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3. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Donnerstag, den 31. Dezember 1981, 19.00 Uhr Freitag, den 1. Januar 1982, 20.00 Uhr Nlhanoooniiköri Kurt Wöss, Österreich Jürgen Freier, Berlin, Bariton Brigitt e Elsenfeld Dirigent: Solisten: Ballettensemble der Staatsoper Dresden Solisten: Karin Frenzei Carla Börner Gerald Binke Arila Siegert Helke ölender Fridjof Gensei Johann Strauß 1825-1899 Josef Strauß 1827-1870 Johann Strauß Josef Strauß Johann Strauß Josef Strauß Johann Strauß Ouvertüre zur Operette „Waldmeister" op. 385 Annen-Polka op. 117 Kaiserwalzer op. 437 Camelien-Polka op. 248 Choreographie: Konstantin Russu „Ich lade gern mir Gäste ein" — Lied des Prinzen Orlofsky aus der Operette „Die Fledermaus" „Spiel ich die Unschuld vom Lande" — Couplet der Adele aus der Operette „Die Fledermaus" Feuerfest — Polka francaise op. 269 Morgenblätter-Walzer op. 279 Choreographie: Harald Wandtke PAUSE Ohne Sorgen — Polka schnell op. 271 Ägyptischer Marsch op. 335 Choreographie: Harald Wandtke TrGrüß-riieh Gott, mein liebes Nesterl" -riet Gräfin -aus der Operette irWienc "wer. uns „qefrauf^ - Frauenherz — Polka Mazurka op. 166 Auftrittslied- Blut"-' Duett „Ach, wie so herrlich zu schauen" — Auftrittslied des Herzogs aus der Operette „Eine Nacht in Venedig" Im Krapfenwaldl — Polka francaise op. 336 Choreographie: Harald Wandtke An der schönen blauen Donau — Walzer op. 314 KURT WÖSS „Mozartscher Goldklang“ Sechzehn Operetten, eine Oper und ein Bal lett hinterließ Johann Strauß der Nach welt. Als am 4. Dezember 1895 seine vorletzte Operette, „Waldmeister", das Licht der (Thea- ter)-Welt erblickte, war der Meister 70 Jahre alt. Wieder hatte er, wie schon so oft, über ein miserables Machwerk die herrlichste Mu sik verstreut, von der Eduard Hanslick, ge- fürchtetster Kritiker seiner Zeit, schrieb: „Mit welchem Vergnügen haben wir wieder im .Waldmeister' der reizvollen, stets vornehmen und natürlichen Instrumentierung gelauscht, welche jede, auch die kleinste Komposition von Johann Strauß auszeichnet. Es ist wahr lich keine musikalische Majestätsbeleidigung, wenn wir behaupten, es herrsche in seinem Orchester Mozartscher Goldklang." Kann man Besseres von einer Musik sagen? Warum aber ausgerechnet der Urtyp eines Wiener Volksschauspielers, Alexander Girar di, in der Rolle des Erasmus Müller, Professor der Botanik, sich einen ganzen Abend lang im sächsischen Dialekt ergehen mußte („Ich kom’ Se nie zu rechter Zeit und mehrschtens hinterher . . ."), bleibt eine der Ungereimt heiten der Theatergeschichte. Johann Strauß aber dirigierte am Uraufführungsabend nur die Ouvertüre, mit deren „Goldklang" unser heutiges Konzert anhebt. „Abendblätter" — „Morgenblätter" Man schreibt das Jahr 1864. Die Wiener Thea terszene wird von einem Mann beherrscht, der mit seinem sprühenden Witz, seinen toll dreisten Einfällen das Publikum auf seiner Seite hat, der die Wiener einen neuen Tanz, den Cancan, lehrt: Jacques Offenbach. Er und die Wiener verstehen sich ausgezeichnet. Was Wunder, daß der Wiener Presse-Verein Concordia ihn zu seinem nächsten Ball um einen neuen Walzer bittet. Offenbach, an Einfällen nie verlegen, hat bald seine Wid mungskomposition fertig, die er sinnigerweise „Abendblätter" nennt. Irgend jemand kommt auf den Gedanken, auch Johann Strauß um einen neuen anzugehen. Der hat zwar einen parat, aber keinen Titel — und außerdem keine Lust, in offenem Wettstreit gegen Offen bach anzutreten. Warum auch? Offenbachs Metier ist ein anderes als das seine. Schließ lich, gutmütig wie er ist, erklärt er sich ein verstanden, überläßt der Concordia seinen Walzer, den man (der Titel stammt nicht von Strauß!) „Morgenblätter" nennt. kennen den Text nicht? Es ist jener, nach Sie dem Johann Strauß seinen Donauwalzer kom ponierte. So läppisch geht er übrigens wei ter und wird auch dann nicht besser, wenn sein Verfasser, der verseschmiedende Polizei kommissär Josef Weyl, ein klein wenig poli tisiert und über die Geldknappheit klagt. wollte wohl damit der allgemeinen Faschings Stimmung nach dem für Österreich verlorenen Kriege von 1866 etwas auf die Beine verhel fen. Johann Strauß, von seinem Freunde Johann Herbeck, dem Dirigenten des berühmten Wie ner Männergesangvereins, gebeten, für die während der Faschingszeit 1867 stattfindende Liedertafel des Chores einen Konzertwalzer zu schreiben, nahm ihn halt, ohne groß über ihn nachzudenken. Er war nun mal nicht bes ser, was sollte er sich darüber echauffieren, derlei Machwerk war an der Tagesordnung. Woher nahm er aber dann den Titel, denn Am Ballabend hat Offenbachs Komposition außergewöhnlichen Erfolg und muß fünfmal wiederholt werden, während es die „Morgen blätter" Strauß' mit Ach und Krach zu einer Wiederholung bringen. Strauß soll dieser Mißerfolg sehr nahegegangen sein. Trotz dem ist er tolerant genug, das Werk des Ne benbuhlers in seinen Konzerten wiederholt — und selbstverständlich in guter Qualität! — zur Aufführung zu bringen. Es dauert nicht lange, verschwindet der „Abendblätter"— Walzer vom Repertoire auch der Militärka pellen, und die Wiener entdecken die Schön heiten eines Walzers, der da heißt „Morgen blätter". Er ist der Wendepunkt in Johan. Strauß' Schaffen. Mit ihm eröffnet er den R<1 gen seiner Meisterwalzer, und es mutet an. als wären alle vorhergehenden nur Versuche gewesen. „Mit den .Morgenblättern' hat Strauß einen neuen Strauß entdeckt" (Ernst Decsey). „An der schönen blauen Donau" vom Siegeszug eines Walzers Wiener, seid froh I Oho, wieso? Ein Schimmer des Lichts! Wir sehn noch nichts! Der Fasching ist da ! Ach so; na ja. Was hilft den das Trauern und das Bedauern? Drum froh und heiter seid!