DIE EINIGUNG DEUTSCHLANDS Bild 217. Österreich und Preußen verlangten von Dänemark die Anfhebung der Verfassung, durch die Schleswig zu dänischem Gebiet erklärt wurde. Dänemark weigerte sich. Schleswig-Hol stein wurde 1864 vom preußisch-österreichischen Heer besetzt. - Für die schleswig-holsteinischen Schiffe, die natürlich nicht unter dänischer Flagge fahren wollten, wurde eine provisorische Handelsflagge in den von Dänemark verbotenen Heimatfarben eingeführt, zum Unterschied von der Flagge Mecklenburgs mit der gelben Ecke. Bild 218. Österreich und Preußen nahmen Schleswig-Holstein, obwohl es selbständig zu wer den wünschte, in ihre gemeinsame Verwaltung. Österreich wollte einen Machtzuwachs Preußens nicht dulden und begünstigte den Herzog von Augustenburg als Thronanwärter. Preußen ver handelte mit Italien, Österreich mit den deut schen Mittelstaaten. Das Ringen Preußens mit Österreich, das stark durch nichtdeutsche Inter essen gebunden war, um die Vormachtstel lung in Deutschland drängte zur Entscheidung. Bild 219. In dem immer noch bestehenden Deutschen Bund hatte Österreich die Vorherr schaft, die ihm Preußen streitig machte. In dem darauf ausbrechenden Krieg stellten sich fast alle deutschen Regierungen auf Österreichs Seite. Preußen erklärte 1866 dem Bundestag in Frankfurt seinen Austritt. Trotz schneller und ent scheidender Erfolge ließ Preußen im Frieden von Prag die Gebiete Österreichs und der süddeutschen Staaten unangetastet. Mit letzteren schloß es Schutz- und Trutzbündnisse gegen Frankreich ab. Bild 221. Das Ansehen Kaiser Napoleons III. war durch sein mexikanisches Experiment (vgl. Bild 198) so geschwächt, daß er dringend wieder einen außenpolitischen Erfolg brauchte. Im deut schen Krieg 1866 wollte er den Vermittler spielen und hoffte dabei deutsches Land zu erwerben. Preußens zweifelloser Sieg machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Bismarck wich vor seinen weiteren Demütigungsversuchen nicht zu rück und ließ es auf den Krieg ankommen, den Napoleon auch am 19. Juli 1870 erklärte. Bild 222. Die süddeutschen Regierungen ver gaßen den Bruderkrieg von 1866 und vereinigten den Verträgen getreu ihre Armeen mit den Preußen. Nach 6 Wochen wurde Napoleon bei Sedan gefangen. Frankreich wurde Republik und setzte den Krieg gegen die Deutschen fort. Die Wiedergeburt des Deutschen Reichs wurde allgemein erwartet. Baden und Württemberg traten dem Norddeutschen Bund bei. Bismarck bewog den König von Bayern dazu, dem König von Preußen förmlich die Kaiserkrone anzubieten. Bild 223. Einer der eifrigsten Förderer der deut schen Einheitsbewegung unter den Fürsten war der Großherzog Friedrich von Baden; er war der Schwager des Kronprinzen von Preußen, welcher sich im Gegensatz zu seinem zögernden Vater für die Gründung des Kaiserreichs energisch einsetzte. Am 18. Januar 1871 erfolgte im Schlosse von Versailles die Proklamation des Deutschen Reichs und König Wilhelms von Preußen zum Deutschen Kaiser. Der Großherzog brachte als Erster das Hoch auf den Kaiser aus. Bild 220. Seinem Ziel, die deutsche Einheit zu begründen, glaubte Bismarck dadurch besser zu dienen, daß die Zahl der deutschen Staaten ver ringert wurde. Die Gebiete der Gegner Preußens in Norddeutschland - Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt - wurden ebenso wie Schleswig-Holstein dem preußischen Staate ein verleibt. Mit den anderen norddeutschen Staaten schloß Bismarck den Norddeutschen Bund. - Der König von Hannover führte als englischer Prinz eine der englischen ähnliche Standarte. Bild 224. Die Ausrufung des Deutschen Reichs erfüllte den seit 1806 gehegten Traum aller Deutschen, den das Jahr 1848 nicht hatte ver wirklichen können. Schon damals war einem König von Preußen die Kaiserkrone angeboten worden, aber Preußen war noch nicht reif zur Erfüllung seiner deutschen Mission. - Die Kaiserstandarte unterschied sich von der preu ßischen Königsstandarte, die auch weiter be stehen blieb, durch die gelbe statt purpurne Grundfarbe und das Reichswappen in der Mitte. 60