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Dresdner S Journal. königlich Säehfisehev Staatsanzriger. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. -c> Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Doengesin Dresden. « Nr. 39. Freitag, 16. Februar 1912. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 16, sowie durch die deutschen Postanstalten S Mart vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittag». — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die ispaltige Grundzeile oder deren Raum im Ankündigungsteile »0 Pf., die Sspaltige Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 75 Pf., unter dem Redaktion-strich (Eingesandt) 150 Pf. PreiSermäßigg. auf GeschästSanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Der Bundesrat hielt gestern eine Plenarsitzung ab. Im Reichstage erklärte gestern der Reichskanzler vr. v. Bethmann Hollwge, daß der britische «riegsm Imster Haldanc im Auftrage des britischen Kabinetts in Berlin Verhandlungen geführt habe, die eine Grundlage für ver trauensvolle Beziehungen schassen sollen. Im Walde bei Riesig in der Rühe von Fulda wurde ein Förster von drei Zigeunern ermordet. Die Zigeuner wurden durch ein großes Aufgebot von Militär unter Führung mehrerer Offiziere und unter Beihilfe der Gen darmerie verfolgt. Die Aussperrung von 1VVV6 Arbeitern der Maschinen industrie in Prag ist nach vierwöchiger Dauer beendet worden. » General tzaneva, der Oberkommandierende in Tri polis, hat von Nom seine Rückreise nach Tripolis «»getreten. * Bei Altoona in Pennsylvanien ist ein Personenzug ent gleist. Bier Personen wurden hierbei getötet, 4b verletzt. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht vom 1. März an den Amtsgerichtsrat Otto Paul Dreysel in Glauchau zum Landgerichtsrate bei dem Landgerichte Plauen und den Gerichtsassessor vr. Hein rich Oskar Arthur Hering in Dresden zum Amtsrichter bei dem Amtsgerichte Döhlen zu ernennen, auch zu ge nehmigen, daß der Amtsgerichtsrat Eduard Bruno Wetzig in Döhlen von dem gleichen Zeitpunkt ab an das Amtsgericht Glauchau versetzt werde. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der praktische Arzt vr. Zinßer in Rochlitz die ihm von Sr. Majestät dem Kaiser, König von Preußen, verliehene Rote Kreuzmedaille 3. Klasse annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Kommerzienrat Louis Bern hard Lehmann in Blasewitz das ihm von Sr. Majestät dem König von Italien verliehene Offizierskreuz des Ordens der Italienischen Krone annehme und trage. (Fortsetzung des amtlichen Teils in der 2. Beilage.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlichen Hof«. Dresden, 16. Februar. Se. Majestät der König nahm vorinittags die Vorträge der Herren Staats minister und des Kabinettssekr tärs entgegen. Se.Majestät besichtigte nachmittags die Maschinenfabrik von I M. Le. mann auf der Freiberger Straße und wird abends die Vorstellung im König!. Schauspielhause besuchen. Se. Majest t der König und Ihre König!. Hoheiten Prinz und Frau Prinzessin Johann Georg und Prinzessin Mathilde sowie der Herzog und die Frau Herzogin von Calabriew wohnten gestern abend der Wohltätigkeitsvorstellung im König!. Opern hause bei. Deutsches Reich. Bundesrat. Berlin, 15. Februar. In der heutigen Sitzung des Bllndesrats wurde der Vorlage betreffend Änderung des Formulars der Wandergewerbescheine zugestimmt. Der Entwurf einer neuen Vereinbarung leichterer Vor- schristen