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Dresdner Journal : 27.11.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-191311278
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19131127
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19131127
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-11
- Tag 1913-11-27
-
Monat
1913-11
-
Jahr
1913
- Titel
- Dresdner Journal : 27.11.1913
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mächtige Waffe, welche die Armee in der Hand de- obersten Kriegs herrn bildet, scharf und schlagbereit gegen jeden Feind zu halten (Beifall recht«.) Soweit sich mit dieser Aufgabe, die innerhalb oder außerhalb ve» Hause» an mich herantretenden An- regungen und Vorschläge, Forderungen oder Wünsche vertragen — je moderner sie sein sollten, um so lieber werden sie mir sein — werden Sie mich stets bereit finden, dankbar daraus einzugehen. (Beisall.) Dagegen muß ich allen Bestrebungen, die sich mit meiner Ausgabe, den Forderungen der Armee und ihren Lebensbedingun- gen sowie denen des Reiches nicht vertragen, nicht nur meine Mit- Wirkung versagen, sondern sie auch nach Kräften unschädlich zu machen versuchen, (lebhafter Beifall rechts, Widers.ruch bei den Sozialdemokraten.) Tas liegt doch so klar (Oho! bei den Sozialdemokraten) und in der Natur der Dinge begründet, daß ich mir weitere Ausführungen darüber versagen darf. (Beifall rechts.) Wenn ich mich nunmehr dem Gegenstand zuwende, der uns hier beschäftigt, so leite ich die Berechtigung, dazu daS Wort zu ergreifen, von dem Umstand ab, daß er in den engsten Beziehungen zur Wahrung der Cchlagbereitschast der deutschen Wehrmacht steht. Was es bedeutet, gegen einen Gegner kämpfen zu müssen, dem es gelungen ist, Blößen in unseren HeereSrüstungen zu erspähen, brauche ich nicht auseinanderzusetzen. Sicherlich wird in einem zukünftigen Kriege nur der hoffen dürfen, die Oberhand zu behalten, der bei den Vorbereitungen jede Chance zu seinen Gunsten ausgenutzt hat. (Zustimmung rechts.) Gegen die Gefahren, die sich aus den Lücken des Gesetzes von 1893 er geben, müssen wir uns meiner Meinung nach schützen. Es ist hier nicht weiter darauf einzugehen, aber sie sind, wie der Hr. Staatssekretär des Reichsjustizamts andeutete, und wie jeder zu geben muß, der unbefangen und mit einiger Aufmerksamkeit die Gestaltung der Dinge in den letzten Jahren versolgt hat, und wie ich aus eigener mehrjähriger Beobachtung bestimmt versichern kann, sehr groß, so groß, daß auch ihre Herbeiführung unter Außerachtlassung der nötigen Vorsicht, d. h. aus Fahrlässig, keit. über den Nahmen des bestehenden Gesetzes hinaus verhindert werden sollte. Wenn jeder, der sich einer Körperverletzung schuldig macht, durch das Gesetz mit einer empfindlichen Strafe bedroht wird, so ist es wirklich kaum zu verstehen, warum der, der unter derselben Voraussetzung die Sicherheit des Reiches gefährdet, ohne Strafandrohung bleiben soll. (Erneute Zustimmung.) Dabei ist es für mich ganz ohne Belang, wer sich einer solchen Handlung schuldig macht. Ich vermag der Publizistik eine Ausnahme stellung dabei nicht zuzuerkennen. Man mag dieBedeutung der Pnbli istik so hoch schätzen wie maw will, und niemand kann sie höher schätzen als ich persönlich, wovon ich noch Beweise zu liefern hoffe, ein Vorrecht zugunsten der unbeschränkten freien Meinungsäußerung kann in der vorliegenden Frage daraus für sie nicht hergeleitet werden. Hier gilt nur ei» Recht mit souveräner Gültigkeit, nämlich das Recht, welches das deutsche Voll darauf hat, daß seine Wehrhaftigkeit, seine Schlagbereit, schäft intakt und seine Rüstung lückenlos erhalten