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Nr. 115 königlich SAchstsch-v Verordnungsblatt der Ministerien und der Oder- und Mittelbehördeu. «> Beauftragt mit der verautwartlichen Leitung: Hofrat Dsenge- in Dresden. <r Freitag, 19. Mai 1S11. Ankündigungen: Die Zeile N. Schrist^L S mal gefp. <Mndi-nna«seite 25 Pf., die Aelle gröberer Schrift od. deren Raum auf Smal gesp. Texyeite im amtl. Teile «0 Pf., unter dem Redakt,on»strrch (Eingesandt) 75 Pf. Prei-ermäßigg. auf SeschSft-anzeigen. — Schluß der Annahme norm. 11 Uhr. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Troße Zwingerstraße 18, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Rummern 10 Pf. Erscheint: Werktag» nachmittag». — Fernsprecher: Expedition Rr. 1295, Redaktion Rr. 4574. Der Reichstag erledigte gestern in »weiter Lesung die ReichSverfichernngSordnnng bis zu 8 1211. * Prof. Arthur Kampf in Berlin tvnrde zum Präsidenten der Berliner Akademie der Künste erwählt. Der Komponist und ehemalige Direktor deS Wiener Hofoperntheaters Bustad Mahler ist gestern abend gestorben. Bei ReimS stürzten der Aviatiker Pierre-Marie und fein Mitfahrer Dupuy mit ihrem Klugzeng ab. DaS Benzin fing Fener, und beide Flieger verbrannte«. * Rach einer Meldung ans Juarez schreiten die Friedens- verhandlnngen zwischen der mexikanischen Regierung und den Aufständischen derart günstig fort, daß der Friedens- schluß und die Abdankung deS Präsidenten Diaz biS Montag erwartet werden können. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Fabrikarbeiter Paul Theodor Liebold in Rieder haßlau für die von ihm am 30. März unter eigener Lebensgefahr bewirkte Errettung eine- Knaben vom Tode des Ertrinkens in der Mulde die bronzene Lebens rettungsmedaille mit der Befugnis zu verleihen, sie am weißen Bande zu tragen. Richard MileS Arundel Eaton Turner in Leipzig ist zum britischen Bizekonsul dasalbst ernannt worden. Die nach der Bekanntmachung vom 21. vorigen Monats angeordnete Stellvertretung des erkrankten Herrn Bezirkstierarztes vr. Göhre in Großenhain durch Bezirks- tierarzt vr. Otto, zur Zeit in Großenhain, und die Wahrnehmung der bezirkstierärztlichen Geschäfte im Stadt bezirke Dresden durch Herrn Bezirkstierarzt Beier in Dresden-Neustadt ist bis zum 8 Juni dieses Jahres ver längert worden. Ferner sind beurlaubt 1. Herr Bezirkstierarzt vr. Grundmann in Marienberg vom 20.—28. dieses Monats, 2. Herr Bezirkstierarzt Wolf in Freiberg vom 22. Mai bis 18. Juni dieses Jahres. Mit der Stellvertretung sind beauftragt zu 1. Herr Bezirkstierarzt Beterinär-Rat Kuhn in Flöha und zu 2. Herr Bezirkstierarzt vr. Lange in Dippoldiswalde. Dresden, am 16. Mai 1911. »741 Die König!. Kommisfioir für da- Beierinärwese«. l Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Inseratenteil.) Nichtamtlicher Teil. Bo« Königlichen Hofe. Dresden, 19. Mai. Se. Erzellenz der Minister des Königlichen HauseS StaatSminister a. D. v. Metzsch- Reichenbach ist vom Urlaub zurückgekehrt und hat die Geschäfte wieder übernommen. Deutsches Reich. Das Deutsche Kaiserpaar in Lando«. London, 18. Mai. Se. Majestät der Deutsche Kaiser unternahm heute vormittag eine Ausfahrt in Begleitung des Obersten Legge. Um 1 Uhr folgte der Kaiser einer Einladung zum Frühstück beim KriegSminister Haldane. Ihre Majestät die Kaiserin frühstückte mit der Königlichen Familie im Buckhinghampalast. — Die Kaiserin besuchte heute vormittag in Begleitung des Bot schaftsrats v. Kühlmann und der Oberhofmeisterin Gräfin v. Brockdorff das deutsche Waisenhaus und Hospital in Dalston, wo sie von den Herren Bruno