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Dresdner E Imrml 1911. Nr. 289. königlich Sächstschev Stncrts<rnzrigev. Verordnungsblatt der Ministerien nnd der Ober- nnd Mittelbehörden Ankündigungen: Tie Zeile kl. Schrift der 6 mal gesp. AnkündigungSseite 25 Pf., die Zeile gröberer Schrift od. deren Raum auf 3mal gesp. Textfeite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 75 Pf. PreiSermäßigg. auf Gefchäftsanzeigen. — Schluß der Annahme norm. 11 llhr. » Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Doenges in Dresden. < Mittwoch, 13. Dezember Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 16, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher: Expedition Rr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Tas britische Oberhaus hat die Seeprisenbill in zweiter Lesung abgelchnt. An Pord des im Dock von Portsmouth liegenden Schlachtschiffes „Orion" ereignete sich eine Llexplosto». 1 Offizier und 15 Mann wurden verletzt. * Tic französische Deputiertentammer hat beschlossen, morgen nachmittag mit der Debatte über das deutsch französische Abkommen zu beginnen und sie in den folgen- d n Nachmittagtzsikungen fortzusetzen. * Auf dem gestrigen Krönungsdurbar in Delhi wurde König Georg v. von Großbritannien und Irland feierlich zum Kaiser von Indien proklamiert. Während des Durbars kündigte der König die Verlegung des Sitzes der Regierung des indischen Reiches von Kalkutta nach Delhi an. Amtlicher Teil. Le. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Verwalter des Postelwitzer Reviers, Oberförster Seibt in Postelwitz, das ihm von Ihrer Majestät der Königin der Niederlande verliehene Ritterkreuz des Ordens von Oranien-Nassau annehme und trage. - Das Kaiser!. Gesundheitsamt meldet den AuSbruch und das Erlöschen der Maul- und Klauenseuche vom Schlachthof zu Dortmund am s. Dezember und vom Schlacht- Hot zu Magdeburg am 11 Dezember. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Inseratenteil. Nichtamtlicher Teil. Bom Königlichen Hofe. Dresden, 13. Dezember. Se. Majestät der König folgte heute mit Sr. Durchlaucht dem Fürsten zu Hohenlohe-Bartenstein einer Einladung des Kammer herrn Frhrn. v. Spörcken zur Jagd nach Berbisdorf. Deutsches Reich. Kaiserlicher Hof. Neues PalaiS bei Potsdam, 12. Dezember. Der König von Dänemark traf heute abend hier ein und wurde von Sr Majestät dem Kaiser am Portal emp fangen. Dem Diner in der Jaspisgalerie wohnte auch der Herzog-Regent von Braunschweig bei. Aus der Volkszählung 1910. Nach dem endgültigen Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 betrug die ortsanwesende Be völkerung im Deutschen Reiche 64925993 Personen (32040166 männliche und 32885827 weibliche). Die Volks zählung vom 1. Dezember 1905 hatte 29884851 männliche und 30756638 weibliche, zusammen 60641489 Personen ergeben; die Bevölkerung ist mithin im letzten Jahrfünft um 4284504 oder um 7,07 Proz. gewachsen Im Jahr fünft 1900 bis 1905 betrug die Bevölkerungszunahme 4274311 oder 7,58 Proz. Auf je 100 männliche Per sonen kamen im Jahre 1910 102,6 weibliche Im Verhältnis zur mittleren Einwohnerzahl war die durchschnittliche jährliche Zunahme von 1905 bis 1910: 13,6 v. T. der Bevölkerung, dagegen im Jahr fünft 1900 bis 1905: 14,6 v. T. und im Jahrfünft 1895 bis 1900: 15,1 v. T An der Zunahme im Zeitraum 1905 bis 1910 waren alle Gebietsteile des Reiches be teiligt. Am stärksten war die durchschnittliche jährliche Zunahme im Regierungsbezirke Potsdam (40,82 v. T.. der