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Journal Dresdner TrZniglich Sächsischer Ltaatsanzetger. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 197. o Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat DoengeS in Dresden. < Freitag, 25. August 1911. Bezugspreis: Benn »ezuae durch die Expedition, «roße Zwingerstraße 16, sowie durch die deutsche Postanstalten 3 Mart viertehcwrlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktag- nachmittag». — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die Zeile kl.Schrift der 6 mal gesp. Ankündigung-seite 25 Pf., die Zeile größer« Schrift od. deren Raum auf 3 mal gesp. Textseite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 75 Pf. Prei-ermäßigg. aus Geschästsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. In Biniew (Provinz Pofen) stürzte während de» Pottes- dienstes der Chor ein und begrab 82 Personen unter sich. Davon wurde« 23 erdrückt und L» erlitten mehr oder weniger schwere Verletzungen. Gestern abend sand in Bergen und Umgegend eine starke Erderschittterung statt. * Rach einer Meldung au» München wurde gestern in einem Lisenbahnzuge der Giselabahn auf der Station Steinach ein Kholerafall festgestellt. * Die internationale Pesundheitstonferenz wird am 10. Oktober in Pari» zusammentreten. Manuel d'Arriaga wurde zum Präsidenten der Republik Portugal gewählt. * Rach einer Meldung der „Agence Havas" sind die Un ruhen in der Rähe von Tarudant beendet. Die Deutschen mit Ausnahme eines haben den Ort verlassen. Die Führer der Schachsewennen sind zum früheren Schah übergegangen. * Rach einer Meldung aus Dokio ist Premierminister Satsura von seinem Posten zurückgetreten. Nichtamtlicher Teil. Deutsches Reich. Kaiserlicher Hof. Kassel, 25. August. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin wohnten mit dem Prinzen Adalbert und der Prinzessin Viktoria Luise gestern abend der Vorstellung im König!. Theater bei. Heute früh 3 Uhr erfolgte die Abfahrt nach Altona. * Altona, 25. August. Die Stadt hat in Erwartung des Kaisers und der Kaiserin geflaggt, die Hallen des hnupt- bahnhofs sind reich geschmückt. Vom Bahnhof aus ziehen sich im Anschluß an eine Ehrenpforte Laubengänge am Hotel Kaiserhof vorbei, wo der Kaiser heute und morgen der Provinz und dem IX. Armeekorps Tafeln geben wird. Weiter wird die Feststraßc durch Bannerniasten betont, die mit doppelten Tannengewinden verbunden sind und goldene römische Kränze tragen. Das Rathaus zeigt Girlanden, Teppiche und Fahnen, seine Säulen sind mit orangenfarbenem Tuch ausgeschlagen, das mit schwarzen Adlern durchwirkt ist. Vor seinem Portal, wo dein Kaiser ein Ehreutrunk gereicht werden soll, erhebt sich ein Prunkzelt in Rot und Gold. Die Einzugsstraße zieht sich dann zum Elbufer hinunter, wo sie bei Neu- mühlen am Liegeplatz der „Hohenzollern" mit einer Ehrenpforte abschließt. Am Rathaus ist eine große Tribüne errichtet. Zahlreiche Fremde sind hier ein getroffen. Unweit der „Hohenzollern" hat gestern die „Lensahn" mit dem Großherzog von Oldenburg an Bord fcstgemacht. Die Herbstmanöver der Hochseeflotte. Tie Hochseeflotte rüstet sich zum Eintritt in die Herb stManöver, die sich diesmal wie in den Borjahren auf die Dauer von etwa drei Wochen erstrecken. In der Mitte der Manöver liegt die Kaiserparade, die am 5. September vor Kiel stattfindet. An ihr werden u. a. Prinz Heinrich von Preußen, der Großherzog von Olden burg und der österreichische Chef der Marineverwaltung teilnehmen. Die Gliederung der Gefechtsverbände wird in ähnlicher Weise wie im Vorjahr erfolgen. Den Oberbefehl über sämtliche an den Herbst- manövcrn beteiligten Geschwader, Flottillen und Einzel- schiffe führt der Chef der Hochseeflotte Admiral v. Holtzendorff, der mit dem gesamten Flottenstab auf dem Flottenflaggschiff „Deutschland" eingeschifft ist. Als Chef des Stabes steht