v. Schröder, Sir Hermann Weber, Sir Edgar Speyer und Aerander Siemen» empfangen wurde. Bor dem Hospital hatten die Kinder der deutschen Schulen Aufstellung genommen, welche die Kaiserin mit dem Lied „Deutschland, Deutsch, land über alle-" begrüßten. Die Abfahrt erfolgte unter dem großen Jubel der Kinder. Nachmittag- fuhren die Kaiserin und die Königin im Automobil vom Buckhinghampalast nach Windsor. Der Kaiser und der König folgten eine halbe Stunde später. Prinzessin Viktoria Luise machte heute morgen eine Ausfahrt. Um 7 Uhr kehrten der Kaiser und die Kaiserin aus Windsor nach London zurück. Am Abend gaben Lord und Lady Lansdowne zu Ehren des Kaisers und der Kaiserin ein Diner, an dem außer den Majestäten und Prinzessin Viktoria Luise der deutsche Botschafter und andere hervorragende Persönlichkeiten teilnahmen. Der Besuch deS Deutschen Kronprinzenpaares am russischen Kaiserhose. * St. Petersburg, 18. Mai. Ihre Kaiser!, und Königl. Hoheiten der Kronprinz und die Frau Kron prinzessin des Deutschen Reichs und von Preußen sind heute mittag gegen 12 Uhr hier einaetroffen. Zum Empfang hatten sich am Bahnhof der Stadthauptmann und die Spitzen der Militärbehörden sowie eine Ab ordnung der Stadtverwaltung eingefunden. Der Kron prinz schritt, nachdem der Stadthauptmann ihn begrüßt hatte, die Front der Ehrenwache ab, die das 3. Leib- Äardeschützenreaiment gestellt hatte. Währenddessen spielte die Musik die preußische Hymne. Der Bürger meister bot dem Kronprinzen mit einer Ansprache Salz und Brot auf silberner Schüssel und überreichte der Kronprinzessin einen Blumenstrauß. Der Kronprinz dankte und ließ sich die anwesenden Vertreter der Stadt verwaltung vorstellen. Hierauf fuhren die Kronprinzlichen Herrschaften zur KaiseMruft, wo der Kronprinz am Sarkophag Alexander- Hl. einen Lorbeerkranz und die Kronprinzessin an den Sarkophagen ihrer Großeltern ein Blumengewmde niederlegten. Im Neuen Mausoleum legten sie an dem Sarkophag d«S Großfürsten Wladimir einen Kranz nieder und fuhren von dort zum Anitschkow- palais zum Besuche der Kaiserin-Wnwe, wo das Frühstück eingenommen wurde. Nach der Frühstückstafel besuchten der Kronprinz und die Kronprinzessin die Großfürstinnen Miliza Nikolajewna und Alexandra Josiphowna. Später stattete der Kron prinz sämtlichen in St. Petersburg weilenden Großfürsten, dem deutschen Botschafter Graf v. Pourtalös, dem Ministerpräsident Stolypin, dem Minister des Hofes Baron Fredericksz und dem Verweser deS Ministeriums des Äußern Neratow Besuche ab. Die Kronprinzessin besuchte unterdessen daS deutsche Alexander-Hospital. Um 3 Uhr nachmittags kehrten der Kronprinz und die Kron prinzessin in das Winterpalais zurück, wo sie durch den Hofminister und dieOberhofcharaen empfangen wurden. Der Hofminister in seiner Eigenschaft als Präsident der Russischen Kaiserlichen Automobilgesellschaft sowie der Vizepräsident und zwei Mitglieder der Gesellschaft über reichten dem Kronprinzen ein Diplom, das Se. Kaiser liche Hoheit zum Ehrenmitglied der Gesellschaft ernennt. AlSdann stellte im Empfangssaale Graf v. Pourtalös die Spitzen der hiesigen deutschen Kolonie vor, die der Kronprinz in ein Gespräch zog. Die Kronprinzessin be suchte am Nachmittag noch ihren Onkel, den Großfürsten Nikolai Michajlowitsch. Im Laufe des Tages erwiderten der Ministerpräsident, sämtliche Minister und der deutsche Botschafter die Besuche deS Kronprinzen. Heute abend fand auf der deutschen Botschaft zu Ehren des Kronprinzenpaares ein Diner statt, dem sich ein Konzert und ein Rout anschloß. Reichstag. Sitzung vom 18. Mai 