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ALoniglich Sächsischer Staatsanzelger. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 195. > Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Doenges in Dresden. < Donnerstag, 22. August 1912. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 1«, sowie durch die deutschen Postanstalten S Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Tie Ispaltige Grundzeile oder deren Raum im Ankündigungsteile SO Pf., die Sspaltige Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 75 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 150 Pf. Preisermäßigg. aus Geschästsanzeigeu. — Schluß der Annahme vorin. 11 Uhr. Unter dem Verdachte, das Strandhotcl in Glücksburg vorsätzlich in Brand gesetzt zn haben, wurde ein Kellner des abgebrannten Hotels verhaftet. * Ministerpräsident Poinrarö hat sich nach seiner An kunft in Dünkirchen über das Ergebnis seiner Nußland- reise und die gegenwärtigen Beziehungen der Tripel- ententemächte zueinander ausgesprochen. Die türkische Kabinettskrise dauert fort. Iustiz- minister Hussein Hilmi Pascha ist zurückgetreten, der Rück tritt Kiamil Pascha» und des Scheichs Ul Islam gilt als bevorstehend. Amtlicher Teil. Ministerium des Königliche» Hauses. Dresden, 22. August. Se. Königl. Hoheit der Kron prinz ist heute vormittag 10 Uhr 20 Min. von Turin hierher zurückgekehrt. Dem Postinspektor Bödeker in Berlin ist vom 1. Oktober 1912 ab eine Hilfsreferentenstelle bei der Kaiserlichen Ober - Postdirektion in Chemnitz übertragen worden. Nachdem Seine Majestät der König von Sachsen auf Grund von Art. 50 der Verfa'sung des Deutschen Reiches zu dieser Austellnug die landesherrliche Bestätignng erteilt haben, wird Solches zur öffentlichen Kenntnis gebracht. 285 Postr. Dresden, den 12. August 1902. 5712 Finanzministeri um. Cruennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereich: deS Evangelisch.lutherischen Landeskonsistoriums sind im regelmäßigen Verfahren zn be- setzen: Tas Tialonat zn Rodewisch (Auerbach), Kl. II, Koll.: der Stadtrat zu Auerbach i. B.: das Pfarramt zu Röblitz (Glauchau), Kl. H, Koll.: Se. Durchlaucht Fürst Otto Victor von Schönburg-Waldenburg; das Pfarramt zu Marbach (Leisnig), Kl. VIII (^), Koll.: daS Ev.-luth. Landeskonsistorium; das Pfarr amt zu Großbothen mit Glasten (Grimma), Kl. IX (X), Vinku lation wegen ev. späterer Selbständigmachung des Filials bleibt Vor behalten, Koll.: das Ev.-luth. Landeskonsistorium; das Pfarramt zu Olbernhau (Marienberg), Kl. IX (S), statt Kl. X, Koll.: Geh. Kommerzienrat A. Lange in Auerhammer. — Angestellt bez. versetzt wurden: H. W. Böhmig, Hilfsgcistlicher in Gelenau, als solcher in Lengenfeld (Auerbach); k K. F. A. Heyne, Pfarrer in Wilbbach, als Pfarrer in Kemnitz (Oberlausitz>. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Inseratenteil.) Nichtamtlicher Teil. Mitteilungen ans der öffentlichen Verwaltung. * Se. Exzellenz der Hr. Staats- und Finanzministcr v. Seydewitz ist vom Urlaub zurückgekehrt und hat die Geschäfte wieder übernommen. Deutsches Reich. Vom Kaiserlichen Hofe. Der Kaiser in Mainz. Mainz, 21. August. Beim Vorbeimarsch der Truppen ;ührte Se. Majestät oer Kaiser sein Infanterieregiment Kaiser Wilhelm (2. Großherzoglich Hessisches) Nr. 116 selbst vorbei, derGrostherzog sein Leibgarde-Infanterie regiment (1. Grobherzoglich Hessisches) Nr. 115 und das Garde-Dragonerregiment (1. Grobherzoglich Hessisches) Nr. 23; die Großherzogin, Prinzesin Friedrich Karl und Prinzessin Karl führten ebenfalls ihre Regimenter. Als Zuschauerin war inzwischen auch die Kronprinzessin von Griechenland aus Cronbcrg cin- getrofsen. Nach Schluß des Vorbeimarsches nahm der Kaiser militärische Meldungen entgegen und setzte sich dann mit dem Großherzog an die Spitze der Feldzeichen, um in die Stadt einzureiten. Tie Fahnenkompanie hatte das Infanterieregiment Nr. 116, die Standarten- Eskadron das Dragonerregiment Nr. 23 gestellt. Auf dem ganzen Wege wurde der Kaiser und der Grobherzog von dem überaus zahlreichen Publikum stürmisch begrüßt. Tie Stadt hatte reichen Flaggenschmuck angelegt. Um 12 Uhr trafen Se. Majestät der Kaiser und Se. Königl. Hoheit der Großherzog von Hessen vor dem Groß- herzoglichen Schlosse ein, wo der Kaiser die Fahnen kompanie nnd