dem Flottenchef Konteradmiral Scheer zur Seite. Die einzelnen Flottenverbände setzen sich wie folgt zusammen: Das erste Geschwader — Chef Vizeadmiral Pohl, zweiter Admiral Konteradmiral Zimmermann — besteht auS den Linienschiffen „West falen", „Nassau", „Rheinland", „Posen", „Hannover" und „Schlesien", sowie dem Tender „Blitz". Ferner gehören zum Geschwader die mit der Abhaltung von Probefahrten beschäftigten Linienschiffe „Thüringen" und „Ostfrieskand", die nicht an den Manövern teilnehmen. Ebenso wtrd das Linienschiff „Helgoland" den Herbst- Übungen fernbleiben. Man nimmt aber an, daß diese drei neuesten Dreadnoughts, sowie der Turbinenpanzer- kreuzer „Moltke" bei der Kaiserparade nicht fehlen werden. Das zweite Geschwader — Chef Vizeadmiral v. Jngenohl, zweiter Admiral Kontreadmiral v. Dom browsky — umfaßt die Linienschiffe „Preußen", „Schleswig- Holstein", „Elsaß", „Hessen", „Braunschweig", „Loth ringen", „Pommern", „Deutschland" und das Spezial schiff „Pfeil". Das dritte Geschwader ist nur für die Dauer der Herbstübungen aus den Schiffen der Reserve formation gebildet. Es sind in diesem Geschwader ver einigt die beiden Stammschiffe der Reservedivisionen „Kaiser Wilhelm II." und „Brandenburg" sowie die mit Reservisten bemannten veralteten Linienschiffe „ Kaiser Friedrich III.", „Kaiser Wilhelm der Große", „Kaiser Barbarossa" und „Wörth". Der Befehl über das Ge schwader ist dem Inspekteur der Schiffsartillerie, Vize admiral Jakobsen übertragen, dem Kontreadmiral Saß, Präses der Schiffsprüfungskommission, zur Seite steht. Als viertes Geschwader folgen die Aufklärungs schiffe — Befehlshaber Kontreadmiral Bachmann, zweiter Admiral Kontreadmiral Graf v. Spee. Dem Verband der Aufllärungsschiffe gehören an die großen Kreuzer „Blücher", „von der Tann", „Vork", „Roon", ferner die kleinen Kreuzer „Mainz", „Kolberg", „Dresden", „Lübeck", „Stettin", „Berlin" (jetzt in Marokko), der Tender „Bela" und das Torpedoboot „v IV". In den Verband dieser Gruppe werden demnächst eintreten der große Kreuzer „Moltke" und der kleine Kreuzer „Eöln". Das fünfte Geschwader, dessen Führung der In spekteur der zweiten Marineinspektion Kontreadmiral Jacobien übernimmt, besteht aus den Artillerie- und Torpedo-Bersuch-schisfeu, die Alljährlich im Herbste zu einer Terbandsübung zusammentreten. — Weiter werden zu den Herbstmanövern herangezogen 6 Torpedoboots flottillen, 2 Minensuchdivisionen, und die Unterseeboots flottille, sowie einige Depeschenboote und Spezial'chiffe. Als Führer der 6 Flottillen sind kommandiert die Kor vettenkapitäne: v. Restorff, Horn, Karl, Prinz zu Isen burg und Büdinyen, Eberius, Sack und v. Madlmig. Jede der 6 Flottillen — im vorigen Jahre wurden nur !> formiert —'enthält 11 moderne Torpedoboote. vom Kaiserlichen Aussichtsamt für Privat versicherung. Der soeben erschienene Geschäftsbericht des Aussichts- nmtes für Privatversicherung für das Jahr 1911 weist nach, daß gegenüber 1206 Unternehmungen im Borjahre 1297 Unter nehmungen im Berichtsjahre beaufsichtigt wurden, d. h. 73 Unternehmungen mehr. Dieser Zuwachs erklärt sich, von der andauernd lebhaften Gründungstätigkeit abgesehen (20 Neu- zulassungen und drei neue Rückversicherungsunternehmungen) in der Hauptsache daraus, daß im Großherzogtum Hessen mit Hilfe der dortigen Verwaltungsbehörden eine größere Anzahl von ört lichen Versicherung-Vereinen ermittelt wurde, die bisher der Be aufsichtigung entgangen waren. Von ausländische» Versicherungs- Unternehmungen unterstehen der Aufsicht 3 belgische, 6 dänische, 24 englische, 4 französische, 4 holländische, 13 österreich-ungarische, 2 schwedische, 10 schweizerische, 1 kanadische und 4 Unter nehmungen aus den Bereinigten Staaten von Amerika Die Bruttoprämien-Einnahme des vom Amte beaufsichtigten deutschen Bersicherung-geschüstes weist im Jahre 1909 in der Endsumme einen