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Nr. 251. 1S11. königlich Verordnungsblatt der Ministerien nnd der Ober- und Mittelbehörde«. H» Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat DoengeSin Dresden, q Freitag, 27. Oktober Ankündigungen: Die Zeile «.Schriftder 6mal gesp. Ankündiguna-seite 28Pf., die Zelle größerer Schrift od. deren Raum auf 3mal gesp. Textseite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redaktiontstrich (Eingesandt) 78 Pf. PreiSermäßtgg. auf Geschäfteanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 1l Uhr. Bezugspreis: Beim Bezug« durch die Expedition, Große Zwingerstraße 16, fowie durch die deutsche»» Postanstalten 8 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktag» nachmittag». - Fernsprecher: Expedition Nr. 1R5, Redaktion Nr. «87». Der vundeSrat trat gestern einer Plenarsitzung zu- Der Reichstag beendete auch gestern noch nicht die Tkuernngsdebatle. Die ständige Kommission der Internationalen Zucker- lonferent ist in Brüss l zusammengetreten, um insbesondere über den Antrag Rußlands auf Erhöhung deS ihm zu stehenden «xportkontingents zu beraten. Zwischen den chinesischen Regierungstruppen unter General Aintschang und den Aufständischen ist eS bisher nur zu unbedeutenden Gefechten gekommen, die unentschieden verliefen. * Der chinesische verkehrSminister hat wegen seiner Haltung tu der Krage der BerstaaNichnng der Visenbahnen feine Entlassung erhalten. Amtlicher Teil. Dresden, 27. Oktober. Ihre König!. Hoheit Prin zessin Mathilde, Herzogin zu Sachsen, ist von Wien gestern abend 6 Uhr 37 Min. nach Pirna bezw. Hoster witz zurückgekehrt. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den Senatsprüsidenten beim Oberlandesgerichtvr. Wagner zum Mitglied de- Kompetenzgerichtshofs zu ernennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den LenatSpräsidente« beim Oberlandesgericht vr. Rudert zum Mitglied des Disziplinarhof- auf die Dauer von fünf Jahren zu ernennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Konrektor am Bitzthumschen Gymnasium in Dresden Studienrat vr. Gaumitz sowie die Professoren an dieser Anstalt vr. Amelung und vr. Rudolph das ihnen von Sr. Hoheit dem Herzog Ernst von Sachfen-Altenburg verliehene Ritterkreuz 1. Klasse deS Herzogi. Sachsen-Ernestinischen HauSordevs annehmen und anlegen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Direktor der Universitäts- Frauenklinik in Leipzig Geh. Rat Prof. vr. Zweifel die ihm von Sr. Hoheit dem Herzog von Anhalt ver liehenen Komtur-Insignien 2. Klasse des Herzog!. An- haltischen HauSordens Albrechts des Bären annehme und anlege. Der Bezirksarzt Medizinalrat vr. Flinzer zu Plauen ist vom 6. bis mit 11. November ds. Js. beurlaubt. Mit seiner Stellvertretung ist der Bezirksarzt vr. Schmidt z»» Oelsnitz beauftragt. 4»» VH Zwickau, den 25. Oktober 1911. 7«7v Der Areishauptmann. Mit der Stellvertretung des erkrankten Herrn Be zirkstierarztes Wolf in Freiberg sind die Herren Bezirks- tierärzte Bet.-Rat Kühn in Flöha und vr. Grundmann in Marienberg, letzterer für die amtshauptmannschaftliche Delegation Sayda, bis auf weiteres beauftragt worden. Dresden, am 26. Oktober 1911. 7SS9 «gl. «ammisston für d«S Beterinärwefen. (Behördlich« Bekanntmachungen erscheinen auch iin Inseratenteil.) Nichtamtlicher Teil. Bom Königlichen Hofe. Dresden, 27. Oktober. Se. Majestät der König nahm vormittags im Residenzschlosse militärische Mel dungen sowie die Vorträge der Herren Staatsminister und des Kabinettssekretärs entgegen. Se. Majestät wird Sich nachmittag» mr Bitsch „ach Moritzburg begeben und im dortigen Schlosse übernachten. Dresden, 27. Oktober. Se Königl. Hoheit der Prinz Johan»» Georg besichtigte heute vormittag ^12 Uhr die evangelische Hof« nnd