wird. In« den, ich dies feststelle, darf ich gleichzeitig betonen, daß die Heeresverwaltung jede Absicht, mit dem vorliegenden Gesetz ein Sonderrecht sür die Armee, vor allem ein Sonderrecht gegen über dem Recht der sreien Meinungsäußerung anzustreben, entschieden ablehnen muß. Den Interessen des Reichs ist um so besser gedient, je mehr die Organe der Heeresverwaltung und der öffentlichen Meinung zusammenarbeiten Wenn das vorliegende Gesetz eine solche Verbindung fördern würde, so wäre das mit Freude zu begrüßen; sie würde das Verständnis aus beiden Seiten sür die Bedürfnisse der anderen Seite vertiefen. So ent schieden die Armee jeden Versuch abwehren muß, die Vorgänge bei ihr zum Schaden des Reichs und zu Nebenzwecken rücksichts los und öffentlich anszubeuten, so entschieden muß sie fordern, daß das Volk über sie fortlaufend umgehend unterrichtet wird. Über die Bedeutung der verantwortungsvollen Aufgabe, die hier- bei den Organen der öffentlichen Meinung zusällt, besteht bei der Heeresverwaltung kein Zweifel. Ein Volksheer kann nur ge deihen, wenn der vaterländisch gesinnte Teil d«S Volkes hinter ihm steht. (Lebhafter Beisall, vereinzeltes Zischen ) Staatssekretär v. Dirpitz: Der Standpunkt der Reichs- Marineverwaltung bestätigt, daß ein dringendes Bedürfnis zur Verbesserung der bisherigen Gesetzgebung vorliegt. Gerade die Marine und "alles, was mit ihr zu sammenhängt, die Küstenverteidigung rc., sind in den letzten Jahren einer ausgiebigen Spionagetätigkeit ausgesetzt gewesen. In der Kommission wird sich die Möglichkeit bieten, dies därch Einzelfälle näher zu beleuchten. Es ist deshalb ein dringendes Bedürfnis, im Interesse der Landesverteidigung dieser Spionage vor ubeugen. (Bravo!) Abg. Stadthagen (joz): Schuld an der Spionage ist das herrschende Wehrsystem. Man mag eine internationale Verein barung zur Abschaffung der Spionage herbeizuführen suchen. Wer aus Gewinnsucht spion ert, ist beinahe verächtlicher als ein Zu hälter oder Polizeispitzel. Jeder Deutsche muß aber daS Recht haben, militärische Angelegenheiten zu erörtern und zu kritisieren. Aber die Militärverwaltung scheut und haßt die Öffentlichkeit. Wird der Entwurf Gesetz, so ist es verboten, überhaupt über militärische Dinge zu sprechen. Mit solchen Strafbestimmungen kann man die Waffe nicht scharf halten. Damit beschmutzt man sie. Auch das Denunziantentum wird durch das Gesetz groß ge zogen. Das einfachste wäre, das Gesetz nicht einmal in der Kom mission zu beraten. Abg. Gröber (Z.): Zu diesem Gesetze liegt kein Bedürfnis vor. Tie Ausführungen der Mmister haben das Geheimnis nicht ge- lüstet, was ein militärisches Geheimnis ist. (Heiterkeit.) Vor allem gibt die weitgehende Unsicherheit in der Feststellung dessen, was unter Strafe fallen soll, zu den größten Bedenken Anlaß. Ein so unbestimmter Begriff, wie der der Nachrichten, ist in einem Gesetze unzulässig, in dem so hohe Strafen vorgesehen sind. Hier müssen die Vorschriften besonders klar und scharf sein. Sehen wir uns einmal die ausgesetzten Strafen an, so gehen diese weit über das hinaus, was die mit uns konkurrierenden Militärmächie vorgesehen haben. Im Lande der allgemeinen Wehrpflicht ist es selbstverständlich, daß man viel über militärische Fragen spricht und schreibt. Tas ist nicht nur ganz gut, sondern auch das Recht des einzelnen Staatsbürgers. Zu unseren militärischen Übungen werden öfter fremde Offiziere zugelaffen. Diese machen dabei doch ihre Augen auch nicht zu und berichten sicher über das Ge sehene. Wo ist die Grenze zwischen erlaubten und unerlaubten Mitteilungen zu ziehen? Man darf doch die Presse an der Aus- Übung ihrer wichtigen Funktionen