hinter eine Milliarde M. nur wenig zurückbleibenden Betrag auf, zeigt aber, daß im Vergleich zum Vorjahre der gesamte PrämienzuwachS nur 37,4 Mill. M. betrug, gegenüber 57 Mill. M. von 1907 auf 1908. Indessen lehrt eine genauere Betrachtung der Zahlen, daß diese verminderte Steigerung nichts auf sich hat, sie ergibt nämlich, daß die erwähnte Schlußzahl wesentlich durch zwei Tatsachen beeinflußt wird, die zwar rein rechnerisch in ent gegengesetztem Sinne wirken, aber doch beide als erfreulich be zeichnet werden können Erhöhend wirkte auf den Zuwachs ein außerordentliches Steigen der Lebensversicherungsprämien von 55»,7 auf 595,3 Mill. M.; das ist weitaus die größte Zunahme seit dem Bestehen der Reichsaussicht. Diese Zunahme konnte aber in der Schlußsumme nicht zum Au-druck kommen, weil ihr ein Rückgang der Hagelvcrsichcrungsprämie um 19,9 Mill.M. gegenüber steht. Di« übrigen Bcrsicherungszweige haben ihre ständig aufsteigcnde Entwicklung fortgesetzt. Im einzelnen stellen sich die Bruttoprämien-Einnahmen, wobei wir die Ergebnisse von 1908 und 1907 in Klammern beifügen, also: Lebensversiche rung »90 Gruppe» 552 285 95« M. (511 588887 und 484158 508 M.), Unfall- und Haftpflichtversicherung 48 Gruppen 78 928 059 M. (74881258 und 8915417SM ), Hagelversicherung 20Gruppen 27527414 M. (47592528 und 38512097 M ), «iehversicherung 555 Gruppen 18482185 M. (12909118 und 12002888 M.), «er- sicherung gegen Feuer-, Sturmschäden, Wasserschäden und Diebstahl 81 Gruppen 207 42» 2»8 M. (198775554 und 188717803 M), sonstige BersicherunaHweige 68 Gruppen 10 979048 M. (10215144 und 910»»»4 M ), in Summa 1152 Gruppen 890 805900 M. (855742484 und 801649393 M.). Für die ausländischen Unternehmungen in Deutschland stellte sich die Bruttoprämie also: i Lebertchversicherung 22 Gruppen 43024309 M (42160116 und 41Y15027 M.), Unfall- und Haft- Pflicht 10 Gruppen 1643444^ M. (100^9^ und 14191278 M.), Hagel nicht», Vieh nichts, Feu«, "Stqnnschädeu, Wässerfchäden und Diebstahl «5 Gruppen SH9I714» M. (28581058 und 27 «9« 798 M.), sonstige^ ÄlersicherungSztveige 9 Gruppen 428872 M, Gesamtsumme 86 Gruppen mit 88802788 M. (86315822 und 83 438058 M.). KoloniattWirtschafttiches Komitee und Industrie. Die kritische Loge der Rohstoffversorgung und die Aussicht aus neue sichere Absatzgebiete in unseren Kolonien haben in letzter Zeit zu einem Zusammenschluß verschiedener Jiidustrie- gruppen mit dem Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee ge führt. So gewähren die Textil- und Kautschukindustrie, die Nahrungsmittel- und chemische Industrie, die Leder- und Gerb stoffindustrie, die Ol- und Fettindustrie dem Komitee zum Teil jährliche Beihilfen, die einem bestimmten Prozentsatz des Jahres beitrages zu ihren Berussgenossenschasteu entsprechen. In den Jahren 1896/1910 hat das Komitee über 3 Mill. M. für die Schaffung der Grundlagen unserer Kolonialwirtschast aus gewendet. Die Arbeiten des Komitees und seiner Kommissionen, die sich aus kolonialen und heimischen Interessenten und Fachgelehrten zusammensetzen, werden vom Reichslolonialamt und vom Reichs amt des Innern in weitestem Maße gefördert. Die gemeinsame Arbeit des Kolonialamts und des Komitees im Baumwollversuchs wesen ist vertragsmäßig sestgelegt. Von der bisherigen Tätigkeit des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees aus technischem Gebiete ist erwähnenswert: Trassierung der ersten TeMsch-Westasrilanischen Jnnenland« bahn (Lome—Palime) im Jahre 1901; wirtschaftliche Erkundung der jetzt im Bau begriffenen Ostasrikanischen Zentral- und Nord bahn und einer Eüdbahn in Deutsch-Ostasrika 1904 bis 190«; Ausrüstung der ersten Bohrkolonne für Südwestasrika 1901, Hinanssendung des ersten Dampfpsluges nach dem tropischen Afrika 1906, wassertechnische Vorarbeiten in der Mkattasteppe und im Süden des Viktoriasees 1909 10, sowie — in Wechselwirkung