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Tageblatt für Schneeberg und Umgegend. für die königliche« und städtische« Behörde« 1« Ane, Grünhain, Harte» Mei«, Johanngeorgenstadt, Lötznitz, Nenstädtel, Schneeberg, Schwarzenberg und Wildenfels Humbug der belgische« Sozialistenführer. Trotzdem daß der sozialistische Generalrath der bel gischen Arbeiter am 20. Mai die Wiederaufnahme der Arbeit angrordnet hat, dauert an verschiedenen Orten, namentlich in Seraing und im Becken von Charleroi, der Ausstand an. Zn Seraing handelt es sich um «ine Demon stration gegen die Lockerill'sche Verwaltung, welche einige Hundert Arbeiter, die sich agitatorisch hervorgethan hatten, nicht wieder zulasten will. Dieser Gefällizkeitsstreik zu Gunsten von Kameraden dürfte bald seine Endschaft erreicht haben. Ernster liegen die Verhältnisse in Charleroi. Dort wird Lohnerhöhung und der Achtstundentag verlangt. Man darf annehmen, daß für die dortigen Arbeiter, welche sich gleich anfangs dem Streik angeschloffen hatten, schon bisher die wirthschaftlichen Forderungen im Vordergrund gestanden hatten. Das Charakteristische des jüngsten Streikes in Belgien war in erster Linie, daß von einem gemeinsamen Plan, einer gemeinsamen Forderung, irgend einem gemein samen positiven Gedanken gar keine Red« war. Es war eben durch verschiedene Gruppen von Agitatoren so lange ausgewiegelt und gehetzt worden, daß schließlich der Aus stand losbrach, ohne daß man sich im Geringsten darüber verständigt hatte, was man denn eigentlich damit bezwecke. Den Hauptanstoß hatte der Pariser Bei garbriterkon Zreß gegeben, und von den damit verbundenen revolutionären Demonstrationen ausgehend, wird man am deutlichsten er- Lennen, mit welcher schändlichen Gewiffenlofigkeit, mit welcher nichtswürdigen Verlogenheit di« Führ« und Verführer der Arbeitermassen in Belgien vorgegangen find. Bekanntlich hatte der Pariser Bergarbeiterkongreß den Zweck, eine inter nationale Bereinigung der Bergarbeiter sämmtlicher Industrie staaten zu Stande zu bringen. Auf Grund einer derartigen «ngen Föderation gedachten dann di« am meisten revolutio när gesinnten Führer, unter welchen sich die Belgier al» die vorlautesten hervorthaten, nach ihrem Gutbefinden den Kampf g«gen di« sozial« Ordnung zu beginn««. Aber eben weil die englischen Gewerkschaften die großen Mittel, in deren Besitz sie sich befinden, nicht zu Gunsten von Unter nehmungen aus» Spiel fetzen wollten, an denen st« entweder gar kein oder wenigsten» nur «in ganz entfernte» Interesse haben, kam der schon im vorigen Jahr zu Äolimont im Prinzip beschlossen« vrrgarb«it«rbund nicht zu Stand«. In d«r Hauptfach« halt« d«r Pariser Kongreß mit «tnrm Fiasko gr«ndtgt. Die B«lgi«r «hielten nicht» al» den ganz w«th- losen Kanzlestrost, daß fie, fall» st« sich zum Ausstand ge- nöthigt srh«n sollt«», s«it«v» ihr« Kam«rad«n in andrren Ländern unterstützt werdrn sollten. Daß «in« derartig« all- grm«iv« Zusag« im Grund« nicht» b«d«ut«, war den Füh rern der belgischen Sozialdemokratie ebenso klar, wie jedem Aud«ea.^kM . M > W Aber kaum nach Brüssel zurückgekehrt trugen di« De- suifseaux und sonstigen in Pari» mitbetheiligten G«noffen eine „gehobene Stimmung" zur Schau. Sie halten «S auf einen großartigen Schwindel abgesehen, bei dem sie sich al» Herrn der Lage zu geberden gedachten und di« Arbeiter die Zeche bezahlen konnten. Zu Anfang des Monats Mai wußten Defuiffeaux und die übrigen sozialistischen Ränkeschmiede seines Kalibers ganz genau, daß bet der Kammermehlheit und der Regierung eine Durchficht der Verfassung zum Behuf einer Erweiterung des Stimmrechts vollkommen beschlossene Sache war; fie wußten aber auch, daß keine auf Grund des bestehenden Wahlrechts ernannte Vertretung über den vom Minister präsidenten Beernaert verfochtenen Komprom!