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DAS ZUNFTWESEN Bild 92. Zur Zunft „zu Schmieden" In Basel ge hörten zunächst alle mit der Wafenfabrikation verbundenen Gewerbe, aber auch andere wie die Holzschuhmacher und die Müller. - Die Zünfte dienten auch der militärischen Organisation der Bürger. Sie zogen ins Feld unter eigenen Ban nern, auf denen das Bild oder die Bilder des Zunftwappens dargestellt sind. Der Inhalt der Wappen wechselt mannigfaltig durch ganz Deutschland in den verschiedenen Städten, doch bleibt der Grundgedanke meistens der gleiche. Bild 91. Es kam vielfach vor, daß einander fremde Gewerbe zu einer Zunft gehörten, d. h. in einem gemeinsamen Haus verkehrten, nach dessen Zeichen die Zunft genannt wurde. Die Scherer und Bader von Basel traten aus der Zunft „zum Himmel“, in der auch Maler, Satt ler und Sporer waren, aus. Sie kauften 1398 das Haus zum „Goldenen Stern“ und machten eine eigene Zunft auf. In ihrem Fähnlein stehen das Basler Wappen, ein Schermesser, der Stern als das Hauszeichen und eine Salbenbüchse. Bild 89. Die Zünfte sind ursprünglich aus einer organisatorischen Zusammenfassung der sich auf ähnlichen Gebieten betätigenden Gewerbe entstanden. Die Handwerker leisteten sich auf diese Weise gegenseitige Hilfe und ließen durch die Zunftvertreter ihre Interessen in der Stadt regierung wahrnehmen. Das war oft nur unter schweren Kämpfen gegen das patrizische Regi ment erreicht worden. Während es in Deutschland die alten Zünfte nicht mehr gibt, bestehen sie noch in der Schweiz, wenn auch mit andern Zwecken. Bild 90. InBasel, das die ältesten Zunftfahnen be wahrt, bildeten die Gewerbe der Weinhändler, Weinrufer, Weinlader und Weinschenken „Eine Ehrsame Zunft zu Weinleuten“, die auch nach ihrem Hauszeichen, der Gelte, einem Wein- oimer, die Geltenzunft genannt wird. Wie hoch der Weinbau geschätzt wurde, ergibt sich dar aus, daß eine weitere Zunft „zu Rebleuten“ bestand, der die Weinbauern angehörten. - Auf einer Fahne der Zunft zu Weinleuten steht ihr Patron Papst Urban I. in einer Reblaube. Bild 93. Um sich gegen Überfälle In unruhigen Zeiten zu schützen, errichteten die Städte sogen. Bürgerwehren, die auf Grund der Zunftorgani sation gegliedert waren. Mehrere zusammenge hörige Zünfte bildeten eine Kompanie. Die Bür ger mußten selbst ihre Waffen unterhalten und sich im Falle der Gefahr auf kompanieweise ver schiedenen Lärm- oder Paradeplätzen sammeln. Jeder Bürger hatte sich an der Nachtwache zu beteiligen, in Straßburg jede zehnte Nacht. Die Fahnen zeigen alle das Straßburger Wappen. Bild 94. Die Juden standen im Mittelalter als sogen. Kammerknechte des Reiches unter dem Schutz des Kaisers, der von ihnen Steuern er hob. Dafür genossen sie Freiheit von Landes steuern und hatten eigene Gerichtsbarkeit. Da die Kirche den Juden den Kaufmannsstand, den Christen aber das Geldwechseln und Zinsnehmen verbot, geriet das Geldgeschäft in jüdische Hand. Die Juden waren zunftähnlich organisiert. - Auf der abgebildeten Fahne steht die Kaiserkrone In dem jüdischen Symbol, dem Zionsstern. Bild 95. Während die Zünfte im Mittelalter durch ihre Teilnahme an der Stadtverwaltung eine große Rolle spielten, verloren sie durch die Auf richtung der fürstlichen Gewalt in den Städten ihren politischen Einfluß. Die Stadtverwaltun gen wurden zu landesherrlichen Regierungs organen, denen sich die Zünfte zu fügen hatten. Um so peinlicher nahmen sie ihre Privilegien gegen die z. T. als Freimeister konzessionierten Außenseiter wahr. - Die Rückseite unserer Standarte ist don Truppenfahnen nachgebildet. Bild 96. Die Zünfte waren In Äußerlichkeiten entartet. Die zahlreichen industriellen Großbe triebe ließen sich in das Schema nicht einord nen. Um 1800 wurden fast überall die Zünfte aufgehoben und Gewerbe- und Wettbewerbsfrei heit eingeführt. Die Handwerker schlossen sich zu freien Vereinigungen zusammen. Unsere Fahne mit dem Berliner Bären, sowie dem Werk zeug und den Erzeugnissen des Böttcherhand werks wurde 1840 bei der Huldigung für Kö nig Friedrich Wilhelm IV. von Preußen geführt. 28