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Dresdner W Wimm!, königlich SLchstschev Staatsanzrtge*. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. eitweise Nebenblätter: Landtag»beilage, Synodalbeilage, Ziehungsliste« der Verwaltung der K. S. Staatsschulden und der«. S. Land- und Landeskulturrentenbank.Verwalk^ Übersicht d« innahmen und Ausgaben der LandeS-BrandversicherungSanslalt, Übersichten de» «. S. Statistischen LandeSamtS über Ei«, und Rückzahlungen bet den Sparkassen, Grundsätzliche Entscheidungen de» «. S. Landesversicherungsamt», Berkaustliste von tzolzpflanzen auf den K. E. Staatsforstrevieren. Nr. 108. -> Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Doenges in Dresden. Mittwoch, 14. Mai 1013. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 1», sowie durch die deutschen Postanstalten » Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktag- nachmittags. — Fernsprecher: Expedition Nr. 1SS», Redaktion Nr. 4S74. Ankündigungen: Die Ifpaltige Grundzeile oder deren Raum im Ankündigungsteile SO Pf., die»spaltige Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 7» Pf., unter dem RedaktionSstrich (Eingesandt) 1»0 Pf. PreiSermäßigg. aus GeschästSanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Staatisrkretär v. Zagow ist i» Wien eingetroffe». Die Wiener Blätter tegrüßen den deutschen Staatsmann in sehr herzlicher Weise. Der preußische Militärattachee in München, Major v. Lewinsky, wurde gesteru nachmittag in der äußeren Priniregenten-Straße in München von einem dem Arberterstande angehörigen 34 Jahre alten Manne durch mehrere Revolverschüsse in die Brust niedergestreckt. Der Verletzte starb bald daranf in der chirurgischen Klinik. Der Oberwachtmeister der Schutzmannschaft, Bohlender, der ihm zu Hilfe geeilt war, wurde ebenfalls erschossen. Die deutsche Schutztrupve hat bei Akoga (Reu- Kameru») ein Gefecht mit Eingeborenen gehabt, bei dem der Führer der deutsche» Abteilung, Bizefeldwebel Siewertsen, gefallen ist. * Rach einer Meldung der „Tribuna" soll die Bai von Ptelia die Südgrenze Albanien» bilden. * Nach amtlicher bulgarischer Feststellung habe» die Bulgaren im valkankriege 330 Offiziere und 29711 Sol daten an Toten und 950 Offiziere und 52559 Soldaten an Verwundeten verloren. Vermißt werde» 3193 Mann. * Leutnant Sommer, einer der Teilnehmer am Prinz Heinrich-Flug, wurde bei einer Notlandung i» der Nähe »ou Rafsau verletzt, sein Apparat zerstört. Amtlicher Teil. Auf den Antrag des Königlich Sächsischen Militär- vcreinsbundes genehmigt das Ministerium des Innern, daß die durch Verordnung vom 12. Dezember 1912 be willigte öffentliche Geldsammlung zum Besten der deutschen Veteranen aus den Feldzügen bis mit 1870/71 und der Kämpfer in China und Afrika sowie in den deutschen Kolonien durch Verkauf von Kornblumen in kleineren Orten, wo dieser Kornblumentag an einem Sonntage oder mit einem anderen örtlichen Feste verbunden werden soll, statt am 2. September 1913 an einem anderen, — aber nur an einem einzigen Tage — innerhalb der Zeit vom 30. August bis mit 7. September 1913 ver anstaltet wird. 250 »III, Dresden, den 8. Mai 1913. 3488 Ministerium des Innern, II. Abteilung. Die Kreishauptmannschaft stellt fest, daß der Antrag auf Einführung des Achtuhrladenschlusses für die offenen Verkaufsstellen aller Geschäftszweige in Niederwürschnitz, soweit er nicht bereits für den Ortsteil Lugauer Anbau eingesührt ist, von zwei Dritteln der beteiligten Geschäfts inhaber gestellt worden ist. Es wird daher und nach Gehör der Amtshauptmann schaft Stollberg und der Gemeinde Niederwürschnitz hier mit ««geordnet, daß von Sonntag, den 25. Mai 1913 ab die offenen verk««fsstellen aller Geschäftszweige in Niederwürschnitz, soweit der Achtuhrladenschluß nicht bereits für den Orts teil Lugauer Anbau gilt, während aller Werktage im Jahre auch in der Zeit von 8 bis 9 Uhr abends für den geschäftlichen Verkehr geschlossen z« halten sind. Ausgenommen sollen bleiben:^. 