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Haltungslast gib^, der einstweilen für die Genossenschaft einzuspringen haf. Die Bemessuna der Frist zur Bildung sämtlicher UnterhaltuugSgenosfenschaften für das ganze Land aus nur drei Jahr« (denn am 1. Januqr 1810 ist das Gesetz in Kraft getreten) war so knapp, daß die Negiepung ihre Bedenken hiergegen bei der ständischen Beratung des Wassergesetzes nicht ver- schweigen konnte. «Trotzdem ist es bei der Verhältnis- mäßig kurzen Frist geblieben. Nur unter Anspannung aller Kräfte ist es möglich gewesen, der Forderung des Gesetzes wenigstens annähernd gerecht zu werden. Und so konnten von den 259 Unterhaltunasgenossenschaften im Lande, die nach den Beschlüssen der Amtshauptmann schaften als Wasserämter zu bilden sind, Anfang 1913 bereits 172 in Wirksamkeit treten; für die Mehrzahl der übrigen 87 Genossenschaften aber wird die Satzung vor aussichtlich in kurzer Frist genehmigt werden können. Etwaige Schäden, die an den Wasserläufen in der Zwischenzeit bis zur Bildung der UnterhaltungSgenossen- schäft entstehen, hat diese gleichwohl wieder herzustellen. Es werden sich deshalb aus der verspäteten Bildung eines Teiles der Genossenschaften erhebliche Unzuträglichkeiten nicht ergeben, sofern diese nur ihre Tätigkeit spätestens bis zum Frühjahr aufnehmen können; und es ist durch aus zu erhoffen, daß dieses Ziel auch erreicht wird. Schließlich sei noch bemerkt, daß die Unterhaltungsarbeiten an den Wasserlaufsstrecken, für die keine Genossenschaft vorgesehen ist, nach wie vor von den Anliegern auf ihre eigenen Kosten anszuführen sind. Deutsches Reich. v. Jagotvs Amtsantritt. Berlin, 26. Januar. Der Staatssekretär, Wirkt. Geh. Rat v. Jagow hat die Leitung des Aus wärtigen Amts übernommen. Klein« politische Nachrichten. Bamberg, 26. Januar. Ter „Morgenpost" zufolge erlitt der Zentrumsabgeordnete Schädler einen Schlaganfall und liegt in hoffnungslosem Zustande danieder. Reichstag Sitzung vom 25. Januar. Am Bundesratstische: vr. Delbrück. Präsident vr. Kaempf eröffnete die Sitzung um 11 Uhr 19 Min. Fortsetzung der zweiten Beratung des Etats des Innern. (Zehnter Tag.) Zunächst wurde über Kapitel „Ausführung deS Kali- gesetzes" und Kapitel „Absatz von Kalisalzen" abgestimmt. Die Resolution der Budgetkommission wurde angenommen. Desgleichen nahm das HauS die Vorschläge der Kommission über die anderweitige Verteilung der Propagandagelder auf di« einzelnen Verwendungszwecke und schließlich auch den Antrag Behrens an. Die Ausgaben für die entscheidende Disziplinarbehörde wurden ohne Diskussion bewilligt. Titel „Behörden für die Untersuchung von See unfällen." Abg. Schumann (soz ): Tie Einsetzung einer völlig unab- hängigen Behörde, welche die Seetüchtigkeit der Schiff« prüf«» soll, ist immer noch nicht erfolgt. Die seinerzeit vorgesehene Revision der Seema,msordnung kann in dieser Hinsicht als Reform nicht angesehen werden. Die Kapitäne und übrigen Seeoffiziere ver langen mit allem Nachdruck die Einrichtung dieser Behörde. Nirgends zeigt sich die Profitwut so, wie bei den Reedereien für den überseeischen Verkehr. Das hat sich auch wieder bei der unter- aegangenen „Titanic" gezeigt. Auch auf unseren deutschen Schiffen fehlt es vielfach an Rettungsmöglichkeiten bei SchiffS- unsällen. Die Regierung möge sich darüber äußern, ob die Er klärung des Staatssekretärs vr. Delbrück vom 1b. Januar d. I., daß in der Sozialpolitik eine gewisse Ruhepause eintreten müsse, auch ans die seemännischen Arbeiter bezogen werden soll, und ob «in Entwurf zu einem neuen Seeunfallgesetz bald vorgelegt wird. Ministerialdirektor v. Jonqui^reö: Bei dem Ausbau der Sozialpolitik auf dem Gebiete der Seeschiffahrt hat die Negierung eine Pause nicht eintreten lassen. Der