihre Reise vorerst gar nicht zu denken sei. Ihre Mutter war plötzlich schwer erkrankt, auf Felicie lastete daher der ganze Haushalt. Sie konnte den Vater und die schwerkranke Mutter unmöglich allein lassen. Es wurde Dezember, bis Felicie nach Frankfurt fahren konnte. Der vor Sehnsucht fast kranke Max fuhr Herrn Georgi voraus, um feine Braut in Empfang zu nehmen. Georgi war damit einverstanden; er gönnte den jungen Leuten die paar glücklichen Tage des Alleinseins nach so langer Trennung. Georgi erkannte in Felicie eine reine Mädcheuknospc von entzückender Lieblichkeit und Natürlichkeit. Sie gewann sich sofort sein ganzes Herz. Die Hochzeit wurde für Anfang Mai festgesetzt: mit Rücksicht auf die Eltern der Braut sollte sie in Pans stattsinden. In den ersten Tagen des Mai, an einem selten schönen Frühlingstag, entstieg ein junges Paar dem Expreßzug in Lugano. Max und Felicie wollten in Paradiso bei Lngano ihre Flitterwochen verleben. Ter Name ihres gewählten ersten gemeinsamen Aufenthaltes erschien ihnen wie eine glückliche Vorbedeutung: Im Paradies. Als Felicie aus dem hochgelegenen Bahnhof auf die breite Promenade trat und auf das malerische Häusergcwirr und den blitzenden See in der Tiefe hinabblicktc, entfuhr ein entzückter Ausruf ihren Lippen: „Wie schön, wie wunderbar schön ist cs hier. Wie danke ich dir, Max, daß du mich hierher geführt hast." Der junge Gatte stand still und blickte träumend ins Weite. Angesichts dieses Paradieses war es plötzlich wie tiefes Erkennen über ihn gekommen. Leise sagte er: „Ich habe dich nicht hierhcrgeführt, Felicie. Tas Schicksal war es. Mein Leben liegt wie ein offenes Buch vor mir und ich erkenne: Seit meinem sechzehnten Jahr hat das Schicksal mick freundlich an die Hand genommen und geleitet. Ich fand alle meine Wege geebnet. Nicht ich habe mir das Leben so schön und lebenswertlliereitet, sondern der liebe Mann in dem heimatlichen Willroda, das auch dir bald zur Heimat werden soll. Er hat uns zusammengeführt. Wir wollen uns immer lieb behalten, Felicie; so egoistisch wollen wir die Dankesschuld bezahlen, die dieser Mann in meinem Lebensschuldbuch eingetragen und selbst saldiert hat. Sal diert heißt ausgeglichen, kleine Kaufmannsfran; diese tech nischen Ausdrücke mußt du nun langsam kennen lernen. Meine Dankesschuld wird niemals saldiert werden. Wir wollen ihn lieben und auf Händen tragen, nicht wahr, kleine Felicie?" „Das wollen wir!" erklärte die junge Frau ernst. Dann wanderten sie Arm in Arm, in weihevoller, glücklicher Stimmung nach Paradiso. Mittwoch, 3. Dezember 1913.