DAS ZEITALTER DES LIBERALISMUS Bild 201. Die deutschen Fürsten gründeten auf dem Wiener Kongreß 1815 den Deutschen Bund und versprachen hierbei, den Wunsch ihrer Unter tanen nach einer liberalen Verfassung zu er füllen. In Hannover, das noch mit Großbritan nien in Personalunion stand, wurde zwar 1833 eine Verfassung erlassen, die aber Ernst August, der erste König nach der Trennung von Groß britannien, 1837 widerrechtlich aufhob. Die sieben Göttinger Professoren, die hiergegen protestierten, wurden ihres Amtes enthoben. Bild 202. Nach Ausbruch der Februarrevolution 1848 in Paris erhob sich auch in Deutschland der Aufruhr gegen die Unterdrückung aller bürgerlichen Freiheiten. Die deutsche Bundes versammlung in Frankfurt nahm plötzlich die vorher von ihr energisch verfolgten Farben Schwarz-Rot-Gold an. Überall bildeten sich Bür gerwehren zur Aufrechterhaltung der neuen Ordnung. Am 21. März ritt der König von Preußen mit diesen Farben durch Berlin und erklärte, Preußen gehe fortan in Deutschland auf. Bild 203. In nationaler Begeisterung wurde das Frankfurter Parlament gewählt; die Wieder herstellung des Deutschen Reichs war das sehn lichste Ziel aller Preußen, Bayern, Sachsen usw. Als populärste allgemein deutsche Einrichtung wurde durch Admiral Bromm eine deutsche Reichskriegsflotte geschaffen, die erste, die Dampfer als Kriegsschiffe verwendete. Nach einem Gefecht gegen die Dänen war sie aller dings zur Untätigkeit verurteilt, da hinter ihr kei ne vom Ausland anerkannte Reichsgewalt stand. Bild 204. Die mit Dänemark in Personalunion stehenden sogen. Elbherzogtümer Schleswig und Holstein befürchteten von der Neuregelung der Erbfolgeordnung in Dänemark Gefährdung ihres Deutschtums. Sie beteiligten sich an der allge meinen deutschen Revolution und führten die schwarz-rot-goldene Flagge als Handelsflagge ein. - Anfangs unterstützte Preußen durch einen Krieg mit Dänemark die Erhebung, zog sich aber bald von dieser revolutionären Angelegen heit zurück und ließ die Herzogtümer im Stich« Bild 205. Die Schweiz hatte sich 1814 wieder in einen Bund unabhängiger Kantone verwandelt, zu denen auch das 1707 mit der oranischen Erb schaft an Preußen gefallene Fürstentum Neu- chätel hinzutrat. Der Sieg der Föderalisten über die Partikularisten im „Sonderbundskrieg** 1848 brachte der Schweiz eine engere Vereinigung der Kantone. In Neuchätel stürmten die Republikaner das Schloß und riefen die Republik aus. Die Rechte Preußens wurden von den Mächten noch 1852 anerkannt. Es verzichtete 1857 endgültig. Bild 206. Der Wiener Kongreß hatte 1815 den Kirchenstaat, den Napoleon I. aufgelöst hatte, wieder hergestellt. Wie in ganz Europa gärte es 1848 auch in den päpstlichen Staaten. Mit Hilfe der Franzosen und Österreicher bezwang Papst Gregor XVI. die Revolution. Sein Nachfolger Pius IX. war Reformen freundlicher gesinnt. Die anfangs geringen Erfolge der nationalitalienischen Bewegung in Sardinien bewogen ihn zur Abkehr hiervon. Er floh vor den Radikalen, die im Februar 1849 die Römische Republik ausriefen. Bild 207. Kaiser Napoleon III. von Frankreich brauchte zur Festigung seiner inneren Stellung einen außenpolitischen Erfolg. Er mischte sich in einen russisch-türkischen Streit ein und ver stand England mit hineinzuziehen. Eine eng lisch-französische Flotte griff die Festung Sewa stopol auf der Krim an und bezwang sie nach monatelanger Belagerung. Dieser sogen. Krim krieg bedeutete für Rußland eine völlige Nie derlage. Auf unserer Fahne erinnert eine Inschrift an die heldenhafte Verteidigung Sewastopols. Bild 208. Thronstreitigkeiten spalteten das spa nische Königshaus in zwei Parteien. Zur Regie rung kam 1833 eine Frau, Isabella II. Über Par tei-und Verfassungsstreitigkeiten brach 1868 eine Revolution aus. Die Wahl des Prinzen Leopold von Hohenzollern zum König war der Anlaß zum deutsch-französischen Kriege 1870/71. Nach der kurzen Herrschaft eines italienischen Prinzen wurde 1873 die Republik ausgerufen. Die damals geschaffenen Wappen und Flaggen hat die heu tige Spanische Republik wieder angenommen. 56