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DRESDNER PHILHARMONIE ZUR EINFÜHRUNG Donnerstag, den 18. Mai 1978, 20.00 Uhr Freitag, den 19. Mai 1978, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 10. ZYKLUS-KONZERT und • 10. KONZERT IM ANRECHT C HEITERE MUSIK AUS DREI JAHRHUNDERTEN Dirigent: Peter Gülke, Dresden Solisten: Christiane Gerhard-Nicolet, Schweiz, Flöte Aurele Nicolet, Schweiz, Flöte Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 Ouvertüre zu Shakespeares „Ein Sommernachtstraum" op. 21 Allegro di molto Domenico Cimarosa 1749-1801 Jacques Ibert 1890-1962 Ludwig van Beethoven 1770-1827 Konzert für zwei Flöten und Orchester G-Dur Allegro Largo Rondo (Allegretto ma non tanto) PAUSE Konzert für Flöte und Orchester Allegretto Andante Allegro scherzando Sinfonie Nr. 1 C-Dur op. 21 Adagio molto - Allegro con brio Andante cantabile con moto Menuett Adagio — Allegro molto e vivace Verehrte Konzertfreunde! Zu Beginn des heutigen Konzertes gedenken wir des am 2. Mai 1978, kurz vor Vollendung seines 84. Lebensjahres in Dresden ver storbenen, hochverdienten langjährigen früheren Chefdirigenten unseres Orchesters, Herrn Nationalpreisträger Generalmusikdirek tor Professor Heinz Bongartz mit einer Aufführung des 2. Satzes (Air) aus der Orchestersuite Nr. 3 D-Dur BWV 1068 von Johann Sebastian Bach. Wir bitten Sie von Beifallsäußerungen vor und nach der Auffüh rung des Air abzusehen. Ihre Dresdner Philharmonie Die Leitung des 10. Zyklus-Konzertes hat an Stelle des ursprünglich verpflich teten Schweizer Gastdirigenten Peter Maag, der erkrankt ist und sein Gast spiel im Jahre 1979 nachholen wird, kurzfristig Dr. Peter Gülke, Dresden, über nommen. Er wurde 1934 in Weimar geboren und studierte 1952—1957 an der Hochschule für Musik in seiner Heimatstadt sowie an den Universitäten in Jena und Leipzig (Violoncello, Musikwissenschaft, Germanistik, Romanistik). 1958 promovierte er bei Heinrich Besseler mit einer Arbeit über die Burgundische Musik des 15. Jahrhunderts zum Dr. phil. Als Musikwissenschaftler erwarb er sich vor allem einen hervorragenden Ruf durch seine Veröffentlichungen zur Musik des Mittelalters und der Renaissance, aber auch das Schaffen Beetho vens, Schuberts, Janäceks und Debussys gehört unter anderem zu seinen Spe zialgebieten. Für den Peters-Verlag Leipzig bereitet er gegenwärtig eine neue kritische Ausgabe der Beethoven-Sinfonien vor. Seine Dirigentenlaufbahn be gann 1959 in Rudolstadt, danach wirkte er als Musikalischer Oberleiter an den Theatern in Stendal, Potsdam und Stralsund. Seit 1976 ist er als Kapell meister an der Staatsoper Dresden tätig. Gastspiele führten ihn bisher in die VR Polen, CSSR, nach Ungarn, Rumänien und in die BRD. Bei der Dresdner Philharmonie dirigierte er erstmals im Jahre 1974. Mit 17 Jahren, 1826, als Primaner gelang Felix Mendelssohn Bartholdy mit der Komposition der Sommernachtstraum- Ouvertüre (deren Partitur im Jahre 1835 als op. 21 erschien) ein Genie streich, der seinen Namen zum ersten Male über Berlin hinaus bekannt werden ließ. Im gleichen Jahr, in dem Weber seinen „Oberon" auf die Bühne brachte, wandte sich auch Mendelssohn Oberons Zauberreich zu. Zunächst lag die Ouvertüre lediglich in