1. die Sonnabende und die 6 Werktage vor Ostern, Pfingsten und dem Kirchweihfeste, sowie die Werk tage des Dezembers, 2. diejenigen Tage, die die Ortspolizeibehörde ge mäß A 139« Abs. 2 Ziffer 2 der Reichsgewerbe ordnung bereits bestimmt hatte oder in Zukunft Kastimmen wird, soweit sie nicht schon unter 1. ausgenommen sind. Während der Zeit, in der die Verkaufsstellen ge schlossen sein müssen, ist der Verkauf von Waren der in diesen Verkaufsstellen geführten Art sowie da» Feilbieten von Waren auf öffentlichen Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten oder ohne vorherige Bestellung von Haus zu Haus im stehenden Gewerbebetriebe (8 42d Abs. 1 R. G. O.) sowie im Gewerbebetriebe im Umher ziehen (Z 55 Abs. 1 Ziffer 1 R. G. O.) verboten. Aus nahmen können von der Amtshauptmannschaft zugelassen werden. Die Bestimmungen der 88 139e und 139ä der R. G. O., die Ruhezeit der Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter betr., werden durch diese Anordnung nicht berührt. Zuwiderhandlungen werden nach §146» der R. G.O. mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark, im Unvermögens falle mit Haft bestraft. 838 IV Chemnitz, am 10. Mai 1913. 3487 Die Kreishauptmannschaft. Die Königliche Kreishanptmannschaft hat dem Barbier Paul Ernst Siebert in Zeithain für die von ihm am 27. Januar dieses Jahres mit Mut und Ent- schlossenheit bewirkte Rettung eines Knaben vom Tode des Ertrinkens im Dorfteiche in Zeithain eine Geld belohnung bewilligt. 996III Dresden, am 14. April 1913. 3492 Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. In» Geschäftsbereiche des Ministeriums des Auuern. Angestellt: Tierarzt vr. Lötsch als Grenz tierarzt-Assistent (kommandiert nach Pirna). (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Ankündigungsteile.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlichen Hofe. Dresden, 14. Mai. Se. Majestät der König begab Sich mit Ihren Königl. Hoheiten dem Kronprinzen, den Prinzen Friedrich Christian und Ernst Heinrich, sowie den Prinzessinnen-Töchtern vor mittags 10 Uhr 1 Min. ab Hauptbahnhof nach Schandau und unternahm von dort einen Ausflug nach dein großen Zschirnstein und dem Papststein. Die Rückkehr erfolgte nachmittags im Automobil über Cunnersdorf direkt nach Wachwitz. Mitteilungelt aus -er öffentlichen Verwaltung. Oberverwaltungsgericht. Einem in Sachsen wohnhaften israelitischen Arzte, der seinem schulpflichtigen Kinde deutsch, katholischen Religionsunterricht erteilen lassen wollte, war auf Grund von 8 6 des Volksschulgesetzes unter Strafandrohung die Zuführung deS Kindes zum israelischen Religions unterrichte mit dem Bemerken aufgegeben worden, daß diese Auflage und die Strafandrohung sich erledigen würde, wenn er nachweise, daß daS Kind durch Taufe in eine christliche Kirche aus genommen oder aber in das Dissidentenregister eingetragen sei. Nachdem er hiergegen ohne Erfolg Rekurs eingewendet hatte, ist er auch mit der Anfechtungsklage vom OberverwaltungSgerichte abgewiesen worden. Der Kläger hat in erster Linie folgendes geltend gemacht: Mit 8 32 der Verfassungsurkunde, wonach jedem Landeseinwohner völlige Gewissensfreiheit gewährt sei, stehe eS nicht im Einklänge, wenn man ihn vor die Wahl stelle, seine,» Sohn entweder aus der israelitischen Religionsgemeinschaft ausscheiden oder ihm israelitischen Religionsunterricht erteilen zu lassen, und er müsse diesem Ge wissenszwang« widerspreche», tzinzuweisen sei besonders darauf, daß der Austritt aus