für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands einerseits nnd Österreichs und Ungarns anderseits gelangte zur Annahme. Neue bayerische VundeSratsbevollmächtigte. München, 15. Fearurr. Durch Allerhöchste Ent schließung sind die zurückgetretcnen bayerischen Staats- m nister, die Mitglieder des Bundesrats waren, von ihrer Stellung als bayerische Bundesratsbevollmächtigte ent hoben und an ihrer Stelle die Staatsminister Frhr. v. Hertling, Frhr. v. Soden, v. Thelemann und v. Breunig zu bayerischen Bundesratsbevoll mächtigten ernannt worden. Hansabund. Berlin, 15. Februar. Mit Rücksicht auf die von dritter Seite gebrachte Nachricht über Veränderungen in der Geschäftsleitung des Hansabundes und deren angebliche Gründe wird mitgeteilt, daß auch nicht ein Schatten einer Differenz zwischen dem Oberbürger meister Knobloch und denr Präsidenten des Hansabundes Geheimrat Rießer vorhanden ist. Hr. Oberbürgermeister Knobloch hat einen längeren Urlaub nachgesucht, da infolge der Anstrengungen der letzten Reichstag-Wahl seine Gesundheit sehr angegriffen ist. Deutscher Verein für ländliche Wohlfahrts- uns Heimatpflege. Verdeutsche Verein für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege wird am 21. und am 22. d. M, A6 Uhr abends, im Architektenhause, Berlin 8VV., Wilhelmstraße 92 93, seine sechzehnte Hauptver sammlung mit folgender Tagesordnung abhalten: Am 21. Februar. 1. Ansprache deS Vorsitzenden Wirkl. Geh. Rats, Ministerialdirektor vr. H. Thiel. 2. Jahresbericht, erstattet durch den Geschäftsführer, Pros. H. Sohnrey-Berlin-Steglitz. Im Anschluß daran einige Mitteilungen a) aus oer „Landpflege arbeit" von Gräfin zur Lippe-Oberschönfeld, b) über den „Aus schuß für ländliche Kunstpflege" von Frhrn. V. Wilmowski, a) über die Einführung der „Spitzenklöppelei" in unseren Dörfern von Ihrer Exzellenz Freifrau v. Gebsattel. 8. Geschäftliche An- gelegenheiten. 4. Vortrag von Gel). Oberregierungsrat, Generallandschaftsdirektor vr. Kapp-Königsberg: Die Lebens versicherung und die Landbevölkerung. 5. Pfarrer Nuzinger- Efringen in Baden: Hemmnisse der länduchen Wohlfahrtspflege und ihre Überwindung. — Am 22. Februar. S. Pfarrer Pietryga- Schreibersdorf in Schlesien: Jugendpflege aus dem Lan e. 7. P of. vr. Stein-Frankfurt a. M.: Rechtsberatung und Rechts auskunft auf dem Lande. 8. Seminardirektor vr. Bär-Delitzsch: Ausbildung des Landlehrers. — Am Schluß des zweiten Abends werden Führer und Führerinnen des „Wander vogel e. V." in Steglitz (Vorsitzender: Prof. H. Sohnrey) einige ländliche Singtänze aufführen, um ein Beispiel für die sinnige Gestaltung des Volkstanzes zu geben. Die vollständige „Wanderausstellung des Ausschusses für ländliche Kunstpflege" wird mit allen ihren Ein richtungen in den Vorräumen ausgestellt sein; ferne, werden der Lyz um-Klub eine Ausstellung von Gegen ständen der Volkskunst und des Huusfleißes, die als Winterarbeit auf dem Lande gefertigt werden können, und Freifrau v. Gebsattel, Vorsitzende der „Deutschen Spitzensrbnlc", eine Ausstellung von Spitzen darbieten. — Alle Freunde der ländlichen Wohlfahrts- und Heimat pflege sind zu diesen Versammlungen mit ihren Damen Ungeladen. Zur Frage Ver Griinvung einer Kleinhandels- berufsgcnoffenschaft. Zu einer Aussprache über die Gründung einer Kleinhandelsberufsgenossenschaft und deren Los lösung von der Lagereiberufsgenossenschaft hatten sich am Mittwoch im Reichsamt des Innern zahlreiche Ver treter des Kleinhandels aus allen Teilen Deutschlands