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am meisten Künstler, und als Künstler will ich der Gemeinschaft dienen, nicht ins Leere hineinschreiben.'' Deshalb komponierte er auch eine ganze Reihe von Werken, die das musikalische Verständnis junger Menschen bzw. der Kinder fördern möchten. Das Konzert für Klavier und Orchester D-Dur op. 1 3 entstand bereits 1938, im 25. Lebensjahr des Komponisten. Seine erfolgreiche Urauf führung erlebte es am 18. August 1938 in London mit dem Komponisten als Solisten und dem BBC-Orchester unter Henry Wood. Britten äußerte, daß die Arbeit an dem Werk begonnen wurde mit der Idee, die verschiedenen charak teristischen Eigenschaften des Klaviers auszunutzen, seinen enormen Tonum fang, seine Wirkung als Schlaginstrument, seine Möglichkeiten im Passagen spiel, „denn es ist nicht etwa eine Sinfonie mit Klavier, sondern ein Bravour konzert für Klavier mit Orchesterbegleitung". im 1. Satz, einer Toccata (Allegro molto e con brio), gelang Britten die Ver wirklichung seiner Absichten am vollkommensten. Das Klavier führt das fanfarenartige Hauptthema in D-Dur ein, worauf das Orchester als Antwort ein lyrisches Seitenthema spielt, das im Crescendo-Fortissimo zu einer Akkord serie führt, die auch im 2. und 4. Satz von Bedeutung wird. Nach glitzernden Passagen des Solisten greift das Orchester das lyrische zweite Thema auf, unterbrochen von spöttischen, frechen Einwürfen des Klaviers. In der Coda über nimmt endlich das Soloinstrument das zweite Thema. Der „Kampf" zwischen Klavier und Orchester ist ausgestanden. 2. Satz (Allegretto alla Valse): ein pikanter Walzer hebt sehr leise an („wie aus dem Nachbarzimmer herüber", schrieb Britten), wächst an und ver klingt bald wieder. Das Satzbild wird immer lockerer, bis es sich förmlich auf löst und zuletzt nur noch das Piccolo ein kleines Arpeggio spielt. Der 3. Satz entstand erst 1945, als der Komponist den ursprünglichen 3. Satz (Rezi tativ und Arie) zurückzog und an diese Stelle ein Impromptu (Andante lento) von einfacher und feierlicher Schönheit setzte: sieben Variationen über ein vom Klavier angestimmtes neuntaktiges Passacaglia-Thema. Der 4. Satz (Marsch: Allegro moderato) führt eine von Orchester und Klavier effektvoll angekündigte volkstümliche Marschweise ein, die u. a. in einer Solo- Kadenz über obligaten Trommel- und Beckenschlägen zu großer Steigerung geführt wird Erst im Alter von dreiundvierzig Jahren, 1876, vollendete JohannesBrahms seine 1. Sinfonie c-Moll op. 68, und bereits neun Jahre später schuf er seine 4. und letzte Sinfonie. Sein sinfonisches Schaffen umspannt also zeitlich gerade ein Jahrzehnt. Aber welch eine Fülle herrlichster Musik, welch eine einzigartige Weite und Wärme musikalischen Ausdrucks verbirgt sich hinter dieser nüchter nen Feststellung. Brahms fiel die Auseinandersetzung mit der großen zyklischen Form des 19. Jahrhunderts nicht leicht (allein sein schmerzvolles Ringen um die 1. Sinfonie bestätigt dies: lag der erste Satz bereits 1862 vor, so konnte doch das gesamte Werk erst vierzehn Jahre später vollendet werden). Mit seiner „Ersten" lieferte der Komponist ein hervorragendes Beispiel schöpferischer An eignung der sinfonischen Tradition eines Beethoven (dessen „Fünfter" sie an Tiefe des Ausdrucks und Größe der Problemstellung verwandt ist), Schubert und Schumann. Von dem berühmten Dirigenten Hans von Bülow stammt das bekannte Bonmot, daß Brahmsens „Erste" Beethovens „Zehnte" genannt werden könne. Damit ist die musikgeschichtliche Steilung dieser Sinfonie als bedeutendster sinfonischer Beitrag des 19. Jahrhunderts seit Beethoven klar umrissen. Und nichts anderes stellte auch der gefürchtete Wiener Kritiker Eduard Hanslick fest, als er nach der ersten Wiener Aufführung schrieb: „Mit den Worten, daß kein Kom ponist dem Stil des späteren Beethoven so nahegekommen sei wie Brahms in dem Finale der