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Ttoniglieh Sächstschev SttttrtsMrzrtgev. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- nnd Mittelbehörden. Nr. 176. -> Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat DoengeS in Dresden. Mittwoch, 31. Juli 777.1----. 1912. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 16, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die Ispaltige Grundzeile oder deren Raum im Ankündigungsteile 30 Pf., die 2spaltige Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teil« 75 Pf., unter dem RedaktionSstrich (Eingesandt) 150 Pf. Preisermäßigg. auf Geschästsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Die angekündigte Verlesung der Regierungserklärung in der türkischen Deputiertenkammer hat gestern nach auf- yeregten Debatten der Regierung mit 113 gegen 45 Stimmen eine VertrauenSerklärung gebracht. Kardinal Fischer ist in der vergangenen Nacht gestorben. * Auf dem Einfelder See bei Neumünster find infolge Kentern eines Segelbootes neun Personen ertrunken. In der Gemeinde Goldega bei Linz wnrde ein Bauerngut dnrch Blitzschlag ringeäschert, wobei 6 Personen verbrannten. * Lord Mersey hat das Ergebnis der Untersuchung über die „Titan,r"-Katastrophe bekannt gegeben. Amtlicher Teil. Finanzministerium. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den Bauamtmännern bei der Staatseisenbahnverwaltung Oberbaurat Schäfer, Vorstand des Obcrbaubureaus der Staatseisenbahnen in Dresden und Finanz- und Baurat Gruner in Dresden die nachgesuchte Versetzung in den Ruhestand zu bewilligen. Herr Bezirksarzt Medizinalrat vr. Zehlert in Chemnitz ist vom 12. August bis mit 22. September d. I. beurlaubt. Mit seiner Stellvertretung ist Herr Bezirks arzt vr. Wengler in Glauchau beauftragt worden. Chemnitz, am 23. Juli 1912. 561VII Die Kreishauptmannfchaft. 5307 Die Königliche Kreishauptmannfchaft hat dem Heil kundigen und Hilfsmuseumsdiener Moritz Julius Oswald Kretzschmar in Dresden für das von ihm am 9. April dieses Jahres mit Entschlossenheit bewirkte Aufhalten eines durchgehenden Pferdes eine Gcldbelohnung be willigt. 1898III Dresden, am 18. Juli 1912. 5302 Königliche Kreishauptmannfchaft. Serichtigung. In der in Nr. 175 abgedruckten Verordnung zur Einschränkung nnd wirksamen Beaufsichtigung des Straßen- und Hausierhandels vom 26. dieses Monats muß es in Absatz 2 nicht „Vorbehalten", sondern „verboten" heißen. Dresden, den 31. Juli 19 1 2. 476«IV Königliche Kreishauptmannfchaft. 5312 Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im SeschSftSbereiche des Ministeriums der Finanzen. Forstverwaltung. Gestorben: Großer, Förster aufDresdner Revier, Hoffmann, Förster auf Neudorfer Revier, Hähnel, Waldwärter auf Altenberger Revier. — Ernannt: Walther, Sekretär beim Finanzministerium, als Forstrentamtmann in Marienberg. — Angestellt: Böhme, Militäranwärter, als Diener bei der Forstakademie Tharandt. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Inseratenteil.) Nichtamtlicher Teil. Die Rtichsvcrfichernugssrdnuug. In welcher Reihenfolge die einzelnen Abschnitte der Reichsversicherungsordnung in Kraft treten, ist nunmehr festaesetzt worden. Der Invaliden- und Hinterbliebenen versicherung, die als erste am 1. Januar 1912 ins Leben trat,, folgt zuerst die Unfallversichcruna am 1. Januar 1913, während als Zeitpunkt für das Inkrafttreten der Krankenversicherung der 1. Januar 1914 in Aussicht ge nommen ist. Diese Anordnung entspricht dem Maß der Vorarbeiten, das zur Durchführung der einzelnen Ver- sicherungszweiae vorausgesetzt wird. Waren zur Ein führung der Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung nur geringfügige Änderungen erforderlich, so brachte die Einrichtung der Unfallversicherung schon mehr Arbeit, weil die Bildung neuer Berufsgenossenschaften und Zweig anstalten zur Aufnahme der neu unterstellten Betriebe bez. Tätigkeiten schwierige Verhandlungen und organi satorische Maßnahmen nötig machte. Es wäre wohl möglich gewesen, diese Arbeiten bis zum 1. Juli d. I. zu vollenden, allein den Berufsgenossenschaften