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Dresdner Journal : 18.04.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-04-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-191304187
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19130418
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19130418
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-04
- Tag 1913-04-18
-
Monat
1913-04
-
Jahr
1913
- Titel
- Dresdner Journal : 18.04.1913
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2. Beilage zu Nr. 88 des Dresdner Journals Freitag, 18. April 1913. Reichstag. , Sitzung von 17. April 1913. Am BundeSratstische: Kriegsminister v. Heeringen, Unterstaats, sekretär Wahnschaffe. . Präsident vr. «aempf eröffnete die Sttzung um 1 Uhr 5 Mm. Die Spezialberatung des Etats für den Reichskanzler und die Reichskanzlei wurde fortgesetzt und zunächst die Ab- stimmung über den Antrag Albrecht (soz.) betreffend die Einfüh rung der Verhältniswahl und den Schutz der Minderheiten wiederholt. Es mußte wiederum Auszählung erfolgen; das Ergebnis war die Ablehnung mit 140 gegen 139 Stimmen. Gegen den Antrag stimmten ans der Linken Nationalliberale und der Aba. vr. Becker- Cprcndlingen; für den Antrag auf der Rechten die Polen. Die Ver kündigung des Ergebnisses wurde mit großer Heiterkeit ausgenommen. Die Resolution Struve (fortschr. Bp.) und Mumm lwirtsch. Vgg) wegen Einsetzung von Beamtenausschüssen und Angestellten- ausschüsseu wurde angenommen. Ebenso gelangte zur Annahme die Resolution Ablaß und Genossen (fortschr. Vpt.) wegen alsbaldiger gesetzlicher Neuregelung der Dienstverhältnisse der Reichsbeamten. Der Etat der Reichskanzlei wurde ohne Debatte bewilligt. Aus der Tagesordnung standen sodann die Berichte der Wahl- prüsungslommission über die Wahlen der Abgg. Bietmeyer (wirtsch. Vgg) und v. Kröcher (kons.). Erstere beantragte die LommGon zu beanstanden, letztere für ungültig zu erklären. Zur Geschäftsordnung bemerkte Aög Gras «estlarp (kons.): Ich beantrage, den zweiten Gegenstand der Tagesordnung heute abzusetzen. Es empfiehlt sich, solche Wahlprüfnngen, die vollständig erledigt sind, zusammen zu behandeln und miteinander zu verbinden. Rach längeren Erörterungen, an denen sich die Abgg. Haase- Lönigsberg (soz.), vr. Neumann-Hofer (fortschr. Bp.) und Bebel (soz.) beteiligen, wurde der Antrag des Grafen Westarp mit 163 gegen 137 Stimmen abgclehnt. Bon der Fortschrittlichen Boltspartei wurde beantragt, die Wahl des Abg. Bietmeher für ungiltig zu erklären. Dieser Antrag wurde von dem Abg. vr. Neumann.Hofer (fortschr. Bp.) damit begründet, daß die Wahl stark beeinträchtigt worden sei durch irreführende amt liche Bekanntgabe des Wohnortes des fortschrittlichen Stichwahl kandidaten Nuschke in Steglitz, dessen Wohnort mit Berlin angegeben wurde, was sich offensichtlich als eine Unterstützung der gegnerischen Wahlagitation, die sich gegen dtuschke als den „Berliner" richtete, charakterisiere. Es lägen aber auch amtliche Wahlbecinflussungen vor, die zur Ungültigerklärung führen müßten. Abg. vr. Pfleger (Z ): Ich bitte Sie, diesen Antrag abzulehnen und cs bei dem Beschluß der Wahlprüfungskommission zu belassen. Es handelt sich bei den Ausführungen des Borredners nur um Mut- maßungen, nicht um Beweise. Abg. Herzog (wirtsch. Bgg.): Es handelt sich bei den Behörden offenbar um ein Berschen. Einen Unterschied macht man in länd lichen Kreisen nicht zwischen einem Berliner oder Berlin-Steglitzer. Rach längerer Debatte wurde der Antrag der