Suche löschen...
Dresdner Journal : 06.03.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-03-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-191303069
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19130306
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19130306
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-03
- Tag 1913-03-06
-
Monat
1913-03
-
Jahr
1913
- Titel
- Dresdner Journal : 06.03.1913
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
2. Beilage zu Nr. 53 des DlkAMkl IvUNMls Donnerstag, 6. März 1913. Reichstag. Sitzung vom 5. März 1913. Am BundesratStische: Staatssekretär v. Tirpitz Präsident vr. Kaemps «rössnete die Sitzung nach '/.3 Uhr und erteilte das Wort dem Staatssekretär deS Reichsmarineamts Großadmiral v. Tirpitz: Ich habe dem hohe» Hause die traurige Mitteilung zu machen, daß unsere Marine in der letzten Nacht, um Mitttrnacht, von einem schmere» llnglücküsall betrossen worden ist, dem eine größere Anzahl von Menschenleben zum Opfer gefallen sind. Es handelt sich um eine» Zusammenstoß zwischen Sr. Majestät größern Kreuzer „dorrt" und dem Torpedoboot „8. 178". Genauere An gaben habe ich darüber selbst noch nicht. Ich weiß auch nicht, ob der llnsall direkt während deS Manövers stattgesunden hat, oder unmittelbar darauf, nachdem die Lichter schon gesetzt worden sind, wo natürlich schon eine gewisse Erschlaffung gegenüber den letzten Anspannungen eingetreten ist. Taß verhältnismäßig wenige ge- Met wurden, nur der Arzt, der Ingenieur und 15 Unter offiziere und Mannschaften, ist vermutlich und wahrscheinlich dem schweren stürmischen und dunklen Wetter in der Nordsee zuzu- schreiben M. H., die Marine betrauert de» frühen See- mmn-tod so vieler unserer Kameraden aufs tiefste. Sie wird fa ur hohen Ehren halten, und der Unglückssall, m. H., wird der Mine ein Ansporn sein, den dahingeschiedenen Kameraden j, großer Pflichterfüllung zu folgen und zu dienen für Kaiser uid Deich. Präsident vr. Kaempf: M. H.! Mit tiefem Schmerz haben mr die Trauerbotschaft vernommen, die der Staatssekretär des AeichSmarineamts uns soeben überbracht hat. Der Deutsche Reichstag wird mit dem gesamten deutschen Volke den braven Männern, die in ihrer treuesten Pflichterfüllung den Tod ge sunden haben, ein ehrenvolles Andenken bewahren. Sie haben sich zum Zeichen dieses von ihren Sitzen erhoben, was ich hiermit Melle. Tas Haus trat hieraus in die Tagesordnung ein. Eine Anzahl Petitionen, die von der Petitionskommission für ungeeignet zur Erörterung im Plenum erachtet sind, wurde für nledigt erklärt. Die Bescheide an die Petenten werden dem- mlfprechend ergehen. Es folgte die Beratung des am 7. Februar 1912 von den Teutsch-Konservativen eingebrachten Antrags v. Normann und Gen.: „Ten Reichskanzler zu ersuchen, dahin zu wirken, 1. daß mehr kleine Garnisonen geschaffen werden und besonders solche Städte, die srüher schon einmal Militär hatten, berücksichtigt werden; 2. alljährlich den Militärurlaubern einmal freie Eisenbahnfahrt, Mier Benutzung von Schnellzügen, zu gewähren; 3. Ernteurlaub «größerem Umfange, soweit dies mit den dienstlichen Interessen dmiubar ist, zu bewilligen; 4. alljährlich nur einmal Kontroll- oechmmlungen abzuhalten; 5. Ernteschäden und sonstige Schäden, tie durch militärische Übungen verursacht werden, schneller