1911. Am Tisch« de» Bunde-rat«. Staatssekretär vr. Delbrück, vr. Li»eo. Die zweite Lesung der Reich»ve,ficherung»ordnung wurde im dritten Buche „Unfallversicherung" beim zweiten Teil -Landwirtschaftlich« Unfallversicherung", »1« bi« IMS, fortgesetzt. ' z^tz-4 enthält Vorschriften über den Inhalt der Satzung: Rach dem üommih.ontbeichluß muß die Satzung auch über den Maßstab für da» Umlegen der Beiträge und, soweit diese nicht nach Steuern umgelegt werden, über da» Verfahren beim Ab- schätzen und Veranlagen Bestimmungen treffen. Rach einem Antrag Dürksen (Rp.) und Säbel (wirtsch. Bgg.) soll die Satzung nur über da» Verfahren beim Abschätzen und Veranlagen der Betriebe Bestimmungen treffen. Abg. Dörksen (Rp ): Da» Verfahren, wie e» die Kommission»- Vorlage vorffeht, belastet die kleineren Besitzer in sehr erheblichem Maße. E» darf nicht de, Srundsteuermaßstab, sondern e» soll der Arbeitermhlmaßstab bei der Umlage zugrunde gelegt werden. Abg. Klose (Z.j stimmte dem Anträge zu. Abg. Renner (nl.): ' Der Antrag hat die Tendenz, da« ver» waltung«recht der BerufSgenofsenfchafteu zu beschneiden und ein- zuengen. Diese« Recht muß aber gewahrt werden, und die große Mehcheit der Kommission hat diesen Standpunkt geteilt. Aba. Fegter (fottschrVp): Durch die Erfahrungen, wi« durch di« sachlichen Erwägungen gelange« wir dazu, daß allein die Ver anlagung nach Arbeittiagen gerecht ist, und bitten daher, dem Ankage Dörksen zuzustimmen. Ministerialdirektor Gaspar: Daß der Srundsteuermaßstab unter gewissen Verhältnissen ungerecht wirkt, hat noch niemand be stritten. Da« ist von vornherein erkannt und anerkannt. Aber auf der anderen Seite ist ebenso unbestritten, daß für viele Ver hältnisse der Srundsteuermaßstab von den Beteiligten selbst al« ein ganz besonder» geeigneter angesehen wird. Man kann also nicht die Notwendigkeit anerkennen, daß er nicht da angewendet werden soll, wo er paßt. Abg. Molkenbuhr (soz.) sprach sich für den Antrag Dörksen au«. SS handle sich darum, endlich eine Ungerechtigkeit au- der Welt zu schaffen. Abg. »raf Westarp (konf.): Daß der Srundsteuermaßstab ein ungerechter ist, wird durchau« nicht überall zugegeben, sondern höchsten», daß er ein unvollkommener ist. Der Maßstab der Arbeit-kräfte verursacht sehr erhebliche Kosten, erhebliche Arbeits kräfte und wirkt auch nicht überall gerechter als der Grundsteuer- maßstab. Man müßte den Selbstverwaltungsorganen wirklich die Entscheidung überlasten. (Große Unruhe links, Beifall rechts.) Abg. Vogt-Hall (wirtsch. Bgg ): Benn die Umlagen nach dem Srundsteuermaßstab immer ungerecht wären, dann sollte der Abg. Fegter aus eine bessere und gerechtere Veranlagung der Grundsteuer hinwirken. (Zuruf links.) Ich bitte, bei dem Kom« missionöbeschluß stehen zu bleiben. (Beifall.) Abg. Herold (Z): Die Verteilung nach einem festen Maß stabe hat den großen Vorzug, daß auch die Rebenbetriebe ersaßt werden können. Ich kann Sie auch nur bitten, die Kommissions- befchlüfse anzunehmen. (Beifall im Zentrum.) Abg. Fegter (von der rechten Seite mit lebhaftem „Oh" empfangen): Ich freue mich, daß Sie mich gern hören. (Große fortdauernde Unruhe rechts und im Zentrum.) Auch der Regie rung-Vertreter hat zugeben müssen, daß die Grundsteuer als Maß stab roh ist. In allen landwirtschaftlichen Berus-genossenschaften kommen wie in den Landw-jchaftslamwern dreLreije de« kleinen und mittleren «Grundbesitzes mcht Mr Geltung. Auch Hr. Herold hat den Maßstab der Arbeitstage al« richtig anerkannt nnd nur seine Durchführbarkeit bezweifelt. Ich bitte Sie nochmals den Antrag Döttsen