die Standarteneskadron noch einmal vor beimarschieren ließ. Am Vestibül des Schlosses wurde der Kaiser vom Oberbürgermeister vr. Göttelmann namens der Stadt Mainz begrüßt. Ter Kaiser äußerte dem Oberbürgermeister gegenüber seine Freude über die fröhlichen Kinderscharen, die er auf seinem Wege gesehen habe. Er habe mit Vergnügen von der fortschreitenden Ausdehnnng des Weichbildes der Stadt durch die Er schließung des früheren Festuugsgeländcs Kenntnis ge nommen. Um^1 Uhr war Frühstückstafel im Schlosse. Ter Gouverneur von Mainz, General der Kavallerie Graf v. Schliessen, ist ä l» »uit« des Kürassierregiments Nr. 2 gestellt worden. Ter Kaiser hat weiter eine Reihe von Ordensauszeichnu ngen verliehen. * Eronberg, 21. August. Se. Majestät der Kaiser ist in Begleitung der übrigen Fürstlichkeiten und des Ge folges um Uhr wieder auf Schloß Friedrichshof cin- getroffen. Militärdebatte in der bayrischen Kammer. München, 21. August. Kriegsminister Frhr. Kreß v. Kressenstein führte in seiner Rede zum Etat des Kriegsministeriums vor der Kammer der Abgeord neten weiter aus: In Bayern werde nicht mehr pensioniert als in Preußen. Die höheren Offiziere seien zwar in Bayern jünger als in Preußen, dabei sei aber zu berücksichtigen, daß in Bayern in den letzten Jahren wiederholt unerwartete Abgänge in den höchsten Stellen eingctreten seien. Bei den Pensionierungen spiele nur das dienstliche Interesse eine Rolle. Er könne ver sichern, daß kein Offizier abzugehen brauche, weil er durch einen Prinzen übergangen werde. Tie Armee begrüße es und rechne es sich zur Ehre, wenn Angehörige des Königs hauses in ihren Reihen dienten, und, wenn es sein müße, auch föchten. In der Verfolgung der Soldatenmiß- handlunaen werde er nicht nachlassen. Die Hitzschläge bei dem Kaisermanöver in Mörchingen bei der 18. Jn- fanteriebrigade seien nicht etwa durch Überanstrengung und Gewaltmärsche, sondern lediglich durch die übergroße Hitze und Schwüle verschuldet worden. Abg. v. Vollmar (Soz.) erklärte darauf, die Sozialdemokratie setze alles daran, um den Frieden zu erhalten. Gelinge dies nicht, so würden auch die Sozialdemokraten alles andere hinter die Not des Vaterlandes zurücktreten lassen und dem Lande ihre Dienste leisten, und sie würden nicht die schlechtesten Verteidiger des Vaterlandes sein. Die Bewilligung des Militäretats sei eine Vertrauens- sache. Die Sozialdemokratie könne aber den Bundes regierungen, welche die Sozialdemokratie als inneren Feind bezeichneten, nicht soviel Vertrauen schenken und ihnen das Instrument zur Verteidigung des Landes über lassen. Redner wandte sich dann scharf dagegen, daß man Reserveoffiziere, die bei der Wahl sozialdemokratischen Kandidaten ihre Stimme gegeben hätten, verabschiedet habe. Abg. vr. Casselmann (liberal) bedauerte, daß der Erlaß des früheren Kriegsministers v. Horn, der den Reserveoffizieren ein Eintreten für Sozialdemokraten verbietet, zu vielen Denunziationen geführt habe. Wenn die Sozialdemokratie den Heeresetat ablehne, so handle sie allerdings ungesetzlich. Nach den warmen und patrio tischen Worten des Abg v. Vollmar scheine die Ablehnung aber nur eine politische Demonstration zu sein, die in dem Augenblick Wegfällen würde, wo die Sozialdemokratie die Mehrheit nnd die Verantwortung habe. Deutschland könne nicht abrüsten; das wäre der Niedergang nach einem so außerordentlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Tie Verhandlungen über den Militärctat seien um so bedeutsamer, als im Auslande gewisse Kreise, besonders jenseits der Vogesen, glaubten, der Reichsgcdanke könnte südlich des Mains und des Taunus da und dort einen Riß bekommen und Bayern sei nur notgedrungen ein Glied des Deutschen Reiches. Tiescs Märchen mü)se end gültig zerstört werden. Redner schloß: Wir wollen dem Reiche die Wehrmacht geben, die cs braucht, und festhaltcn an dem Fundament unserer Heeresverfassung, auf dem das Deutsche Reich ausgcbaut ist. Abg. Gerstenberger (Z.) meinte, Abg. v. Vollmar habe in seiner bestimmten Art als Revisionist über die Taktik der Sozialdemokratie hinwegtäuscyen wollen und habe dafür das Zentrum angegriffen. Wenn das Zentrum seinerzeit im Reichstag den Militäretat ab- aelehnt habe, so sei es lediglich geschehen, weil cs sich nicht auf sieben Jahre hinaus binden