ab- Mätzen: 6. eine Erhöhung der Servisgelder für Pferde herbei zuführen". Aus Antrag des Abg. VehrenS (wirtsch. Vgg.) wurde ein Initiativantrag gleicher Tendenz, der ebenfalls vor Jahresfrist von seiner Gruppe eingcbracht ist, mit zur Verhandlung gestellt. Abg. v. Flemming (kons.): Von der Schaffung einer größeren Anzahl kleiner Garnisonen würden nicht die bösen Agrarier den Hanpworteil haben, sondern der gesamte Mittelstand und in erster Linie die Handwerker. Keine Stadt wird sich scheuen, die Lasten auf fich zu nehmen, die durch die Übernahme von Garnisonen bedingt sind Air stehen auf dem Standpunkt, daß eS eine große Se/ä-r A derartig viele ja»g« Leute in die großen Städte zu schicken, wo sie allzu sehr deL^tzttation der Sozialdemokratie aus gesetzt sind, die ihren antiu,«v»wMschen Charakter nicht verleugnen kann Die Disziplin wird avf'WH« Weise allmählich untergraben. Tie Verhältnisse im vorige« Jahre haben gezeigt, wie notwendig es oftmals ist, mit einer möglichst großen Anzahl von Leuten die Ernte unter Dach und Fach zu bringen. Deswegen sollte eine Beurlaubung zu diesem Zwecke in größerem Umfange erfolge«. Ter Redner vertrat weiter die konservativen Anträge im ein zelnen. Er schloß, Sie nützen mit der Annahme unseres Antrages in erster Linie dem Mittelstand. (Wiederholter, lebhafter Beifall rechts.) Abg. AM« (soz.): Wir vermögen nicht dem Anträge in allen Teilen zuzustimmen und beantragen schon jetzt Einzelabstimmung über die verschiedenen Punkte. Eine Erhöhung der Servisgelder für Pferde ist berechtigt. Bei den Manöverschäden wollen die Landwirte bei ihrer bekannten Begehrlichkeit wieder «inen besonderen Nitzen herausschlagen. Für Einschränkung der Kontrollversammlungen find auch wir. Der Ernteurlaub ist nur ein Notbehelf; es muß auf Verkürzung der Dienstzeit hingearbeitet werden. Tie Ernte urlauder müssen soviel erhalten wie die Arbeiter. (Zuruf des Abg. Krahmer: Sie erhalten mehr!) Die Landwirte müssen an ständige Bohnungsverhältnisse und Lohnverhältnisse schaffen, dann bleiben die Leute. Der Schaffung kleiner Garnisonen stimmen wir nicht zu auS Sparsamkeitsrücksichten. Von Spar samkeit ist überhauvt vielfach nichts zu merken, namentlich wenn es sich um Heranziehung eines ganzen Regiments Husaren zu höfischen Zwecken, um eine halbe Stunde Spalier zu bilden, bandelt. Abg. Angrrpoi«t«er (Z.): Die Ernteurlauber sind auf dem Lande sehr gesucht, da die Landwirtschaft die meisten Soldaten stellt. Bei Eisenbahnbenutzung sollte den Urlaubern die Fahrt in Eilzügen eingeräumt werden. Ich bitte, den Antrag möglichst einstimmig anzunehmen. Abg. Schulenburg (nl.): Ten Städten erwachsen große Kosten durch die Garnisonen. In den Anforderungen sollte die Militär verwaltung nicht zu weit gehen. Tie freie Eisenbahnfahrt sollte auch den Veteranen bet Regimentsjubiläen durch Gewährung von Militärfahrkarten wenigstens teilweise zugewendet werden. Für die Soldaten verlangen wir Briesportosreiheit. Im übrigen stimmen wir dem Anträge in allen Teilen zu. Abg. W«iuha«s<» (fortschr. Vp.): Als vor 14 Tagen der Präsident den Inhalt dieses Antrags verlas, ging ein Gelächter durch das hauS, welches die Antragsteller etwas stutzig zu machen schien. Wenn jetzt ausgerechnet diese alte abgegraste Sache auf die Tagesordnung kommt, liegt die Vermutung doch sehr nah«, daß man