Volltext Seite (XML)
einer Musik zu OscarWildes Drama „Salome". Glasunows Name drang bald über die Gren zen seiner Heimat hinaus. 1884 wurde seine 1. Sinfonie durch Franz Liszt in Weimar auf geführt. 1881 dirigierte er eigene Werke in Konzerten mit russischer Musik auf der Pari ser Weltausstellung. In diese Zeit (1904) fällt auch das Werk, das den Namen seines Schöp fers geradezu populär gemacht hat: das a - Mo I I - V i o I i n k o n z e rt o p. 82, das durch volkstümliche Haltung der Melodik, durch die frische Rhythmik und durch die Bra vour seines Soloparts besticht. Es besteht ei gentlich aus drei Sätzen, die aber ineinander übergehen. Sehr kurz ist, wenn man im Kon- tertschema denkt, der 1. Satz (Moderato), der Poch einer Einleitung in der Haupttonart a- Moll von einem Thema beherrscht wird, das in großem melodischem Atem dem Soloinstru ment Gelegenheit gibt, sich auszusingen. Doch sind auch wirkungsvolle virtuose Passa gen eingestreut. Das alsbald folgende An dante sostenuto, in das die Solovioline über leitet, besticht durch die Wärme der Harmonik und das der Haupttonart nach ungewohnte Des-Dur-Timbre. Auch hier wechseln breite melodische Linien mit leichter gewogenen Passagen ab. Schließlich kehrt das Haupt thema des Moderatos wieder, so daß man dieses Andante nur als einen Einschub be trachten kann. Darauf weist auch die ausge dehnte und technisch sehr anspruchsvolle Ka denz hin, wie sie am Schluß eines ersten Sat zes zu stehen pflegt, die nun unmittelbar überleitet in den dritten Satz (wenn man das Andante nur als einen Einschub betrachtet, in den zweiten Satz), ein brillantes Rondo mit dem tänzerisch bewegten, von der Solovioline gebrachten Hauptthema, das abgelöst wird von einem graziös sich aufschwingenden E- Dur-Thema. Es erscheint dann wieder im Tutti, |un alsbald einem zweiten Seitenthema, das Prit seiner leeren Quintbegleitug deutlich auf seinen Volkstanzcharakter hinweist, Platz zu machen. Der Schluß wird bestimmt durch das virtuose Element, das zugleich den fröhlich volkstümlichen Charakter des Werkes unter streicht, zumal sich auch harmonisch ein bunt glänzendes Bild ergibt. 1899 war Glasunow als Professor für Instru mentation und Komposition an das Petersbur ger Konservatorium berufen worden. In den Tagen der Revolution von 1905 stellte er sich entschieden auf die Seite Rimski-Korsakows und der streikenden Studenten. Er sowohl wie Ljadow erklärten sich mit Rimski-Korsakow solidarisch und suchten um ihre Entlassung nach, im Gegesatz zu anderen Kollegen, die, „nachdem sie ein wenig ihre Zungen in Be wegung gesetzt und gelärmt hatten", in ihren Stellungen blieben. Glasunow wurde während der Wirren von der überwiegenden Mehrheit der Professoren zum Direktor des Konserva toriums gewählt und dann, nachdem dem Konservatorium ein autonomer Charakter zu gestanden worden war, einstimmig vom Pro fessorenrat bestätigt. In der überaus schwie rigen Lage (Rimski-Korsakow schildert sie in seiner „Chronik") bewährte sich Glasunow als gerecht denkender, ausgleichender Pädagoge, der die übernommene Aufgabe bis zum Jahre 1928 in Treue durchführte. Auf seine Anre gung hin wurden ein Studentenorchester und ein Opernstudio gegründet. Glasunows Ein fluß auf das russische Musikleben verstärkte sich noch, als er 1905 auch Mitglied der Di rektion der Kaiserlich-Russischen Musikgesell schaft und des Kuratoriums des Verlages Bel jajew wurde. In den stürmischen Jahren der Interventions kriege übte er als Direktor des Leningrader Konservatoriums eine fruchtbare Tätigkeit aus. In Anerkennung dessen wurde er als einer der ersten 1922, am 40. Jahrestag der Auf führung seiner 1. Sinfonie, von der Sowjetre gierung mit dem Titel eines „Volkskünstlers der Republik" ausgezeichnet. Ihm war das erste Heft der Zeitschrift „Sowjetskaja Musy- ka" gewidmet. Seine pädagogische und ge sellschaftliche Tätigkeit in dieser Zeit ließ ihn kaum zum Schaffen kommen. Trotz eines schweren Leidens, das er sich damals zugezo gen hatte, unternahm er ausgedehnte Kon zertreisen, die ihn nach Frankreich, England und Deutschland, nach Warschau, Prag, Am sterdam, Lissabon, London und nach den Ver einigten Staaten von Nordamerika führten. 