ßvorschlag, laut welchem die Zahl der Wähler von 130000 auf etwa 600000 erhöht werden soll, jemals hinauSgehen würde. Die „Führer" erblickten in dem Sachverhalt eine gün stige Gelegenheit, durch das Schlagwort der Wahlreform fortgesetzt die Massen aufzuwiegeln und dadurch den Schein hervorzurufen, als ob ihre Drohungen und die theatralische Jnszenirung einer Massenbewegung des Proletariats dem ein- geschüchterten „Kapital" das Zugeständniß der BerfaffungS- revifion abgerungen hätten. Ls darf angenommen werden, daß die Regisseure dieser ebenso traurigen als nichtswür digen Komödie es ganz gerne gesehen hätten, wenn es mög lichst lange beim Drohen geblieben wäre. Wenn das „Ka pital" auf ihr bloße» Wort hin klein beigab, so war es für fie um so bester. Allein di« Disziplin der Arbeiterschaften erwies sich nicht stark genug. Der Ausstand brach aus ohne irgend welches klare Ziel, ohne Zusammenhang und ohne die ge ringste Aussicht auf einen Erfolg. Die Agitatoren saben sich aber, nachdem der Streik einmal seinen Anfang genom men, in die Zwangslage versetzt, jetzt denselben möglichst zu fördern. Sie konnten ja nicht zugestehen, daß ihr ganzes Hetzen und Aufwiegeln nichts als Spiegelfechterri und Ko mödie gewesen. Natürlich lauerten sie auf die nächst« Ge- leg«nh«it, um aus der fatalen Sackgaffe wieder herauszu kommen. Da beschloß am 20. Mai d« zur Prüfung der Wahl reform Frage eingesetzte Kammerausschuß formell, daß er im Prinzip der Revision beistimme und einen Referenten mit der weiteren Behandlung der Angelegenheit betraue. Dieser Beschluß bestätigte nur, was durch mehrfache Einzelabstim mungen in den Sektionen, durch Erklärungen vom Minister tisch und sonstige amtliche Kundgebungen längst außer Zwei fel gefetzt war. Nicht», ab« auch gar nicht» Anderes ent- hält d« Beschluß vom 20. Mai, al» die formelle Ueber- weisung einer seinem Inhalt nach längst feststehenden Ent- schetdung an den Berichterstatter. Den schlagendsten Beweis nun, auf welchen Grad von Unwissenheit die sozialistischen Führ« bet ihr« Gefolgschaft glauben rechnen zu dürfen, lieferten diese mit dem unglaub lich dreisten Humbug, den S,ktion»b«schluß d« Kamm« als «inen glänzenden „Steg de» Proletariat»" au»zuschrete« und Expedition, »erlag und Druck von T. M. Gärtner tu Schneeberg. Erscheint täglich mit Unwnch», d« Loo- mW Festtage. Preis »ierteljährlich 1 Mark«) Pfamig«. Donnerstag, 28. Mai 1891. Jahrgang. Konkursverfahren. lieber da» Vermögen d« Havdelsfrau Amalie Auguste verehel. Blei in Aue, Alleinige Inhaberin der Firma A. A. Blei daselbst, wird heute am 26. Mai 18S1 Mittags ^.1 Uhr das Konkursverfahren eröffnet. Verwalter: Rechtsanwalt Wagner in Schneeberg. Anmeldefrist bis zum 20. Juni 1891. Wahl- und Prüfungstermin: Am 29. Juni 1891, Vormittags 11 Uhr. Offener Arrest mit An;«igrfrist bis zum 17. Juni 1891. Königl. Amtsgericht zu Schneeberg. Karing, Aff., H -R. Oeffentliche Impfung in Hartenstein Sonnabend, am 3«. Mai -. I. Vormittags 9 Uhr für Erstimpflinge mit den Familiennamen bis mit L, Vormittags 10 Uhr für solche mit den Familiennamen I- bis mit 2 im Gasthof „zum weißen Roß". RevisionStermin für sämmtliche Erstimpflinge Sonnabend, am 6. Juni d. I. Vormittags 9 Uhr. Hartenstein, am 26. Mai 1891. Der Bürgermeister. Herrfahrt. Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten rn Scbneebera Donnerstag, den 28. Mai 1891, Abends 6 Uhr. Nr. 15 des diesjährigen Reichsgesetzblattes ist erschienen und liegt in der Exp«di- Sion der unterzeichneten Behörden 14 Tage lang zur Einsichtnahme au«: Inhalt: Gesetz, betreffend die Abänderung von Bestimmungen de« Straf gesetzbuchs. — Gesetz, betreffend die Prüfung der Läuse und Verschlüsse der Handfeuer waffen. — Bekanntmachung, betreffend die Authetluag d« Insel Helgoland zu dem 5. Wahl kreise d« preußischen Provinz Schleswig-Holstein. — Druckfehler-Berichtigung. Die Stadträthe von Aue, Lößnitz, Nenstädtel, Schneeberg