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Eigenartige Alemvögel der Heimat Der Neuntöter Der Neuntöter ist verkannt im Volke. Gar viele betrachten ihn als Räuber und Würger, und der Volksmund erzählt, daß neun nackte Jungvögelchen erst von ihm getötet sein müssen, bis seine Mordlust gestillt ist. Andere behaupten, daß er die Stimmen der Eltern nachahme, um die Zungen zu betören. Vie Nachahmungsgabe von vogelstimmen durch den rotrückigen Würger ist nicht zu bestreiten. Vas ganze bunte Potpourri aber wird stets leise vorgetragen, und die Stärke der Stimme des Originals nie erreicht. Bunt und lustig ist der Gesang des „Neegenmörders". Lr kennt in seinem Vortrag weder Gliederung noch Pause. Jetzt dudelt er das Lied der Goldammer, dann zwitschert er wie die Schwalbe, drauf lockt er wie das Rebhuhn und ruft wie der vrosselrohrsänger. In den letzten Apriltagen oder zu Anfang Mai kommt der kälteempfindliche Vogel zu uns zurück, ver Spitzen trieb eines mächtigen Weißdorns am Wege ist fein Lieblingsplatz, vort sitzt er, wippt und dienert und schrillt seinen harten Warnruf, sein lautes „Gäck, gäck". Dann fliegt er mit langgezogenem „Gwäh, gwäh" nach dem wipfeltrieb eines Schlehenbusches, und dort auf luftiger höhe kann man den schmucken Vogel deutlich erkennen. Stolz sitzt er da, den Nörper gereckt, als wäre er ein Raubvogel, ver lange Schwan; wippt auf und ab, er dreht den Kopf und blickt mit seinen großen Augen in die Umgegend. Bald beruhigt er sich und singt ein Liedchen, leise und zaghaft, als fehle ihm die Treffsicherheit. wenn der Winter seine Herrschaft angetreten hat und schneidende Windsbraut über die weite, blendende Schneedecke fegt, haben wir hier und da Gelegenheit, den aus seiner nordischen Heimat zu uns geeilten Seidenschwanz zu be wundern. Er ist der Phlegmatiker unter den Singvögeln und sitzt nach einem ergiebigen Mahl von Lbereschenbeeren gern zu kleinen Schwärmen vereinigt umher und huldigt dem Nichtstun, klrgwohn und Scheu sind dem Vogel fremd. In Belgien wird er in harten Wintern zu Tausenden erlegt und waschkorbweise auf den Markt gebracht. Menn er seine vornehmlich aus Beerenfriichten bestehende Nahrung leich ter erlangen kann, scheut er sich nicht, Ort schaften längere Besuche abzustatten. — Win tergast. Ruf: hoch und fein „tsiur". Nutzen- Schaden 17:2. Länge 20 cm; Spannweite 35 cm. Li: rötlichblaugrau mit braunen, violetten und schwarzen Flecken und Punkten; Größe 24X18 mm. Beim Streifen durch Felügehölze bemerken wir manchmal einzelne auf Vornen gespiehte In sekten und winzige Wirbeltiere. Ls ist das Werk des Kaubwürgers, der die von ihm gefangenen Opfer hier einem grausamen Tode überliefert hat. Öfter kehrt der drosselgrosze, grau und weih gefärbte Vogel zu dieser Vorratskammer zu rück, um hier und da ein Tier abzureihen und zu verzehren; bei Überfluh läht er seine Beute sogar verdorren. Gewöhnlich sitzt er auf einem hohen Zweig, um nach Beute zu spähen, ver äuherst aufmerksame und wachsame Vogel warnt beini Lrspähen fremdartiger Erschei nungen durch lautes Geschrei andres Getier. Für Iäger und harmlose Personen hat er ein vorzügliches Unterscheidungsvermögen. — Strichvogel. Ruf: „gürr", „grui", „schäck". Nutzen-Schaden 11:11. Länge 25 cm; Spann weite 35 cm. Li: weih mit olivbraunen und aschgrauen Flecken; Gröhe 27x1S mm.