sich kurz vor den preußischen Landtagswahlen bei den M-kem Hat empfehlen wollen. (Wider'pruch rechts; Ruf: Vor einem Jahre eingebracht!) Gewiß, aber die Konservativen haben eine Menge Jnmativanträge eingebracht und gerade diesen jetzt zur Diskussion stellen lassen. Das hindert uuS aber keineswegs, »ns diesen Forderungen, di« zum großen Teil auch die unseren sind, wohlwollend gegenüberzustellen Wir wünschen unsererseits die tunlichste Berücksichtigung dieser Forderungen. Für die freie Urlaubsfahrt besitzt der KriegSmiuister ein „wohlwollendes Herz", aber vor den 3 Mill. Mosten schreckt er zurück. Was sind 3 Mill, bei unserem Milliardenetat? Wir müssen wünschen, daß der Zu sammenhang des Soldaten mit seiner Familie erhalten bleibe; aus gleicher Erwägung wünschen wir auch das Zugeständnis der Benutzung der Schnellzüge, denn was nützen dem Soldaten zehn Tage Urlaub, wenn er davon vier oder fünf Tage auf der Bahn liegend zubringen inuß? Übrigens muß, was den« Landheer recht ist, der Marine billig sein. Angesicht- der neuen Heeresvorlagen sollten wir den die Lasten Tragenden auch kleine Geschenkt bringen, welche die Freundschaft zwischen Heer und Volk erhalten. TeShalb stimmen wir für den Antrag. Auf Antrag Bassermann (nl.) wird ein bereit- früher gestellter Antrag der Nationalliberalen, der denselben Gegenstand behandelt, mit zur Debatte gestellt. Abg. ». vertze« (Rp ): Gerade für die Kavallerie sind kleine Garnisonen von besonderem Vorteil. Der Ernteurlaub toll nur dann bewilligt werden, wenn die Witterungsverhältniff« ein« nöglichst schnelle Einbringung der Ernte verlangen. Ein Ändern »er Kontrollversammlung sollte man der Militärverwaltung zur Erwägung überlassen. CS könne» Umstände eintreten, die eS erfordern, eS beim jetzigen Verfahre» zu lassen. Bei große» Manöver» müsse» auf jeden Fall die Abschätzungskommissionen vermehrt werden. Parteirücksichten haben unS nicht zur Ein« »ringung dieses Antrages geführt. Ter Antrag soll nur ent« landene Schäden wieder gut machen. Abg. Uietmetzer (wirtsch. Vga): Kleine Garnisonen find nötig, um den Zusammenhang der Soldaten mit ihrer Heimat aufrecht ;u erhalten. Im großen nnd ganzen stehen wir dem Anträge ympathisch gegenüber. Hieraus wird ein Schlußautrag angenommen. Das Schlußwort namens der Antragsteller erhält Abg. Rehbel (kons.): Der Abg. Noske sprach von einer Bevorzugung deS Adels rc. Er sprach auch von den schlechten Wohnungen auf dem Laude. Hr. Noske, ich lade Sie ein, sich ein mal die Wohnungen auf dem Lande in, Osten anzusehen. Unsere Wohnungen auf dem Lande sind sehr viel besser als in den großen Städten. (Sehr richtig!) Hr. Weinhausen sagte, unser Antrag sei mit Rücksicht auf die bevorstehenden Landtagswahlen gestellt. Bon einer Wahlmache kann keine Rede fei». Ich stelle fest, daß unser Antrag bereits im Februar v. IS. gestellt worden ist. WaS unseren Antrag selbst betrifft, so möchte ich die Erhöhung des ServisgeldeS sür Pferde besonders empfehle«; hier herrschen in der Tat Mißstände. Für die Vermehrung der kleinen Garnisonen spricht auch ein moralisches Moment der Sicherheit für die Um gegend für den Fall eines Krieges. Im Westen haben wir eine ganze Reihe kleiner Garnisonen. Wir im Osten können das leider nicht behaupten. Unsere Anträge werden vom Kriegsministerium mit dem Hinweis zurückgewiesen, daß