und Schwarzenberg, die Bürgermeister von Grünhain, Har- tenstein, Johanngeorgenstadt und Wildenfels. Bekanntmachung. Nr. 15 des diesjährigen Reichsgesetzblattes ist erschienen und liegt in der Expe dition der Unterzeichneten 14 Tage lang zur Einsichtnahme aus: Inhalt: Gesetz, betreffend di« Abänderung von Bestimmungen de» Strafgesetz buch». — Gesetz, betreffend die Prüfung der Läufe und Verschlüsse ^« Handfeuerwaffen. — Bekanntmachung, betreffend die Zutheilung der Insel Helgoland zu dem 5. Wahlkreise der preußischen Provinz Schleswig Holstein. — Druckfehler-Berichtigung. Die Gemeindevorstände im Bezirke der königl. Amtshaupt- Mannschaft Schwarzenberg. Auktion. Auf Antrag de» Königl. Amtsgericht zu Schneeberg sollen nächsten Montag, den 1. Juni, von Vormittag» S Uhr au, Haus - Nr. 70 L erbtheilungshalber die Nachlaßgegenstände der verstorbnen Christiane Caroline Löffler an Kleidern, Betten, Wäsche und Möbel durch Unterzeichneten gegen sofortig« Bezahlung versteigert werden. Zell«, am 25. Mai 1891. Bretschneid«, G.-Vorst. Das Begehen der zu dem Blaufarbenwerke Pfannenstiel gehörigen Grundstücke auf Auer Flur, nach dem Lumbich-Grunve zu und neben der Reichsstraße bis zum Schwarz wasser (sogenannte Walther-Felder) wird hiermit untersagt. - Zuwiderhandelnde werden bei der Polizeibehörde in Au« gM Bestrafung äuge» zeigtwerden. Gutsvorstand von Niederpfannenstiel. das Fiasko des Streik» mit dieser Triumph-Komödie zu he- Mänteln. Schlimmer aber ist, daß gleich darauf da» alte Spiel von Neuem begonnen wird, und die sozialistischen Blätter wiederum mit erneuten Ausständen und nöthigenfalls mit dem großen Generalausstand drohen, wenn dem „Volk" nicht sein legitimer Anspruch auf das allgemeine Stimmrecht bewilligt Der werde. Die Legitimität dieses Anspruchs wird freilich durch di« Art und Weise, wie sich die Arbeiter von den sozialistischen Agitatoren nasführen lassen, auf höchst traurig« Weis« illustrirt. Tagesgeschichte. Deutschland. Berlin, 26. Mai Am Donnerstag, de» 29. Mai, wird, dem Vernehmen nach, der „Siebener-Ausschuß" zur Vorbereitung der Reform de» höheren Schulwesens unter dem Vorsitz des Geh. OberregierungSrathr» vr Hinzpeter wiederum zusammentreteu. Seine Berathungen werden sich auf die endgtltige Verständigung über die Abgrenzung der Lehrpensa und auf die Maßregeln für die Schulhygiene erstrecken. Oesterreich. Wien, 26. Mai. Bezeichnender Weis« wurde in Prag bei vem Fest für die französischen Studenten auf der Sofien- insel die Matselllaise nicht weniger als siebzehn Mal gespielt und dazwischen da» czechische Hetzlied „Üsj Slovans" ge sungen. Die Rufe „Vivs 1» Uranos!" wollten nicht enden; immer wieder wurde die Interessengemeinschaft der Ezechen^ und Franzosen gegen den Germanjtmn» hervorgehobea. — In den nächsten Tagen «scheint hier unter d«u Titel »Die Jungczechen am Scheideweg«'' «ine politisch« Flugschrift, deren Autor ein jungezechtscher LandtagS-Abgeprd» neter ist und in welch«! der Iungrzechenklub aufgeford«rt wird, den ReichSrath zu verlassen uno passive Opposition zu treiben. Wien, 26. Mai. In der gestrigen Plenarsitzung. d«» Wrltpost-Kongresses theilte Staatssekretär v. Stephan ntit, durch di« kürzlich erfolgte Einführung der Seeposteu zwischen Deutschland und Nordamerika sei ein bedeutend« technisch« Fortschritt «reicht. Rach einem Telegramm habe d« Ham burg« Packetfahrtdampfer „Southampton" New-Jork tu 6 Tagm 14 Stuuaden erreicht. Derselbe habe die bt»h« schnellst« Fahrt noch um 1 Stund« 5b Min. übertroffm. Kranfnich. Pari», 26. Mat. Der Senat nahm da» von der Kammer erledigte Gesetz, bettchead di, Zuckerst«urrr«form, an. Danach wird di« gesetzliche Ausbeute auf 7'/. kg Zucker von 100 1rz Rüben in den Bottiche« festgesetzt. — Di« »immer genehmigt« «turn Etngaugszoll von 10 Frane» auf Ochsen, Küh« und Bullen, von 12 Frane» auf Kälber nnp