Volltext Seite (XML)
DAS ZEITALTER DER HOHENSTAUFEN Die deutschen Kaiser des Mittelalters betrachteten sich als die Nachfolger der römischen und hielten auch an der Idee der Weltherrschaft fest. Rom war ihnen der Mittelpunkt der Welt, dorthin strebten die deutschen Könige, um sich die Kaiserkrone zu holen. Durch die Italienzüge wurden sie von Deutschland abgelenkt, und um die Hilfe der deutschen Fürsten zu erhalten, veräußerten sie ihre königlichen Rechte und leiteten die Zersplitterung des Reichs ein. Dafür aber erkannte ganz Europa sie als die weltliche Spitze der Christenheit an. Die kleineren Staaten, zeitweilig sogar England, waren Lehen des Kaisers. Das Reichsgebiet selbst bildete eine geschlossene Land- mässe von der Elbe bis nach Italien; Flandern, Lothringen und Burgund bis zur Rhone-Mündung gehörten dazu. Das schwäbische Geschlecht der Staufer oder Hohenstaufen gab der Kaiserwürde noch einmal höchsten Glanz. Friedrich Rarbarossa (Rotbart) hatte schwer mit den lombardischen Städten und dem Papst zu kämpfen, einigte sich aber schließlich mit beiden Gegnern gütlich. In Deutschland setzte er sich gegen die fürstliche Oppo sition durch. Er zerschlug den Rcsitz des unbotmäßigen Herzogs Heinrich des Löwen aus dem bayrischen Geschlecht der Welfen, der Rayern und das ganze sächsische Stammgebiet umfaßte, hemmte aber dadurch auch das von Heinrich geleitete Vordringen des Deutschtums nach Osten. Sein Sohn Heinrich VI. erwarb durch Heirat Neapel und Sizilien. Von hier aus versuchte er, Deutschland, wo auch der Sohn dem Vater nur durch die Wahl der Fürsten folgen konnte, zu einem Erbreich zu machen, doch starb er darüber. So stark war die Kaiseridee, daß selbst der Welfe Otto IV. als König in ihren Dann geriet. Er gab die Ostpolitik seines Vaters Heinrichs des Löwen auf, um sich nach Rom zu wenden. Der Kampf mit dem Papste erreichte seinen großartigen Höhepunkt unter Friedrich II., der Italien kaum noch verließ. Gegenkönige wurden in Deutschland erhoben; in Italien aber blieb er trotz mancher Niederlage unbesiegt. In Neapel und Sizilien war er unumschränkter Herrscher. Dieser von den vorhergehenden normannischen Königen durchorganisierte Staat mit geschulter Beamtenschaft und hoch stehender Wirtschaft gab ihm hauptsächlich die Mittel zum Kriege. Mit seinem Tode aber war der Sieg des Papstes entschieden. Gegen die Söhne des Kaisers holte dieser den französischen Prinzen Karl, Grafen von Anjou, zu Hilfe; Karl ließ sich von ihm mit Neapel und Sizilien belehnen und machte dem Widerstand der staufischen Partei ein Ende. Der Papst hatte aber durch diesen Tausch nichts gewonnen; denn an Stelle des deutschen Druckes lastete jetzt das französische Joeh auf Italien. Den Staufern aber erstand ein Rächer in dem Erben ihrer Ansprüche, König Peter von Aragonien. Die Sizilianer, der französischen Gewaltherrschaft müde, empörten sich 1282 und metzelten die Eindringlinge nieder. Dieser furchtbare Aufstand wird die „Sizilianische Vesper“ genannt, weil er in Palermo an einem Abend ausbrach. König Peter eilte heran, übernahm die Herrschaft auf der Insel und behauptete sich hier gegen die vereinten Angriffe Karls von Anjou und Frankreichs. In Frankreich hatten es die Könige verstanden, ihre Macht zu stär ken und ihr Gebiet zu erweitern. Als das Deutsche Reich zu zerfallen drohte, stand ein festgefügter französischer Einheitsstaat da. König Ludwig der Heilige war der Schiedsrichter Europas. Ihren Höhepunkt erreichte die französische Königsmacht unter Philipp IV. dem Schönen, der den Wclthcrrschaftsansprüehen des letzten großen Papstes Bonifaz VIII. entgegentrat und die Päpste zur Übersiedlung nach Avignon an der Rhone zwang. Am Ende des 13. Jahrhunderts begann Frankreich sieh auf Kosten des Deutschen Reichs nach Osten auszudehnen, erreichte die Rhone und das Mittelmeer. Für Deutschland hatte mit dem Tode Friedrichs II. eine lange Zeit des Zwischenreichs begonnen. Die Könige waren, kamen sie überhaupt ins Land, meist machtlose Parteimänner. Fürsten und Ritter, Städte und Klöster bemächtigten sich des Reichsbesitzes. In den größeren Gebieten befestigten die Herren ihre Landeshoheit. Dabei herrschte überall Kampf und Raub. In dieser schweren Zeit entstand die Sage vom Kaiser Friedrich, der im Kyffhäuser auf die Zeit zur Wiederkehr und Rettung des Reichs wartet. Endlich 1273 erhielt Deutschland in Rudolf von Habs burg wieder einen allgemein anerkannten König, der die Ordnung her- stellte, den mächtigen Böhmenkönig Ottokar besiegte und ihm Österreich abnahm, das der Döhme dem Reich zu entfremden suchte. Hier im Süd osten des Reichs schuf der siegreiche Rudolf seinem Hause ein Fürstentum, den Grund zur Habsburgischen Monarchie.