Kommission auf Aussetzung der Entscheidung und Veranstaltung von Erhebungen mit 157 gegen 148 Stimmen abgelehnt. Die Wahl wurde darauf nach dem Anträge Ablaß mit dem gleichen Stimmverhältnis für ungültig erklärt. Tie Wahl des Abg. v. Kröcher (kons.) für 1. Magde burg (Salzwcdel-Gardelegen) war von der Kommission mit 10 gegen 3 Stimmen sür ungültig erÜärt worden. Ausschlaggebend war für die Kommilsionsmehrheit gewesen, daß vier Amtsvorsteher des Kreises Gardelegen öffentliche Erklärungen, die als Wahlaufrufe anzusehen sind, außer mit ihrem Namen auch mit ihrem Amtstitel „nlcrschricLen haben. Abg. vr. v. Bcit (kons ): Es handelt sich hier um die Frage, ob, wenn Beamte mit polizeilicher Funktion unter einem Wahlauf ruf zu ihrem Namen auch den Amtscharakter setzen, die für den be treffenden Kandidaten abgegebenen Stimmen diesem abzuziehen sind. Es ist also die Frage zu erörtern, ob hierin eine Wahlbeeinslussung gesehen werden kann. Meine politischen Freunde haben dagegen große Bedenken. Es ist doch nicht anzunehmen, daß dadurch eine Wahlbceinflussuna stattsinden kann. (Widerspruch links.) Der Redner beantragte daraus die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Lonimission. Aba. Stupp (Z.): Der größte Teil meiner politischen Freunde stebt auf einem anderen Standpunkte als der Borredner in der Be wertung der Namensunterschrift unter Zufügung des Amtscharak ters. Das Haus müßte allerdings auf die Mitgliedschaft eines hoch- angesehenen Mannes verzichten, aber wir können hier nicht im vorliegenden Falle von dem bisherigen Verfahren abgehen und müssen die Wahl für ungültig erklären. (Beifall im Zentrum.) Der Antrag v. Bcit wurde gegen die Rechte und etwa die Hälfte des Zentrums abgelehnt und die Wahl sür ungültig erklärt. Las Haus setzte darauf die zweite Beratung des Reichshans« Haltsetats mit dem Sonderetat der Verwaltung des Reichsheeres fort. Dic Beratung begann mit den fortdauernden Ausgaben, und zwar zunächst für das Kriegsministerium, Gehalt des Kriegsministers SOW M. Zu diesem Titel beantragte die Budgctkommission die An nahme folgender Resolutionen: ,,Den Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstag eine Statistik über tue Beförderung der Einjährig-Frei willigen zu Reserveoffizieren für sämtliche Kontingente und bezüg lich sämtlicher Konfessionen jährlich mitzuteilen." Ferner beantragte die Lomimssion, zur Lösung der Duellfrage eine besondere Kom mission cinzusetzen und derselben die in der Budgetkommission zu dieser Frage gestellten Anträge als Material zu überweisen. Bon dem Abg. Mumm (wirtsch. Bgg.) und Gen. wurde eine Resolution beantragt, den Reichskanzler zu ersuchen:») in einem Nacht- trogsetat dic Mittel sür eine Freifahrt beurlaubter Soldaten in ihre Heimat und zurück anzufordern, d) darauf hinzuwirken, daß Pakete der Angehörigen an Soldaten bis zu 3 Lg ohne Post- und Bestell- geld befördert werden. Abg. Schöpft in (soz.): Durch die Militärvorlagc werden die Ans- Vkn sür Militärzwecke ungeheuer gesteigert. Man hätte nun er- »xnkn sollen, daß die Militärverwaltung zeitgemäßen Reformen gem-t ist: wir hören aber von ihr nur schöne Worte, sehen aber keine Tate,. Die Duellfrage ist ein trefflicher Beleg. Ich will däMber nicht sprechen, weil eine Kommission mit der strasrechtlichcn Regelung nic-eracseht ist. Eine andere Frage, die seit Jahrzehnten hier eine Kolle spielt, ist die Frage der jüdischen Reserveoffiziere. Worauf cs ankommt, ist, daß das Reserveoffizicrkorps sich über Recht und Verfassung hinwegsetzt. Der