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DER DREISSIGJÄHRIGE KRIEG In Deutschland, das seit dem Ende der Regierung Karls V. einen soge nannten Religionsfrieden besaß, hatten sich die beiden Parteien in der pro testantischen Union und der katholischen Liga zusammengeschlossen. Die Lutherischen standen wieder im Gegensatz zu den Reformierten, die von der Religionsfreiheit ausgeschlossen waren. Die Zusammenstöße zwischen Union und Liga wurden immer häufiger. Ein Aufstand der protestan tischen Döhmen gegen ihren streng katholischen König Ferdinand von Österreich 1618 und die Wahl des pfälzischen Kurfürsten zum König von Döhmen entfachten den größten und verheerendsten aller Religionskriege. Kaiser Ferdinand verband sich mit der von Bayern geführten Liga, gewann Saehsen, die Hochburg des Luthertums, gegen die reformierte Pfalz und rief die Spanier zu Hilfe. Nach wenigen Jahren walteten die Heerführer der katholischen Partei Tilly und Wallenstein als Sieger in ganz Deutschland. Diese Verschiebung des Gleichgewichts zwischen den Religionsparteien veran laßte König Gustav Adolf von Schweden zum Eingreifen. Er kam vor allem den Protestanten zu Hilfe, fürchtete aber auch die Festsetzung des Kaisers an der Ostsee und sah sieh durch die Hilfe, die dieser Polen gewährte, bedroht. Von Frankreich mit Geld unterstützt, schlug er alle Gegner aus dem Felde. Dem kampferprobten nationalen Heer Schwedens konnten die Söldner Tillys nicht widerstehen. Nach dem Tode des Königs 1G32 bei Lützen wurde sein Kanzler Oxenstierna der politische Führer aller deut schen Protestanten. Nach anfänglichen Siegen verscherzten sich die Kaiser lichen durch die Ermordung des übermächtig gewordenen Wallenstein ihre Aussichten. Die schwedischen Generale aus der Schule Gustav Adolfs hiel ten im letzten Drittel des Krieges das Land in Atem. Der Krieg verlor durch das Eingreifen des katholischen Frankreich auf Seiten der Protestanten vollends den Charakter des religiösen Kampfes. Er wurde zum Kampf gegen die Übermacht des Hauses Habsburg in Europa. Frankreich und Schweden machten dabei ihre Eroberungen in Deutschland. Das Land litt furchtbar, die Devölkerung schmolz durch Hunger und Seuchen zusammen. Der Handel hatte aufgehört, der Dauer bestellte das Land nicht mehr, weil die Heerhaufen, ob Freund oder Feind, dadurch nur angelockt wurden. Niemand konnte neutral bleiben; Drandenburg, das es versuchte, wurde erst recht der Tummelplatz der fremden Heere. Endlich, nach jahrelangen Verhandlungen, wurde 1648 in Münster und Osnabrück der sogenannte Westfälische Friede abgeschlossen. Er bestätigte die Festsetzung Schwedens und Frankreichs auf dem Doden des Reichs. Von den deutschen Staaten konnte sich vor allem Drandenburg durch ehemalige Distümer und Hinterpommern stark vergrößern. Durch die Erwerbungen Schwedens und durch die Anerkennung der freien Nieder lande verlor Deutschland seine sämtlichen Strommündungen: Rhein, Weser, Elbe und Oder waren abgeriegelt. Auch die Schweizer Eidgenossen schaft erreichte die Anerkennung ihrer Selbständigkeit, die sie schon längst tatsächlich besaß. Frankreich fügte zu den 1552eroberten Gebieten vonMetz, Toul und Verdun jetzt einen Teil des Elsaß hinzu. Das Reich wurde völlig ohnmächtig, da allen Reichsständen die volle Landeshoheit zuerkannt wurde. Sie waren vom Kaiser nur noch lehnsabhängig, durften unter sich und mit auswärtigen Mächten Bündnisse schließen, allerdings nicht gegen Kaiser und Reich. Die Reformierten wurden endlich den Lutheranern gleich gestellt. Das verwüstete und verwilderte Deutschland brauchte Jahrzehnte, um sich von den dreißig furchtbaren Kriegsjahren zu erholen. Wirtschaftlich war es auf einem Tiefstand angelangt. Auf allen Gebieten des Geisteslebens und der Kunst war die stetige Entwicklung abgeschnitten. Es ist die trau rigste Zeit deutschen Kulturlebens. Deutschland war fremdem Einfluß ge öffnet, kulturellem und auch politischem. Das Friedenswerk von 1648 wurde von Frankreich und Schweden garan tiert, so daß diese Staaten die Möglichkeit bekamen, sich stets in Reichs- angelegenheiten cinzumischen und als Aufsichtsbehörde aufzutreten. Dcide waren jetzt die ersten Mächte Europas. Schweden beherrschte fast die ganze Ostseeküste. Frankreich hatte die Macht der Habsburger geschwächt. Be- sonders Spanien war am Ende seiner Kräfte, obwohl es noch elf Jahre im Kriege mit Frankreich blieb. Wie Gustav Adolf und sein Kanzler Oxen stierna die Stellung Schwedens geschaffen hatten, so verdankte Frank reich seinen Aufstieg dem politischen Genie seines ersten Ministers, des Kardinals Richelieu, der auch die Verwaltung des Landes ordnete und die königliche Gewalt im Innern steigerte. Er brach den Widerstand des Adels und nahm den Protestanten ihre Vorrechte als bewaffnete politische Partei. Sein Werk wurde von Kardinal Mazarin fortgesetzt.