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ZUR EINFÜHRUNG Der am 6. September 1962 im Alter von 64 Jahren viel zu früh verstorbene Hanns Eisler, der vor 80 Jahren, am 6. Juli 1898, in Leipzig geboren wurde, wirkte an führender Stelle beim Neuaufbau des Musiklebens der Deut schen Demokratischen Republik, deren Nationalhymne er gemeinsam mit dem Dichter Johannes R. Becher schrieb. Der einstige Schön berg-Schüler hatte schon nach dem ersten Weltkrieg durch zündende Arbeiterlieder, häufig auf Texte seines Freundes und engsten künstlerischen Partners Bertolt Brecht, Aufsehen erregt und der gegen Kapitalismus, Faschismus und drohenden Krieg kämp fenden Arbeiterklasse ideologisch-künstlerische Hilfe und Unterstützung bei ih rer gerechten Sache gegeben. 1933 emigrierte er vor dem Hitlerfaschismus in die USA, wo er unter anderem sein die kapitalistische amerika nische Musik-,,Kultur" entlarvendes Buch „Komposition für den Film" schrieb. 1948 kehrte er nach Berlin zurück, 1950 wurde er Mitglied der Akademie der Künste und wurde im gleichen Jahre sowie 1958 mit dem Nationalpreis ausge zeichnet. Sein künstlerisches Erbe ist von schier unübersehbarer Fülle und Vielseitigkeit, es umfaßt die verschiedensten musikalischen Gattungen, Lieder, Songs, Kantaten, Bühnen- und Filmmusiken, Sinfonien, Orchestersuiten und nicht zuletzt viel Kammermusik. Die Prinzipien strenger Parteilichkeit, der Hu manität und des sozialistischen Realismus haben es geprägt. Hanns Eisler wurde der bedeutendste Komponist der deutschen Arbeiterklasse, die erste überragende schöpferische Persönlichkeit der deutschen sozialistischen Tonkunst. Die Kammersinfonie, die 1940 im Exil entstand, jedoch erst im Juni 1950 anläßlich des XXIV. Festes der Internationalen Gesellschaft für Neue Mu sik in Brüssel uraufgeführt wurde, gilt als das gewichtigste Orchesterwerk des Komponisten. Hansjürgen Schaefer schrieb darüber: „1940 erhielt Eisler von einem amerikanischen Institut für Sozialforschung den Auftrag, experimentelle Arbeiten durchzuführen, die die Anwendbarkeit neuer Musik im Film erforschen sollten. In diesem Zusammenhang entstand auch die Musik zur Filmsequenz .Naturszenen' (auch .Eis' betitelt). Sie liegt der Kammersinfonie notengetreu zugrunde. Der Titel, der einen Vergleich mit ebenso bezeichneten Werken Ar nold Schönbergs nicht rechtfertigt, weist auf die sparsame, solistische Instru mentalbesetzung. Zu ihr erklärte Eisler: ,Die Instrumentation ging auf die Idee der .Kälte' der Naturbilder ein. Sie verwandte neben einem normal zusam mengestellten Kammerorchester noch ein elektrisches Klavier und ein Novo- chord. Die elektrischen Instrumente werden solistisch behandelt. Besonders ausgenutzt ist die Kälte und Schärfe ihrer .Manieren' wie Triller, Mordente, Vorschläge und Trillerketten.' Der erste Satz ist .Invention' überschrieben. Ein Thema liegt ihm zugrunde. Es wird nach Prinzipien der Schönbergschen Dodekaphonie abgewandelt. Das optische .Thema', dem diese ständige Verwandlung des musikalischen Themas zugeordnet war, ist die Entstehung von Gletschern, in verschiedener Perspek tive gezeigt. Der zweite Satz (Choralbearbeitung) verarbeitet einen Cantus fir- mus ebenfalls dodekaphonisch; er ist Fortsetzung des ersten Satzes. Die Idee der Kälte, der Härte, des Grellen wird in kaleidoskopartigen Veränderungen vorgeführt. Der dritte Satz (Scherzo) ist durch ostinate, marschähnliche Rhyth mik charakterisiert. Im zweiten Scherzoteil, nach dem Trio, wird durch dynami sche Konzentration ein explosiver Kulminationspunkt erreicht. Im vierten Satz (Etüde) treten die beiden Violinen in den Vordergrund, das Orchester hat häu fig nur begleitende Funktion. ,Die etüdenhaft durchlaufende Bewegung stellt einen Schneesturm dar' (Eisler). Das Finale ist in Sonatenform geschrieben. Optisches Korrelat waren nach Eisler .starre Gletscher in der Exposition, die zur Durchführung Zusammenstürzen; die Reprise zeigt das Resultat des Bild vorganges, eine von Gletschertrümmern angefüllte Meeresbucht'. Der Anfang des Satzes hat einen auffälligen Ausdruck der Trauer, der durch Trauermarsch intonationen hervorgerufen wird. In der Durchführung treten die elektrischen Instrumente solistisch hervor und geben dem Geschehen grotesken, aggressiven Charakter. In diesem Zusammenhang werden wir daran erinnert, daß Eisler in der Dia lektik seiner Filmmusik zum bildlichen Geschehen nicht nur .Naturgewalten' musikalisch erfaßte, sondern daß die musikalische Struktur aus dem Verhalten des Menschen der Natur gegenüber resultiert. Aber mehr noch. Aus Gesprä chen Eislers wissen wir, daß er während der Arbeit an dieser Musik im Som mer 1940 Radiomeldungen über den Einmarsch der faschistischen Soldaten in Frankreich, über die Besetzung von Paris hörte. Die Musik der Kammersin fonie wurde nach Eislers eigenem Zeugnis durch die Reaktion des sozialisti schen Musikers auf diese Ereignisse mitgeprägt." Am 19. November 1978 gilt es des 150. Todestages des großen österreichischen Komponisten Franz Schubert zu gedenken, dessen Kunst in ihrem Ideengut, ihrem Gestaltungswillen durchaus noch der Wiener Klassik verbun den, jedoch durch die Erscheinungen der politischen Restaurations-Epoche in Sujetwahl und Formensprache beeinflußt war. Dennoch überwog nicht Pessi mismus und Weltschmerz, obgleich vorhanden in seinem Schaffen, sondern viel mehr die Absicht, durch Phantasie und poetischen Realismus die „miserable Wirklichkeit" seiner Zeit zu verschönen. Die Dresdner Philharmonie schaltet sich in die vielfältigen internationalen und nationalen Bemühungen der Schubert- Ehrung anläßlich seines 150. Todestages mit einer zyklischen Darbietung seines sinfonischen Gesamtwerkes in der Spielzeit 1978/79 ein, das, bereichert um die großartige As-Dur-Messe und eine Auswahl von Liedern, die bekanntlich das Kernstück seines Oeuvres überhaupt darstellen, mit bedeutenden und interes santen musikalischen Schöpfungen aus Vergangenheit und Gegenwart kon frontiert wird.