Sriegsminister hat nichts dagegen, daß jüdische Einjährige gewählt werden, aber tatsächlich werden Juden nicht gewählt. ES wird anch der Sohn eines Handwcrker- meisiers, der vielleicht zu Hause noch mit dem Schurzfell herum- läust, nicht zum Reserveoffizier gewählt, weil daS nicht standes gemäß ist. Die Bestimmungen der Verfassung werden hier also systematisch übertreten; kein Jude, kein Dissident wird Reserve- ofsizi r. Dieses Korps will sich eben nur ans einer ganz bestimmten sozialen Schicht ergänzen. Bei einem Chemnitzer Regiment sind sämtliche Lehrer durchgcsallen, angeblich, weil sie in der vater ländischen Geschickte nicht genügend bewandert waren; in Wirklich keit aber, weil die Volksschullehrer den sächsischen Kultusminister Beck so ärgern, daß sie der Nagel zu seinem Sarge sind (Heiterkeit), so hat der Oberleutnant Beck in diesem Regiment, der Sohn des Kultusministers, selbst gesagt. Das Verhalten der BczirkSoffizierc und Bezirlskommandeure bei den Kontrollverfammlungen bildet einen immer stärker hervortretenden Mißstand. Immer häufiger nehmen sich die Herren heraus, die Mannschaften in gröblichster Weise zu beschimpfen und anderseits die Versammlungen zur Agitation zu benutzen. Man sollte den Kriegervereinen entweder jede politische Agitation verbieten, oder sie wie politische Vereine behandeln. Ebenso bedenklich ist die Haltung der Militärverwaltung in der Frage des Boykotts von Gastwirtschaften. Richt nur Unteroffiziere, auch Offi ziere haben sich Soldatenschindereien und die gröbsten Beschimpfungen gegen ihre Untergebenen zuschulden kommen lassen. Abg. vr. Ablaß ifortschr. Vpt.): Auch wir werden jede Gelegen heit wahrnehmen, über solche brutalen Mißhandlungen unseren Ab scheu mit aller Deutlichkeit au-zusprechen. Aus die letzten Militär- debatten muß ickzurückkommen, weil in der Presse gegen die Aus führungen deS Abgg. vr. Müller-Meiningen eine ganz ungerecht fertigte und unwahrhaftige Polen,ik entstanden ist. Nichts hat ihm ferner gelegen, als eine Beleidigung gegen das deutsche Unteroffizier korps auszusprechen. Die Kommission hat in breiter Ausführlichkeit den Fall des Amtsrichters Knittel aus Rybnik behandelt. Welche wun derbaren allgemeinen Rechtsgrundsätze hat da die Militärverwaltung entwickelt. DaS Ganze stellt sich als ein unerhörter Eingriff der mili tärischen Instanzen in das bürgerliche Leben dar. Bei Kontrollver- sammlungen sind, wie gerichtliche Urteile bestätigen, gegen Lehrer Schimpfworts aus dem Munde von Offizieren gefallen. Es wird auch bei den Kontrollverfammlungen viel zu stark und schwer be straft. Uber die Militär,nißharcklungen erfährt man deshalb so wenig, weil fast immer die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Die Furcht vor der Os entlichkeit ist unbegründet, ein Urteil gegen Soldatcnschinder wird nicht anfreizend sein. Uber die Frage der jüdischen Einjährig- Freiwilligen hat sich der Kriegsminister mit dankensivcrter Offenheit ausgesprochen. Wenn man in dieser Weise die jüdischen Einjährigen nicht in das Offizierkorps cinläßt, wenn sie sich nicht vorher taufen lassen, so ist das mit allgeinciner Gleichheit nicht vereinbar. Die Be stimmungen über die Berstümmelungszulagc sind viel zu speziali siert; man sollte hier mehr cntgegenkommcn und aus Billigkeits gründen heraus BerstümmclungSzulageu gewähren. Ich wünsche, daß wir vor allem daraufhin arbeiten sollen, daß das Heer in der Tat ein Bolksheer werde. Dann müssen wir dafür sorgen, daß das gleiche Recht für alle zum Durchbruch kommt. (Beifall