1928 war er Mitglied der Internationalen Jury bei der Schubert-Feier in Wien. In Paris, wo er Heilung von seiner Zuckerkrankheit suchte, starb er am 21. März 1936. In der Sowjetunion erfreut sich Glasunow, der zu Lebzeiten Ehrungen über Ehrungen erfahren hatte (17mal erhielt er den Glinka-Preis, er war Mitglied der Akademien der Künste von Berlin, Paris, Budapest u. a., Ehrenmitglied vieler Konservatorien und Hochschulen, Offi zier der Ehrenlegion, Ehrendokter der Univer sitäten Oxford und Cambridge), größter Be liebtheit. Ein Quartett, der Konzertsaal im Leningrader Konservatorium und eine der Mu sikschulen in Moskau tragen seinen Namen. Die Leningrader Philharmonie unterhält ein Glasunow-Archiv, das die meisten seiner Ma nuskripte birgt. (Das Manuskript seines Vio linkonzertes ist stolzes Besitztum des Konser vatoriums Genf.) Peter der russischen Musik, serer Stadt. Das erste 33jährig, mit seinem einem Sommerausflug er zuerst die Sächsische und dann die richtige Schweiz besuchte. 16 Jahre später, auf der Höhe seines internationalen Ruhmes also, im Februar 1889, führte ihn sein Weg über Köln, Frankfurt/M. nach Dresden, wo er im V. Philharmonischen Konzert (des Gewerbe hausorchesters, wie der Vorläufer der Philhar monie hieß) am 20. Februar 1889 die Erstauf führung der 1877/78 komponierten Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36 dirigierte. Im glei chen Konzert spielte der jugendliche Emil Sauer, ein Schüler Nikolai Rubinsteins in Moskau, das b-Moll-Klavierkonzert. Der Erfolg dieses Konzertes muß außerordentlich gewe sen sein. Die Presse feierte den russischen Meister als den „Ersten seiner Nation". Im „Dresdner Anzeiger" vom 22. Februar 1889 stand u. a. zu lesen: „Von allen den bis jetzt stattgehabten Philharmonischen Concerten dieses Winters dürfte das fünfte als das in teressanteste zu bezeichnen sein. Herr Peter Tschaikowsky, der nächst Rubinstein bedeu tendste Componist russischer Nation, be herrschte diese Aufführung als Dirigent und in der Hauptsache auch als schaffender Künst ler. Einen sehr vorteilhaften Eindruck machte seine Art und Weise der Leitung des Orche sters. Mit künstlerischer Ruhe, großer Umsicht und Sicherheit führte er den Stab. Der Wiedergabe der beiden umfangreichen Werke Tschaikowskys fehlte bei dessen Lei tung, trotz der zu überwindenden großen tech nischen Schwierigkeiten, ein gutes Gelingen nicht, ebensowenig gebrach es auch an feurig Tschaikowski, der Klassiker weilte zweimal in un- Mal kam er 1873, also Verleger Jürgenson zu nach Dresden, von wo pulsirendem Leben, und solches ist unab- weisliche Nothwendigkeit, um diese Werke zu voller Geltung zu bringen. Tschaikowsky ist den größeren musikalischen Kreisen außerhalb Rußlands durch seine reizenden Clavier-Com- positionen längst vorteilhaft bekannt, auch einige seiner Werke für Kammermusik fan den in Deutschland gerechte Würdigung, während ein Orchesterwerk von ihm, das die Königl. Kapelle vor einigen Jahren in einem ihrer Concerte brachte, nur wenig Anklang fand. Eines vollen Erfolgs hatte sich jedoch seine vierte Sinfonie (F-moll) zu erfreuen, mit der das fünfte Philharmonische Concert eröffnet wurde ... Eine glänzende Aufnahme fanden sowohl Tschaikowskys Werke, als a^t die Darbietung des Herrn Sauer. Nach Sinfonie ward deren Componist mit einem Tusch vom Orchester gefeiert" (F. Gleich). Tschaikowski fuhr von Dresden weiter nach Berlin, Leipzig, Genf, Hamburg, Paris und kehrte über London in die Heimat zurück. Der Komponist widmete die 4. Sinfonie seinem „besten Freunde", seiner Gönnerin Nadje- shda von Meck, die ihm seit 1877 als verständ nisvolle, seine Musik bewundernde Freundin zur Seite stand. Ihr teilte er in einem Briefe mit, daß die „Vierte" programmatisch zu deu ten sei. Danach enthält die Einleitung des an dramatischen Auseinandersetzungen reichen ersten Satzes „den Keim der ganzen Sinfonie, ohne Zweifel die Kernidee." Der Triolenge danke des Anfangs symbolisiert das „uner bittliche Fatum, jene Schicksalsgewalt, die un ser Streben nach Glück hindert, die eifersüch tig darüber wacht, daß Glück und Friede nicht vollkommen und ungetrübt seien". Melancho lische Erinnerungen werden im zweiten Satz wach. Bilder, „wie sie uns beim Einschlafen durch den Sinn huschen", begegnen uns im Scherzo: ein betrunkenes Bäuerlein, ein Gas senhauer, „dann zieht irgendwo in der Ferne Militär vorüber". Variationen über das ri^^B sehe Volkslied „Auf dem Feld die Birke starW^ bringt das Finale, das mit der Schilderung eines frohen Volksfestes schließt. Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Die Einführung in das Violinkonzert von A. Glasunow stammt von Prof. Dr. Karl Laux Spielzeit 1979/80 — Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Druck: GGV, Prod.-Stätte Pirna 111-25-12 ItG 009-72-79 EVP -,25 M 2. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1979/80