Entwurf eines neuen See- unsallgesetzes ist im Innern des Reichsamts ausgearbeitet, und es ist mit den beteiligten Regierungen darüber verhandelt worden, nachdem man die Interessenten angehört hat. Bevor man aber an eine gesetzliche Regelung herantritt, müssen die materiellen Vorschriften erledigt werden, die uns au» Anlaß der „Titanic"- Katastrophe obliegen. Die Fehler, di« bei der „Titanic" vorge kommen sind, soll man nicht kritiklos auch auf unser« Schiffahrts verhaltnisse übertragen; das wäre ein Unrecht. Die englischen Behörden haben eine Untersuchung eintreten lassen, auf ver die bevorstehende internationale Konferenz in London fußt. Ich muß mich dagegen verwahren, daß die Konferenz, die zur Prüfung unserer EicherheitSvorschristen einberufen wurde, eine Bertuschungskonfe- re»z genannt wird. Bei den Vorschlägen, die der internationalen Konferenz nnterbreitet werden sollen, find auch die berufenen Vertreter der seemännischen Arbeiter gehört worden, darunter auch Ihr bekannter Vertreter Paul Müller, der durchaus mit den Vorschlägen einverstanden gewesen ist. (Hört! bört! recht».) Di« Ansichten, ob für jeden Mann an Bord genügender Rettungs bootsplatz vorhanden sein kann, gehen au»einander. ES besteht die Annahme, daß die Stabilität veS Schiffes dadurch gefährdet werden könnte. Wir werden bei der Konferenz auf dem Posten sein. Tas Jahr 1911 ist durch seiue großen Stürme katastrophen reich gewesen, sonst ist aber die Zahl der Seeunsälle im Abnehmen begriffen. Abg. vr. Heckscher (fortschr. Bp.). Die „Titanic"-Katastrophe hat die ganze Kulturwelt tief erschüttert. Aber solche Katastrophen werden immer Vorkommen, sie liegen an der menschlichen Unvoll kommenheit. Jeder muß zugeben, daß in unseren Reedereien tüchtig gearbeitet wird. Von einer Vertuschunaslonferenz kann nicht gesprochen werden, allererste K«nner de» SchiffSbaueS sind -da zugegen gewesen. Die deutschen Verhältnisse liegen bedeutend günstiger al» die englischen. Di« Entwicklung der deutschen Schiffahrt ist ein Ruhmesblatt für die hanseatischen Kaufleute. (Beifall.) Abg. Graf tz. Westarp (Ions.): Auch ich muß Einspruch erheben gegen die Angriff« aus die SeebrrusSgenoffensihaft und die See schiffahrt. E» ist unrecht, Angriff« geg«n unser« Unternrhm«r au» der „Titanic".Katastrophe herzuleiten. ES muß anerkannt werden, daß zur Verminderung der Seeunsälle bei unS mit Ernst «nd Fleiß gearbeitet wird. (Beifall rechts.) Abg. Schuman» (soz.): Soll di« Sozialpolitik sür di« S««l«ute nicht in» Stocken geraten, muß mau ein wesentlich beschleunigte» Tempo wünschen. Unberechtigte Angriffe aus deutsche Reeder liegen Mir sern. Ter Titel wurde bewilligt. E» folgt« da» Kapitel „Statistische» Amt". «da. »«d«, (soz): E« ist vom Slolistifche» Amt srstg«st«0t, »aß t» de» Lastfuhrw«rk»betrteben und i« Binnenschiff-,hrwbetrirb« Arbeitszeiten von 14 bt» 2S Stunden di« Regel sind. Ein Gut achten de» Gesundheitsamt» sagt, daß hieri« eine schwere körper- siche Gefährdung liegt E» fordert eine zweistündig« Mittagspause, eine zehnstündige Ruhezeit und Beschränkung der Sonntag»arbeit aus höchstens zwei Stunden. Trotz alledem ist aber bisher sür dies« Transportarbeiter nichts geschehen. Abg. vr. Wendorff (fortschr. Bp.): Unserer vorjährigen Reso lution auf Veranstaltung von Erhebungen über Bodeubenutzung, -Verkauf und landwirtschaftlich« Nebeubetrirbe ist leidrr von drr Regierung nicht Folg« gegeben worden, trotzdem dies Thema für die bevorstehenden Haijdel»verträae von außerordentlicher Bedeutung ist. Eine Ausdehnung der statistischen Erhebungen über die Zu nahme unsere» ViehstandeS muß mit Sorgfalt durchgesührt werden. Die Ergebnisse d«r Viehzählung sollten im Interesse der Ver sorgung de» Reich«» mit Fleisch so früh wi« möglich zusammen- gestellt