dies die Mobilmachung ge fährde. Was sür den Westen möglich ist, sollte auch für de» Osten möglich sein. In den kritischen Novembertagen herrschte bei uns im Osten eine Panik. Es wurde gesagt, daß zwei russische Kavallerie divisionen sozusagen mit der Pferdenase an der Grenze ständen. Es sind materielle Schäden entstanden, die sehr böse Folgen hatten. Es ist erstaunlich, daß die Heeresverwaltung die ostpreußische Grenze nicht befestigt. Die Grenzkreise haben Anspruch darauf, daß der letzte Quadratmeter ostpreußischer Erde geschützt ist. (Sehr richtig! rechts.) Das 20. Armeekorps ist nicht in der Lage, die beinahe 250 Km lange Grenze ausreichend zu schütze». Ich hoffe, daß die Armeeleitung zu unseren Wünschen wohlwollende Stellnng nimmt. Zur Geschäftsordnung erklärt Abg. Astor (Z.) sein Be dauern, durch den Schluß der Debatte verhindert worden zu sein, seine Bitte zu begründen, daß zum Zwecke der Bekämpfung der in den Weinbergen ausgebrochenen verheerenden Krankheiten den« Militär recht ausgiebig Urlaub erteilt werden soll. In der Abstimmung wjrd Ziffer 1 des Antrags gegen die Stimmen der Sozialdemokraten angenommen. Tie Forderung der freien Urlaubsfahrt gelangt einstimmig zur Annahme, ebenso die Forderung des Ernteurlaubs und der Beschränkung der Kontrollversammlungen, der raschere» Abschätzung der Flur schäden und der Erhöhung des Servisgeldes für Pferde. Tie parallel gehenden Anträge der Nationalliberalen und der wirt schaftlichen Bereinigung werden ebenfalls einstimmig angenommen, darunter auch die Forderung der portofreien Beförderung von Paketen an Soldaten. Das Haus geht über zur Beratung von Berichten der PetitionSlommisston. Es folgten Petitionen. Eine Petition auf reichsgesetzliche Regelung der Wanderfürsorge wurde nach kurzer Tebatte zur Be rücksichtigung überwiesen, soweit sie sonstige Maßnahmen verlangt, zum Beispiel Beschäftigungspflicht für Wanderer, durch llbergang zur Tagesordnung erledigt. Eine Reihe von Petitionen wurde nach den Artträgen der Kommission erledigt, darunter eine Petition auf Festlegung des Osterfestes, die der Negierung als Material überwiesen wird. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr. (Notetat, Kolonialetat.) Schluß ^7 Uhr. Koloniales. Die vntwickluna des Kiautschougebiete- von Oktober 191t bis Oktober 1912. Das Reichsmarineanlt gibt soeben wieder eine kurz gefaßte Übersicht über die Entwicklung des deutschen Schutzgebietes Kiautschou im letzten Jahre bekannt. Die Berichtsperiode ist die gleiche geblieben wie in allen Vor jahren, d. h. sie umfaßt diesmal die Zeit von Oktober 1911 bis Oktober 1912. Einige wichtige Daten sind in dessen für die jüngste Zeit nachgetragen. Die chinesische Revolution, die im Herbst 1911 einsetzte, hat auf das gesamte Wirtschaftsleben des weiten Reiches lähmend ge wirkt. Aber gerade in dieser politisch wie wirtschaftlich schweren Zeit hat die deutsche Kolonie eine bemerkenswerte Probe der Zu verlässigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Einrichtungen bestanden. Am stetigsten nnter allen Plätzen Nordchinas hat Tsingtau seine völlige Sicherheit und Ruhe inmitten aller Stürme der Revolution bewahrt. Aus allen Parteilageru haben im Berichtsjahre einflußreiche und gebildete Chinesen in Tsingtau Zuflucht gesucht und gefunden. Viele unter ihnen haben sich zur