mittleren Bevölkernng), im Staate Hamburg (29,53), im Regierungsbezirke Düsseldorf (26,79), im Staate Bremen (25,64) und im Regierungsbezirke Arnsberg (25,43). Sehr gering war das Wachstum im Regierungs bezirke Gumbinnen (0,79 v. T. der mittleren Bevölkernng), in Anhalt (1,88), in Oberelsaß (2,25), in der Stadt Berlin (3,03), im Regierungsbezirke Stettin (3,28), in Braunschweig (3,42), im Regierungsbezirke Magdeburg (3,74) und im Jagstkreise in Württemberg (3,85). Der Flächeninhalt des Deutschen Reiches be trägt nach den neuesten Feststellungen 540857,62 qkm Da 64925993 Einwohner gezählt wurden, so kamen auf 1 gtzm durchschnittlich 120,04 Einwohner; am 1 Dezember 1905 kamen auf 1 qkm 112,14 Einwohner. Abgesehen von der Stadt Berlin, in der auf 1 gkm 32665 Ein wohner kommen, weisen die größte Dichte auf die Hansestaaten Hamburg, Bremen und Lübeck, in denen der Reihe nach 2447,63, 1168,24 und 391,65 Personen auf 1 4km wohnen; hierauf folgen: Königreich Sachsen (320,59), Provinz Rheinland (263,74), Reuß ä. L. (230,07), Westfalen (204,01), Reuß j. L. (184,77), Hessen (166,75), Sachsen-Altenburg (163,30), Anhalt (144,01), Baden (142,19), Hessen-Nassau (141,45), Schaumburg-Lippe (137,09), Schlesien (129,56), Elsaß-Lothrinaen (129,05), Württemberg (124,96) nnd Provinz Sachsen (122,26). Am dünnsten sind bevölkert Mecklenburg-Streich, Mecklen burg-Schwerin, Waldeck, Ostpreußen und Pommern. Die Zählung der zur Wohnung dienenden oder bestimmten Baulichkeiten ergab insgesamt 7136023 Gebäude und sonstige Baulichkeiten, und zwar 6864501 bewohnte Wohnhäuser, 157694 unbewohnte Wohnhäuser und 113828 andere bewohnte Baulichkeiten, wie Schulen, Ställe, Hütten, Bretterbuden, Zelte, Wagen, Schiffe rc. Einstellung von Dreijährig-Freiwilligen bei ver Kaiserlichen Marine. Die 1. Abteilung II. Werftdivisiou zu Wilhelmshaven stellt am 3. Januar tS12 Dreijährig-Freiwillige für den Dienst in der Funkentelegraphie ein, und zwar: Funkentelegraphie-Anwärter (Kapitulanten) und Funkentelearaphie-Gasten (Nichtkapitulanten), Gesuche sind umgehend an die Abteilung zu richten Dieselben müssen enthalten: 1. Nachweis über 3jähnge Lehr- oder Arbeits zeit als Elektrotechniker, Feinmechaniker, Mechaniker oder ähnliche Berufszweige. 2. Lebenslauf. ». Meldeschein zum «jährig-srei- williaen Eintritt, welcher vom Zivilvorsitzende» der Ersatzkommission zu beschaffen ist. Für die Einstellung al- Funkentelegraphie-An- wärter (Kapitulant) wird verlangt: Genügende Fertigkeit im Deutschen, Rechnen und Zeichnen. Eine ärztliche Untersuchung wird auf dem zuständigen BezirkSkommando veranlaßt Mindestalter 18 Jahre. In dem Gesuche muß besonders ausgedrückt sein, ob der Gesuchsteller als Funkentelegraphie-An wärter (Kapitulant) oder Funkentelegraphie-Gast (Nichtkapitulant) einzutreten gewillt ist. Starker Biehauftriev aus ven Schlachtviehmärkten. Die Arbeitsmarkt - Eorrejpondeuz schreibt: Aus der syste matischen Beobachtung des Biehauftriebs an den SO deutschen Schlachtviehmärkten ergibt sich eine recht erhebliche Zunahme des Angebots in den Monaten September bis November. Die Steigerung verdient größte Beachtung, da nicht zu leugnen ist, daß sie mit dem schlechten Ausfall der Futterernte zusammen hängt, und daß eine weitere Einschränkung der Vieh bestände im Winter zu einer recht scharfen Erhöhung der Fleischpreise im Jahre 1912 führen muß. An den genannten 4V Schlachtviehmärkten gestaltete sich der Marktverkehr mit Bieh der Fleischgewichtsmenge nach während der Monate Januar bis November 1911, verglichen mit den beiden Borjahren, in Mill, kx, wie folgt: 1909 1910 1911 Januar bis Oktober 677,91 689,77 721,25 November .... 