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5. ZYKLUS-KONZERT JOSEPH HAYDN UND DER KLASSIZISMUS Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 16. Januar 1982, 20.00 Uhr Sonntag, den 17. Januar 1982, 20.00 Uhr cJroscJmon « pHilharoooMiKön Dirigent: Herbert Kegel Solist: Ivan Moravec, CSSR, Klavier Sinfonia serena Moderato Paul Hindemith 1895-1963 Geschwindmarsch nach Beethoven Colloquy (Ruhig — Scherzando) Finale (Fröhlich) Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 Konzert für Klavier und Orchester Es-Dur KV 449 Allegro vivace Andantino Allegro non troppo PAUSE Joseph Haydn 1732-1809 Sinfonie Nr. 104 D-Dur Adagio — Allegro Andante Menuett (Allegro) Finale (Allegro spiritoso) IVAN MORAVEC, der tschechische Meisterpianist, kon zertiert regelmäßig in den Musikzentren Europas und Amerikas und ist bei den führenden Orchestern zu Gast. Auch seine zahlreichen Schallplatten, die er in der CSSR, in Österreich und in den USA einspielte, sichern ihm den Ruf eines der großen Meister seines Instrumentes. Er wurde 1930 in Prag geboren, studierte zunächst bei Erna Grünfeld am Konservatorium seiner Heimatstadt und errang 18jährig den ersten Preis im Klavierspiel an diesem Institut. Später studierte er bei Ilona Kurz an der Prager Akademie der musischen Künste und vervollkommnete sich in Italien bei Arturo Benedetto Michelangeli. 1949 debütierte er im Großen Saal des Künstlerhauses in Prag. Heute wirkt er selbst als Professor an der Prager Akademie der musischen Künste und leitet außerdem Meisterkurse in Europa und in den USA. Mit den Dresdner Philharmonikern musizierte er bereits im Jahre 1978. ZUR EINFÜHRUNG Paul Hindemith schrieb seine Sinfo nia serena (Heitere Sinfonie) für das Sinfonieorchester der Stadt Dallas in Texas, das unter der Leitung von Antal Dorati am 1. Februar 1947 auch die Uraufführung des Werkes besorgte. Die Sinfonia serena, rund sechs Jahre nach der Sinfonie in Es des Fünf undvierzigjährigen entstanden, setzt sich gegen diese in ihrer ausladenden, mitunter pathe tisch angelegten Weite des Inhaltlichen und der Form nach der Seite des Unbeschwert- Musikantischen hin ab, die in der Mehrzahl seiner Werke Hindemith als den von der Pra xis herkommenden Könner auszeichnete, der als Konzertmeister, konzertierender Bratscher und als solcher Mitglied des in den 20er Jah ren führenden Amar-Quartetts, als Dirigent und Lehrer jeweils dort stand, wo es um ent scheidende Dinge der praktischen Musik ging. Mit seiner Sinfonia serena schuf der Kompo nist ein Muster geistvoller neoklassizistischer Spielmusik. Virtuos, um nicht zu sagen: mit lockerer Hand, bediente er sich der vielfältig sten formalen Gestaltungsmöglichkeiten, wie sie die Klassiker bereitgestellt haben. Den er sten Satz hält er, sie frei verwendend, in der von der Klassik ausgeprägten Sonatenform. Sein heiteres Hauptthema wird vom Horn an gestimmt, ein zweites, als grazioso bezeich netes Thema, führt die Oboe ein. Das unbe schwerte Spiel der musikalischen Linien des Satzes endet mit einem A-Dur-Akkord. Das Orchester funkelt in leuchtenden Farben. Gelöster, derber Humor begegnet im zweiten Satz: eine Paraphrase (freie Fantasie) über Beethovens „Marsch für die böhmische Land wehr", auch „Yorkscher Marsch" genannt, den Beethoven 1809 komponierte. Auf Streicher ist in diesem Satz verzichtet. Die Blechbläser tra gen den Marsch periodenweise vor, die Holz bläser unterbrechen mit witzigen Einwürfen und schaffen den bewegten Klanghintergrund. Pauken und Schlagzeug setzen rhythmische Akzente. Schließlich wird der Marsch als Gan zes vom Blech urkomisch herausgeschmettert. Im dritten Satz fehlen die Bläser. Er stellt eine „Unterhaltung" des in zwei Gruppen geteilten Streichorchesters dar (der ersten Gruppe ist ein ruhiges, elegisches Thema zugeordnet, der zweiten ein spritziges Scherzando-Thema im Pizzikatosatz). An diesem Zwiegespräch be ¬ teiligen sich auch zwei Solo-Violinen, später zwei Solo-Bratschen (je eine Solo-Violine und Solo-Bratsche hinter der Bühne). Das heitere Frage- und Antwort-Spiel des Stückes mündet in ein kontrapunktisch kunstvoll gewirktes all gemeines Palaver der beiden Gruppen. Im fröhlichen rondoähnlichen Finale (gleich dem Einleitungssatz dem vollen Orchester an vertraut), dessen drei Hauptthemen Klarinette, Viola und Englischhorn bringen, greift in die Durchführung, das Ganze rundend, das erste Thema des ersten Satzes ein, und mit Blech bläserfanfaren, die ihn eröffneten, schließt dieser thematisch sehr dicht gearbeitete Satz abrupt in A-Dur. . Wolfgang Amadeus Mozarts Klavierkonzert Es-Dur KV 449 ist das erste in einer Reihe von zwölf großen Klavierkonzerten, die der Komponist als Höhe punkt seines Schaffens auf diesem Gebiete in den Jahren 1784 bis 1786 komponierte und selbst in einigen Konzerten, sogenannten „Akademien", zur Aufführung brachte. In einem Taschenbuch, in das Mozart seit 1784 alle seine vollendeten Werke eintrug und das er bis auf einige Wochen vor seinem Tode fortgeführt hat, steht das Es-Dur-Konzert an erster Stelle, und zwar unter dem Datum des 9. Februar, verzeichnet. Das Werk wurde zum erstenmal in einer Akademie am 17. März 1784 aufgeführt und ist Mozarts Schülerin Bar bara Ployer, der Tochter eines in Wien leben den Landsmannes, gewidmet. Die Komposition des Konzertes fiel in eine Zeit bewunderns werter Produktivität: Unmittelbar danach ent standen zwei weitere Klavierkonzerte (KV 450 und KV 451), ein Klavierquintett (KV 452) und anschließend wieder ein Klavierkonzert (KV 453), das Mozart ebenfalls Barbara Ployer zu^ eignete. In einem Brief vom 26. Mai 1784 be richtete der Komponist seinem Vater über das Es-Dur-Konzert: „Das ist ein Concert von ganz besonderer Art, und mehr für ein kleines als für ein großes Orchester geschrieben“, und in einem anderen Brief (15. Mai 1784) schrieb er, daß dieses Konzert auch „ä quattro ohne Blasinstrumente gemacht werden kann". Aber trotz dieser von Mozart selbst angegebenen Möglichkeit, die Bläser (Oboen und Hörner) wegzulassen, so daß das Werk im Grunde auch schon in kleiner Kammerbesetzung als Klavierquintett zu spielen ist, sind die Blas instrumente hier trotz ihrer sparsamen Verwen-