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ZUR E I N F Ü H R U N G Mozart’s Klavierkonzert in c-moll, Köchel-Verzeich nis Nr 491, ist das viertletzte Werk dieser Gattung, di? man zu seinem Lieblingstummelfeld auf dem Ge biete der Musik rechnet. In seinen vielen Klavier konzerten befriedigt er sein Verlangen nach Virtuosi tät, er benutzt sie zu Experimenten in Hinsicht auf die Form und auf den Klang. Und alles dies dient ihm im letzten Grunde zur Vervollkommnung der Konzertform, zum Ausbau dieser von ihm so bevor zugten Gattung nach ihren technischen und geistigen Seiten hin. Das c-moll-Konzert ist im Jahre 1786 am 24. März vollendet worden. Es steht in der Tonart, in der Mozart stets etwas besonderes zu sagen und zu kün den hatte, es redet in der Sprache eines damals neuen, dramatischen Weltgefühls, mit dem sich das seiner selbstbewußt werdende Individuum ankündigt, das später in Beethoven seine Erfüllung findet. Im ersten Satz versucht Mozart einen Ausgleich zwischen Sonatenform und Konzert herzustellen. Das Orchester und der Solist sind am thematischen Aufbau gleichermaßen beteiligt, oft sind die Fas sungen der musikalischen Gedanken für das Orche ster anders und von der Solostimme abweichend und verschieden. Das liegt daran, daß Mozart immer instrumentengerecht schrieb und folglich für die Gesamtheit des Orchesters oft einen volleren Satz verwendete. Der erste Satz endet auf einem langen Orgelpunkt in pessimistischer Stimmung. Der zweite Satz ist eine Art Romanze mit lyrischem Gehalt, oft mit einer gewissen Andacht und Inbrunst gesungen. Im Schlußsatz verwendet Mozart Variationsreihen, mit der Absicht, diesem Satze ein größeres Gewicht zu verleihen und ihn inhaltlich zu heben. Auffällig ist, daß Mozart den Bläsern im Orchester neben dem Solisten am Klavier bedeutende und wichtige Rollen zugedacht hat, die den Klang dieses Werkes so sehr bereichern. Das c-moll-Konzert gehört zu den wichtigen Werken in Mozarts Schaffen, es spiegelt eine Seelenhaltung dieses Komponisten wider, die die meisten Hörer bei ihm nicht vermuten, nämlich Ernst und Tiefe. Frank Martin, der jetzt 61jährige Komponist, schrieb die „Ballade für Klavier und Orchester" im Jahre 1939. Frank Martin, gebürtiger Westschweizer aus Genf, lebte mehrere Jahre in Amsterdam und ist heute Lehrer für Komposition in Köln. Martin ist erst ziemlich spät bekanntgeworden durch eine Chor- koraposition, die die Tristansage ganz neuartig ge staltet, durch sein Oratorium „Golgatha“, vor allem aber durch seine „Kleine Sinfonie" für Klavier, Cem balo und Harfe mit Orchester, die seinen Namen in alle Well trug. Martin gehört der französischen Musiktradition an; er unterlag eine Zeitlang den Ein flüssen des musikalischen Impressionismus und ver schrieb sich auch vorübergehend der Schule Arnold Schönbergs. Martin hat aber einen eigenen Stil ge funden, den man eben jetzt schätzt und beachtet. Er ist ein der Innerlichkeit und der Verschlossenheit zuneigender Mensch, der in seinen Werken aber einen starken Klangsinn offenbart. Martin hat eine Vor liebe für gedämpfte und verschleierte Klänge, laute und kräftige Ausbrüche setzt er nur selten ein und begegnet hier auffällig der impressionistischen Klang auffassung. In der „Ballade" hat er eine Form gewählt, die seiner Phantasie viel Raum zur Entfaltung läßt. Die Bal lade als romantische Form ist an kein Schema ge bunden, wie