ersten Sinfonie, glaube ich keine paradoxe Behauptung, sondern eine einfache Tatsache zu bezeichnen." Die am 4. November 1876 in Karlsruhe unter Max Desoff uraufgeführte Sinfonie beginnt mit einer langsamen Einleitung (Un poco sostenuto) von siebenund dreißig Takten, die den thematischen Kern in sich trägt, aus dem der erste Satz hervorwächst: ein chromatisch eindrucksvolles Motiv, zu dem in den Bässen ein unerbittlich hämmernder Orgelpunkt ertönt. Quälende Unruhe, Gefahr, schmerz liches Leid drückt die Einleitung aus. Das anschließende Allegro begehrt trotzig gegen diese Stimmung auf. Aber das chromatische Motiv, dem auch das zweite Thema (in der Oboe) unterliegt, löst ein leidenschaftliches Ringen aus, das in der Durchführung seine Höhepunkte erfährt. Mit dem Kopfmotiv der Einleitung kündigt sich die Coda an. Die verzweifelte Spannung löst sich trostvoll in C-Dur Eine zwingende, einheitliche thematische Gestaltung besitzt der zweite Satz (An dante sostenuto) mit seinem trostvoll-innigen Hauptthema, das die Violinen, von den Fagotten unterstützt, anstimmen. Mehr elegischen, klagenden Charakter hat das cis-Moll-Nebenthema der Holzbläser. Im Mittelteil wechseln sich Oboe, Klarinette, Celli und Kontrabässe konzertant in der Führung ab. In der Reprise greift die Solovioline den zweiten Teil des Hauptthemas auf. Die verhaltene Heiterkeit des dritten Satzes (Un poco allegretto e grazioso) läßt Hoffnung schöpfen, daß die düsteren Kräfte und Gedanken überwunden werden können. Holzbläser führen die Motive dieses Satzes ein (die Klarinetten das wiegende, herzliche Hauptthema). Humorvoll musizieren Bläser und Streicher im H-Dur-Trio gegeneinander. Mit Recht hat man das Finale dieser Sinfonie als den gewaltigsten Sinfoniesatz seit Beethoven bezeichnet. Drei tempomäßig unterschiedliche Teile geben die äußere Gliederung. Der Satz beginnt mit einer Adagio-Einleitung, die der des ersten Satzes ähnlich ist. Zunächst erklingt ein chromatisch-schmerzliches Motiv, das in eine drohende, unheilvolle Stimmung hinübergeführt wird (synkopische Pizzicato-Steigerungen, verzweifelte Bläserrufe, erregte Streicherfiguren). Da ertönt plötzlich — nach einem Paukenwirbel — ein Seelen- und friedvolles Horn- thema (Piü Andante), das an Webers Freischütz-Ouvertüre und Schuberts große C-Dur-Sinfonie erinnert. Danach beginnt der dritte Teil des Finales (Allegro non troppo ma con brio) mit seinem weitläufigen, jubelnden Marschthema in vollem Streicherklang, das teilweise an den Freudenhymnus von Beethovens 9. Sinfonie gemahnt. Nun erfolgt der Durchbruch zu optimistischer Haltung; die dunklen Kräfte werden bezwungen. Neben dem innigen zweiten G-Dur-Thema und dem aktiv-drängenden dritten Thema kehren auch die anderen thematischen Gestal ten des Satzes wieder und beteiligen sich an der stürmischen Durchführung. Den hymnischen Ausklang dieser einzigartigen Sinfonie bringt das Piü Allegro. Dr. habil. Dieter Hartwig VORANKÜNDIGUNGEN: Donnerstag, den 26. Oktober 1978, 20.00 Uhr (AK/J) Freitag, den 27. Oktober 1978, 20.00 Uhr (Freiverkauf) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 2. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Herbert Kegel Solist: Peter Toperczer, CSSR, Klavier Werke von Beethoven und Mussorgski Sonnabend, den 11. November 1978, 20.00 Uhr (Anrecht B) Sonntag, den 12. November 1978, 20.00 Uhr (Anrecht C 1) Festsaal des Kulturpalastes Dresden Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr Dr. habil. Dieter Härtwig 3. ZYKLUS-KONZERT und 3. KONZERT IM ANRECHT C Dirigent: Herbert Kegel Solist: Tichon Chrennikow, Sowjetunion, Klavier Werke von Schubert, Chrennikow und Beethoven Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1978/79 - Chefdirigent: Prof. HerbertKegel Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2.85 T. ItG 009-59-78 »Inillnannnoniio 2. ZYKLUS-KONZERT UND 2. KONZERT IM ANRECHT C 1978/79