lag daran, nicht mitten im Geschäftsjahr mit neuen Verhältnissen anzufangen. Am schwierigsten und umfangreichsten ge stalten sich aber die Arbeiten zur Durchführung der Krankenversicherung, für die jetzt noch rund 1^ Jahr zur Verfügung steht. Die neuen Versicherungsbehörden werden, so meint die „Kölnische Zeitung", schon gleich energisch an die Arbeit gehen müssen, denn bis zum 1. Januar 1913 sollen alle bestehenden Ortskrankenkassen, Betriebs- und Jnnungskrankenkassen den Antrag auf Zulassung beim Bersicherungsamt stellen. Versäumen sie diesen Termin, so werden sie aufgehoben. Dem Anträge muß das von der Generalversammlung beschlossene, den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung entsprechende Statut bei gefügt werden, sofern nicht das Versicherungsamt eine Nachfrist bewilligt. Die Oberversicherungsämter müssen dann die Satzungen genehmigen, zunächst aber prüfen, ob im Hinblick auf den Bestand der Landkrankenkassen oder der allgemeinen Ortskrankenkassen die Zulassung ausgesprochen werden darf. Vorweg muß daher die Er richtung der Landkrankenkassen und der allgemeinen Orts krankenkassen beendet sein. Hierzu bedarf es umfang reicher Ermittlungen. Ehe nun die Satzungen für diese Kasten aufgestellt werden können, muß wiederum das Er scheinen der Mustcrsatzungen, die der Bundesrat beschließen will, abgewartet werden. Einige wichtige Änderungen auf dem Gebiete der Krankenversicherung sollen alsbald ins Leben treten. Durch Kaiserliche Verordnung ist bestimmt worden, daß auf die bestehenden Krankenkassen die Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung über die Errichtung, Ver einigung, Auflösung, Schließung und Ausscheidung von Krankenkassen sofort anzuwenden sind. Daraus ergibt sich, daß über die Änderung der Satzungen der bestehenden Krankenkassen nicht mehr die Bezirksausschüsse, sondern die Oberversicherungsämter beschließen, und daß in letzter Instanz nicht das Oberverwaltungsgericht, sondern das Reichsversicherungsamt entscheidet. Auch bei der Beschluß fassung über Organisationsveränderungen tritt als erste Instanz an die Stelle des Bezirksausschusses das Ober versicherungsamt; zugleich müssen die eingehenden Vor schriften der Reichsversicherungsordnung über das Ver fahren bei Schließung, Auflösung rc. von Kranken kassen angewandt werden. Das bedeutet vor allem, daß die Versicherungsämter die Leitung dieser Arbeiten über nehmen müssen. Ortskrankenkassen für Gewerbezweige oder Betriebsarten dürfen von jetzt ab nicht mehr errichtet werden. Auch die Errichtung neuer Betriebs- und Jnnungskrankenkassen soll nach dem 1. Januar bis zum 31. Dezember 1913 nicht mehr zulässig sein, weil alle Krankenkassen, die auf Grund der Reichsversicherungs- ordnuna errichtet werden, erst mit den Bestimmungen dieses Gesetzes am 1. Januar 1914 ins Dasein treten können, und weil alle Krankenkassen, die noch nach geltendem Recht errichtet werden, bis zum 1. Januar 1913 ihre Zulassung nachgesucht haben müssen, widrigenfalls sie geschlossen werden. Betriebe, die weniger als 150 Ver sicherungspflichtige beschäftigen, dürfen Betriebskranken kassen nicht mehr errichten. Gemeindekrankenvcrsicherungen sollen zum 1. Januar 1914 geschlossen sein. Die Gemeinden können nach Maßgabe der Vorschriften des Kranken versicherungsgesetzes die Gemeindekrankenversicherung be seitigen; alsdann fällt das Vermögen an die Gemeinden zurück' werden sie geschlossen, so wird über das Vermögen zugunsten anderer Krankenkassen verfügt. Die Bescheini gungen der Hilfskassen endlich verlieren am I.Juli 1914 ihre Gültigkeit, die weit überwiegende Zahl dieser Kassen wird damit ihre Tätigkeit als Träger der Kranken versicherung einstellen. Deutsches Reich. DeS Kaisers Nordlandreise. Balestrand, 30. Juli. Se. Majestät der Kaiser machte heute früh 7 Uhr einen längeren Spaziergang an Land und nahm dann die Vorträge der Kabinettschefs und des Gesandten v. Treutler entgegen. Zur Mittags tafel empfing der Kaiser die Professoren Dahl und Unger nebst Familien. Nachmittags bearbeitete Se. Majestät die Eingänge, die der