etwa die Sinfonieform. Frank Martin wählt 5 Sätze, die pausenlos, nur durch Ruhepunkte getrennt, ineinander überfließen. Ruhig beginnt die Ballade, mit einer sehr kleinschrittigen Melodie am Klavier, die klagend und schmerzlich vom Leid der Welt singt. Sie entfaltet sich zu einem Aufschrei, um darauf wieder in die Klage zurück zusinken. Ein lebhafter Satz mit spitzer Tongebung folgt darauf, in dem ein tarantellaartiger Triolen- rhythmus vorherrscht. Das Klavier wird hier sehr virtuos behandelt und immer von einem durch sichtigen und zurückhaltenden Orchester begleitet. An seinem Höhepunkt setzt das Klavier mit einem übersteigerten Walzer ein. Der nächste Satz läßt auf dem Hintergrund einer immer wiederkehrenden (ostinaten) Klavierfigur eine verhaltene Oboenmelodie aufblühen, die später vom Englisch Horn aufgegriffen an die Solovioline weitergegeben wird, wobei sich der Satz rhythmisch immer mehr verschärft. Der darauf folgende lang same Satz ist voller Spannungen, die sich in Ton reibungen äußert. Er leitet eine Kadenz des Solo instrumentes ein, in der alle bisherigen Elemente der einzelnen Sätze verschmolzen werden. Ein gehäm merter Abschluß beendet dieses Werk, die „Ballade", die vom Leid und den inneren Kämpfen eines Men schen berichten will. Sie ist dem bekannten Schweizer Pianisten Walter Frey gewidmet. Die Bedeutung Frederic Chopins für die Entwick lung des Klavierstils und Klavierspiels ist heute all gemein anerkannt. Selbst ein Virtuose von aller höchstem Rang, hat er dem Klavier Seiten abge wonnen, die für seine Zeit völlig neu waren und ohne die die moderne Pianistik nicht mehr zu denken ist. Seine Werke, die er ausschließlich für das Klavier geschrieben hat, zählen zum bedeutendsten Musikgut der Romantik. Das Virtuose steht bei ihm stets im Dienste eines ge wählten,empfindsamen Geschmacks; ein vielseitiger, beschwingter Rhythmus und ein großer Reichtum an melodischen Passagen und Arabesken verleihen seinen poesievollen Schöp fungen, in denen Leidenschaft und Melancholie oft wundersam gepaart sind, einen durchaus eigenen Charakter. Dies gilt vor allem für seine zahlreichen, vielgespielten Solostücke. Aber auch die beiden Klavierkonzerte in e-moll und in f-moll tragen diese Züge verfeinerter roman tischer Klavierkunst, wobei es auffällt, daß das Orchester sich kaum über die Rolle eines beglei tenden Faktors erhebt, und dieTuttisätze kaum mehr als Zwischenspiele sind. Das e-moll-Konzert op. n wird, da es zuerst ver öffentlicht worden ist (1833), als „erstes" bezeichnet; es ist jedoch erst nach dem in f-moll entstanden, das Chopin erst später (1836) als op. 21 zum Druck ge geben hat. Der erste Satz wird von einem kraftvollen Thema er öffnet. Elegisch und von sanfter Melancholie ist eine Überleitungsgruppe, während das zweite Thema von Leidenschaft und Innigkeit erfüllt ist. Dieses The menmaterial überdeckt Chopin in der oben bereits gekennzeichneten Art mit einem feinnervigen piani- stischen Schmuckwerk und schafft so überaus reiz volle Klangbilder. Der zweite Satz ist eine Romanze von zartem melodischen Gepräge und verträumter Innigkeit — eines der anmutigsten lyrischen Stücke dieses Meisters, das nach seinen eigenen Worten mit dem Schimmer romantischer Mondscheinpoesie um kleidet ist. Der letzte Satz, ein Rondo von virtuoser Eleganz und eleganter Virtuosität, schließt das Konzert mit Bra vourpassagen wirkungsvoll ab.