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2. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Freitag, den 9. November 1979, 20.00 Uhr onna en , den 10. November 1979, 20.00 Uhr oresoner oNIhairnnonii^ Dirigent: Ken-Ichiro Kobayashi, Japan Solist: Andrej Korsakow, Sowjetunion, Violine Hector Berlioz 1803-1869 Der römische Karneval - Ouvertüre op. 9 Alexander Glasunow 1865-1936 Konzert für Violine und Orchester a-Moll op. 82 Moderato — Andante sostenuto — Allegro PAUSE Als der junge japanische Dirigent KEN-ICHIRO KOBA YASHI, Jahrgang 1940, beim Internationalen Diri- genten-Wettbewerb in Budapest 1974 (in der Jury saß u. a. Prof. Heinz Bongartz) den 1. Preis gewann, war das der Beginn einer internationalen Karriere. Bereits 1970 hatte er in seiner Heimat beim Ming-on-Wettbe- werb für Dirigenten einen Preis erhalten und war dann als Gastdirigent von vielen japanischen Orche stern verpflichtet worden. Seit 1975 ist er auch Gast zahlreicher europäischer Klangkörper (in Ungarn, der Schweiz, Holland, der DDR, CSSR, Frankreich, in der BRD und in Westberlin). Kobayashi studierte zunächst an der Universität der schönen Künste und Musik in Tokio Komposition als Schüler von Mareo Ishiketa und schloß von 1966—1970 ein Dirigierstudium (bei Kazuo Yamada und Akeo Watanabe) am gleichen Institut an. Sein erstes Engagement führte ihn als Dirigenten assistent an das Tokioter Sinfonieorchester, dem er heute als Dirigent fest verbunden Ist wie auch als ständiger Gastdirigent der Nationalphilharmonie Bu- ^Aaest. Daneben erfüllt er pädagogische Aufgaben ^^■Professor an der Hochschule für Musik in Tokio. der Dresdner Philharmonie gastierte er erstmalig 1977. ANDREJ KORSAKOW, im Jahre 1946 geboren, ent stammt einer Musikerfamilie und erhielt schon seit 1952 Unterricht an der Zentralen Musikschule des Mos kauer Konservatoriums. 1964—1969 studierte er am Moskauer Konservatorium als Schüler Leonid Kogans und vervollkommnete bis 1971 sein Studium als Aspi rant Kogans, der seinen Schüler als „ungewöhnliches Geigertalent", als einen „souveränen Instrumentali sten" bezeichnete. Andrej Korsakow ist Preisträger zahlreicher internationaler Wettbewerbe (Paganini- Wettbewerb Genua 1965, Geigerwettbewerb Montreal 1966, Marguerite-Long-Jaques-Thibaud-Wettbewerb Pa ris 1967, Tschaikowski-Wettbewerb Moskau 1970, Köni gin-Elisabeth-Wettbewerb Brüssel 1971). Er konzer tierte bisher in vielen Großstädten der UdSSR und unternahm Tourneen u. a. nach Belgien, Österreich, in die VR Polen, die SFR Jugoslawien, CSSR, SR Ru mänien, DDR, nach Holland, Luxemburg, Italien, Finnland, Norwegen, Island, in die Syrische AR, den Libanon, nach Zypern, Kanada. Bei der Dresdner Philharmonie war er bereits 1972, 1974 und 1977 zu Gast. Peter Tschaikowski 1840-1893 Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36 Andante sostenuto — Moderato con anima Andantino in modo di canzona Scherzo (Allegro) Finale (Allegro con fuoco) ZUR EINFÜHRUNG „Die Haupteigenschaften meiner Musik sind leidenschaftlicher Ausdruck, innere Glut, rhyth mischer Schwung und überraschende Wen dungen", schrieb Hector Berlioz, der französische Komponist, glänzende Instrumen tator, eigentliche Begründer der Programm- Musik und Schöpfer der sinfonischen Dichtung, in seinen Lebenserinnerungen. Berlioz' Musik spiegelt die gesellschaftliche und geistige Wi dersprüchlichkeit in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wider, insbesondere die typi schen Wesenszüge der Menschen jener Epoche. Ausgehend von Beethovens Pastoral-Sinfonie, in welcher der Wiener Klassiker bekanntlich „mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei" verlangt hatte, machte der französische Meister die Musik zum Ausdrucksträger seiner dichte risch-programmatischen