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Dresdner königlich Sächsischer Staatsanzeiger. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 5V. Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat DoengeS in Dresden. Donnerstag, 29. Februar 1912. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstrabe 16, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mart viertelsährlich. Einzelne Nummern lO Pf. Erscheint: Werttag« nachmittag«. — Fernsprecher: Expedition Nr. 1S»S, Redaktion Nr. 4L7«. Ankündigungen: Die Ispaltige Grundzeile oder deren Raum im Ankündigungsteile so Ps., die ltspaltige Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 7S Pf., unter dem Redaltionsstrich (Eingesandt) 1bv Ps. Preisermäßigg. aus Geschäst»anzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Der Reichstag begann gestern die zweite Lesung des Etats des Reichsamts des Zuueru. Wie es heißt, feiern bereits gegen 1V« 000 Bergarbeiter in England. — Zu einer Entscheidung ist es noch nicht ge- kommen. Die Verhandlungen sollen heute fortgesetzt werden. Tie „Tribuns" meldet, daß auf die Initiative Rußlands hin, um das Ende des italienisch-türkischen Krieges zu be schleunigen, ein Gedankenaustausch unter den Großmächten im Gange ist, die alle ohne Ausnahme von dem gleichen Wunsche beseelt sind, zu diesem Ergebnisse beizutragen. Zufolge eines Zusammenstoßes eines Schleppers mit dem kleinen portugiesischen Kanonenboote „Faro" bei Faro (Portugal» sank dieses, und sechs Mann seiner Besatzung, darunter der Kommandant und ein Offizier, ertranken. * Eine Mitteilung bestätigt, daß die Schutzmächte Kretas noch weitere Kriegsschiffe nach Kreta entsenden werden. * Wie die „Neue Freie Presse" aus Kanea meldet, ist die Lage sehr schwierig geworden. Ein Gemetzel ist nur durch die Energie und Kaltblütigkeit der Gendarmerie Hiutangehalten worden. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den» Direktor Böttcher an der Landesanstalt Brauns dorf den Titel Regierungsrat mit dem Range in .stlasse IV unter Nr. 14 der Hoftangordnung zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den in den Ruhestand versetzten nachgenannten Beamten und Unterbeamten der Reichs Post- und Telegraphen verwaltung und zwar dem Postsekretär Kath in Dresden das Albrechtskreuz, dem Oberleitungsaufseher Lach mann in Dresden und dem Ober-Postschaffaer Nöbel in Plauen (Vogtl.) das Ehrenkreuz sowie dem Ober- briefträger Schramm in Leipzig und dem Postschaffner Mädler in Plauen (Bogtl.) die Friedrich August- Medaille in Silber zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Schirrmeister Johann Gottfried Boigt in Schweta die Friedrich August-Medaille in Bronze zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Stadtrat Georg Köppen in Dresden das ihm von Sr. Königl. Hoheit dem Groß- Herzog von Baden verliehene Ritterkreuz erster Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Fabrikbesitzer H.rmann Rentzsch in Plauen das ihm von Sr. Majestät dem König der Belgier verliehene Ritterkreuz des Kronen ordens annehme und trage. Die Königliche Kreishauptmannschaft hat dem Schiffsjungen Arno Cwiertnia in Gauernitz für die von ihm am 9. Januar 1912 mit Mut und Entschlossenheit be wirkte Rettung eines Knaben vom Tode des Ertrinkens in der Elbe eine Geldbelohnung bewilligt. ««8 m Dresden, am 15. Februar 1912. nhz Öffentliche Sitzung des KreiSausschusse» findet Sonnabend, den 9. März 1912, mittag 12 Nhr m Sitzungssaale der Königl. Kreishauptmannschaft hier (Roßplatz 11, II) statt. iso, Leipzig, am 26. Februar 1912. ms Der «reishauptmann. Da« Kaiser!. Gesundheitsamt meldet den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche vom Schlachtviehhofe in Stuttgart am 87. Februar. Ernennungen, Bersetzungen «. i« öffentlichen Dienste. Zm Geschäftsbereiche se» Ministerin»,« der Zastiz. Der Rechtsanwalt Ottomar Mannschatz in Großenhain ist zum Notar für Großenhain auf ft lange Zeit, al« er dort fernen Amtssitz haben wird, ernannt worden. 