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Aurele Nicolet, einer der berühmtesten Flötisten unserer Zeit, gleichermaßen begehrt als Solist wie als Pädagoge, typischer Vertreter der franzö sischen Bläserschule, stammt aus Neuchätel (Schweiz), wo er 1926 geboren wurde. Schon im Alter von zwölf Jahren trat er erstmalig in der Öffentlichkeit auf. Er studierte Flöte (Andre Jaunet) und Komposition (W. Burkhard) in Zürich und in Paris (Marcel Moyse). Erste Preise gewann er während seines Studiums am Pariser Conservatoire und beim internationalen Musik wettbewerb in Genf (1948). Nach Tätigkeiten im Tonhalle-Orchester Zürich und in Winterthur holte ihn Wilhelm Furtwängler 1950 als Soloflötisten zu den Berliner Philharmo nikern, denen er bis 1959 angehörte. Seitdem ist seine Karriere gekennzeichnet durch eine Viel zahl von Konzerten im In- und Ausland. Er musi zierte unter den Dirigenten Furtwängler, Anser- met, Celibidache, Keilberth, Sawallisch, Solti, Maazel, Boulez und vielen anderen. Der pro minente Künstler ist ständiger Gast der inter nationalen Festspiele. Er produzierte zahlreiche Schallplatten- und Rundfunkaufnahmen. Aurele Nicolet, der auch bei den Sommerkursen des Mozarteums in Salzburg lehrte, ist Professor an der Hochschule für Musik in Freiburg. Zu den Ehrungen, die dem Künstler in den letzten Jah ren zuteil wurden, gehört auch der Harriet- Cohen-Musikpreis 1967. Aurele Nicolet musizierte seit 1967 mehrfach mit der Dresdner Philharmo nie. Christicne Gerhard-Nicolet, Schülerin und Gattin Aurele Nicolets, wurde in Birkenfeld (BRD) geboren, wo sie in einer musikali schen Familie aufwuchs. Ihr Studium absol vierte sein Essen, am Pariser Conservatoire und an der Staatlichen Hochschule für Musik in Freiburg. 1971 gewann sie den 3. Preis der ,Guilde des Artistes" und den „Prix Claude Debussy" Paris. Die Künstlerin ist Soloflöti stin des Radio-Sinfonieorchesters Basel und absolvierte zahlreiche Konzerte sowie Rund funk- ind Schallplattenaufnahmen in der Schweiz, BRD und in Japan. Auch in der DDR wurde sie — gemeinsam mit Aurele Nicolet — zu Rundfunkaufnahmen verpflich tet. des Ausdrucks sowie virtuose Anlage des Flötenparts haebn das Werk zum beliebtesten Flötenkonzert unseres Jahrhunderts gemacht", stellte Hansjürgen Schaefer zu Recht fest. „In ihm ist der Geits klassisch-französischen Divertisse ments auf neue Weise lebendig." Ludwig van Beethovens 1. Sinfonie C-Dur op. 21, an der er vermutlich schon seit 1794 arbeitete, erlebte am 2. April 1800 im Wiener „National- Hof-Theater nächst der Burg" unter Leitung des Komponisten ihre Uraufführung. Sie war das Schlußstück eines in damaliger Zeit nicht ungewöhnlichen Monster programms, das außerdem eine Mozart-Sinfonie, eine Arie und ein Duett aus dem Haydnschen Oratorium „Die Schöpfung" sowie ein Beethovensches Klavier konzert, das Septett und ferner Klavierimprovisationen enthalten hatte. Wie sich in diesem ganzen Programm — des jungen Meisters erste eigene „Akademie" — die Verehrung und Huldigung des 29jährigen Beethoven für seine Vorbilder Haydn und Mozart manifestierte, so bestätigte gerade sein sinfonischer Erstling die Äuße rung des Grafen Waldstein, daß der junge Beethoven „durch ununterbrochenen Fleiß Mozarts Geist aus Haydns Händen erhalten" habe. Beethovens 1. Sinfonie, die Carl Maria von Weber eine „feurig-strömende" nannte und die fraglos das erste Gipfelwerk des jungen Genius darstellt, wurde dank ihres lebensbejahen den, strahlend-heiteren Charakters, ihres stolzen Kraftbewußtseins schnell populär. Bereits im Jahre 1802 rühmte die Leipziger Allgemeine Musikalische Zeitung die Sinfonie als „geistreich, kräftig, originell". Dasselbe Blatt bezeichnete das Werk drei Jahre später als das Muster „einer herrlichen Kunstschöpfung. Alle Instru mente sind trefflich genutzt, ein ungemeiner Reichtum der Ideen ist darin prächtig und anmutig entfaltet, und doch herrscht überall Zusammenhang, Ordnung und Licht." Die Sinfonie beginnt mit einer langsamen Einleitung (Adagio) — überraschender weise auf dem breit ausgehaltenen Dominantseptimakkord von F-Dur, bis dann nach etwas unentschlossener Kadenzierung G-Dur erreicht wird. Nach einer glei tenden Zweiunddreißigstelfigur erklingt sodann, von den Violinen gespielt, das prägnante, unbeschwerte C-Dur-Hauptthema (Allegro con brio), während das G-Dur-Seitenthema auf Flöte und Oboe verteilt ist. Die knappe Durchführung ist von Mozartscher Feinheit und Durchsichtigkeit und verwandelt geistvoll das the matische Material. Ein Holzbläser-Unisono bildet den Übergang zur Coda, die den Satz festlich beschließt. Ein versonnen liedhaftes Hauptthema gibt dem zweiten Satz (Andante), einem Sonatensatz nach Haydnschem Vorbild, seinen edlen, schwärmerisch-innigen Cha rakter. Nur dem Namen nach ist der dritte Satz ein Menuett. Zwar ist die alte Tanzform noch zu erkennen, jedoch begegnen bereits die typischen Merkmale der späteren Beethovenschen Scherzi: das spannungsgeladene, empordrängende Thema mit seiner kapriziösen rhythmischen Gestaltung und humorvollen Verarbei tung, die kontrastreiche Dynamik und nicht zuletzt das feurige Zeitmaß (Allegro molto e vivace). Die für das 18. Jahrhundert noch obligatorische Tradition des Menuettsatzes wird hier schon recht selbstherrlich, ja umstürzlerisch gehandhabt, ehe sie Beethoven von der 2. Sinfonie ab zugunsten des Scherzos gänzlich auf gibt. Deutlich hebt sich der Trioteil mit seinen Bläserakkorden und Geigenfiguren vom „Menuett" ab. Nach einer kurios-tastenden Einleitung hebt das rondohafte, turbulente Finale an mit seinem schwungvoll-vorwärtsstürmenden Hauptthema, seiner klaren, übersichtlichen Form und der geistreichen (sonatensatzähnlichen) Verarbeitung der musikalischen Gedanken. Dr. Dieter Härtwig Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1977/78 - Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna — 111-25-12 2,85 T. ItG 009-32-78 EVP 0,25 M (•InillnarnniorTi 10. ZYKLUS-KONZERT UND 10. KONZERT IM ANRECHT C