anzuuehmen. Der Antrag Dörksen wurde in namenlicher Abstimmung mit 170 gegen 141 Stimmen bei - Stimmenthaltungen abgelehnt. § 987 hat in de, Kommission einen Zusatz erhalten, wonach da» Reichsversicherung«amt, wenn e» die Geschäfte der Genossen- schaftSorgane zu führen hat, infolge de» Richtzustandekommen» der Wahl von solchen oder infolge Weigerung der gesetzlichen Organe, sie zu führen, nicht berechtigt ist, an Stelle der Genossenschaften Unfallverhütungsvorschriften zu erlassen und technische Aufsichtsbeamten anzustellen. Diesen Zusatz haben die Sozialdemokraten zu streichen beantragt. Abg. Eichhorn (soz.) trat für die Streichung ein. Die Un fallgefahr' sei besonder» in der Landwirtschaft sehr groß. Die vorgeschlagene Einschränkung der Befugnisse de» ReichS- vcrsicherungSamtS könne ja gar keinen anderen Grund haben, als daß die Aufsicht deS Reichsversicherungsamts den Herren in den landwirtschaftlichen BerufSgenossenschasten unbequem und lästig sei. Die preußische Regierung habe die Gesundheit de« Volke- gewissenlos dem Junkertum, dem Brotwucher zum Opfer gebracht (der Präsident rügte diesen Ausdruck als unzulässig); hier solle auch Leben und Gesundheit der preußischen Land arbeiter dem preußischen Junkertum überantwortet Werren. Abg. Gothein (fortschr. Vp.): Zu den vielen Unbegreiflich, keiten, welche die Kommission sertigrebracht hat, gehört auch diese Ausnahmebestimmung. Da- Reich-versicherung-amt hätte alle Veranlassung, Unfallverhütung-Vorschriften für die gesamte Landwirtschaft zu erlassen. Der Einwand, daß da- Reich«- verficherungSamt zum Erlasse solcher Borschristen unfähig sei, ist von der Regierung in der Kommission bereit« widerlegt worden. ES ist unser aller verdammte Pflicht und Schuldigkeit, dafür zu sorgen, daß die ungeheure Unfallziffer in der Landwirtschaft fällt. (Lebhafter Beifall link«.) Der sozialdemokratische Antrag wurde in namentlicher Ab stimmung mit 18» gegen 18V Stimmen abgelehnt. Der Rest de- zweiten TeUe» wurde nach den Kommission-- beschlüffen erledigt. E« folgte der dritte Teil „Seeunfallversicherung". Erster Abschnitt „Umfang de, Versicherung" HZ 1088 bi« 1054). Zu t 108», de, die Versicherung«pflichtigen aufjählt, be antragt Abg. Schwartz-Lübeck (soz), auch solche Personen ver- sicherung«pflichtig zu machen, die von «»«ländischen Schiffern, ohne zur Echiffsbesatzung zu gehören, in inländischen Häfen, auf Kanälen und Flüssen beim Löschen oder Laden, bei der Beauf sichtigung, Reinigung und dergleichen beschäftigt werden. Abg. Mslkendntzr (soz.) befürwortete gleichfalls den Antrag. Die Anträge wurden abgelehnt und der erst« Abschnitt un verändert angenommen, ebenso der übrige Teil de« dritten Buche« bi« j 1811. Sodann wurde die Weiterberatung aus Freitag 19 Uhr vertagt. Schluß H7 Uhr. » * In der gestrigen Sitzung der Vad-ettommiffto« de» Reichst«-«» bildete der Gesetzentwurf betreffend die Tage gelder, die Fuhrkosten und Umzug»kosten der Kolonial beamten den Verhandlung«gegenstand. Die Angelegenheit ist früher auf dem verordnung«wege geordnet worden. Daß jetzt ein Gesetzentwurf vorgelegt iS, entspricht einem Wunsche de« Reich«tag«. Durch die Reform und gefetzlich« Festlegung sollen Ersparnisse erzielt werden, besonder« bei Reisen auf Schiffs«. Die Kommission entschied sich dabin, daß nicht Kilo meter- und Tagegelder gezahlt, sondern dw tatsächlichen Ve- sörderung«aebühren in Anrechnung kommen sollen. Damit ist der Grundsatz de, Vorlage abgelehnt. Die Kommission ersuchte dementsprechend die Verbündeten Regierungen, zu diesem V«- schtuß Stellung zu nehmen.