Sophienkirche, insbesondere die neu auSgebaute Krypta mit den Särgen von Fürstlich keiten aus dem Hause Wettin. In Vertretung Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Johann Georg, Herzog zu Sachsen, wohnte heute der persönliche Adjutant, Hauptmann v. Elterlein, der Be erdigung deS am 24 d. M. verstorbenen Hauptmanns im Schützenregiment, Gebhard v. MandelSloh, auf dem Garnisonfriedhofe bei. Hofterwitz, 27. Oktober. Ihre König!. Hoheit die Prinzessin Mathilde ist gestern abend 6 Uhr 37 Min. von Wien kommend in Pirna bez. Hosterwitz eingetrosfen. Mitteilungen ans der öffentlichen Verwaltung. Au» Ser vr«uvverstcheruui»k«mmer. Am 28. d. M. fand im großen Sitzungssaal« de» Königl. Ministerium» de» Innern eine Sitzung de» Berwaltung-au-schusse» für die Ge bäudeversicherung unter dem Borsitz de» Präsidenten der Brandversicherungskammer statt. Zur Beratung stand zuerst eine Abänderung de» bereit» genehmigten Personal- und Besoldungs etats für 1918/1S. Erforderlich wurde diese dadurch, daß vom Jahre 1918 ab der für die Inanspruchnahme der Brandversiche rungsinspektoren als Bausachverständige bisher gewährte, 1800 M. betragende StaatSzuschuß zum Gehalt der al» Bausachverständige tätigen SS Brandversichcrungsinspektoren in Wegfall kommt. Die sich hieraus ergebende Mehrbelastung der BrandversicherungS- anpalt um SS «00 M. fand Bewilligung. Zu einem Gesuche de» Berbande- der sächsischen Hausbesitzervereine zu Chemnitz um Einführung verschiedener Berficherung-zweige, insbesondere einer Bersicherung der Gebäudefundamente, einer Bersicherung gegen den Schaden, der durch baupolizeilich« Beschränkungen b«im Wiederaufbau besonder» in Städten sich ergibt, einer Bereicherung gegen Mietverluste au» »«laß von PraudsäUcu und eiu«r Bev- stchsrung g«geu Womentarsckäden^lHaget-, Erdbeben-- Aber- schwemmungs-, Sturmschäden) teilte der Vorsitzende mit, daß Erhebungen für eine MietSverlustversichemng im Gange seien uud dies« Erhebungen nach dem Vorschläge des engeren AuSschusse- zunächst auch auf die Bersicherung der Fun damente ausgedehnt werden sollen. Der Berwallung»- mtSschuß erklärte sich hiermit einverstanden. Nach weiterer Beschlußfassung über Abschreibungen auf den Bilchwert des Geschäftshauses und der Miethäuser der Brandvcrsicherungs- anstalt und über die vom Vorsitzenden vorgeschlagene Bildung einer Rücklage von 100 00» M. al» Grundstock für den Neubau eine» Anstaltsgebäude-, von welch letzterer jedoch ab gesehen werden soll, beschäftigte sich der Ausschuß mit der Fest stellung de» Geschäftsbericht» für die letzt« Etatsperiode 1S08/0S. Nach Fassung eine» Beschlusses über die Einstellung der Wert papiere in die künftigen Jahresrechnungen und Zustimmung zu einer von der Brandversicherungskammer vorgeschlagenen, ver einfachten Form der Jahresrechnung wurde der Geschäftsbericht festgestellt. Deutsche» Reich. Bunde-rat. Berlin, 26. Oktober. In der heutigen Sitzung des Bunde-rats wurde der Vorlage, betreffend den Ent- wurf eines neuen statistischen Warenverzeichnisses re., der Vorlage, betreffend die Vereinbarung eines einheit lichen Gebührensatzes für Weinuntersuchungen und Fest legung des Begriffs „hochwertiger Wein", und der Vor lage, betreffend den börsenmäßigen Zeitbandel in Ge treide an der Produktenbörse zu Danzig, die Zustimmung erteilt. «eich-tO-. Sitzung vom r». Oktober 1S11. Am Bunde-rat-tisch: die Staatssekretäre vr Delbrück und Wermuth, sowie Minister v. Schorlemer-Lieser. Die Besprechung der Interpellationen betreffend die Teuerung der Rahrungs- und Futtermittel wurde fortgesetzt. Abg- Graf »ielztz«»ki (Pole): Die große Mehrheit diese» Hause« ist für die Beibehaltung de- Schutzzollsystem». Als wir bei der Kotierung»steuer der ungesunden Spekulation auf irgend eine Meise