VÖLKERWANDERUNG UND FRÜHES MITTELALTER Bild 9. Dat römische Reich umfaßte in seinen weiten Grenzen viele Völkerschaften, die in ge- schlossenen nationalen Truppenteilen seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. zum Heeresdienst heran- gezogen wurden (sogenannte numeri). Ihre Feld zeichen waren einfache Tierbilder, unter denen schließlich der Drache das wichtigste geworden ist. Die Zunahme dieser barbarischen Hilfsvölker veränderte den Charakter des Heeres immer mehr und hat schließlich zum Untergang dos römischen Reichs nicht unwesentlich beigetragen. Bild 10. Auf dem Zuge des Kaisers Konstantin gogon seinen Nebenbuhler Maxentius erschien am Himmel ein Kreuz, darüber die Worte: „In diesem Zeichen wirst du siegen.“ Konstantin studierte darauf die Lehren des Christentums und ließ ein Vexillum reich mit Edelsteinen besetzen und darüber das Monogramm Christi (XP) an bringen. Nachdem er im Jahre 312 Maxentius bei Rom besiegt hatte, wurden die grausamen Christenvorfolgungen unterbunden. Das Chri stentum wurde bald darauf sogar Staatsreligion. Bild 11. Der heilige Martin, Bischof von Tours, hatte, als er noch römischer Krieger war, einem frierenden Bettler die Hälfte seines Mantels mit dem Schwerte abgeschnitten. Die Franken häng ten den Mantel ihres Schutzheiligen an ihr Hauptfeldzeichen. Von allen Germanenreichen der Völkerwanderung war das Frankenreich das beständigste dank günstiger geographischer Lage und seiner guten Stellung zum Bischof von Rom. Es bekannte sich nämlich zur römischen Form des christlichen Glaubens. Bild 12. In Konstantinopel wird unter dem Na men „Sandschak Scharir"", d. h. heiliges Banner, eine Fahne aufbewahrt, die von Mohammed stammen und ursprünglich ein Vorhang gewesen sein soll. Die Fahne wird nur sehr selten gezeigt; es galt früher jedem Mohammedaner als eine unverbrüchliche Pflicht, ihr in den heiligen Krieg zu folgen. - Mohammed führte weiße und schwar ze Fahnen. Die verschiedenen auf den Propheten folgenden Kalifengeschlechter unterschieden sich durch die Farbe ihrer einfarbigen Fahnen. Bild 13. Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Franken und dem Papst gestalteten sich immer enger. Die Frankenkönige schützten den Papst und Italien vor der völligen Unter werfung durch die Langobarden. Der Papst ver lieh dem FrankenkönigPippin den Ehrentitel eines Patricius der Römer, der für Pippins Sohn Karl den Großen erneuert wurde. Ein Mosaikbild im Lateranpalast zu Rom zeigt eine symbolische Sze ne, wie Petrus dem Papste die priesterliche Stola und dem König Karl die Fahne Roms überreicht. Bild 14. Am Weihnachtstage des Jahres 800 krönte Papst Leo III. Karl zum Kaiser. Unser Bild zeigt die damalige Form der kaiserlichen Fahne nach einem mit dem vorhin erwähnten zusammenstehenden Mosaik, auf dem Christus dargestellt ist, wie er dem Papst Sylvester die Schlüssel der päpstlichen Gewalt und dem Kaiser Konstantin die Kaiserfahne zuteilt. Der Künst ler hat hier nach der Gewohnheit seiner Zeit das Labarum, dessen Form ihm unbekannt war, und die kaiserliche Fahne gleichgesetzt. Bild 15. Der Drache war bei den Germanen all Feldzeichen bis ins 13. Jahrhundert beliebt. Sie haben ihn auch in der byzantinischen Armee eingeführt. Dort wurden die Fähnriche Dra chenträger genannt. Unser Bild ist dem sogen. „Goldenen Psalter“ in St. Gallen entnommen, wo ein Kriegszug aus der biblischen Geschichte in der Weise dargestellt ist, als ob er zu Leb zeiten des malenden Mönches stattgefunden hätte. Der Mönch hat vermutlich seine Erin nerung von einem Kaisereinzug wiedergegehea. Bild 18. Im 11. Jahrhundert begannen die Päp ste, ihren Anspruch, das Haupt der Christenheit zu sein, unter anderem dadurch zu unterstrei chen, daß sie Königstitel verliehen, den Heiden abgenommene Länder als Lehen ausgaben und mit dem christlichen Kreuz bezeichnete Fahnen verschenkten. Eine solche Fahne erhielt z. B. im Jahre 1066 Wilhelm der Eroberer, Herzog der Normandie, für seinen Eroberungsfeldzug gegen die Angelsachsen, durch den der Grund zum heutigen englischen Staat gelegt worden ist.