links.) Preußischer Ariegsminister v. Heeringen: Der Vorredner hat mich an der Hand des Falles Knittel befragt, wie ich zur politischen Betätigung der Offiziere des Beurlaubtcnstandes siehe. Ich kann mich da auf eine Außen,ng meines Amtsvorgängers vom Jahre 1909 be rufen, worin er die politische Betätigung sreigab und ausführte, daß es nur eine Grenze gibt, das sei die Sozialdemokratie. Eine Betätigung zu ihren Gunsten kann und darf nicht stattsinden. Das ist der Grundsatz, auf dem auch ich stehe, und auf dem auch jeder spätere Kriegsministcr stehen muß. Eine nationale Armee, die auf einer nationalen Grundlage beruht, darf keinen Führer dulden, der sich antinational betätigt. Eine passive Be tätigung kann hierbei gar nicht in Betracht kommen. Über den Fall Knittel kann ich mich überhaupt kaum auslassen, da noch kein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Die Überführung eines Reserveoffi ziers zur Landwehr darf niemals als Strafe oder Maßregelung stattsinden. Sie darf auch niemals unter dem Gesichtspunkte einer politischen Betätigung vorgenommen wreden. Wenn ich der betreffende Kommandeur gewesen wäre, dann hätte ich, nachdem die Angelegenheit in der Öffentlichkeit einen solchen Umfang angenom men hatte, den Herrn kommen lassen und hätte den ganzen Fall mit ihn, durchgesprochen. Der Vorgesetzte ist ja nicht nur dazu da, seine Untergebenen zu strafen, sondern auch zu schützen. Ter Vorred ner ist dann auch auf die Resolution bezüglich der Adjutanten zu sprechen gekommen. Wie sich die Verbündeten Regierungen dazu stellen werden, kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall ist ein solches Verlangen unbillig. Die deutschen Fürsten haben auf ein großes Maß von Souveränitätsrechten verzichtet. Sic haben ihren ganzen Einfluß auf die Armee an Preußen abgegeben. Man kann des halb nicht verlangen, daß von dem Wenigen, das sie übrig be halten haben, sie noch etwas aufgeben. (Widerspruch und Unruhe links.) Tas Offiziertorps soll sich nach der Meinung der Vorredner nur aus bestimmten Schichten zufammensehen. Tic Stellung der Offiziersaspiranten und der Reserveoffiziere muß allerdings dem Ansehen des Offizierskorps entsprechend sein. Das ist aber kein Kastenvorurteil. (Heiterkeit und Widerspruch.) Wer Führer von Mannschaften sein will, kann als Reserveoffizier im Mobilmachungs- salle nicht plötzlich vor die Front gestellt werden, wenn er aus seiner Stellung kommt, die zu den untersten des Volkes gehört. (Wider spruch links.) Unser aktives Ofsizierkorps setzt sich aus fast allen Schichten zusammen. Im Jahre 1912 bestand der Offizierersatz zu 62,5 Prozent aus Kindern aktiver Osfizicre und Sanitätsoffiziere und höherer Beamten, aus 9,7 Prozent von Gutsbesitzern und Gutspächtern, 15,2 Prozent von Kaufleuten und Fabrikbesitzern, 5,2 Proz. von Subaltcrnbeamten und Unteroffizieren und der Rest aus Kindern von Vätern in anderen Privatstellungcn. Tas ist sicher kein Kastengeist. (Bcisall rechts.) Im Sanitätsofsizierkorps gibt es viele Fehlstellen. Gegenwärtig haben wir ein Manko von 27,1 Proz. Im Gesundheitsstandpunkt des Heeres ist keinerlei Ver schlechterung eingetretcn. Der Sanitätsoffizier und der aktive Offi zier sind völlig gleichberechtigt nebeneinander. Die Sanitäts offiziere werden nicht über die Achsel angesehen. Ich teile durchaus die ausgesprochene Meinung, daß die Bezirksoffiziere die Leute auf den Kontrollversammlungen nicht beschimpfen nnd schlecht behandeln dürfen. Die Kricgervcreine unterstehen nicht dem Kricgsininister. Sie