eingefunden. Während der zweistündigen Konferenz, in der eine umfangreiche Aussprache über den Gegenstand erfolgte, erklärte Staatssekretär vr. Delbrück, die An gelegenheit sehr eingehend prüfen zu wollen. Er ver kenne die Schwierigkeit der Loslösung nicht-, erkenne aber anderseits die Berechtigung der Wünsche der 300000 De taillisten Deutschlands an. Wie dem „Memeler Tampf- boot" aus Berlin mitgeteilt wird, sollen demnächst weitere Verhandlungen stattfinden. Deutscher Landwirtschaftsrat. Berlin, 15. Fbruar. In der heutigen dritten Sitzung des Deutschen Landwirtschaftsrats bildete den wich tigsten Gegenstand ein Referat des Prof. vr. Olden- berg-Greifswald über „Den Rückgang der Geburten- und Sterbeziffer im Deutschen Reiche". Der Redner führte im wesentlichen aus: Wenn man die positive Bevölkerungspolitik des 18. Jahr hundert» der teilweis einschränkenden, teils manchesterlichen Be- völkeru agspolitck deS 19. Jahrhundert« gegenübelstellt, so ergibt sich, daß der hohe Geburtenüberschuß, dessen wir uns erfreuen, einem Rückgang der Sterblichkeit zu verdanken ist, der in abseh barer Zeit sich verlangsamen muß, während der nachhaltige Rück gang der prozentualen Geburtenziffer seit den 70er Jabren ein Ende nicht absehen läßt.' Sogar die absolute Geburtenzahl geht trotz der steigenden Bevöllerungszahl seit dem Jahre ISO1, wo sie mit 2 098 000 ihren höchsten Stand erreichte, mit kleinen Schwankunaen allmählich zurück und ist im Jahre 191» zum ersten mal« seit 1897 unter 2 Millionen herabgesunken. Es versteht sich, oaß, wenn nicht durch Rückgang der Kindersterblichkeit ein Aus gleich eintritt, nach einigen Jahren auch die Kopfzahl des wehr pflichtig werdenden Jahrgang» sinken muß, statt wie bisher zu steigen. Kommen wir zu französischen Zuständen, so würde» kinderreichere Völker die Erben unserer Macht werden. Ta die Ursache des Geburtenrückgangs im großstädtischen Boden wurzelt, während die ländliche Bevölkerung ihre Fruchtbackeitszahl fast unversehrt erhalten hat, so beruht die Aussicht auf Hemmung de« Geburtenrückganges in erster Linie aus der Erhaltung der Land wirtschaft, in zweiter Linie auf einer Gesetzgebung, die in allen Einzelheiten der wünschenswerten Bevölkerungszunahme Rechnung trägt. Die notwendige Ergänzung einer Wirtschaftspolitik, die den Erwerbsspielraum der Volkswirtschaft erweitert, sei eine nationale B.völkerungspolitik, die den Menschenbedarf der Volks wirtschaft jederzeit deckt. Der Referent stellte sodann folgende Leitsätze auf: Der Rückgang der deutschen Geburtenziffer seit den 1870er Jahren, der durch den Rückgang der Sterbeziffer nicht dauernd ausgeglichen werden kann, hat zur Hauptursache nicht sowohl den Fortschritt des Wohlstands, als die Ausbreitung großstädtischer Kultur, die teils durch physiologische Unfruchtbarkeit, teils durch gewollte Beschränkung der Geburtenzahl und erhöhte Sterblichkeit die Bolkszunahme hemmt. Um zwischen kinderreichen Völkern künftig bestehen zu können, bedarf Deutschland eines wirtschaft lichen Schutzes feiner ländlichen Bevölkerung und einer Gesetz- gcbung auf allen Gebieten im Interesse der Bevöllerungszunahme Der durch den erweiterten Erwerbsspielraum der VolkSwirtschast gegebene Bedarf an Menschen muß durch die Nation selbst jederzeit gedeckt werden können. In der lebhaften Diskussion führte Geheimrat Prof, vr. «ehring aus: Es ist nicht zu verkennen, daß auch aus dem Lande sich schwere Gefahren für die Entwicklungsfähigkeit der Bevölkerung mehr und