Feldjäger gestern abend mitgebracht hatte. Balestrand, 31. Juli. Heute vormittag gegen 11 Uhr erfolgt die Abreise des Kaisers nach Bergen, wo der Kaiser gegen 6 Uhr abends cinzutreffen gedenkt. Da- Wetter ist trübe, aber angenehm kühl. An Bord ist alle- wohl. Die Stärke Ver sächsischen Sozialdemokratie. Nach dem Berichte des Landesvorstandes bat die sozialdemokratische Partei Sachsens im Geschäftsjahre 1. Juli 1911 bis 30. Juni 1912 mit 28741 neuen Mitgliedern den stärksten Zuwachs an Parteimitgliedern seit ihrem Bestehen zu verzeichnen. Die Gesamtzahl der Mitglieder belief sich auf 149 325 (131283 männliche und 18 042 weibliche). 10 Jahre früher, im Jahre 1901, betrug die Mitgliederzahl nur 25 581, sie stieg dann auf 29 917 im Jahre 1902, 38 764 in 1903, 48180 in 1904, 54 044 in 1905, 79 959 in 1906/07, 86 940 in 1907/08, 89 642 in 1908 09, 99 472 in 1909/10 und 120 548 in 1910'11. Koloniales. Zur Informationsreise des Staatssekretärs des Reichskolonialamts vr Solf. Johannesburg, 31. Juli. Staatssekretär vr. Solf sagte gestern abend bei einem ihm zu Ehren ver anstalteten Bankett im deutschen Klub, er kehre mit der Gewißheit nach Deutschland zurück, daß Dcutsch-Südwest- afrika eine große Zukunft habe. In Britisch-Südwest- asrika habe er gesehen, wie die Zukunft Deutsch-Südwest afrikas sein werde, vr. Solf betonte den Wert von harmonischen Beziehungen zwischen der deutschen Kolonie und der südafrikanischen Union. Ausland. Zu den französstsch - spanischen Marokko- Verhandlungen. Paris, 31. Juli. Das „Echo de Paris" schreibt über die noch immer andauernden Verhandlungen zwischen Frankreich und Spanien: Man hat es pessimistisch ge funden, daß wir vor ungefähr zwei Wochen eine noch lange Dauer der Verhandlungen zwischen Frankreich und Spanien in Aussicht stellten. Unglücklicherweise scheint unsere Prophezeihung jedoch nicht übertrieben gewesen zu sein. Es herrscht noch kein Einverständnis über die Frage der Franziskaner, über die Frage des Kalifats sowie über die Frage der Grenzen, so am Muluja. Auch das Inter nationale Statut für Tanger ist noch nicht fertig. Unter diesen Umständen scheint cs schwierig, daß alles, wie man es gewünscht hatte, beendet sein wird, bevor der Minister präsident Poincarö sich nach St. Petersburg begibt. Während feiner Abwesenheit werden die Verhandlungen unter Leitung seines Stellvertreters Briand fortgesetzt. Frankreich und Kanada. Paris, 31. Juli. Bei dem Festmahl, welches daS Komitee France-Amerique gestern abend zu Ehren der in Paris anwesenden kanadischen Minister gab und an dem auch Ministerpräsident Poincars teilnahm, wurden in mehreren Reden die gegenseitigen Sympathien der beiden Länder betont und auf die Stammesverwandtschaft beider Länder, sowie auf die fraiizösisch - englische Entente hin- aewicsen. Der kanadische Minister Pellettier sagte, die Kanadier seien nicht nach Paris gekommen, um Geschäfte zu machen. Kanada habe heute 8 Mill. Einwohner und werde in zehn Jahren 20 Mill, haben. Wir werden unsere rechte Hand vertrauensvoll in die Hand Englands legen, und unsere Linke wird die Hand Frankreichs drücken. Po ncarö erklärte in seiner Rede, das Mißverständnis zwischen Frankreich und England sei jetzt geschwunden. Es herrsche ein friedliches Einvernehmen zwischen beiden Nationen. Darum sei es heute für Kanada und Frank reich noch leichter, ihrer vielhundertjährigen Freundschaft Ausdruck zu verleihen. Zur Lage in der Türkei. Die angekündigte Regierungserklärung in der Deputiertenkammer. Konstantinopel, 30. Juli. Kurz vor Beginn der heutigen Kammersitzung entfernten sich die Truppen, die vor dem Eingang des Parlamentsgebäudes ausgestellt waren und deren Gegenwart Veranlassung zu Klagen der Deputierten gegeben hatte. Die Sitzung wurde gegen 1 Uhr eröffnet. Alle Mitglieder des Kabinetts waren anwesend. Der Großwesir verlas die programmatische Regierungserklärung, in der hervorgehoben wird, daß die Regierung die Macht inmitten großer Schwierigkeiten und in einem kritischen Augenblick der türkischen Ge schichte übernahm. Es wird der Hoffnung Ausdruck ver-