Vorstellungen. Dabei erschloß er dieser Kunst einen völlig neuen Gefühlsgehalt, eine faszinierende Bildhaftig keit, die ihn zum „realistischen Romantiker" werden ließ. Er besaß einen einmaligen Klangsinn. Durch Steigerung der Ausdrucksmittel und des Um fangs des Orchesterapparates erzielte er un gewöhnliche, neuartige Klangwirkungen. Das Orchester wurde bei ihm zu einem Instrument, mit dem er virtuose und Klangfarben-„Sensa- tionen" hervorbrachte. Manchmal entsteht so gar der Eindruck, daß die musikalische Erfin dung bei Berlioz durch eine „instrumentato rische" ersetzt wurde. Neben der großen An regerrolle, die Hector Berlioz namentlich für Musiker wie Liszt, Wagner und Richard Strauss, als Schöpfer des modernen Orche sters und glänzender Klangzauberer, spielte, darf man jedoch in dem Meister getrost einen der ganz großen französischen Komponisten sehen. Die Ouvertüre „Der römische Karneval", ein glänzendes, turbulentes Orchesterstück voller federnder Rhythmen, über schäumender Phantasie und kapriziöser Hei terkeit, entstand als zweite Ouvertüre zu seiner Oper „Benvenuto Cellini" im Jahre 1844. Des halb enthält das Stück zwei Themen aus der Oper: das Thema des Karnevalschores mit sei nem schwungvollen italienischen Saltarello- Rhythmus und das lyrische Thema aus dem Liebesduett des ersten Aktes, das einen zärt lichen Kontrast zu der tänzerisch-ausgelasse nen Grundatmosphäre der Ouvertüre schafft. Der Titel sagt alles über den Inhalt des Stük- kes: Volksfreude, zündendes, lebensvolles Karnevalsgeschehen mit Liebesgeflüster, Mas kentreiben und wirbelndem Kehraus. Alexander Glasunow wurde am 10. August 1865 in St. Petersburg geboren. Schon frühzeitig äußerte sich die ungewöhnliche musikalische Begabung des jungen Glasunow, die auf Veranlassung Balakirews bei Rimski- Korsakow ihre erste Ausbildung erfuhr. Die ¬ ser berichtet darüber in seinen Erinnerungen. Seine musikalische Entwicklung vollzog sich, wie Rimski-Korsakow bemerkt, „nicht von Ta zu Tag, sondern von Stunde zu Stunde". 1 der Rekordzeit von 1 1 / 2 Jahren absolvier? Glasunow alle Disziplinen der Komposition. Bald wurde aus dem Verhältnis eines Lehrers und Schülers ungeachtet des großen Alters unterschiedes ein rein freundschaftliches. Mit 16 Jahren schrieb Glasunow, dessen Früh reife und außergewöhnliche Begabung wenig Gegenstücke in der gesamten Musikgeschich te hat, seine 1. Sinfonie op. 5. Das Werk er zielte großen Erfolg. „Das Publikum war", so berichtet Rimski-Korsakow, „nicht wenig er staunt, als sich auf seine Hervorrufe der Autor in seinem Gymnasiastenkittel zeigte". Auch Tschaikowski nahm herzlichen Anteil an der Entwicklung des jungen Komponisten. Als er Einblick in Glasunows Streichquartett op. 1 genommen hatte, äußerte er sich sehr aner kennend über das junge Talent. Im Anschluß daran kam es dann bei Balakirew 1884 zur persönlichen Bekanntschaft der beiden. Mit der Widmung der 3. Sinfonie brachte Gla sunow seine Verehrung für Tschaikowski deutlich zum Ausdruck. In Glasunows Werk sind deutlich Spuren so wohl der Musik, wie sie das „Mächtige Häuf lein" propagierte, wie auch der Musik Tschcü| kowskis zu spüren, wobei es Glasunow gS lungen ist, aus beiden Richtungen die Synthe se zu finden. Diese Synthese ist mit dem mit aller Vorsicht aufzufassenden Schlagwort: „Glasunow ist der russische Brahms" recht zu treffend gekennzeichnet. Mit Brahms verbindet ihn auch die Tatsache, daß er das Gebiet der Opernkomposition nicht berührt hat. Die Bühne betrat er allerdings mit mehreren Bal letten, der vielgespielten „Raymonda" op. 79 (Petersburg 1898), „Ruses d’amour" (Liebes listen") op. 61 (Petersburg 1900), „Jahreszei ten" op. 67 (Petersburg 1900), mit einer Mu sik zu dem Ballett „Fern von Dänemark" und