nicht hindern, die Öffentlichkeit nicht ausschließen. Die deutsche Presse hat sich denn auch einmütig gegen diese Bestimmung gewandt. ,,ch ver weise auf die Delegiertenversammlung des Reichsverbandes der deutschen Presse. Namens meiner politischen Freunde beantrage ich Überweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern. (Beisall im Zentrum.) Abg. da« Satter <nl.): Tie Vorlage entspricht nach der An schauung meiner Freunde einem Bedürfnis. Das Volk hat großes Interesse an militärischen Dingen. Dieses Interesse darf nicht unterbunden werden. Kritik ist notwendig. Wir werden in der Kommissionsbrratung versuchen, die Bedenken gegen den Entwurf zu beseitigen. Abg. Holtschke (kons.): Wir haben alle Veranlassung, dem Entwurf im großen und ganzen zu folgen, er ist eine Notwendig keit. Die im K l gegebene Definition des „militärischen Geheim- msseS" trifft im <- ge einen zu, den Stein des Anstoßes bildet aber 8 9. Auch m.me Freud« meinen, daß dieser Paragraph in dieser Fassung übertrieben und daher unannehmbar ist. Es müssen da einige Sicherheiten geboten werden. Es wird eine Unsicherheit in die Presse hineingebrachl, da es in daS subjektive Ermessen dcS Gericht- gestellt wird, was als Fahrlässigkeit und was al» militärisches Geheimnis anzusehen ist Ten Beüenken der Preßorganisationen bringen wir volles Vertrauen entgegen. Wir werden ebenfall« für KommiffionSberatung eintreten. Aba. vr, tz. Liszt (fortfchr Bp.): Wir stehen der Vor lage objektiv gegenüber und werden in der Kommission an ihr Mitarbeiten. Scharfe Strafen vermindern nicht die Straf taten. In England ist niemals mehr gestohlen worden al« zu der Zeit, al» die Diebe gehängt wurden. Wer so tief gesunken ist, daß er sein Vaterland verrät, wird sich auch nickt durch Geld- oder Freiheitsstrafen abschrecken lassen; denn er rechnet nicht damit, daß er festgenommen und verurteilt wird. Trotz allen Bedenken, die wir gegen die Vorlage haben, werden wir doch an die Beratung in der Kommission unvoreingenommen Herangehen. Der 8 1 ist in der gegenwärtigen Fassung unannehmbar. Auch dem Reichsgericht ist es nicht gelungen, eine faßbare Definition des Begriffes „militärisches Geheimnis" zu geben. Wär« das Gesetz schon jetzt in Kraft, so würde das Auftreten des Wehr-und Flottenvereins nichts als eine fortgesetzte strafbare Handlung sein, da dort auf angebliche Lücken in unserer Rüstung aufmerksam gemacht wird. Wenn die Mitteilung ver breitet wird, daß die Luftschiffhalle in Metz jeden Augenblick von französischen Geschützen beschossen werden könne, so würde auch das als eine Verletzung des militärischen Geheimnisses angesehen werden müssen. Wenn es verboten sein soll, über Straßen und Wege Mitteilungen zu machen, so ist schließlich die ganze Geographie ein militärisches Geheimnis (Große Heiter keit.) 8 9 ist in dieser Fassung absolut unannehmbar Aber anderseits haben wir auch noch gegen einzelne kleinere Be stimmungen schwere Bedenken. Es ist nicht zu verstehen, daß ein Verräter, ein Deutscher, auf gleiche Stufe gestellt wird mit einem Ausländer, der hier eine, wenn auch nicht sehr erfreuliche Pflichterfüllung ausübt. Auch wir gehen in die Kommission hinein mit dem feste» Entschluß, allen Bestimmungen des Entwurfs ent« gegenzutreten, deren letzter, wenn auch nicht bewußter Zweck, nicht der Schutz des Reiches gegen Spionage, sondern der Schutz der Militärverwaltung gegen die Kritik verfehlter An ordnungen ist. lBeifall links.) Abg. Mkrtin (kons.): Die Verschärfung der Strafen, wie sie jetzt vorgeschlagen wird, erachten wir für einen großen Fortschritt. Der Presseparagraph ist auch für uns unannehmbar. Das Fliegen über