der Religionsgemeinschaft, in die man hineingeboren sei, mit verschiedenen Unzuträglichkeiten verknüpft zu sein pflege, und daß insbesondere die Eintragung in das Dissidentenregister gewisse Nachteile für die gesellschaftliche Stellung mit sich bringe. Da nun jedem LandeSeinwohner völlige Ge wissensfreiheit ohne Einschränkung durch die Verfassung gewährt sei, so könne 8 6 deS Bolk-schulgesetzeS Rechtsgültigkeit nicht be anspruchen, soweit er den einzelnen Vater hindere, bet der religiösen Unterweisung und Erziehung seines Kindes lediglich nach seinem Gewissen zu handeln. Ler Gerichtshof ist diesen Aus führungen nicht beigetreten. In der Begründung ist er davon ausgegangen, daß die Gewissensfreiheit zu den sogenannten Grund- oder Freiheitsrechten gehöre. Deren Formulierung in kurzen abstrakten Sätzen werde von den meisten europäischen Verfassungen versucht. Derartig« allgemeine, mehr oder weniger vieldeutig« Aussprüche pflegten indessen zur unmittelbaren praktischen An- Wendung sich nicht zu eignen, zu ihrer Verwirklichung vielmehr besonderer Ausführungsgesetze zu bedürfen. Durch diese Gesetze würden di« verkündigten Freiheits- oder Grundrechte näher be stimmt, umgrenzt und infolgedessen auch eingeschränkt. Wenn also eine Verfassungsurkunde ein Grundrecht verkündige, so wolle sie im Zweifel nicht eine verfassungsrechtliche Schranke für die künftige Gesetzgebung aufrichten, sondern ihr als sogenannter Programmsatz eine allgemeine, der näheren Bestimmung be dürfende Richtlinie geben. Die hauptsächliche Bedeutung dieser Aussprüche liege deshalb in der Regel nicht sowohl auf recht lichem, als vielmehr auf politischem Gebiete. Sie enthielten eine Verheißung, die den auf Durchbildung der Gesetzgebung in ge wisser Richtung abzielenden Bestrebungen eine verfassungsmäßige Grundlage gebe... In der Regel sei also eine nähere Bestimmung und Umgrenzung der in denBerfassungsurkunden verkündeten Grund oder Freiheitsrechte durch die Gesetzgebung nicht nur zulässig, sonder»» sogar erforderlich. Ein Gesetz, durch das ein Grundrecht einge- schränkt werde, könne demnach in Zweifel nicht deshalb für ungültig erklärt werden, weil es nicht unter Beobachtung der für Verfassungsänderungen gegebenen Vorschriften zustande gekommen sei. Von dieser Regel sei die sächsische VersassungSurkunde bei der Verkündigung der Gewissensfreiheit nicht abgewichen Gerade der Begriff der Gewissensfreiheit sei so vieldeutig, daß dieses Grundrecht der näheren Bestimmung und Begrenzung unbedingt bedürfe. Aus dein Wortlaute des 8 32 lasse sich mithin nicht folgern, jedem LandeSeinwohner habe ein verfassungs mäßiges Recht darauf gewährt werden sollen, daß alles unter bleibe, was er als eine Antastung seiner Gewissensfreiheit empfinden könne. Mit dem sonstigen Inhalte deS 8 32, mit 8 33 und 8 56 der VersassungSurkunde aber würde eine solche Aus legung geradezu unvereinbar sein. Aus diesen Paragraphen ergebe sich, daß die VersassungSurkunde die bei ihrem Jnkrast- treten bestehenden Beschränkungen der frrlen Religionsübung wie des Schutzes der Gottesverehrnng aufrecht erhalten, nur den Mit- aliedern aufgenommenen christlichen Kirchenaesellschasten gleiche bürgerliche und staatsbürgerliche (pokitffche) Rechte gewährt und die Mitglieder aller anderen Religionsgemeinschaften uicht von den bisherigen Beschränkungen der bürgerlichen und staatsbürger lichen Rechte befreit habe. Da diese Schranken bestehen geblieben seien, so habe die VersassungSurkunde völlige Gewissensfreiheit in dem vorher angegebenen Sinne nicht gewährt. Dies leuchte ohne weiteres ein, wenn man sich vergegenwärtige, wie die den auf genommenen Kirchen nicht angehörenden LandeSeinwohner in der Kultusfreiheit und im Genüsse der