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Zur Einführung 9DIS Franz Schubert, der große unerreichte Meister des Liedes, ist auch in seinen Instrumentalwerken vor allem Lyriker Seine achte Sinfonie, die .Unvollendete' genannt, weil sie nur aus zwei Sätzen besteht, ist ein Lied in zwei Strophen, ein .Abgrund von Schwermut in zwei Sätzen'. Warum Schubert das Werk nicht ■vollendete, wissen wir nicht. Es sind Skizzen für ein Scherzo gefunden worden, die Schubert aber nicht ausgeführt hat. Vielleicht sah er sein Werk als .voll endet' an. Vielleicht fürchtete er sich davor, nach dem himmlischen Gesang des langsamen Satzes noch eine Note zu schreiben. Er hatte mit ihm eine Treppe hinein in die überirdische Sphäre der reinen Schönheit gebaut . . Man scheut sich angesichts eines so seelenvollen Kunstwerkes von formalen Dingen wie Thema und Durchführung zu sprechen. Aber auch einer so nüchter nen Betrachtung hält das Werk stand, das im ersten Satz die Sonatenform in klassischer Weise erfüllt: dem schwermütigen ersten Thema, dem sehnsuchts vollen Gesang von Klarinette und Oboe über den Sechzehnteln der Geigen steht das volksliedhafte, ländlerartige zweite Thema in den Celli entgegen, jene berühmte Melodie, die man einmal die .berühmteste der Welt' genannt hat. Eine Überfülle von Werken hat uns Wolfgang Amadeus Mozart hinterlassen, auf allen Gebieten war er erfolgreich. Neben seinen gewichtigen Opern, neben seinem gewaltigen Requiem, neben seinen großen Sinfonien stehen viele Werke, die er zur .Gemütsergötzung' geschrieben hat. .Unterhaltungsmusik' würden wir heute sagen, hätte dieses Wort nicht einen so peinlichen Beigeschmack. Welches Niveau aber Unterhaltungsmusik haben kann, das zeigen uns Werke wie die Mozartschen Konzerte für die verschiedenen Instrumente, etwa dieses Flötenkonzert in D-dur. Höchste Kunst ve bindet sich hier mit der Gabe, den Hörer auf charmante und geistvolle Weise zu unterhalten. 2S9S Ludwig van Beethoven mit seiner fünften Sinfonie will aufrütteln. In diesem Werk rechnet er mit dem Schicksal ab. .Die Schicksalssinfonie' wird sie ge nannt, nachdem Ausspruch Beethovens über das der Sinfonie zugrundeliegende .Urmotiv', das gleich zu Beginn ertönt: .So pocht das Schicksal an die Pforte'. Ein hartes Schicksal war es, das ihn bedrohte, die immer mehr fortschreitende und schließlich vollständige Ertaubung. Er ließ sich nicht von ihm entmutigen. ,.Ich will dem Schicksal in den Rachen greifen, ganz niederbeugen soll es mich gewiß nichtI" Das ist ein Ausspruch von ihm. den er in dieser Sinfonie in Töne umsetzte. Darüber hören wir immer wieder das Motiv des drohenden Schicksals, in allen Sätzen, hören aber auch, wie es helleren, energischen Ton folgen aus dem Felde getrieben wird, bis schließlich im Finale die große Sieges sinfonie ertönt, ein unbeschreiblicher Jubel ausbricht: mit vier Themen von höchster Sinofälligkeit wird dargetan, daß der Weg durch die Nacht ins strahlende Licht zu Ende gegangen ist. Die Sinfonie, mit der einst der junge Mendelssohn den alten Goethe zu Beethoven bekehrte, ist neben der neunten Sinfonie, diesem Lobgesang auf die Bruderliebe, das politische Vermächtnis Beethovens, das gerade uns Menschen von heute unendlich viel zu sagen hat. Dr. Karl laux Sebnitz 2