Einhalt tu»» wollten, da hat die linke Seite auf da» schärffW dagegen pwAstiert. Die Bekämpfung de« unsoliden Zwischenhandel» ist aber doch gerade ei»» wirksame- Mittel, um die Teuerung zu bekämpfen. Meine Freund« sind wenigsten» für «ine zeitweise Aushebung der Einfuhrscheiue sür Petroleum und Kaffee und für eine z«itweise Su»pendierung der Zölle aus Futtergerste und Mais. Ebenso find wir dasür, daß gefrorene« Fleisch aus Argentinien nach Deutschland eingeführt wird. Eine wichtige Rolle spielt die Frage der inneren Kolonisation Wir müssen ausdrücklich verlangen, daß unsere polnischen Bauern von den Wohltaten der innere»» Kolonisation nicht au»geschlvssen werden. (Beifall bei den Polen.) Abg Vachhvrst ve Wente (nl.): Die Ausführungen de» Staatssekretär» und verschiedener Redner haben ergeben, daß von einer Teuerung de» Brotgetreide« nicht die Rede sei»» kann. Auch die Viehzucht hat sich gehoben. Pros. Ruhland hat unstreitig darin recht, daß die Preis« nicht allein von Angebot und Nach frage abhängig sind, sondern daß al» weiterer Faktor die Be einflussung der öffentlichen Meinung Hinz»,kommt Diese trügt sehr oft erhebnch dazu bei, die Marktpreise z» machen Anerkennen muß ich allerdings, daß bei Gemüse, Kartoffeln und Milch «ttvas höhere Preise vorhanden sind. Gewiß müssen wir auch die Not de» kleinen Manne», der sich bei den teuren Preisen nur sehr schwer durchbringen kann, sehr bedauern; aber sür diese Rot kann mau doch die Landwirtschaft nicht verantwortlich machen; zur Abhilfe sind die billigen Tarife eingeführt worden, wir haben da» »nit aufrichtiger Freude zu begrüßen. Der Zulassung von argenti nischem Gefnerfleisch, wie sie vr. Heim verlangte, kann ich nicht da» Wort reden. Um in Zukunft eine solche Teuerung unmöglich zu machen, dazu könnte besonder» auf dem Gebiete der inneren Kolonisation viel geschehen. ES wird immer ein Ruhmesblatt für den preußischen Staat sein, daß er die Ostmarkenpolitik inauguriert hat. Zu meinem größten Bedauern muß ich aber bekennen, daß diese Politik der inneren Kolonisation, diese Ostmarkenpolitik, für die Zukunft nicht mehr in der Weise durchgeführt werden soll, wie e» bislang der Fall gewesen ist. Der preußische Landwirt- schastSminister hat im preußischen Abgeordnetenhaus« erklärt, daß nicht zu unterschätzende Bedenken einem allzu schnellen Tempo der inneren Kolonisation entgegenstehen, und daß das Ent- eignung-gese- zurzeit nicht angewendet, da» bi»herige Tempo der Ansiedlung nicht eingehalten werden könne. Die Politik des preußischen Landwirtschaft-ministerS ist von unS mit äußersten» Befremden verfolgt »vorden, und ich kann versichern, daß, »venn ein andere- Ostmarlensystem eingeführt und besonders diese innere Kolonisation zum Stillstand gebracht würde, daS nicht bloß in meiner Parte», sondern auch beim deutschen Bauernbunde den entschlossensten Widerstand finden würde. (Zustimmung.) Wir werden dafür sorgen, daß das Bauern- und Bürgertum die Stellung bekommt, auf die e» nach seiner Bedeutung Anspruch hat. DreS betrachten wir als eine der ersten Ausgaben unserer Partei. (Beifall bei den Rationalliberalen.; Lachen rechts und im Zentrum; Ruf rechts: Wahlrede!) Abg. vr. Pachuicke (fortschr. Bp): Höchst bedauerlich ist ei» Erlaß, in dem die Landräte aufgefordert werden, Borschläge zur Erwiderung auf Angriffe gegen die Regierung zu machen Sie sollen da» Bott aufNären durch die Presse, Flugblätter, Bolks- kalender w. (Hört! hört! links.) Es soll also Geld au» öffentliche» Mitteln für eiaseitige PoUeipolitik verkvandt werden- (LetLaste- hört! hört! Oho! recht»; groß« Unruhe) Auf die Gütererzeugung und Gütervettelluna wecken noch andere Dinge al« Gesetzesparagraphen, vor allem der Bevölkerung-zuwach», der die Industrie zur Ausdehnung