und veröffentlicht werden. Geh. Rat Müller: Die alljährlichen Viehzählungen werden am 1. Tezember vorgeuommen. Ob in der Zwischenzeit auch noch derartige Statistiken möglich sein werden, verniag ich nicht zu sagen. Man kann doch auch unmöglich die eine Hälfte der Mensch heit dazu benutzen, um für die andere fortgesetzt Statistiken zu machen. (Heiterkeit.) Abg. Spiegel (soz.): Die Lage der Arbeiter in drr Schwrr- eisen-Jndustrie ist sehr schwierig. Das trifft namentlich zu bezüglich des Überstundenwesen» und der Sonntagsschichten. Die Leut« werden vielfach gezwungen, Sonntagsarbeit zu verrichten, teil- weise von Sonntag» abends 6 Uhr bis zum nächsten Morgen 6 Uhr. Redner geht näher auf die Verhältnisse in den einzelnen Hütten ein, wird aber vom Vizepräsidenten vr. Paasche ersucht, doch wenigstens einmal vom Statistischen Amt zu sprechen. Redner schließt mit der Forderung, bei der Ausstellung der Statistiken auch auf die Äußerungen der Arbeiterorganisationen zu hören. Abg. Aelbma«» (soz.): Besonder» traurig sind die Verhält nisse der Arbeiter im Steingewerbe; die Lungentuberkulose gilt als die Berufskrankheit dieser Leute. (Präsident vr. Kaempf: TaS gehört nicht zum Thema!) Ich will damit beweisen, daß «s notwendig ist, statistische Erhebungen (Heiterkeit.) auch über diese Verhältnisse anzustellen. Tie Arbeitgeber haben große finanzielle Vorteile, die im krassen Gegensatz zu der armseligen Entlohnung der Arbeiter stehen. (Glock«^ Präsident Vr. Kaempf: Das gehört aber nicht zum Statistischen Amt. Abg. Aeldma«« (soz.) fortfahrend: Eine Statistik hierüber ist notwendig. (Große Heiterkeit.) Ter Redner geht weiter aus Einzelheiten in den Gteinbrüchen ein und wird wiederholt vom Präsidenten ermahnt, beim Thema zu bleiben. Jedesmal fährt er unter allgemein«! Heiterkeit im Hause fort, daß es Aufgabe der Statistik sei, über die betreffenden Fragen Klarheit zu schaffen. Tas Kapitel wurde bewilligt. Zum Kapitel „Gesundheitsamt" forderte die fortschrittliche Volkspartei ein Institut für wissenschaftliche Erforschung der Milch- Wirtschaft, die Polen nnd Sozialdemokraten wünschen Untersuch ungen über die gesundheitlichen Verhältnisse der Bergarbeiter. Abg. Käppler (soz.): Die überlange Arbeitszeit im Müllerei- geiverbe muß aus gesundheitlichen Rücksichten für die dort be schäftigten Arbeiter beschränkt werden, namentlich an Sonn- und Feiertagen und für die jugendlichen Arbeiter. Abg. Astor (Z.): Ich kann dem Gesundheitsamt die An erkennung nicht versagen, daß «S für unser Volkswohl Erhebliches geleistet hat. Las ist auch auf dem Gebiete de» Säuglingsschutzes der Fall; hoffentlich machen wir auch im künftigen Jahre weitere Fortschritte auf diesem Gebiete. Das Hebammenwesen muß ge- setzlich geregelt werden; leider wird dieser hochbedeutsamen Frage noch immer nicht genügende Beachtung gewidmet. Besonders be denklich für die Fortentwicklung des Vaterlandes ist die freiwillige Geburteneinschränkung, gegen di« all«in eine Vertiefung der religiösen Weltanschauung helfen kann. Daraus wurde vertaat. Nächste Sitzung: Dienstag, 28. Januar, 1 Uhr pünktlich. (Fortsetzung; vorher kurze Anfragen). Schluß gegen Hb Uhr. Die Balkansrage. Nach der Umwälzung am Goldenen Horn. Die Jungtürken an der Regierung. Konstantinopel, 26. Januar. Die höheren Be amtenstellen werden wieder mit Anhängern deS Komi tees besetzt. Der frühere Wali von Adana und Bagdad Dschemal Ben, ein hervorragendes Mitglied des Komitees, wurde zum Militärgouverneur, der frühere Gouverneur von Ipek Oberst Tajar zum Polizeipräfekten von Kon stantinopel ernannt. Es verlautet auch, daß sämtliche Offiziere der Liga, die in der Tschataldschaarmee Kommandostellen innehatten, ersetzt worden sind. Weiter wird gesagt, daß der frühere Sultan Abdul