72,97 «7,12 7«,85 Januar bis November 750,91 756,89 798,10 Demnach ist der Viehaustrieb in den ersten elf Monaten bereits um 41,21 Mill, kg gestiegen. Der größte Teil dieser Zunahme entfällt aus die Monate September bis November. Die ungewöhnliche Steigerung des Gesamtangebots ist fast aus schließlich auf das plötzlich- Anwachsen des Auftriebs an den Schweinemärkten zurückzusühren. Die Steigerung des An gebots von Schweinen setzte im Monat September ein und machte sich im Oktober und November besonders stark bemerkbar. Es ist zu befürchten, daß die Schweinemästereien die Zahl der Mastschweine in diesem Winter auf ein Minimum beschränken nnd deshalb die noch nicht schlachtreifen Tiere schon jetzt in großen Mengen an den Markt bringen. — Die in Berlin am 12. Dezember ausgegebene Nr. 65 des Reichsgesetzblattes enthält: Bestimmung des Reichs kanzlers vom 30. November 1911 über die Festsetzung von Pausch vergütungen für Dienstreisen nach nahegelegenen Orten, sowie Bekanntmachung vom 2. Dezember 1911, betreffend den Schutz von Erfindungen, Mustern und Warenzeichen auf der Bayerischen Gewerbeschau 1912 in München. Der italienisch-türkische Krieg. Auch gestern hat sich um Tripolis nichts W csent- Uches zugetragen. Dagegen ist es in der Nacht zum Montag zu einem verlustreichen Gefecht bei Benghasi gekommen. Wir geben folgende Depeschen wieder: Rom, 12. Dezember. Die „Agenzia Stefani" meldet aus Tripolis von gestern vormittag 11 Uhr: Nachrichten aus dem türkischen Lager besagen, daß einige Araber- Häuptlinge die Türken dazu nötigen wollen, den Krieg fortzusetzen. Die Araber beschuldigen die Türken, sie verkauft zu haben, und drohen ihnen, sie zu verlassen, wenn sie den Krieg nicht fortfetzten. Rekognoszierungen wurden bis 16 lrm von Ainzara auf der Südsüdost- und Südwest-Front ausgesührt, doch wurde vom Feind keine Spur gesunden. In Homs ist alles ruhig Tie Hospital schiffe „Regina Margherita" nnd „Mensi" sind hier ange kommen. — Von gestern abend um 11 Uhr wird aus Tripolis gemeldet: Kavallerie unternahm heute vor mittag von Ainzara aus eine Rekognoszierung in süd- westlicher Richtung, stieß dabei auf einige kleine Ab teilungen von Arabern, die nach Tarhuna maschierten. Einige von diesen feuerten ans großer Entfernung, verschwanden aber, als sie verfolgt wurden, in den Dünen und Wäldern Aus Benghafi wird gemeldet: In der Nacht vom 10. zum 11. Dezember griff der Feind heftig einen Teil der vorgeschobenen italienischen Stellungen an, wurde aber nach kurzem heißen Kampfe durch einen von dem 3. Bataillon des 79. Infanterieregiments glänzend durchgeführten Bajonettangriff zurückgeworfen. Tie Ver luste des Feindes betrugen 36 Tote, die ans dem Kampf felde liegen geblieben waren, und außerdem zahlreiche Tote und Verwundete, die unter dem Schutze der Nacht fortgeschasst wurden. Die italienischen Verluste beliefen sich ans drei Tote nnd zwölf Verwundete. * Rom, 12. Dezember. „Popolo Romano" hebt die großen Anstrengungen hervor, die der deutsche Ge- sandte in Konstantinopel mache, um die in der Türkei lebenden Italiener zu beschützen, und er mahnt gleichzeitig die deutsche und die italienische Presse, die Polemik abzubrechen, die, wenn sie fortgesetzt werden sollte, einen gefährlichen Niederschlag in der ö fentlichen Meinung der beiden