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D R E S D N 5. KONZERT I 5. Z Y K L Franz Schubert 1797-1828 Mieczyslaw Karlowicz 1876-1909 Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 ER PHILHARMONIE Mittwoch, den 7. Februar 1979, 20.00 Uhr Donnerstag, den 8. Februar 1979, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden ANRECHT C UND S-KONZERT FRANZ-SCHUBERT-ZYKLUS Dirigent: Johannes Winkler Solistin: Magdalena Rezler, VR Polen, Violine Sinfonie Nr. 1 D-Dur Adagio — Allegro vivace Andante Menuett (Allegro) Allegro vivace Konzert für Violine und Orchester A-Dur op. 8 Allegro moderato — Romanze (Andante) Finale (Vivace assai) PAUSE Sinfonie Nr. 4 A-Dur op. 90 (Italienische) Allegro vivace Andante con moto Con moto moderato Presto MAGDALENA REZLER stammt aus Bydgoszcz. Im Alter von sieben Jahren begann si ? mit dem Violinspiel und studierte später an der Warschauer Musikhochschule bei den Professoren Tadeusz Wronski und Stanislaw Kawella. 1970 legte sie das Staatsexamen mit Auszeich nung ab und unterrichtet inzwischen eine eigene Violin- und Kammermusikklasse. Erfolgrei che Konzerte in den polnischen Musikzentren sowie in der UdSSR, CSSR, DDR, in Bulga rien, Frankreich, Belgien, der BRD u. a. sowie Rundfunk-, Fernseh- und Schallplattenauf nahmen festigten das Ansehen der jungen Geigerin, das sie sich durch zahlreiche interna tionale Wettbewerbserfolge (1962 in Krakow, 1968 in Leipzig, 1972 in Genua, 1971 3. Preis des Königin-Elisabeth-Wettbewerbes in Brüssel, 1972 2. Preis des Musik-Festivals in Bor deaux, 1976 3. Preis des Carl-Flesch-Wettbewerbes in London, außerdem gehörte sie zu den Preisträgern des Jacques-Thibaud-Wettbewerbes in Paris) erworben hat. Das von ihr gegründete und geführte Streichquartett erhielt ebenfalls bereits mehrere Preise. Ferner arbeitet sie ständig mit dem polnischen Kammerensemble „Con moto ma cantabile" und dem Kammerorchester der Warschauer Nationalphilharmonie zusammen. ZUR EINFÜHRUNG Die ersten Orchesterwerke Franz Schuberts waren auf Können und Geschmack von Wiener Dilettanten zugeschnitten. In beidem spiegelte sich die lebhafte Pflege de Instrumentalmusik in den Wiener Bürgerhäusern und ihr beachtliches Niveau. Das Repertoire bestand vor allem aus Werken der Wie ner Klassiker und aus denen der kleineren Meister dieser Zeit. Schuberts Ju gendsinfonien sind auf diesem einzigartigen Nährboden gewachsen. Sonst wä re es dem Sechzehnjährigen gewiß nicht so mühelos gelungen, in seiner 1. SinfonieD-Dur die klassische Form spielend zu meistern. Darin liegt ihr eigentlicher Wert. Mehr dürfen wir von diesem Werk, das für das Zöglingsor chester des Wiener Konvikts geschrieben wurde (ihm stand der Hofsängerkna be Schubert öfter als Dirigent vor), nicht erwarten. Die Vorbilder Haydn, fast noch mehr Mozart, auch Beethoven und sogar Cherubini wirken sich darin noch allzu mächtig aus. Freilich steht die enge Bindung an große Vorbilder anderer seits in einem wesentlichen Zusammenhang mit der Musikalisierung der auf Schubert und seine jungen Freunde einstürmenden Ideenwelt der großen deut schen Literatur, die sie in ihren Schlafräumen im Konvikt einander vortrugen. Im September 1813 hatte sich der sechzehnjährige Schubert an eine durchge hende Vertonung des „Tauchers" von Schiller herangewagt, die ihn ein volles Jahr nicht loslassen sollte. Doch schon Ende Oktober kam seine 1. Sinfonie hinzu. Nicht, daß sie nachweislich über bestimmte Strophen der Ballade kom poniert wäre; von ihrer kühnen, jünglingshaften Dynamik („Wer wagt es...") sind jedoch namentlich die stolz herausfordernde Adagio-Einleitung zum ersten Satz wie auch das Finale (Allegro vivace) geprägt worden. In diesem Zusam menhang ist auch der Lyrismus des langsamen Satzes (Andante) sowie die vor allem Beethoven verpflichtete Energie des Menuetts zu verstehen. Unter die Partitur hatte Schubert die Worte „finis et fine" gesetzt. Nur wenige Tage spä ter sollte man gewahr werden, was sich hinter dem Doppelsinn verbarg. Zum Entsetzen seiner Familie „ging er einfach durch" (Schober) und war um nichts mehr zu bewegen, in das Konvikt zurückzukehren. Zwischen der Ideenfreiheit Schillers und dem „Gefängnis", wie die Zöglinge das Wiener Stadtkonvikt be zeichneten, war die Kluft zu unüberwindlich geworden. Mieczyslaw Karlowicz, einer der bedeutendsten polnischen Kompo nisten um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert, gehörte neben Gregorz Fi teiberg, Ludomir Rozycki und Karol Szymanowski zu den führenden Repräsen tanten der polnischen Komponistengruppe „Junges Polen", die auf das zeitge nössische Musikleben ihres Landes einen entscheidenden Einfluß ausübte. Ähn lich wie etwa in der russischen Musikgeschichte die berühmte Gruppe des so genannten „Mächtigen Häufleins" vertrat das „Junge Polen", um eine Erneue rung der nationalen polnischen Musikkultur kämpfend, gegenüber konservativen Traditionen eine radikal-progressive Richtung, ohne dabei allerdings — wie je ne — aus der Quelle der nationalen Volksmusik zu schöpfen. Besonders cha rakteristisch für das Schaffen dieser polnischen Komponisten, die sich vor al lem auch um eine Einführung der neuen technischen Errungenschaften der west europäischen Musik in die Musik ihrer Heimat bemühten, war die starke Be vorzugung orchestraler Kompositionsformen, namentlich der sinfonischen Dich tung. Karlowicz, ältester Vertreter der Komponistengruppe, wurde als Sohn eines be rühmten polnischen Sprachgelehrten und Ethnographen und einer Pianistin 1876 in Wiszniewo (Litauen) geboren. Schon von früher Kindheit an wurden seine musikalischen Neigungen gefördert. Nach Kompositions- und Geigenstudium