mit dem Kolonialbetrieb — Einführung neuer Maschinenindustrie- zweige, wie Baumwoll- und Olfruchterntebereitungsmaschinen in Deutschland im Jahre 1909. Bei der jetzt rascheren Entwickelung unserer Kolonien durch den Eisenbahnbau erscheint es zeitgemäß, eine planmäßige Organisation für technische Vorarbeiten in den Kolonien zu schaffen. Zu diesem Zweck und zur Vorbereitung eines Zu sammenschlusse» der Metall- und Maschinenindustrie mit dem Kolonialwirtschaftlichen Komitee hat letzteres 1910 die Kolonial technische Kommission eingesetzt, der hervorragende Männer der technischen Wissenschaften angehören. Es ist in Aussicht ge nommen, diese Kommission durch Herren aus der Metall- und Maschinenindustrie zu ergänzen. Die bisher gepflogenen Verhandlungen der Kommission be trafen u. a. Eisenbahn-, Hafen- und Wasserbau, Bergbau, Kolonial-Maschinenbau, chemisch-technische Probleme, die draht lose Telegraphie und die Vorbereitung des Flugwesens in den Kolonien. Die Berichte stehen den industriellen Verbänden frei zur Verfügung. Falls die deutsche Metall- und Maschinenindustrie analog der eingangs erwähnten Jnduflriegruppen auf längere Frist bestimmte Mittel aussetzen würde, sind von der Kolonialtechnischen Kom mission für tas Jahr 1912 u. a. folgende Maßnahmen in Aus sicht genommen: Anstellung eines Ingenieurs zunächst für Deutsch - Ostasrcka mit einem Stabe von Maschinenbau- und Wasserbautechnikern, Vorarbeiten aus dem Gebiete des Kolomal- Maschinenbaus, Altsprobe von deutschen und fremdländischen Maschinen an Ort und Stelle in den Kolonien, wassertechnische Vorarbeiten am Ruvu und im Ouellgebiet des Pangani, in Deutsch-Ostafrika, Ausbau und Betrieb der Ständige» Maschineii- und Geräteausstellung in Daressalam, sowie technischer Pwnier- und Musteranlagen in den Kolonien. Bei einer entsprechenden Beteiligung der Metall und Maschinenilidustrie besteht die Aussicht, daß auch die Reichs regierung den gemeinnützigen Vorarbeiten der Kolonialtechnischen Kommission eine namhaste finanzielle Unterstützung gewähren wird Da» Lluttgarter Zugenvsekrelariat. Das Stuttgarter Jugendsekretariat, das lSIO errichtet worden ist und eine Erweiterung und Zentrali sierung der Jugendarbeit erstrebt, ist eine Schöpfung des dortigen bereits seit 1864 tätigen Jugendvereins, dessen Tätigkeit sich im Laufe der Jahre immer ausschließlicher der Pflege der schulentlassenen männlichen Jugend zu gewendet hat. Ter Verein unterhält bereits drei Lehr lingsheime, ein Ledigenheini für Leute über 18 Jahre, zwei Herbergen zur Heimat und ein Fürsorgeheim für entgleiste und gefährdete junge Leute und betätigt sich vor allem auf dem Gebiete der Feierabendeinrichtungen. Das Jugendselretariat hat sich, abgesehen von der Samm lung einschlägigen Materials und der Unterhaltung einer Zentralbibliothek, folgende Aufgaben gestellt: 1. Es bildet de» Mittelpunkt der Vereinsarbeit des Jugend- vereinS, empfängt die Übergaben zuziehender Jugendlicher, ver schafft sich die Adressen der schulentlassenen Einheimischen zum Zwecke der Einladung und verteilt sie auf die verschiedenen Zweigabteilungen. Es organisiert die allen Zweigabteilungen gemeinsamen Einrichtungen der Jugendmnsik, des Jugendturnens und -Wanderns, gemeinsamer Feiern. 2. Es erteilt in Verbindung mit dein städtischen Arbeitsamt und den Innungen da» ganze Jahr Auskünfte über Lehrstellen, treibt Lehrftellenvermittlung und ist beteiligt bei der städtischen Zentrale für LehrsteUenvermiltelung. Es hilft Lehrverträge ab- schließen und vermittelt bei Streitigkeiten. 3. ES berät Eltern, die Schwierigkeiten mit Kindern haben, leitet vormundschaftliche Maßregel« ein, stellt Fürsorgeerziehung»- änträtze, zieht Löhne für gefährdete Jugendliche e n und ver waltet sie im Sinne elterlicher Fürsorge, nimmt Ersparnisse in Empfang im Zusammenhänge mit der städtischen Sparkasse und