einer Fassung für Klavier zu vier Händen vor; erst einige Jahre später wurde sie, in dieser endgültigen Gestalt von Robert Schumann begeistert begrüßt, mit meisterhafter orchestraler Koloristik, Durch sichtigkeit und Charakteristik versehen. Die Shakespeare-Übersetzungen August Wilhelm Schlegels und Ludwig Tiecks hatten Anfang des 19. Jahr hunderts die Werke des englischen Dichters in Deutschland bekannt gemacht. Die familiäre Beziehung der Mendelssohns zu Friedrich Schlegel mag dazu beigetragen haben, dem jungen Komponisten die Welt Shakespeares zu erschließen. Mit der Sommernachtstraum-Ouvertüre fügte Mendelssohn dem Intonationsschatz der Musik des frühen 19. Jahrhunderts eine höchst originelle, persönliche Leistung bei: den Ton der märchenhaft-heiteren, hell-freundlichen Geistersphäre. Romantische Naturbeseelung, Waldesrauschen, der Zauber der Mondnacht, das Flüstern der Elfen und Nixen — all das wird mit märchen hafter Poesie in diesem Stück lebendig. Der italienische Komponist Domenico Cimarosa (1749—1801) begann mit Kirchenmusik, ehe er sich am Ende seiner Ausbildung der Bühne zuwandte, die mit 64 Opern sein eigentliches Feld wurde. Er lebte abwechselnd in Neapel und Rom, nach damaliger Sitte immer an dem Ort seine Opern schreibend, wo sie aufgeführt werden sollten, z. B. auch in Verona, Mailand, Venedig und Florenz. 1789 bis 1792 wirkte er in St. Petersburg, danach als Hofkapellmeister in Wien. Hier schrieb er sein berühmtestes und erfolgreichstes Werk, die komische Oper „Die heimliche Ehe". 1799 beteiligte er sich am neapolitanischen Aufstand, wurde verhaftet, aber begnadigt. Cimarosas Stil zeichnet sich durch vorklassische Schlichtheit und lebendige Frische aus. Bei aller Leichtigkeit der Erfindung sind seine Stücke stets sorgfältig durch gearbeitet. Die problemlose Kunst des italienischen Meisters fand in den roma nischen Ländern ihren stärksten Zuspruch und wurde dort noch im 19. Jahrhundert über die Mozarts gestellt. Das dreisätzige Konzert für zwei Flöten und Orchester G-Dur stammt aus dem Jahre 1793 und erfreut durch seinen sprühenden Buffogeist, die Einprägsamkeit seiner melodischen Einfälle und den spritzigen, virtuosen Dialog der beiden Soloinstrumente. Der französische Komponist Jacques Ibert, Schüler des Pariser Konserva toriums, 1919 mit dem Rom-Preis ausgezeichnet, lebte freischaffend in Paris. Seit 1937 war er Direktionsmitglied der Academie de France (Sitz in Rom) und 1955/56 Direktor der Pariser National-Oper. Ibert gilt als der Typus des kultivier ten, eleganten französischen Musikers, der aus der Tradition etwa eines Mozart, Rameau, Chabrier und Debussy Anregungen für seinen gemäßigt-modernen Stil gewann, der durch Bevorzugung kammermusikalisch fein zeichnender Mittel ge kennzeichnet, aber auch dem Dramatischen (vor allem auf dem Gebiet der komi schen Oper) und Effektvollen (in verschiedenen Orchesterwerken) zugewandt ist. Daß Ibert ein Meister der flüssigen, parlandomäßigen musikalischen Diktion ist, zuweilen nicht ohne einen ironischen, aber immer liebenswürdigen Zug, beweist sein im Jahre 1934 komponiertes, im gleichen Jahr von Marcel Moyse in Paris uraufgeführtes Flötenkonzert. „Esprit, Scherz, Ironie, aber auch Innigkeit