Volltext Seite (XML)
Das Orchesterwerk „Ballets imaginaires" entstand im Frühjahr 1977 als Auftragswerk des Zentrums zur Förderung junger Komponisten und wurde geschrieben für das Philharmonische Kammerorchester Dresden in Zusammen arbeit mit dessen Leiter, Konzertmeister Günter Siering, und weiteren Orche stermitgliedern. Der Werktitel verheißt imaginäre (d. h. gedachte, vorgestellte) tänzerische Szenen oder — wie es der Komponist formulierte — „einen gleich sam schwebenden Zustand zwischen absoluter Musik und Programmatik: fünf Porträts oder Handlungen oder Empfindungen oder alles zugleich und auch kompositorisch einen schwebenden Zustand der Form zwischen unverbindlicher Reihung und dramaturgischer Verknüpfung“. Den konstruktiven Untergrund der Komposition könnte man als eine technische Paraphrase über den Tristan-Ak kord bezeichnen. „L’accord“ (Der Akkord) ist das kompositorische Grundmate rial — harmonisch exponiert — und dient im Verlauf des Stückes auch als Glie derungselement zwischen den einzelnen Episoden, auf deren unterschiedlichen Charakter ihre Titel hinweisen. In den Episoden wird das „Rohmaterial“ kom positorisch belebt, wobei jede Episode von einer bestimmten Methode der strukturellen Gestaltung geprägt wird (ähnlich dem Variationsprinzip). Die er ste Episode „Indolent et sensuel" zielt auf einen lässigen und zugleich sinn lichen Ausdruck, die nächste („Agile“) stellt ein bewegliches, flinkes tänzeri sches Geschehen dar, kalt ist die Haltung der dritten Episode („Frigide“), das Porträt eines „Schwankenden" und „Ungeduldigen" entwirft die darauffolgen de Episode („Vacillant, impatient“), und ein hitziges Temperament zeichnet schließlich die letzte („Chaud"). In seiner Zeit berühmter als Bach war ein Zeitgenosse des großen Thomaskan- tors, Georg Philipp Telemann. Dieser äußerst vielseitige und produk tive Komponist, der in wechselnder Folge höfische, städtische und kirchliche Ämter inne hatte — Hauptstätten seines Wirkens waren Leipzig, Sorau, Eise nach und Frankfurt/Main, bevor er, seit 1721 schon hochberühmt, die Lebens stellung eines Musikdirektors der fünf Hauptkirchen in Hamburg einnahm —, hinterließ uns, obwohl von seinen Werken vieles nicht erhalten blieb, eine unermeßliche Fülle von Kompositionen. Mit ungeheurem Fleiß begabt, schrieb Telemann insgesamt mehr Noten als Händel und Bach zusammen; keine Werk gattung seines Jahrhunderts, die er nicht gepflegt hätte. Sein zu seinen Leb zeiten in fast ganz Europa verbreitetes Werk erfreut sich im heutigen Musik leben mit Recht wieder einer immer noch zunehmenden Beachtung und Pflege. Mit seinen besten Werken hat Telemann dazu beigetragen, „den großen Stil wandel zu vollziehen vom fugiert-polyphonen und Generalbaßstil des 17. Jahr hunderts zu einem emotionell vertieften, eleganteren und persönlicheren Aus drucksstil, wie er zur Wiener Klassik hinführte" (E. H. Meyer). Mit seinen etwa 1000 Orchestersuiten, von denen noch 118 vollständig überliefert sind, und rund 500 Instrumentalkonzerten, von denen noch 95 erhalten sind, schuf der Komponist — im Geist der Aufklärung — zugleich belehrendes wie gemütvoll unterhaltendes Musiziergut und erfüllte eine für die Entwicklung der frühklassi schen Instrumentalmusik historische Aufgabe. Das möglicherweise während Telemanns Frankfurter Tätigkeit (1712—1721) ent standene, dem Vorbild A. Corellis verpflichtete viersätzige Konzert D-Dur für 3 Trompeten, Pauken und Streichorchester mit Oboen- und Fagottverstärkung ist eine typische Festmusik repräsentativen Charakters. Dem pathetischen Einleitungssatz (Largo) folgt eine sich kunstvoll entwickelnde konzertante Fuge (Allegro). Eine ausdrucksvolle Oberstimmenbehandlung mit kanonischen Imitationen zeichnet das sich anschließende Adagio aus, während volkstümliche Reigenmelodik den rondoartigen Schlußsatz (Presto) prägt. Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit1978/79-Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Redaktion: Dr. habil. Dieter Hartwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna — 111-25-12 1 T. ItG 43-79 EVP 0,30 M