wollte. Tas Zentrum werde mit allen Mitteln die Beseitigung des TuellS aus dem Heere erstreben. Ausland. Zu Kaiser Wilhelms Besuch in ver Schweiz. Bern, 21. August. Nach den hier vorliegenden amt lichen Mitteilungen wird das Gefolge Sr. Majestät des Deutschen Kaisers bei seinem Besuche in der Schweiz aus folgenden Herren bestehen: Generaladjutant General oberst v. Plesscn, Se. Durchlaucht Fürst zu Fürsten berg, Oberhofmarschall Graf zu Eulenburg, General der Infanterie v. Moltke, Chef des Generalstabes der Armee, General der Infanterie Frhr. v. Hoiningen, gen. Huene, Generaladjntant General der Infanterie Frhr. v. Lyncker, Chef des Militärkabinctts, Wirkl.Geh. Rat v. Valentini, Chef des Geheimen Zivilkabinetts, Vizezeremonienmeister v. Röder, Gesandter Frhr. v. Jenisch, Kammerherr Frhr. v. Kleist, Generalarzt vr. v. Jlberg, Flügeladjutant Oberstleutnant v. Mutius, Flügeladjutaut Major Frhr. v. Holzing-Berstctt, Hauptmann v. BiSmarck, Militärattache bei oer deutschen Gesandtschaft in Bern, sowie drei zur Dienstleistung beim Kaiser kommandierte schweizerische Ossiziere. — Tie Abordnung der Baseler Regierung zur Begrüßung des Kaisers am 3. September bei seinem Eintritt in die Schweiz wird aus dem Vizepräsidenten vr. Aemmer und den Regierungsräten vr. Burckhardt und vr. Speiser bestehen. Zn Graf Berchtolds Vorschlag. Wien. 2)l. August. Der „Wiener Allgemeinen Zeitung" wird von unterrichteter Seite mitgeteilt: Aus einzelnen türkischen Stimmen ist zu ersehen, daß man in manchen Kreisen Konstantinopels sich über die wahre Be deutung der Aktion des Grafen Berchtold noch immer nicht ganz im klaren zu sein scheint. Besonders ist es das Wort „Dezentralisation", das vielfach mißdeutet wird. In dem Vorschläge der österreichisch-ungarischen Regierung ist ja, wie bereits wiederholt hervorgehobeu wurde, ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es gelte, diejenige Richtung, die jetzt in der Türkei vor herrscht und auch von der türkischen Armee gebilligt wird, zu unterstützen. Diese Richtung ist es, die im Gegensatz zu der in Konstantinopel selbst als unmöglich erkannten straff zentralisierenden Politikdcr Jungtürken als eine Dezentralisation bezeichnet wird. Es ist daher nicht leicht erfindlich, wie darin, daß in dem Vorschlag des Wiener Kabinetts die gegenwärtige Richtung der türkischen Politik ausdrücklich gebilligt wird, von türkischen Patrioten, die diese Richtung gleichfalls billigen, etwas den türkischen Interessen Entgegengesetztes erblickt werden kann. Übrigens ist diese irrige Ausfassung auch in Konstantinopel nicht durchaus verbreitet, wie die anerkennende Beurteilung des österreichisch-ungarischen Vorschlags in mehreren türkischen Zeitungen beweist. Paris, 21. August. Wegen der Abwesenheit des Ministerpräsidenten Poincars ist noch keine Antwort auf den Vorschlag des Grafen Berchtold nach Wien ab gegangen. Es hat nur eine Zusammenkunft zwischen dem österreichisch-ungarischen Geschäftsträger in Paris und dem Direktor der politischen Angelegenheiten im Ministe rium des Äußern stattgefunden, in der dieser erklärte, der Vorschlag werde zweisellos in Frankreich eine günstige Aufnahme finden. Der italienisch türkische Krieg. Friede nsvorverhan dl un gen. Konstantinopel, 21. August. Der Minister deS Äußern bestätigte einem Berichterstatter, daß nicht amtliche Besprechungen mit Italien eingeleitet wor den seien. Wenn die türkische Regierung, so erklärte der Minister, die Ansprüche Italiens und die Bedingungen kenne, unter denen es bereit sein würde, zu verhan deln, und wenn diese Bedingungen annehmbar und mit dem Interesse, der Würde und der Ehre der Türkei ver einbar seien, werde sie in offizielle Verhandlungen ein treten. In diesem Falle wäre jede Einmischung Europas unnötig. Die Ausgabe des aus dcr Gefangenschaft hier ein- gctrofsenen subhi Bei, des ehemaligen Walis des Archipels, besteht darin, der Pforte die Bedingungen Italiens für die Freilassung der gefangenen türkischen Beamten mitzuteilen. Rom, 21. August. Die Aufsehen erregende Kon stantinopeler Meldung des in Bologna erscheinenden „Resto del Carlino", nachder diePsortedurchVermittlung Kiamil Paschas dem englischen Ministerium des Aus wärtigen den Vorschlag gemacht hat, die Provinz Cyrenaika Ägypten anzugliedern, hat, wie der