dauernden Niederlassung und zur Begründung gewerblicher nud kaufmännischer Unternehmungen daselbst entschlossen. Einen zuverlässigen Maßstab sür den wirtschaftliche» Auf schwung der Kolonie nnd für die Einschätzung ihrer weiteren Ent wicklungsmöglichkeiten seitens der europäischen wie der chinesischen Interessentenkreise bietet die Nachfrage nach Grundstücken. Tiefe war noch niemals so rege wie im verflossenen Jahre. Die großen europäischen Firmen haben sich nunmehr fast sämtlich in der Nähe des großen Hafens niedergelassen; ein neues ausgedehntes Geschästsviertel ist hier im Entstehen be griffen. Insbesondere aber ist jener rege Grundstücksvcrkehr darauf zurückzuführen, daß sich, wie schon erwähnt, zahlreiche Chinesen im Schutzgebiete niederließen. Im Berichtsjahre sind 10- bis 1S000 Chinesen nach Tsingtau zugezogen. Durch alle diese Umstände wurden die schädliche» Folgen, welche die Revolution im Hinterlande auch für den Handel von Tsingtau vorübergehend hatte, mehr als ausgeglichen. Tie Gesamteinnahmen deS chinesischen Seezollamts sind von 1306 520 auf 1 406113 TaelS, d. i. — den Haiknan Tael zu 3 M. gerechnet — auf 4 218339 M., mithin um 7,6 Proz. ge stiegen. Ter Wert deS Gesamthandels betrug im Berichts- jahre 89,96 Mill. mex. Dollar gegenüber 69,40 Mill. Dollar im Vorjahre. Ta der durchschnittliche Dollarkurs gegenüber dem des Vorjahres erheblich gestiegen ist, so betnig die Zunahme so- gar 41,12 Mill. M., d. i. eine Steigerung von 29,6 Proz. Nach der vom Seezollamt gelieferten Statistik belief sich im Berichtsjahre der Wert derGesamteinfuhr von Waren nicht- chinesischen Ursprungs (ausschließlich der zollfreien Materialien sür Eisenbahn und Bergbau) auf 30,9 Mill. Dollar (im Vorjahre 28,7 Mill. Tollar), der Wert der Gesamteinfuhr von Waren chinefischen Ursprung» auf 22,06 Mill. Dollar (im Vorjahre 8,4 Mill. Dollar) nnd der Wert der Gesamtausfuhr 37 Mill. Dollar — etwa 74 Mill. M. (iin Vorjahre 32,3 Mill. Tollar »-» etwa 64,6 Mill. M ). AuS T«utschland wurden im Berichtsjahre Waren iin Wert von 5,4 Mill. Haiknan Ta«ls oder etwa 16^ Mill. M. eingeführt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese Einfuhr noch einer erheblichen Steigerung fähig ist, wen» die deutsche Ausfuhr industrie und der Ausfuhrhandel sich die großen Möglichkeiten zu nutze machen, die sich ihnen in dem weiten wirtschaftlichen Hinter land« d«r Kolonie darbieten. Die Einfuhr von Waren chinesischen Ursprungs, die in den Vorjahren, wenn auch nur grring, so doch ständig ab- genommen hatte, stieg im Berichtsjahre auf 22,06 Mill. Doll. Mit dem großen, oben erwähnten Zuzug von Chinesen ist die Nachfrage nach chinesischen Erzeugnissen erheblich gestiegen. Tsingtau zieht immer mehr auch den Einfuhrhandel des Hinter landes, der großen Provinz Schantung, an sich. Dies ist be sonders seit Fertigstellung der Tientsin—Pukowbah» der Fall. Der Verkehr aus dieser Bahn hat derart zugenommen, daß in der letzten Zeit oftmals Mangel an Wagen eintrat und Güter bis zu ihrer Abfertigung längere Zeit liegen bleiben mußten. Die Ausfuhr hat um 4,7 Mill. Doll.