3« Geschäftsbereiche des Ministeriums der Finanzen. Verwaltung der indirekten Abgaben. Angestellt: Der Grenzaufjeher auf Probe v Witzleben als Grenzausfeher in Jöhstadt. — Befördert: Oberzolleinnehmer Meusel in Reichenbach i. B. zum HauptzollamtSkontrolleur in Zittau. — Verseht: Hauptzollamtskontrolleur Reinhold in Zittau als Oberzollkontrolleur nach Bodenbach, die ZollsekretSre Birnbaum in Leipzig (II) al» Oberzolleinnehmer nach Reichenbach i. V., Tauscher in Ehemnitz al» Zollsekretär nach Leipzig II, Nahke in Leipzig 11 als Zollsekretär nach Leipzig I, Hildebrand in Leipzig I als Zollsekretär nach Leipzig 11 und Steueraufseher Bohnert in Avorf als Zollausseher nach Bodenbach. — Pen sioniert: Zollsekretär Michel in Dresden (1) und Zollausseher Zimmermann in Riesa. Nichtamtlicher Teil. Bam Königlichen Hofe. Dresden, 29. Februar. An der Königlichen Mittags tafel nahmen Ihre Königl. Hoheiten Prinz und Frau Prinzessin Johann Georg und Prinzessin Mathilde sowie die Damen und Herren vom Dienst teil. Mitteilungen ans der öffentlichen Verwaltung. * Der elfte der Borträge, die auf Veranlassung des Justizministeriums für die sächsischen Richter und Staatsanwälte gehalten werden, findet Sonnabend, den 2. März d- I., abends Uhr, in der Atlla der Technischen Hochschule zu Dresden statt. Hr. Geh. Hofrat Prof. I>r. Strohal wird über „Der gesetzliche Übergang der Rechte des Gläubigers auf den zahlenden Bürgen in neuer Beleuchtung" sprechen. Der Bortrag Sr. Exzellenz des Hrn. Ministers a. D. vr. Klein am 16. März d. I. wird das Thema „Rechtsgehorsam und Rechtskenntnis" behandeln Deutsches Reich. Strafrecht-kommission. Tie Strasrechtskommission hat nach Abschluß der Beratungen über den Allgemeinen Teil des Vorentwurfs eine Gesamtredaktion der bisherigen Beschlüsse vorgenommen. Vielfachen Wünschen entfvrechend, hat sie die Verbrechen und Vergehen von den Übertretungen völlig getrennt und jede der beiden Gruppen in ein be sonderes Buch verwiesen Im Zusammenhang damit steht es, daß ein besonderer Allgemeiner Teil für Über tretungen geschaffen und in das für diese bestimmte zweite Buch eingestellt ist Der Allgemeine Teil der Übertretungen enthält nur verhältnismäßig wenige Be stimmungen, so daß eine Untereinteilung sich erübrigt. Der wesentlich umfangreichere Allgemeine Teil für Ver brechen und Vergehen dagegen zerfällt in zwölf Ab schnitte, die in ihrer Zusammenfassung, Benennung und Reihenfolge von der Einteilung des Borentwurfs mehr fach abweichen. Auf die Abschnitte: das Strafgesetz, die strafbare Handlung, Boraussetzungen der Strafbark.it, Versuch, Teilnahme, Zusammentreffen mehrerer Gesetzes verletzungen, folgen die Abschnitte: Strafantrag, Haupt strafen, Schadensersatz, Nebenstrafen, Maßregeln der Besserung und Sicherung, Strafbemessung, Verjährung und endlich Wiedereinsetzung Die seinerzeit vorbehaltene Beschlußfassung über die Einteilung der strafbaren Handlungen ist nach geholt worden. Die Einteilung unterscheidet sich, ent sprechend der Veränderung des Strafensystems durch Aufnahme der Haft des geltenden Rechts als vierter Freiheitsstrafe, von der des Borentwurfs nicht un erheblich und entspricht im wesentlichen dem gelten den Recht. Abweichungen lieaen insofern vor, als die Festungshaft durch die Einschließung — diese Bezeichnung hat die eugtoüi» donest» des Vor- entwurfs vorläufig erhalten — ersetzt ist, und eine mit Geldstrafe bedrohte Handlung erst dann als Vergehen gilt, wenn die Strafdrohung über 500 M. hinausgeht. Alle mit Geldstrafe bis zu 500 M. oder mit der wieder- aufgenommenen vierten Freiheitsstrafe, der Haft de: geltenden Rechts, bedrohten Straftaten sollen Über tretungen sein; doch ist die Höchstdauer der Haft von sechs Wochen auf drei Monate heraufaesetzt. In dem Allgemeinen Teil sind verschiedentlich Schärfungen und Milderungen der Grundstrafe vorgesehen; diese bleiben jedoch für die Einteilung der strafbaren Handlungen außer Betracht. Die Kommission hat ferner in den Allgemeinen Teil deS ersten Buche» im Anschluß an j 85 des Borentwurfs eine Bestimmung eingestellt, wonach in den Fällen, wo das Gesetz dem Richter die Wahl zwischen Freiheitsstrafen verschiedener Art läßt, auf Zuchthau erkannt werden darf nur, wenn die Tat auf ehrloser Gesinnung beruht, dagegen auf Einschließung zu erkennen ist, wenn die Tat weder auf ehrloser noch verwerflicher Gesinnung beruht; anderenfalls darf nicht darauf erkannt werden. Als Folgerung aus diesem Be schluß ergibt sich für den Besonderen Teil, daß Zuchthaus und Einschließung wahlweise neben einander