Staaten zurücklassen würde, die seit mehr als 30 Jahren verbündet sind und jetzt noch mehr als bisher ein hervorragendes Interesse daran haben, auch weiterhin eng verbindet zu bleiben. Ausland. Der österreichische Kinanzminifter über Vie öster reichischen Ttaatsstnanzen. Wien, 12. Dezember. Bei der zweiten Lesung des Budgetprovisoriums im Abgeordneten Hause führte Finanzminister Ritter v. Zaleski aus: Es sei begreiflich, daß ein Blick in die Lage der Finanz- Wirtschaft ihm ziemlich schwere Sorgen verursache. Während die Ausgaben im letzten Jahrzehnt rapid gestiegen seien, und gegen wärtig in die dritte Milliarde hineinreichten, feien die Gebarnngs- überschüsse feit 190« rapid gesunken, und das Jahr 1909 habe sogar einen Abgang von 88 Mill, aufgewiesen. Das laufende Jahr fei nicht schlecht, gebe aber zu besonders glänzenden Er wartungen keinen Anlaß. Wenn auch der normale, stets steigende Bedarf aus der Steigerung der Steuereingänge immer habe gedeckt werden können, fo habe doch wiederholt, vielleicht mehr als erwünscht, der Kredittveg betreten werde» müssen. Der Minister verwies dann auf die Zunahme der Staatsschuld, erörterte das Anwachsen des Budgets in- folge des Strebens der Abgeordneten, Vorteile für die Wählerschaft zu erlangen bei gleichzeitigem Widerstreben gegen eine Mehrbelastung und forderte die Abgeordneten auf, diesem Drange Schranken zu setzen, damit das Volk vor jenen Katastrophen geschützt werde, die mit Unordnung der Finanzwirtschaft das Volk selbst treffen müßten. Trotz seiner Milliardenausgabe» fei Österreich a»f viele» Ge bieten rückständig, durchgreifende Ausgaben harrten dec Lösung, wenn Österreich die kulturellen und wirtschaftlichen Kräfte des Volkes stärken und sich ii» Wettbewerb mit den europäischen Nationen einen würdigen Platz sichern wolle. Ungeheure Lasten erwüchse» dem Staate aus der Verbesserung der materiellen Lage der Staatsangestellte», aus der Ausführung der wasserwirtschast- lichen Vorlage und des Lokalbahngeletzes, und es sei daher dringend notwendig, die erforderliche Deckung—durch Erhöhung der Staatseinnahmen rechtzeitig und voll sicherzustellen, da au- dem Budget schon das Defizit heransluge und kein Heller mehr für die erhöhten normalen Ausgaben noch für die gewünschten großen Aktionen zu finden sei. Im weiteren Verlaufe seiner Rede stellte der Finanz- Minister eine merkliche Besserung auf industriellem und wirtschaftlichem Gebiete fest und fuhr dann fort: Unser Staat ist gut, aber die Finanzwirtschaft muß derart eingerichtet werden, daß wir die Leistungsfähigkeit des Staates durch eine intensive Wirtschaftspolitik noch mehr stärken und ent wickeln. Um keinen Preis dürfen kriegerische Zufälle diese Ent wicklung stören. Dies ist nur zu vermeide», wenn wir, gestützt aus eine starke Armee und Flotte, als begehrenswerter Bundes genosse und gefürchteter Gegner unfere Rolle im Staatenkonzert behaupten. Wenn wir auch mit Zuversicht hoffen dürfen, daß die Segnungen des Friedens uns danerud erhalten bleiben, j», muß doch die Armee im wohlverstandenen Interesse dasjenige er halten, waS sie braucht, um uns wirksamen Schutz zu biete«. Mit Bezug auf das Budgetproviforium erklärte sich der Minister mit den Vorschlägen des Budgetausschusses im allgemeinen einverstanden, sprach sich gegen sämtliche Anträge der Minderheit aus und erbat schließlich die An nahme des Provisoriums und der erhöhten durch eine Anleihe auszubringenden Jnvestititionskredite. (Lebhafter Beifall)