Hamid unter der neuen Regieruna nicht mehr in Konstantinopel verbleiben, sondern nach Konia gebracht werden soll. Die Gerüchte, daß die Regierung die Auslösung der früheren Deputiertentammer als ungesetzlich ansehe und diese wieder einberufen werde, scheinen sich zu verwirklichen. Man spricht hier ferner von der Mög lichkeit einer inneren Anleihe zur Deckung dringender Ausgaben. Einflußreiche Mitglieder des Komitees sollen bedeutende Summen zur Verfügung stellen. Außerdem soll unter der Bevölkerung eine Subskription eröffnet werden. Den Zeitungen ist der strengste Befehl zugegangen, sich aufreizender Veröffentlichungen zu enthalten, jedoch zugunsten des Krieges zu schreiben. DieAntwort der neuenHerren an di« Großmächte. Konstantinopel, 26. Januar. (Meldung des Wiener K. K. Korr.-Bureau.) Der Ministerrat beriet über die Antwort an die Mächte, die wahrscheinlich erst nach der endgültigen Ernennung eines Ministers des Äußeren überreicht werden wird. Nach einer Erklärung deS Groß- wesirs wird die Note in versöhnlichem Tone gehalten sein, da die türkische Regierung die Fühlung mit den Mächten aufrechtzuerhalten und auch weiter zu verhandeln wünsche. Das Blatt „Isham", da» als ziemlich unparteiisch gilt, warnt die Regierung, den Mächten eine ab schlägige Antwort zu geben, d«nn man dürfe nicht auf eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit zwischen dem Dreibunde und der Tripelentente rechnen. Das Blatt spricht von einer drohenden Haltung der Tripelentente und meint, bevor die Türkei einen entscheidenden Schlag führe, solle die Pforte den Mächten in mehr reformato rischem Sinne antworten und Erklärungen über die Vor schläge und Versprechungen der Mächte verlangen. Da» Ministerium deS Auswärtigen noch unbesetzt. Konstantinopel, 25. Januar. (Meldung d«» Wiener K. K Telegr.-Korrefponbenz-Bureau».) In der Frage der endgültigen vesetzung de» Portefeuille» b«» Äußern ist noch keine Entscheidung getroffen. Der Berliner türkische Botschafter Osman Nizami, der aegenwärti« als Bevollmächtigter für die Friedknsverhanblungen in London weilt, hat da» Anerbieten, da» Ministerium de» Äußern zu übernehme«, au» Gesundheitsrücksichten abgelehnt. Hakki Pascha soll sich Bedenkzeit biz Montag erbeten haben, um sich über die diplomatische Lage zu orientieren. Konstantinopel, 26. Januar. (Meldung des Wien« K. K. Telegr.-Korresp.-Bureaus.) Hakki Paschachat das Portefeuille des Äußeren zurückgewiesen. Prinz Said Halim soll bereit fein, cs zu übernehmen. Seine Ernennung wird heut« der Sanktion des Sultans unter« breitet werd«». Neue türkische Geldmittel? Paris, 27. Januar. Der Londoner Berichterstatter de» „Matrn" meldet, die türkische» Delegierte, hätten die Nachricht, daß die neue junatürkische Regierung eine Summ» von 5 bi» 6 Mill. aus. getrieben habe, al» nicht unwahrscheinlich bezeichn«, Die Regierung habe vielleicht gewisse Kronjuwelen alt Pfand gegeben, so z. B. den massiv goldenen mit übecaul kostbaren Edelsteinen geschmückten Thron. Amerikanisch Finanzleute hätten diesen bereits vor längerer Zeil laufen oder beleihen wollen. Stellungnahme der Batkanftaaten zu der veränderten Lage. Abbruch der Friedensverhandlungen? London, 26. Januar. Wi« da» Reut«rbureau er. fährt, haben die Balkandelegierten ein Komitee ei«, gesetzt, das ein Schreiben aufsetzen soll, in dem du türkischen Mission der Abbruch der Verhandlungei mitgeteilt werden soll. ES ist unbekannt, wann daj Schreiben überreicht werden wird, wahrscheinlich morgen DaS Komitee setzt sich, wie Reuterbureau weiter n> fährt, aus den Delegierten Madjaroff, Streit, WeSnitsch Wojnowitsch und Politis zusammen. Die Note wird die Mitteilung enthalten, daß die Konferenz infolge drr Weigerung der Türke:, die ihr unterbreiteten Vorschläge