nie ohne Gefängnis angedroht werden können. Da Fälle denkbar sind, die von verwerflicher Gesinnung zeugen, ohne daß eine ehrlose Gesinnung vorliegt, würde es an einer Strafe fehlen, wenn nur Zuchthaus und Einschließung zur Wahl ständen. Die wahlweise An drohung von Zuchthaus, Gefängnis und Einschließung im Besonderen Teil hat übrigens zur Folge, daß die Ge fängnisstrafe in diesen Fällen fünf Jahre übersteigen muß; inwiefern dies eine Änderung der Einteilung der strafbaren Handlungen bedingt, ist späterer Prüfung Vor behalten worden. Aus den Beschlüssen der Kommission zu dem ersten Abschnitt des Besonderen Teils ist folgendes hervor zuheben: An den Tatbeständen des Hochverrats, wie der Borentwurf sie vorsieht, sind nur unwesentliche Änderungen vorgenommen. Die Fälle, in denen der Versuch gleich der Vollendung bestraft wird, sind hier und sollen auch weiter hin durch die Wendung: Wer es unternimmt, gekennzeichnet werden. Wie bei ihnen die Frage nach dem Rücktritt vom Versuch zu regeln ist, bleibt noch zu bestimmen. Der Tat bestand des 8 100 ist unter Beibehaltung der Gleichstellung von Mord und Totschlag anderweitig dahin gefaßt: Wer es unternimmt, den Kaiser, einen anderen Bundesfürsten oder den Regenten eines Bundesstaats zu töten. AuS dem § 101 ist der Tatbestand des Hindern- an der Ausübung der Herrschergewalt ausgeschieden; zusammengefaßt mit dem Fall der Nötigung zu einer Regierungshandlung ist der Tatbestand in einen besonderen Paragraphen mit etwas milderer Strafdrohung eingestellt worsen. Im § 102, der die Vorbereitung zum Hochverrat, die Verabredung sowie die Aufforderung und Aufreizung dazu unter Strafe stellt, ist das Wort „aufreizen" durch das in seiner Bedeutung durch die Rechtsprechung bereits klar- gestellte „anreizen" ersetzt worden. Tie Strafdrohunaen sind im wesentlichen die gleichen geblieben wie im Bor entwurfe. Der Anteil ve» weibliche« tAeschlechts an der Kriminalität in Deutschland in den letzten S5 Jahren. Hierüber verbreitet sich Landgerichtspräsident Geh. Oberjustizrat Lindenberg-Berlin in der neuesten Nummer der „Deutschen Juristen - Zeitung" indem er bemerkt: Daß die Frau an den strafbaren Hand lungen, die zur Aburteilung gelangen, weit weniger beteiligt ist als der Mann, ist eine bekannte Tat sache, di« ihre Erklärung finde einmal in dem zur G - walttätigkeit und dem Auflehnen gegen das Gesetz weniger neigenden Temverament, sodann aber in der sozialen Lage der Frau, die für das Abweichen von dem geraden Wege weit weniger Boden biete, als dies bei dem mehr im Kampfe um das Dasein stehenden Manne der Fall ist. Bei der allmählichen Verschiebung aber, die in letzterer Hinsicht durch das immer stärker werdende Eintreten des weiblichen Gesch echts in die Berufstätig keit außerhalb des Hauses stattfinde, sei die Frage be rechtigt, ob diese Betätigung der Frau nicht auch Ein fluß gewinnt auf ihren Anteil an der Kriminalität. Hieran anschließend untersucht der Verfasser an der Hand der deutschen Kriminalstatitik unter Ausschluß der Über tretungen den Anteil der F.auen und gibt eine genaue Statistik der letzten 25 Jahre (von 1884 bis 1909) Darnach ivaren von 100 Verurteilten im Jahre 1884 männliche 81,4 Proz, weibliche 18,6 Proz., im Jahre 1909 männlich 84,2 Proz .weibliche 15,8 Proz. Bon der Gesamtzahl der Ver urteilten waren 1884: männlich 281637, weiblich 64340, i. I. 1909: männlich 458304. weiblich 85879. überraschend ist dab.i, daß der Anteil des weiblichen Geschlechts an der Kriminalität in den letzten 25 Jahren er- Heblich gesunken ist, wobei allerdings ausschließlich auf die 15 Jahre von 1884 brS 1899 die Abnahme zurückzu- führen ist, während sich in den letzten zehn Jahren nur ein leises Hin- und Herschwanken der Ziffern mit einer für die letzten beiden Jahre festzustellenden geringen Neigung zum Steigen zeigt. Jedenfalls, sagt Linden berg, ist zu verneinen, daß die lebhaftere Beteiligung des weiblichen Geschlechts am Erwerbsleben und am öffentlichen Leben einen Einfluß auf die allgemeine Kriminalität gehabt habe. Da» bayerische Staatsbuvget für IVIS lS. München, 28. Februar. Bei der Vorlegung des Budgetentwurfs für 1912 und 1913 wies der Fmanz- minister Ritter v. Breunig in der Kammer der Ab- geordneten darauf hin, daß das Ministerium den