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lutionärer Aufbruch", „Trauer um die Toten“ und „Neues befreites Leben" zu beziehen. So gegensätzlich sich diese Inhalte in der Sinfonie musikalisch auch darstellen, so sind sie — ausgehend von der übergeordneten Grundidee — doch durch die Einheitlichkeit motivischer Ausgangspunkte gebunden. Der einteilige erste Satz (Allegro risoluto) wird von einem, von Trommeln geschlagenen Marsch rhythmus getragen, auf dem sich — wie ein Fanal — Teile einer aggressiven, auf wärtsstrebenden Quintmotivik erheben, die mit einer abwärts gerichteten, mehr gesanglich empfundenen Quartmelodik in Kontrast gestellt sind. Der dreiteilige zweite Satz (Largo funebre) läßt andeutungsweise Fragmente aus dem Lied „Unsterbliche Opfer" anklingen, die sich in der Folge von einem melodie erfüllten Streichersatz abheben und im Mittelteil — vor der verkürzten und ver änderten Wiederholung des Anfangsteils — zu einer Art Trauermarsch verdichten. Im zweiteiligen dritten Satz (Presto impetuoso) stehen sich asymmetrische Rhyth men (die fugenartig kontrapunktiert werden) und durch wuchtige Schläge unter brochene, marschartige Melodieteile mehrmals gegenüber, ehe sie sich in letzter Steigerung vereinigen und den Satz zu einem kraftvollen Abschluß bringen". Ludwig van Beethoven hat mit seinen fünf Klavierkonzerten, die er zunächst für sein eigenes öffentliches Wirken als Pianist schrieb, Gipfelwerke der virtuosen Konzert literatur geschaffen. Bereits vor den beiden ersten Klavierkonzerten op. 15 und op. 19 hatte er sich mit der Komposition von Klavierwerken beschäftigt (Trio op 1, zahlreiche Sonaten) und auf diesem Schaffensgebiet weit eher musikalisches Neuland, neue Klangbezirke erschlossen als in der Sinfonik. Die Klavierkonzerte entstanden etwa parallel zu den ersten sechs Sinfonien. Als sein Gehörleiden den Meister zwang, seine von den Zeitgenossen hochge schätzte pianistische Tätigkeit aufzugeben, hatte er sein bedeutendstes Klavier konzert, das fünfte in Es-Dur, bereits geschaffen und die mit dem dritten Konzert einsetzende Entwicklung seines konzertanten Schaffens von aristokratisch-gesell schaftlicher Unterhaltungskunst zum ideell-schöpferischen Bekenntnis auf den Höhepunkt geführt. Nach Beethovens eigener Mitteilung hat er das als zweites Konzert geltende Opus 19, B-Dur, bereits vor dem ersten, heute erklingenden Konzert in C-Dur op. 15 komponiert, aber erst 1801 endgültig schriftlich fixiert. Beide Konzerte spielte der Komponist erstmalig 1795 in seinen Wiener Akade mien und — in überarbeiteter Form — Ende Oktober 1798 in Prag. Das Klavier konzert C-Dur op. 15 bewegte sich inhaltlich, stilistisch und formal noch ganz im Rahmen jener „Gesellschaftsmusik", wie sie die Haydn- und Mozartzeit kannte. Dennoch sind durchaus schon typische Merkmale des späteren Personalstiles des damals erst 25jährigen Komponisten zu erkennen: seine Eigenwilligkeit, Kraft und Phantasie. Das spielfreudige Werk, das dem Solisten mit seinen Verzierun gen und brillanten Läufen reichlich Gelegenheit gibt, seine technischen Fertig keiten zu beweisen, besitzt durch die jugendliche Frische und klassische Klarheit seiner musikalischen Gedanken einen hellen, kraftvollen Charakter, der an die Nähe der 1. Sinfonie erinnert. Klarinetten, Trompeten und Pauken verstärken noch diesen festlich-optimistischen Eindruck. Wie üblich steht der erste, umfang reichste Satz (Allegro con brio) des Konzertes in Sonatensatzform. Die Orchester einleitung bringt die Themenaufstellung. Ein akkordisches Marschthema kündigt den strahlenden Charakter des Werkes an. Zunächst leise beginnend, wird es bis zum Tutti gesteigert. In Es-Dur steht das gesangvolle zweite Thema, das nach einer kurzen Durchführung wieder vom Hauptgedanken und einem marschartigen Nachsatz abgelöst wird. Nun setzt das Soloinstrument ein und leitet zum Haupt thema über, das variiert und mit glanzvollen Passagen umspielt wird. Den Durch führungsteil beherrscht in erster Linie der Solist, obwohl das Orchester durchaus selbständig in die musikalische Entwicklung eingreift und den Satz — hach der solistischen Kadenz — epilogartig beschließt. Von intimen Stimmungsgehalt erfüllt ist der Mittelsatz, ein As-Dur-Largo, das wie eine große lyrische Gesangsszene des Soloinstrumentes anmutet. Innige Empfindungen drücken das kantable Hauptthema, die reichen Verzierun gen und Kantilenen dieses Satzes aus. Das Orchester, mit dem Solisten dialogi sierend, steigert den Gefühlsgehalt der musikalischen Aussage. Mit einem über mütigen tanzliedhaften Thema eröffnet das Soloklavier das Rondo-Finale (Alle gro). Auch das Kontrastthema berührt wie ein Volkslied. Humorvoll, spritzig ist der Charakter des Finales, das wirkungsvoll das Konzert krönt. Mit dem Jahre 1835 begann Felix Mendelssohn-Bartholdys dritte und reifste Schaf fensperiode, an deren Beginn und Ende jeweils ein bedeutendes Oratorium steht: „Paulus" und „Elias". Neben dem großartigen Streichquartett op.80 gehört dieser Epoche auch die 1842 vollendete Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56, die Schottische Sinfonie, an. Jene Schaffenszeit Mendelssohns war von inneren Krisen und Kon flikten begleitet, die zu einer Vertiefung seiner Kunst führten. Die systematische Beschäftigung mit der Musik der Vorklassik löste eine strengere Handhabung der Polyphonie, eine herbere, kräftigere Tonsprache aus, die Steigerung der Chro matik eine Bereicherung seiner harmonischen Mittel. Mendelssohns zwei Hauptsinfonien, die Schottische und die Italienische Sinfonie — von der unklaren Chronologie seiner Sinfonien sei nicht gesprochen — verdanken beide ihre Entstehung Natureindrücken. Der Komponist, den Wagner mit Recht einen „Landschaftsmaler" nannte, weilte im Jahre 1829 in Schottland, und unter dem Eindruck der Highlands und Fjorde, des Besuches der in einer schwermütig herben Landschaft gelegenen zerfallenen Kapelle des Edinburgher Stuart-Palastes keimten die ersten Gedanken zu der Schottischen Sinfonie, die seine bedeutendste werden sollte und erst 13 Jahre später endgültig Gestalt gewann. Doch die düstere