mehr eingestellt haben, und es ist schließlich nicht zu verwundern, wenn der letzte Grund für die abnehmende physische Kraft der städtischen Bevölkerung die Rationalisierung jeder LebenStätigleit ist. Die Ursale unserer nationalen Kraft unserer Landbevölkerung beginnt aber auch zu versiegen; unsere Land wirtschaft hat die moralische Verpflichtung, den auf sie gezogenen und von ihr akzeptierten Wechsel für die Wirtschaftspolitik ein- zulösen, nämlich die Befriedigung unseres Volkes mit ländlichen Nahrungsmitteln und Rohstoffen, also auch mit Menschenkraft. Solang es unserer Landwirtschaft nicht gelingt, die Masse ihrer Bevölkerung auf dem Lande festzuhalten, ist sie unserer Nation noch eine große Sache schuldig. Nach längerer Aussprache wurden die Leitsätze des Prof. vr. Oldenberg angenommen und weiter zwei Zusatzanträge des Grafen Brühl, die darauf hinaus gingen: 1. bei der Wahl von Garnisonen sollen in erster Linie kleinere Orte und nicht größere Städte bevorzugt werden. 2. Der Schundliteratur, vor allem von seiten der Gerichte, energischer als bisher zu Leibe zu gehen. Jnstizrat vr. Rendtorff (Kiel) erstattete sodann ein Referat über den Zusammenschluß der deutschen landwirtschaftlichen Haftpflichtvereine. Er stellte folgenden Antrag: 1. Unter Anerkennung der bisherigen Entwicklung und segens reichen Tätigkeit der landwirtschaftlichen Haftpflichtversicherungs vereine erblickt der Deutsche Landwirtschastsrat ein starkes Mittel für die weitere Ausbreitung und Kräftigung dieser Vereine darin, daß sie sich unbeschadet ihrer fortd uernden Selbständigkeit zu einem gemeinschaftlichen Verbände zusammenfchließen. — 2. Ge eigneter Zweck dieses Verbandes erscheint: Die Interessen de» landwirtschaftlichen Haftpflichtvereinswesens zu fördern und zu diesem Behufe das letztere weiter zu entwickeln und zu vertreten. — 3. Ob unter die Ausgaben des Verbands auch die Gewährung einer Rückversicherung an seine Mitglieder fallen soll, muß weiterer späterer und selbständiger Prüfung Vorbehalten bleiben. Graf Schwanenfeld-Löbitz-Göhreu behandelte hierauf in längerer Rede die Erhaltung der Boden feuchtigkeit bei langanhaltender Trockenheit unter Berücksichtigung de. amerikanischen Trockenfarmerei. Er beantragte, zu beschließen: Der Landwirtschaftsrat ersucht das Auswärtige Amt, von t em landwirtschaftlichen Sach verständigen für Amerika über Drysarming berichten zu lassen. , Nach kurzen Erörterungen wurden die Anträge an genommen und alsdann die Beratung auf Freitag vertagt. Reichstag. Sitzung vom 15. Februar 1912. Am BundeSratstische: die Staatssekretäre vr. Delbrück, Wermuth, vr. Lisco, v. Tirpitz und kraetke und der Präsident des ReichSeisenbahnamteS Wackerzapp. Präsident Kaempf eröffnete die Sitzung um 1 Uhr 17 Min. und gab bekannt, daß Abg. Vr. Becker-Cöln (Z-, 5. Wahlkreis Cöln) sein Mandat niedergelegt hat. Sodann wurde die erste Beratung de-Etat» fortgesetzt. Abg. Vr. Franck-Mannheim (soz ): Nachdem die Wahlen glücklich überstanden sind, verlangt das Volk draußen keine Zänkereien vom Reichstag, sondern Taten. AuS diesem Grunde lehne ich eS ad, näher auf die Vorgänge bei den Wahlen, ebenso aber auch aus den seltsamen und überraschenden Wahlkampf hier im Hause einzugehen, der gestern einen vorläufigen Abichluß ge funden hat. In Österreich ist im Gegensatz zu den deutschen Ver hältnissen eine vierte Vräsidentenstelle geschaff n worden, um sie für unseren Genossen Pernerftcrfer sreizumachen, der viel schwerer