gehören zum Ressort des Ministers des Innern. Infolgedessen habe ich auf die Maßnahmen dieser Vereine keinen Einfluß. Die Kriegervereine werden aber von ihrer Zentralstelle immer darüber belehrt, daß sic keine politischen Agitationen betreiben sollen, sondern nur die Liebe zu Kaiser und Reich pflegen sollen. (Beifall rechts, Widerspruch links.) Diese Grundlage der Kricgervcreine kann natürlich von der Armee nur sympathisch begrüßt werden. Deshalb kann ich natürlich nur den Beitritt zu diesen Vereinen emp fehlen. DieS geschieht aber nicht auS politischen Rücksichten. Auch die Grundlage der Armee ist ja aufgebaut auf den, Grundsatz der Treue zu Kaiser und Reich. Kommen wir auf diesem Wege in Gegen satz zur Sozialdemokratie, so ist das nicht unsere Schuld. Es ist unsere selbstverständliche Pflicht, ivenn wir dabei unseren Mann stehen. Militärverbote sollen nur cintreten, wenn Gefahr ist, da sonst die Disziplin der Mannschaften leiden kann. Es ist ausdrück lich hcrvorgchoben, daß nur dienstliche und Disziplinarintcresscn ent scheidend sein sollen. Württembergischcr Generalmajor p. «raevenitz: Bezüglich deS Spielverbots gegenüber einer Militärkapelle bemerke ich, daß Soldaten überhaupt dic Beteiligung an sozialdemokratischen Veran staltungen untersagt ist. Sächsischer Generalmajor Freiherr Leuckart v. Weißdorf: Ober leutnant Beck ist in seiner Äußerung gegen die Volksschullehrer nicht von seinem Vater beeinflußt getvesen. Dic Mißhandlungsziffer ist auch in der sächsischen Armee im Rückgang begriffen. Abg. Pospiech (Pole): Der hakatistische preußische Geist der Intoleranz hat auch vor den Kascrnentoren nicht Halt gemacht. Das religiöse Empfinden der katholischen Rekruten polnischer Nationalität wird von den Vorgesetzten nicht genügend berücksichtigt. Auch wir wenden nns gegen die Soldatenmißhandlungen nnd den Boykott polnischer Gastwirte. Abg. Liz. Mumm (wirtsch. Vgg): Mit dem Gedanken der Zu lassung jüdischer Offiziersaspiranten können wir uns nicht befreunden. Die Wahl muß den Offizieren überlassen bleiben. Daraus wnrde die Weiterberatung auf Freitag 1 Uhr vertagt. Schluß '/r7Uhr. Beschliiffr der StrasrechtStommisfion. Über die Arbeite« der Strafrechtskommission ist folgendes mitzuteilen: Die Kommission ist am 10. Februar in die zweite Lesung eingetreten und hat sich zunächst dem Allge meinen Teil deS Ersten Buches „Verbrechen und Vergehen" zugewendet.' - Bon den Vorschriften de» ersten Abschnitts (Strafgesetz, künftig „Geltung und Sprachgebrauch des Gesetze» ) haben zunächst die Bestimmungen über die zeitliche Geltung deS StrafgesePe» einen Ausbau erfahren. Zu der Frage der Rückwirkung einer AesetzeSmilderung ist klargestellt, daß der Richter nicht die ver- chiedenen Gesetze abstrakt zu vergleichen, sondern an der Hand >es konkreten Tatbestandes zu prüfen hat, welches Gesetz zu den günstigsten Ergebnissen für den Angeschuldtgten führt; es soll da» Gesetz angewendet werden, welches die Tat am mildesten be urteilen läßt. Bet den, Grundsatz, daß die Strafbarkeit erlischt, wenn da» Gesetz bis zur Aburteilung wegsällt, ist aus ¬ drücklich hervorgehoben, daß e» keine Anwendung findet, wenn ein Gesetz lediglich deshalb weggefallen ist, weil >er tatsächliche Grund, eS aufrechtzuerhalten, nicht mehr bestand, dierdurch werden die Fälle berücksichtigt, in denen bestimmte Gebote oder Verbote, wie e» namentlich auf dem Gebiete d« Seuchenpolizei nicht selten vorkommt, aus Anlaß gewisser be- sonderer, ihrer Natur nach vorübergehender tatsächlicher