zwingt. Will man auch diesen Zuwachs auf da» Konto de- Zolltarif- oder seiner Schöpfer setzen? Haben Fürst Bülow, v. Bethmann Hollweg, Kanitz, Herold soviel für Vermehrung der Geburtenziffern beigetragen? (Große Heiterkeit.) S- hanlwlt sich überhaupt nicht darum, ob Schutzzoll bestehen soll oder nicht, sondern wieviel oder wie wenig, nicht um da» Prinzip, sondern um die Modalitäten Die Hauptsorae wird bleiben, die Zölle so zu bemessen, daß da» Fort bestehen der Handelsverträge möalich wird. (Aha! recht») Das ist auch der Sinn de» schrittweisen Borgehens, von dem unser Programm spricht. Das Steigen der Bodenrenten ist der Anfang zu einer neuen Agrarkrisi». ES wird sehr bald die Forderung nach einer weiteren Erhöhung der landwirtschaftlichen Zolle auftreten. Wenn die innere Kolonisation vernünftig gehandhabt würde, dann könnten unsere Bauern auch die letzten paar Prozent der Fleisch versorgung de» Volke» prokuzieren. Statt dessen ist die Zahl der Fideikommisse ständig imSterge». Gewiß, der Reichskanzler kann nicht- dafür, daß e» ein paar Monate nicht geregnet hat, er ist kein Jupiter plnviu«, aber er könnte Mittel ergreifen, um die üble» Folgen der Regenlosigkeit abzuwenden oder abzumildern. Ta», wa» die Regierung getan hat, erkennen wir auch an. Jeroch sind die Gründe, mit denen man die Einfuhr argentinischen Fleische» sowie eine Änderung der Bestimmungen über die Ein fuhr der Kleie und eine zeirweilige Aufhebung der Futtermittel- zölle ablehnt, nicht stichhaltig. Den »nittleren und kleineren Land wirten muß man durch Beseitigung der Auttermittclzölle helfe». Unsere Wirtschaftspolitik in Zukunft wird abhängen von der Zu sammensetzung de» nächsten Reichstages. Da» konservativ-klerikale Regiment hat lange genug gedauert. (Lebhafter Widerspruch recht» und im Zentrum.) Dreißig bi» vierzig Mandate genügen, um den schwarz-blauen Block zu zertrümmen. (Lebhafter Beisall link«, Unruhe recht» ) Abg. Vr. Are»bt-Man«feld (Rp.): Der Abg. Pachnicke hat un» nicht eine Teukrung«-, sondern eine Wahlrede gehalten (Sehr wahr! rechts.) Ich kenne voll und ganz die schwierige Lage, in der sich unser Mittelstand, unser Schläcblergewerbe znm größten Teil befindet Aber der Verkehr zwischen dem Produ zenten und dem Fleischer ist nicht in der richtigen Weise geregelt. Daß wir nicht jetzt eine wirkliche Hungersnot, eine schwere Teuerung bekommen haben, ist ein glänzender Beweis für die glänzende Leistung-sähigkeit der deut chen Landwirtschaft (Beifall recht«), die wir durch unsere bisherige Wirtschaftspolitik gestärkt haben. Von allem, wa« der Freihandel vorau«grsagt hat, ist nicht« eingetroffen; wir haben einen glänzenden wirtschaftlichen Aufschwung. Tie Handelsverträge sind gut geworden gerade, weil wir die Schutzzölle hatten und den anderen Ländern also etwa« zugeflehen konnten. Die Grundlage für unsere Industrie ist der heimische Markt, dem durch eine gesunde Schutzzollpolitik Kaufkraft gegeben ist. Ich wünsche, dag unsere Arbeiter bevölkerung,hr gute» frische» Fleisch zu Preisen bekommt, bei denen der Landwirt bestehen kann. Wenn unsere Viehzucht den Bedarf decken soll, müssen wir sie vor den Seuchen de« Aus- land» bewahre». Wir sehen in den Au«sührungen der national liberalen Redner eine zu einseitige Stellungnahme gegen rechts (sortdauernde Unruhe), da- berührt un» al« Mittelpartei be- sonder» schmerzlich. (Lache»» bei den Nationalliberalen.) Wir wünsche»» und hoffen, daß di« Rationalliberalen im Wahlkampf die Brücke nach recht« nicht abdrechen möchten. Ich hoffe, daß unsere bewährte Wirtschaftspolitik auch bei den Wahlen siegreich bleiben wird. (Lebhafter Beisall recht«.) Preußischer Landwirtschaft-Minister v. Schorlemer: Soweit sich di« Ausführungen de» Abg Wachhorst de Wente auf die so-