bürgerlichen und staatsbürger lichen Rechte beschränkt gewesen seien, als die Verfassung in Kraft getreten sei Man sei also gezwungen, den Aus spruch der VersassungSurkunde über die Gewährung völliger Gewissensfreiheit eng auSzulegen und ihm als Rechtssatz (im Unter schiede von einem reinen Programmsatze) nur zu entnehmen, daß die Verwaltungsbehörden nicht befugt sein sollen, ohne be sondere gesetzliche Ermächtigung die Gewissensfreiheit anzutaste», und daß es ihnen insbesondere nicht gestattet sein solle, mit Polizei- oder Zwangsstrafen in die Freiheit deS religiösen Glaubensbekenntnisses einzugreisen oder jemandem die Abhaltung der Hausandacht in seiner Religion zu verbieten. Mit dieser Auslegung scheine zwar, wenn man die heutige Bedeutung des Ausdruckes „Gewissens freiheit" zugrunde lege, der Wortlaut des 8 32 kam« vereinbar; allein als die VersassungSurkunde in Kraft getreten sei, habe man (was durch verschiedene Beispiele belegt wird) den Begriff wett enger gefaßt, als gegenwärtig. Ferner sei zu bedenken, daß bei den im Jahre 1830 herrschenden Zuständen der in 8 32 zu findende Nechtssatz immerhin eine nicht zu unterschätzende Bedeutung gehabt habe. Endlich liege aber, wie schon hervorgehoben, die Hauptbedeutung des 8 32 nicht auf rechtlichem, sondern auf poli tischem Gebiete, insofern er eine wichtige Richtlinie für die künf tige Gesetzgebung bilde. Jedenfalls könnten die in 8 6 des Volks schulgesetzes enthaltenen Bestimmungen nicht wegen eines Wider spruches mit dem Grundrechte der Gewissensfreiheit für ungültig erklärt werde». Deshalb sei eine Prüfung der Frage, ob ein solcher Widerspruch überhaupt bestehe, nicht erforderlich. In zweiter Linie führt der Kläger aus, der israelitische Vater habe nach 8 6 deS Gesetzes die israelitischen Religionsgemeinden betreffend, vom 10. Juni 1904 in Verbindung mit 8 20 de- sogenannten Dissidentengesetzes vom 20. Juni 1870 hinsichtlich der religiösen Erziehung seiner Kinder ein zweifaches Wahlrecht; es stehe ihm frei, sein Kind der Religionsgesellschaft zuzuführen, welche er auswähle, er habe jedoch auch das Recht, das Kind zwar Israelit bleibe» zu lassen, aber trotzdem in einem von ihm ge wählten andere» Bekenntnisse zu erziehen. DaS Gegenteil besage S 6 des Vokksschulgesetzes, wenn er bestimme, daß der Israelit sein Kind, solange es seiner Religionsgemeinde angehöre, dem israelitischen Religionsunterrichte zuführen müsse. Da nun da» Gesetz, die israelitischen Religionsgemeinden betreffend, vom 10. Juli 1904 später erlassen sei als daS Bolksschulgesetz, so sei das letztere aufgehoben, soweit ein Widerspruch bestehe. Wa» 8 20 deS Dissidentengesetzes für di« Dissidenten vorschreibe, da» müsse auch für die Israeliten gelten; den Dissidenten aber stehe das oben bezeichnete doppelte Wahlrecht zu. Wenn man aber auch 8 6 des Volksschulgesetzes seinem ganzen Umfange nach als gültig ansehe, müsse man doch z» einer dem Kläger günstigen Entscheidung kommen. Nach seinem Absatz 4 hätten Dissidenten kinder an dem Religionsunterrichte einer von dem Erziehungs- Pflichtigen auSjuwählenden anerkannten oder bestätigten Religion», gesellschaft teilzunehmen. Dasselbe müsse nach dem Gesetze vom 10. Mai 1904 auch für israelitische Kinder gelten. Ma» dürfe die Israeliten nicht schlechter stellen al» die Dissidenten. Auch diese« RechtSauSführunaen ist der Gerichtshof entgegengetreten, unk zwar hat er seinen Standpunkt in dieser Richtung unter eingehender Begründung dahin gekennzeichnet, «S ergebe sich aus 8 6 deS Volksschulgesetzes, daß grundsätzlich jedes Kind Religionsunterricht „tm eigenen Bekenntnisse" erhalten solle, soweit sich dies ermöglichen lasse; die im vierten Absätze enthaltene Ausnahme beziehe sich weder auf