die Grenze hat sich geradezu zu einem Unfug ausgewachsen; da ist ein Eingreifen unbedingt notwendig. (Beifall rechts.) Abg. Eoheu-Reuß (soz.): Das ganze Gesetz ist nur dazu da, den Militarismus zu fördern. Wie steht es denn mit dem Geheim halten militärischer Tinge gegenüber den Rüstungsfirmen? Bei der Entwicklung des Spionagesystems spielt der Staat selber die allerübelste Rolle. Ein Beweis der Zersetzung ist es, daß man dem österreichischen Generalstabsoffizier Redl, als seine Ver fehlungen aufgedeckt waren, Gelegenheit gab, sich zu erschießen. Auch in Teutschland würde man so handeln. Preußischer Kriegsminister v. Aattenhayn: Von den Herren Vorrednern ist verschiedentlich aus dir Heeresverwaltung und die Armee Bezug genommen worden in einer Weise, der ich nicht zu stimmen kann. Trotzdem möchte ich es mir bei der Geschäftslage ersparen, darauf näher einzugehen. Es handelt sich ja heute nach meiner Ansicht, die ich schon in meinen ersten Worten zum Aus druck gebracht habe, gar nicht um die Armee oder die Heeres verwaltung, sondern nur um die Interessen des Reiches. Nur eine oder zwei Bemerkungen des Hrn. Cohen kann ich nicht unwider sprochen lassen. Er hat unter Berufung aus einen Militärschrift steller, wenn ich ihn richtig verstanden habe, gemeint, die deutsche Artillerie sei der Artillerie eines anderen Staates unterlegen. Ob die Behauptung des Hrn. Abgeordneten zutrifft, ob dec Hr. Militärschriststeller so etwas behauptet, weiß ich nicht. Das weiß ich aber ganz genau, daß diese Behauptung unzutreffend ist. Der Abg. Cohen hat dann Schlüffe auf das Handeln des deutschen Offizierkorps im gewissen Sinne gezogen. Ich möchte ihm auf die Irrwege dieser Ausführungen nicht folgen. Eine ganze Anzahl von Rücksichten halten mich davon ab.Tas aber kann ich ihm versichern, daß das deutsche Oss izierkorps in jeder Lage so handeln wird, wie es ihm Ehre und Pflicht befehlen. (Lebhafter Beisallbei der Mehrheit; Lachen bei den Sozialdemokraten.) Abg. Lohen«Reuß (So-.): Es ist mir nicht eingefallen, zu sagen, daß die deutsche Artillerie schlechter sei als die französische. Ter Kriegsminister hat zum Schluß mit großem Pathos gesagt, die Ehre des deutschen Offizierkorps stehe so hoch, daß sie unan tastbar sei, und das deutsche Offizierkorps würde zu jeder Zeit seine Pflicht und Schuldigkeit tun. Er redet an der Sache vorbei. Ich habe in Anknüpfung an den Fall Redl von den falschen Ehrbegriffen im österreichischen Offizierkorps gesprochen, die dazu führen, daß die ganze Wahrheit nicht ans Licht kommt. Damit schloß die Diskussion; die Vorlage wurde einer Kom mission von 21 Mitgliedern überwiesen. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr: Erhöhung der Gebühren für Zeugen und Sachverständige; Vorlage über die Beschäftigung der Hilssrichter beim Reichsgericht; Errichtung eines Kolonial gerichtshofs; Änderung der Bestimmungen der Gewerbeordnung wegen der Wanderlager. Schluß gegen 6 Uhr. Berlin, 26. November. Der Seniorenkonvent des Reichs tages trat heute vor Beginn der Plenarsitzung zusammen und einigte sich dahin, am Sonnabend, den 13. Dezember, die Weih nachtsferien beginnen zu lassen, die bis zum 13. Januar 1914 dauern sollen. Auf die Tagesordnung für Donnerstag sollen ge setzt werden: die Vorlage, betreffend Hilfskräfte beim Reichsgericht, betreffend den Kolonialgerichtshos, und wenn möglich die Wander« lager. Am Freitag und Sonnabend sollen Wahlprüsungen statt« sinden. Tie Abstimmungen über diese Wahlen sollen jedoch mit Rücksicht auf die Landtagseröffnung in Baden erst am Dienstag, den 2. Dezember stattfinden. An demselben Tage sollen die Etats beratungen beginnen. Nach