--etwa 9,4 Mill. M., dem- uach um 14,5 Proz., zugenommen. Tie Ha uptausfnhr guter sind Strohborte», Erdnüsse und Erdnußöl. Bemerkensivert ist insbesondere die Zunahme der Aus fuhr von Rindvieh. Nach Beginn der kälteren Jahreszeit wird das Vieh im Schlachthof« zu Tsingtau geschlachtet und mit Dampfern mit Kühleinrichtungen — hauptsächlich nach Sibirien — verschifft. Hervorzuheben ist ferner die Zunahme der Baum- wollauSsuhr. Seit Juli 1912 verzeichnet ferner die chinesische Seezollstatistik als wichtigen Ausfuhrartikel Wladiwostoker Erze, die von Tsingtau auS verschifft werden. Zn erwähnen ist schließlich die sich mehr und mehr steigernde Ausfuhr von Eiprodukten der beiden in Tsingtau tätigen EiverarbeitungSfabrikcn. Nach den jüngsten Nachrichten zieht sich der Seide »Hand el SchantungS offensichtlich immer mehr von Tschifu nach Tsingtau. Tie Aus- fuhr von Schantung-Pongees über Tsingtau ist in steter Zunahme begriffen. Ter Schiffsverkehr hat trotz aller durch die Revolution bedingten, hemmenden Einflüsse gegen das Vorjahr erheblich zugenommen. Diese günstige Entwicklung hat Tsingtau vor wiegend seinen, voll fremdländischen ebenso wie von deutschen Tampfergesellschasten gewürdigten Hafeneinrichtungen zu danken, die den Schiffen eine schnelle Abfertigung gestatten. Letzteres ist besonders für die Europadampfer von großer Wichtigkeit. ES liefen im Berichtsjahre 727 Schiffe mit 1136012 Netto-Reg.» Tonnen ein gegen 590 Schiffe mit 1025267 Netto-Reg.-Tonnen im Vorjahre. Die Zunahme betrug also 137 Schiffe mit 110745 Netto-Reg.-Tonnen. Die deutsche Schantung-Eisenbahngesellschaft hat im Berichtsjahre eine außerordentlich günstige Verkehrsentwicklung ausgewiesen. Die Einnahmen aus dem Personenverkehr stiegen von 644880 Toll, auf 960247 Toll-, aus dem Güterverkehr von 2750911 Toll, auf 3068159 Toll. Ter weitere Ausbau des deutschen Bahnnetzes iu Schau tung, der von Anfang an vorgesehen war, und zwar zunächst die Schaffung eines Schienenweges von der Station der Schantungbahn, Kaumi, nach dem Süden der Provinz über Jtschoufu, Jhsien nach Hantschwan steht zu erwarten. Tie Schantung - Bergbau - Gesellschaft fördert« iu der Zeit vom 1. Oktober 1911 bis 13. September 1912 im Fangtse- ulid im Hungschanfelde zusammen 532 589,5 t Steinkohlen gegen über 453 275,15 t im gleichen Zeiträume des Vorjahres. Nach Tsingtau kamen davon 163 289 t gegenüber 128 655 t im Vor jahre; der größte Teil davon entfällt auf die Hungschaukohle. Jüngst (im Februar 1913) ist eine Vereinbarung zustandegekommen wegen Übernahme des Gesellschastsvermögens im ganzen durch die Schantung - Eisenbahngesellfchaft. Tie seit langen Jahren erwogenen Pläne zur Erschließung und Verwertung der großen deutschen Eisenlager und zur Schaffung einer Hüttenindustrie i» Tsingtau fangen nunmehr an, festere Gestalt zu gewinnen. DaS finanzielle Ergebnis des Berichtsjahres für den Fiskus bestätigte die bereits hervorgehobene günstige Entwicklung deS Schutzgebiets. Die „eigenen Einnahmen" sind von 5325978 auf 6739480 M. gestiegen. Bei der wirtschaftlichen Bewertung dieser Bruttomehreinnahme von 1413500 M. ist zu berücksichtigen, daß der Mehreinnahme aus dem Betrieb der Tsingtauer Werst von über 540 000 M. (2 853075 M. im Berichts- jahre gegen 2 314 246 M. im Vorjahre) annähernd gleiche Aus gaben gegenübersteheu. Wird diese Mehreinnahme außer Betracht gelassen, so ergibt sich eine im wesentlichen durch die wirtschastliche Entwicklung bedingte Mehreinahme der Betrag von 874 000 M. Diese bedeutende Steigerung der Einnahmen ist vornehmlich durch die