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DRESDNER PHILHARMONIE 6. Z Y K L 6. KONZERT i Franz Schubert 1797-1828 Carl Maria von Weber 1786-1826 Maurice Ravel 1875-1937 Dmitri Schostakowitsch 1906-1975 Sonnabend, den 24. Februar 1979, 20.00 Uhr Sonntag, den 25. Februar 1979, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden S-KONZERT und ANRECHT C FRANZ-SCHUBERT-ZYKLUS Dirigent: Herbert Kegel Solistin: Cecile Ousset, Frankreich, Klavier Sinfonie Nr. 4 c-Moll (Tragische) Adagio molto — Allegro vivace Andante Menuett (Allegro vivace) Allegro Konzertstück für Klavier und Orchester f-Moll op. 79 Larghetto affetuoso — Allegro passionato — Tempo di Marcia — Presto giocoso PAUSE Konzert für Klavier (linke Hand) und Orchester D-Dur Sinfonie Nr. 1 f-Moll op. 10 Allegretto — Allegro non troppo Allegro Lento — Allegro molto CECILE OUSSET, die prominente französische Pianistin, wurde in Tarbes geboren und zeigte bereits in frühester Kindheit ein außerordentliches musikalisches Talent. Sie studierte Klavier bei Marcel Ciampi am Pariser Conservatoire, wo sie schon mit 14 Jahren einen ersten Preis gewann. 1953 errang sie den Prix Claire Pages und wurde Preisträgerin des Marguerite-Long- Jacques-I hibaud-Wett- bewerbs in Paris, ein Jahr später des Inter nationalen Musikwett bewerbs in Genf, 1955 erste Preisträgerin des Viotti-Wettbewerbs sowie 1959 des Busoni-Wettbewerbs und 1962 des Van- Clibu rn-Wett bewerbs; beim Königin-Elisabeth- Wettbewerb 1965 in Brüssel belegte sie einen vierten Platz. Diesen internationalen Wettbewerbserfolgen steht eine ebenso erfolgreiche Konzert tätigkeit in fast allen europäischen Ländern, in Nord- und Süd amerika, Japan, auf den pazifischen Inseln und in verschiedenen Staaten Afrikas gegenüber. Rundfunk- und Fernsehstationen sowie Schallplatten firmen verpflichteten die Künstlerin zu Aufnahmen, die ihren Ruf noch verbreiteten. Bei DECCA beendete sie 1977 die Gesamtaufnahme der Variationen von Beethoven. Für ihre Aufnahme des 2. Klavierkonzertes von Brahms mit dem Gewandhausorchester Leipzig unter Kurt Masur erhielt sie 1977 den Grand Prix der Academie du Disque Franqais. Bei der Dresdner Philharmonie ist Cecile Ousset seit 1966 ständiger Gast. ZUR EINFÜHRUNG Franz Schuberts Sinfonie Nr. 4 c-Moll entstand 1816, also im 19. Lebensjahr des Komponisten, und wurde erst nach seinem Tode, 1849 in Leipzig, zur Uraufführung gebracht. „Tragische Sinfonie" hat Schubert selbst das Werk genannt.Doch dieser Problemstellung war er angesichts seiner Jugend noch nicht gewachsen: Er schrieb eine pathetische Sinfonie, deutlich nachemp funden der Tonsprache Beethovens (etwa in der Sonate pathetique, im vierten Streichquartett, der Coriolan-Ouvertüre, der fünften Sinfonie). Das Pathos des Neunzehnjährigen wirkt allerdings noch gezwungen, konfliktlos — welch er schütternde, wirkliche Tragik begegnet uns dagegen in der sechs Jahre später geschaffenen unvollendeten Sinfonie h-Moll. Doch es wäre ungerecht, diese Größe und Lebensreife schon von einem Jugendwerk zu verlangen, das dennoch viele verheißunsvolle Züge des „wahren Schubert" aufweist. In der Haydnschen Tradition gedankenvoller sinfonischer Einleitunen steht die großempfundene Introduktion des ersten Satzes mit ihren Imitationen. In 29 Takten erscheint die Hauptfigur neunzehnmal. Im folgenden Allegro spielt das von den ersten Violinen eingeführte Hauptthema eine entscheidende Rolle. Schubertisch, gesanglich ist das Seitenthema. Bereits in der Reprise haben sich alle „tragischen", dunklen Untertöne verflüchtigt. — Hymnisch-schwärmerische Beethovenverehrung spricht aus dem Andante, das durch das Wechselspiel zwi schen Streicher und Bläser fesselt. Das beschauliche Geigenthema des Haupt satzes griff Schubert elf Jahre später in seinem bekannten As-Dur-Impromptu wieder auf. Zauberhaft berührt die poetische Episode im Mittelteil dieses Sat zes — hier bricht der wahre Schubert durch. — Das kräftige Menuett überrascht durch seine freizügige Harmonik — im Trio kündigt sich wiederum unverkenn bar der eigene Wienerische Ton des Komponisten an. — Beethovensche Energien besitzt das Hauptthema des Finales — doch es steht im Wiederspruch zur be schwingten Grundhaltung des Satzes, der nicht einmal mehr „pathetisch" ge nannt werden kann. Zu sehr überwiegt das liebenswürdige Wienerische Element in diesem Stück, dessen in der Reprise vollzogene Auflösung in heiteres C-Dur schon nach den ersten Takten vorauszuahnen ist. Garl Maria von Weber hat für das mit Orchester konzertierende Kla vier drei Werke geschrieben, die Klavierkonzerte C-Dur op. 11 und Es-Dur op. 32 sowie das heute erklingende Konzertstück f-Moll op. 79, das zwischen 1815 und 1821 komponiert wurde. Weber, der ein brillanter Pianist war, spielte es kurz nach der Vollendung erstmals in der Öffentlichkeit. Webers Klavierstil, der noch nicht die Lisztsche Überladenheit kennt, sondern eher zwi schen Mozart und Chopin vermittelt, wird von den typischen Elementen seiner Tonsprache beherrscht, der romantisch-subjektiven Empfindsamkeit mit ihren Stimmungsgegensätzen, die oft von außermusikalischen Vorstellungen angeregt sind, der schillernd-virtuosen Bravour und der reich quellenden Melodik. Das effektvolle, brillante Konzertstück f-Moll, nach dem Vorbilde Louis Spohrs als „Gesangsszene" komponiert, weist dramatische, ja opernhafte Züge auf. Ein konkretes Programm liegt dem Werk zugrunde: Trennungsschmerz und Sehnsucht der Liebenden (es handelt sich um die Zeit der Befreiungskriege!), Rückkehr des Geliebten aus dem Kriege und freudiges Wiedersehen. Mit pla stischer, eingängiger Thematik, schönen romantischen Klangfarben hat Weber die wechselnden Stimmungen dieser „Szenen" gestaltet. Die einsätzige, in sich vierfach gegliederte Anlage des Stückes ist übersichtlich. Ein klagendes Lar ghetto affetuoso eröffnet das Werk mit gesangvoller Melodik, Klavierpassagen führen zu einer Kadenz, die in das Allegro passionato mündet. Leidvoller Aus-