anzunehmen, abgebrochen worden sei. Man weiß nicht, ob mit der Überreichung der Note die Verhandlungen tzr Ende erreicht haben werden, oder ob zwischen der Lee« reichung der Note und dem endgültigen Abschluß tn Verhandlungen noch ein Zwischenraum liege» wird. Än diese Frage wird die morgige Konferenz entscheiden. Nch Ansicht der Verbündeten sind nicht sie es, welche die Verhandlungen abbrechen. Die Verantwortung hierfür bleibe bei den Türken, da der Kabiuettswechsel und die ottomanischen Manifeste klar gezeigt hätten, daß die Ant wort an die Mächte ablehnend ausfallen werde. Serbische Beratungen. Belgrad, 26. Januar. Der Generalstabschef der serbischen Oberkommando-, General Putnik, ist hier an- gekomme» und sofort vom König empfangen worden. General Putnik hatte sodann eine längere Konferenz mit Palitsch. Di« Haltun- der Großmächte. Offiziöse europäische Stimmen zur Lage. Berlin, 26. Januar. Die „Norddeutsche All gemeine Zeitung" schreibt <n ihrer Mochenrundfch-V Soweit die neuen Ereignisse in Konstantinopel von der europäischen Presse mit Ernst und Einsicht gewürdigt werden, tritt überall der Gedanke hervor, das Wichtigste für die weitere Behandlung der Orientwirren sei die Bewahrung der Einigkeit unter den Großmächten und die Fortsetzung ihrer gemeinsamen Arbeit zur Wiederherstellung des Friedens. Dazu gehört vor allem das Festhalten an der bisher beobachteten Neutralität. Tatsächlich besteht kein Grund zur Annahme, da? einzelne Mächte das Konzert verlassen wollen, um in die Entwicklung der Dinge im Orient nach eigenem Ermessen einzugreifen. Für, ein gemeinsames Auftreten Europas kommen Zwangsmaßregeln gegen, die Türkei nicht in Frage. Sie würden mit den Grundsätzen der Neutralität nicht in Einklang stehen und können bedenkliche Folgen haben. Es bleibt, im Interesse der Einigkeit unter den Großmächten, nur das Weitergehen aus dem Wege ge- meinsamer diplomatischer Einwirkung, um neue Feindseligkeiten zu verhüten oder, falls unmöglich, sie örtlich und zeitlich einzuschränken. Paris, 26. Januar. Das Regierungsblatt „Petit Parisien" enthält einen sehr zuversichtlich gestimmte» Artikel über die andauernd guten Aussichten, die Einmütigkeit unter den europäischen Großmächte» zu erhalten. St. Petersburg, 25. Januar. Die offiziöse „Rossija" schreibt: Ungeachtet der neuen Lage in Konstantin»-«! hat sich die Haltung der Mächte gegenüber dem Balkan- krieg, die in der der Pforte überreichten Kollektivnote zum Ausdruck gebracht wurde, nicht geändert. Die russische Regierung ist sich mehr als je der Notwrnvig- keit bewußt, dem Kriege ein Ende zu machen, nnd wird keine Mühe scheue«, um diese» Ziel zu erreichen. Wir haben Grund zu der Annahme, daß ganz Europa ein mütig dasselbe Ziel versolgt. ES «rwartet von dem neuen türkischen Kabinett, welche» das Vertrauen der Mächte braucht, denselben vernünftigen, ver söhnlichen und mit den LebenSinteressen der Türkei über einstimmenden Geist, den jüngst das Kabinett kiamll Pascha an den Tag legte, da» so unerwartet vom Schau platz verschwunden ist. Die Ausfafsupg in St. Petersburg. Frankfurt. Die „Frankf. Zeita." erfährt aus St.Petersburg vom 25. Januar: Die Lage ist noch un geklärt. Fast alle fremden Botschafter, sowie die Gesandten der Balkanstaaten besuchten gestern Esa so tt ow, dieser unterhielt sich besonders lange mit dem englischen Botschafter. In Privatgesprächen wird allgemein der deutsche Einfluß für den Umsturz in der Türkei verantwortlich gemacht. Die Diplo maten mehrerer Staate» bemühen sich eifrig, dies« Auf fassung zu verstärken. Botfchafterbesuche bei Mahmud Schewket. Konstantinopel, 25. Januar. Die Botschafter haben nachmittag» dem neuen Großwefir einen Besuch abgestattet. Einrge Botschaft«! besuchten auch den srührrrn Großwesir Kiamil.