Verm ehrung der Einnahmen aus Land Verkäufen entstanden. Einen Beweis sür die erfreuliche Hebung des Handels bilden die Mehreinnahmen bei der Kajenverwaltung, bei den Hafengebühren und Lotseugeldern und bei dem deutschen Anteil an den Ein nahmen des chinesischen Seezollamts. Ferner sind noch besonders hervorznheben die Mehreinnahmen des Elektrizitätswerks von 84000 M. uud des Wasserwerks von 66000 M. Das Unterrichts wesen der Kolonie zeigte im Berichts jahre eine gute Weiterentwicklung. Die GouvernementSschule (Resormrealgvmnasinm mit ttntersekundaabschluß) für euro päische Kinder hat ständig an Schttlerzahl zugenommen. Sie wies am 1. Oktober 1912 191 Schüler auf. Besondere Bedeutung ist dem Ausbau der deutschen Unter- richtseinrichtungen für chinesische Schüler beizumessen. Ihr Ziel ist, Tsingtau immer ausgeprägter zu einem Kultur zentrum zu gestalten, das in hohem Maße der Verbreitung deutscher Bildung uud deutscher Sprache dient. Die wichtigste jener Einrichtungen ist die Deutsch-chinesische Hochschule. Sie besteht aus einer Unterstufe, die einen Lehrgang von fünf Jahren vorsieht und zurzeit neun vollbesetzte Klassen mit 285 Schülern umfaßt, und der Oberstufe mit gegenwärtig 66 Schülern. Diese besteht aus vier Abteilungen, der technisch- naturwissenschaftlichen, der medizinischen, der rechts- und staatS- wissenschastlichen und der land- und forstwirtschaftlichen. Zahl- reiche Schüler mußten übrigens abgewiesen werden, weil die Be- schränltheit der Räume und die Zahl der vorhandenen Lehrkräfte eine weitere Erhöhung der Schülerzahl unmöglich erscheinen ließ. Die mit der Hochschule verbundene wissenschaftliche llber- setzungSanstalt hat auch im Berichtsjahre eine große Anzahl von Übersetzungen vom Chinesischen ins Deutsche und umgekehrt fertiggestellt. Insbesondere ist die Herausgabe des zweiten Teiles eines deutsch-englisch-chinesischen Fremdwörterbuchs zu erwähnen. DaS Observatorium gewinnt immer mehr an Bedeutung, insbesondere hinsichtlich der erdmagnetischen Beobachtungen. Auch seine meteorologischen und seist» »graphische» Beobachtungen sowie der von ihm geleitete Zeitdienst durch Abgabe von Zeit signalen mögen erwähnt werden. Die Missionen beider Konfessionen haben auf dem Gebiete von Schule und Krankenpflege, wie in der früheren Zeit ihres Be stehens, so auch in dem Berichtsjahre, aufs beste gewirkt. Die Aufforstungsarbeiten im Schutzgebiet haben ihren regelmäßigen Fortschritt genommen. Erfreulich ist die erhebliche Abnahme der Insektenplage. Tas Landgebiet der deutschen Kolonie, dem die Marine- Verwaltung besondere Fürsorge zuwendet, hatte im Berichtsjahre eine gute Ernte zu verzeichnen. Auch die als Hausindustrie voir der deutschen Verwaltung im Schutzgebiet neu eingesührte Stroh- bortenslechterei hat tüchtige Fortschritte gemacht. Es gibt kein Dors mehr im deutschen Gebiet, in dem nichtBorten geflochten werden. Die Hauptsache aber ist, daß die in derKolonie hergestellten Borten von der sür den Aussuhrhandel maßgebenden Kaufmannschaft nunmehr als abnahmesähig erklärt worden sind; e» steht daher zu hoffen, daß diese noch junge Industrie weiter« Fortschritt« machen wird. Auch di« Erfolge in der Seidenraupenzucht waren befriedigend. Die bisherigen Versuche haben ergeben, daß das Klima sowohl
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)