Verhält nisse erlassen werden. Wer ein solches Gebot oder Verbot über tritt, darf, wie dies die Rechtsprechung auch jetzt schou annimmt nicht um deswillen der Strafe entgehen, weil der Wegfall der be sonderen tatsächlichen Verhältnisse, wie z. B. der Seuchengefahr, den Wegfall des Gesetzes herbeigeführt hat. In die Bestimmungen über da» Territorialprinzip war in erster Lesung eine ausdrückliche Vorschrift ausgenommen, wonach die Strafgesetze deS Reiches auch auf die in einem Schutzgebiet oder Konsulargerichtsbezirke begangenen Handlungen Anwendung finden, soweit nach den dafür maßgebenden Vorschriften die Tat in dem Schutzgebiet oder Konsulargerichtsbezirke den deutschen Straf gesetzen nnterliegt. Auf dies« Vorschrift ist verzichtet, ohne daß eine sachliche Änderung beabsichtigt ist. Man ging dabei von der Erwägung auS, daß die Frage, ob eine in einem der genannten Gebiete begangene und dort nach deutschem Rechte straf bare Handlung im Reichsgebiet abgeurteilt werden könne, zwar nach geltendem Rechte bestritten sei, daß in Zukunft aber ein Zweifel nicht mehr entstehen könne, weil in der Fassung des Territorialprinzips von allen im Jnlande (nicht wie im A 3 des geltenden Gesetzes von den im Gebiete des Reiches) begangenen strafbaren Handlungen gesprochen werde und der Ausdruck Inland nach Sinn nnd Zweck der Vorschrift auf die Schutzgebiete und Konsulargerichtsbezirke mitbezogen werden müsse. Die Beschlüsse über das internatiouale Strafrecht sind im wesentlichen aufrecht erhalten. Aufgegeben ist der Standpunkt, daß jede Auslandstat eines In- oder Ausländers, die nach deutschem Recht ein Ver brechen oder Vergehen ist, ohne Rücksicht auf die Gesetze des Aus landes stets nach deutschem Rechte strafbar sein soll, wenn sie sich gegen einen deutschen Beamten richtet; für die Strafbarkeit soll vielmehr daS deutsche Recht nur dann ausschließlich entscheiden, wenn die Tat gegen den Beamten während oder wegen der Aus übung des Amtes begangen ist. Daneben tritt für AnslandStaten von Inländern die allgemeine Vorschrift, daß sie strafbar sind, wenn auch die Gesetze des Tatorts sie mit Strafe bedrohen; sür AuslandStateu von Ausländern soll künftig daS gleiche gelten, wenn die Tat gegen einen Deutschen oder deutschen Beamten begangen ist. Unter die Auslandstaten, die an In- und Ausländern unabhängig von den Gesetzen des Aus landes strafbar sein sollen, sind gemäß einem schon in erster Lesung gefaßten Beschluß auch die Angriffe gegen die deutsche Wehrmacht ausgenommen worden. Handlungen Deutscher sollen mit der gleichen Maßgabe strafbar sein, wenn sie sich als Angriffe gegen die Staatsgewalt oder als Friedensstörungen darstellen. Tie Frage, inwieweit Landesverrat und Schiffslonterbande zu Weltverbrechen ausgestaltet werden solle», ist bis zur Beratung dieser Materien im besonderen Teile zurückgestellt worden. In, zweiten Abschnitt (die strafbare Handlung) ist zu nächst die Dreiteilung der strafbaren Handlungen in Verbreche». Vergehen und Übertretungen dahin ergänzt, daß Delikte, die im Besonderen Teil ausnahmsweise mit Gefängnis von «lehr als fünf Jahren bedroht sind, als Verbrechen zu gelten haben Neu eingestellt ist eine Vorschrift über die sog. Kommissivdelikte durch Unterlassung. In dieser Bestimmung w rd, entsprechend der Rechtsprechung de» Reichsgerichts, zum Ausdruck gebracht, daß Wege» Herbeiführung eines Erfolges durch Unterlassung nur strafbar ist, wer rechtlich verpflichtet war, den Eintritt des Er folges durch Handeln zu hindern, und daß eine