beendeter erster Lesung des Etats soll die Besprechung der Interpellationen, betreffend die Arbeitslosigkeit und betreffend die Vorgänge in Zabern, erfolgen. Der Montag nächster Woche ist für die erste Lesung kleinerer Vorlagen ve.fügbar Dem Reichstage find der Entwurf eines Gesetzes über die Aufnahme eines Disziplinarverfahrens und der Entwurf eines Gesetzes betreffend Änderung der 88 56 und 56o der Gewerbeordnung zugegangen. Ferner wurden folgende kurze Anfragen an den Reichskanzler gestellt: 1. Wann und in welcher Gestalt wird die in Aussicht genommene Sachverständigenkommission für Wohnungsresorm in Tätigkeit treten? Göhre. 2 Ist die öffentlich wiederholt aufgestellte Be hauptung richtig, daß aus Anlaß der Heeresverstärkung Pferde ausländischer Herkunft angelauft werden, obwohl geeignete Tiere deutscher Zucht angeboten worden sind? Für den Fall der Be jahung dieser Frage, welche Maßnahmen gedenkt der Hr. Reichs- kanzler gegen di« Benachteiligung deutscher Pferdezucht zu treffen? Alpers. Am Balkan. Ghenaview über die Stimmung in Bulgarien. Sofia, 26. November. Der Minister de- Äußern, Ghenadiew, hat sich über die Gerüchte von einer Ab dankung des König- der Bulgaren folgendermaßen geäußert: , Ties« Gerüchte sind vollständig unbegründet und können nur von politischen Agitatoren, die ein zweifelhafte» Verständnis sür da» Interesse des Staate» haben, am Vorabend der Wahlen verbreitet worden sein. Die letzten Landgemeindewahlen, die mit 75 Proz. zugunsten der Regierungsparteien aus- gefallen sind, haben von der Selbstbeherrschung de» bulgarischen Volke» gezeugt. Die am 7. Dezember stattfindenden Sobranje- wahlen werden durch ihr Ergebnis di« Legende von einer revolutionären Stimmung in Bulgarien von Grund au- zerstören. Mißlungener Nechtfertigungsversuch «enerak Sawow». Sofia, 26. November. Pie Nachrichten, daß König Ferdinand dem General Sawow schriftlich den Angrifs-befehl gegen die Serben und Griechen erteilt hätte, und daß au» diesem Anlaß General Sawow Ge- fahr gelaufen wäre, wegen Ungehorsam- gegenüber dem Generalissimus vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden, sind glatt erfunden. Per bulgarisch-serbische Geheimvertrag und Österreich - Ungarn. Wien, 26. November. In den hiesigen diplomatischen Kreisen verlautet, daß das österreichisch-ungarische Kabinett erst seit kurzer Zeit von dem Geheim- vertrag zwischen Bulgarien und Serbien unter richtet, und es sei der Hauptzweck der Audienz des Königs Ferdinand beim Kaiser gewesen, diesbezüg liche rechtfertigende Aufklärungen zu erteile», und uuch die Unterredungen des Königs mit dem Minister des Äußern Grafen Berchtold haben diesem Zwecke ge- gölten. Nach den für Bulgarien so verhängnisvollen Ergebnissen des Krieges mußte König Ferdinand zu der Überzeugung gelangen, daß seine frühere Haltung ge en- über Osterreich-Ungarn für Bulgarien von den grössten Nachteilen begleitet war, und e- war daher sei» Bc- streben, diesen großen Fehler wieder gntzumachen und eine Annäherung an Osterreich-Ungarn zu suchcu. AuS Sofia wird hierzu gemeldet: Wie verlnue:, wird die bulgarische Regierung zu der Veröffen:- lichung des Geheimvertrages zwischen Bulgarien und Serbien in entsprechender Weise Stellung nehmen und diesbezügliche amtliche Erklärungen verlautbaren, die eine Rechtfertigung gegenüber Osterreich-Ungarn bilden sollen. Albanische Fragen. Beschwerde über Essad Paschas Anhänger. Balona, 26. November. Ter Präsident der interimistischen Regierung in Alessio traf hier ein, um sich der den Mitgliedern der Kontrollkommission gegen die Übergriffe der Anhänger Essad Paschas zu beschweren und um Abhilje zu