solche Pflicht auch für den besteht, der durch seine Tätigkeit die Gefahr deS Erfolgs- eintrittS herbeigeführt hat. Im dritten Abschnitt (Voraussetznngen der Straf barkeit) ist die Begriffsbestimmung des Vorsatzes wieder mehr dem Vorentwnrf angenähert und darauf abgestellt, daß der Täter „den Tatbestand der strafbaren Handlung mit Wissen und Willen verwirklicht". Unter die Begriffsbestimmungen der Schuldformen neu eingestellt ist eine Vorschrift, die klarstellt, daß dort, wo da» Gesetz „wissentliches Handeln" erfordert, die Voraussetzungen deS Eventualvorsatzes nicht genügen. In der Definition des absicht lichen Handelns ist klargestellt, daß es der Annahme absichtliche» Handelns nicht entgegensteht, wenn der Täter die Erreichung de» im Gesetze bezeichneten Erfolges nicht als Selbstzweck, sondern nur als einen Schritt zu weiteren Zielen angestrebt hat. Aus- drücklich hervorgehoben ist, daß der Vorsatz entfällt, wenn der Täter auf Grund tatsächlichen Irrtums einen nicht zum Tat bestände gehörigen Tatumstand als vorhanden annimmt, der die Rechtswidrigkeit ausschließen würde; ein derartiger Fall liegt z. B. vor, wenn der Täter aus Irrtum über tatsächliche Verhältnisse die Voraussetzungen der Notwehr oder des Notstandes für gegeben ansieht. Grundsätzliche Änderungen bringen die Beschlüsse über die Behandlung des NechtsirrtumS. In erster Lesung hatte die Kommission an ihn verschiedene Folge» geknüpft, je nachdem er auf strafrechtlichem oder außerstrafrechtlichem Gebiete liegt. Diese Unterscheidung ist nunmehr ausgegeben. Tie Voraussetzungen des RechtSirrtumS sind einheitlich dahin bestimmt, daß der Täter aus Irrtum über daS Gesetz oder über dessen Anwendbarkeit nach weislich in dem Glauben gehandelt haben muß, die Tat sei er laubt. Tie Folgen des RechtSirrtumS sollen ohne Rücksicht darauf, auf welchem Gebiet er liegt, in erheblichen Milderungen bestehen. Gewiss« besonders schwere Strafen, namentlich Todes strafe und Zuchthaus, sowie Ehrenstrafen solle» ausgeschlossen sein und an die Stelle der an sich angedrohten Strafen mildere Straf rahmen treten. Ist der Irrtum entschuldbar, so soll der Richter die Strafe nach freiem Ermessen mildern und sogar von Bestrafung absehen können, wenn sie nach den besonderen Umständen des Falle» nicht geboten ist. Beiden Gründen für fehlende und verminderte Zurechnung», fähiakeit ist auch die Geistesschwäche berücksichtigt Für ver mindert Zurechnungsfähige und Jugendliche sowie .ür die Fälle der Überschreitung von Notwehr und Notstand, deS Versuchs nnd der Beihilfe ist in den Abschnitt für Strafbemessung eine einheitliche StrafznmessungSvorschrift eingestellt, die im einzelnen Grundsätze über mildere Bestrafung aufstellt und zuläßt, daß in besonders leichten Fällen von Strafe abgesehen w^den kann. Nebenstrasen und sichernde Maßnahmen sollen, soweit nicht besondere Ausnahmen, wie zum Beispiel bet Jugendlichen, vor- gesehen sind, auch neben der gemilderten Strafe zulässig sein; Strafschärfungen gegen vermindert Zurechnungsfähige sind untersagt. Als Gründe, welche die Rechtswidrigkeit einer Handlung ausschließen, sind in den Beschlüssen erster Lesung nur die Not- wehr und der Notstand erwähnt. Um auch solchen Fällen Rech nung zu tragen, in denen die Rechtswidrigkeit einer Handlung nach anderen RechtSgrundsätzen, zum Beispiel wegen Ausübung eine- Beruf-recht», nicht als rechtswidrig erscheint, hat die Kom mission zum Ausdruck gebracht, daß eine Handlung nicht strafbar
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