ersuchen. Zustimmung Rußlands zur Kandidatur des Prinzen zu Wied? Wien, 26. November. Aus Petersburg wird be richtet: Wie bestimmt verlautet, ist in der Audienz des Ministers des Äußeren Ssasanow beim Zaren in Liva- dia auch die Kandidatur des Prinzen zu Wied snr den albanischen Thron erörtert worden, und in den letz ten Tagen ist auch die diesbezügliche Zustimmung seitens des russischen Kabinetts erfo.gt. Hie nötigen Förmlichkeiten hinsichtlich der Wahl des Prinzen zu W ed zum Fürsten von Albanien sollen schon in allernächster Zeit erledigt werden. Italien und Griechenland. Berlin, 27. November. Ter „Tag" erführt aus Rom, 26. November. Die „Tribuna" laßt sich aus Athen melden, Venizelos habe vc s.yiedenen Redne n, die ihn augrtffen, weil er die albanische Küste von Ftrlia bis Valona precsgegeben habe, geantwortet:/^riechen/wto habe gar nicht anders handeln können, nachdem Margxv'. di San Giuliano erklärt hätte, er werde aus dieser Angelegenheit einen 6»sus bslli machen. Der griechisch-türkische Frievensvertrag von vcr griechischen Kammer angenommen. Athen, 27. November. Die Kammer hat den griechisch-türkischen FriedenSoertrag in dritter Lesung endgültig angenommen. Rücktritt des rumänischen Generalstabschefs. Bukarest, 26. November. Der Chef des General stabes, Averescu, hat sein Ennassungsgesuch zurück gezogen. Türkisches Gelvbedürsnis. Konstantinopel, 26. November. „Jeune Turc" er fährt, daß die Banque Ottomane Mit dem Finanz. Ministerium wegen einer Anleihe von 12 Mill. Psd. verhandle, die zur Bezahlung der Vorschüsse im Betrage von 8^ Mill, dienen soll, die der Pforte von der ge nannten Bank bis jetzt gewährt worden sind. Der Rest soll in den Staatsschatz fließen. Die Verhandlungen sollen einen günstigen Verlauf nehmen. Dschavid-Bei über die türkische Politik. Paris, 26. November. Dem Berliner „Temps"- korrespondenten erklärte Dschavid-Bei: Die bevorstehende Ernennung eines deutschen Generals zum Kommandeur des ersten türkischen Armeekorps sowie das Engagement einer deutschen Militärkommission, die in keiner andern Stadt als in Konuantinopel nützlich wirken könnte, seien rein innerpolitische Angelegenheiten. JederVersuch einer auswärtigen Einmischung müsse notwendig ergebnislos bleiben. Mit gleicher Entschiedenheit werde die Pforte ihre volle Selb ständigkeit bei Durchführung derReformen inArmenien zu wahren wissen. Armenien dürfe kein neues Mazedonien werden. Für die Organisation der armenischen Gendarmerie seien bereits ein Franzose und ein Engländer gewonnen. Bor dem angedrohlen finanziellen Boykott fürchte sich die Pforte nicht. Bei ernsterer Gefährdung ottomanischer Interesse» hätte Europa schwerere Einbuße zu erleiden, al» der türkische Staatsschatz. Kleine Nachrichten. Konstantinopel, 26. November. Von russischer Seile wird das Gerücht dementiert, nach dem infolge der Festnahme Calvacly-Mustafas, eines der Mörder deS Gcoßwesirs Mahmud Schefket auf einen rujsischeu Schisse, die russische Botschaft die Absetzung deS General- polizeidireklors verlangt hätte. Die Botschaft habe lediglich aus der Wiederaus ieferung CalvaclyS be standen, weil dieser nach Vorweisung eines Hastbesehls au-geliesert worden sei, in dem er eine- gemeinen Ver brechen- schuldig bezeichnet wurde, während e» sich um e>n politische» Verbrechen handle. Ter Zwischenfall ist noch »icht beigelegt. Kostantinopel, 27. November. Der General- polizeidireklvr Azym Bey, auf dessen Veranlassung tue Verhaftung Kavacla MustavhaS, eines der Mörder des Großwesir» Mamud Schefket», aus einen« russischen Schiffe erfolgte, ist zum Wali von Adana ernannt worden.
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