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1. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Donnerstag, den 10. September 1981, 20.00 Uhr Freitag, den 11. September 1981, 20.00 Uhr philhannmoioikoo Gastspiel der Prager Sinfoniker, CSSR Jiri Belohlävek, CSSR Dirigent: Bedrich Smetana 1824-1884 Mein Vaterland — Zyklus sinfonischer Dichtungen Vysehrad Die Moldau Sarka PAUSE Aus Böhmens Hain und Flur Tabor Blanik ZUR EINFÜHRUNG Die in der Mitte des 19. Jh. von Franz Liszt be gründete, in seinem Schüler- und Freundeskreis weitergeführte und dann kurz vor der Jahrhun dertwende durch Richard Strauss auf ungeahnte Höhen geführte Gattung der sinfonischen Dich tung, das heißt also eines musikalischen Wer kes, das einem bestimmten literarischen, male rischen oder aus der Natur geschöpften „Pro gramm" folgt und aus ihm seine Formgesetze ableitet, hat in musikästhetischen Auseinander setzungen seit je ein lebhaftes Für und Wider erregt. Die Vertreter einer sogenannten „abso luten" Musik verwarfen den Gedanken einer Verbindu nng von Musik mit angeblich außer musikalischen Vorstellungen, ohne zu beden ken, daß beispielsweise auch ein Werk wie die scheinbar „absolute" 5. Sinfonie von Beethoven offenkundig Träger bestimmter Ideen ist. Da gegen wiesen die Anhänger der Programm musik darauf hin, daß die manchmal durch klangmalende Kunstmittel vorgenommene Nachahmung oder Widerspiegelung von Bil dern der Natur oder dichterischer Gedanken eine sehr alte Vorliebe der Komponisten be deute und daß Musik ohne Ideengehalt zwangsläufig einer inhaltlosen technischen Spe kulation verfallen müsse. Den erlösenden Ge danken hat Richard Strauss ausgesprochen, als er sagte: „Auch Programmusik ist nur da mög lich und nur dann in die Sphäre des Künstleri schen gehoben, wenn ihr Schöpfer vor allem ein Musiker mit Einfalls- und Gestaltungsvermögen ist." Einer solchen Forderung entsprach kaum ein anderer Komponist sinfonischer Dichtungen besser als Bedrich Smetana (1824 bis 1884). Schon in jungen Jahren war der zu nächst gänzlich unbekannte tschechische Mu siker mit dem auf der Höhe seines europäi schen Ruhmes stehenden, außerordentlich großzügigen und hilfsbereiten Franz Liszt in Ver bindung getreten. Er bedeisterte sich für dessen neuartige Tonsprache, vor allem aber für Liszts Überzeugung, daß die Musik des 19. Jahr hunderts nicht allein gekennzeichnet sei durch ihre innige Verschmelzung mit dichterischen und naturhaften Vorstellungen und Program men, sondern daß ihre Haltung vor allem auch durch ihren nationalen Charakter be stimmt sei. So gewann Smetana sehr bald die Gewißheit, daß der Befreiungskampf der tschechischen Patrioten gegen die Habsburgi sche Kaisermacht und die reaktionären, zur Kollaboration mit Österreich bereiten Kreise nicht ohne die Hilfe der Musik geführt werden könne. So entwickelte sich Smetana zu einem bewußten Kämpfer für die tschechische Unab hängigkeit. Seine Opern und Instrumental werke sind nicht denkbar ohne diese von ihm klar erkannte Aufgabenstellung. Auch „Mein Vaterland", ein sechsteiliger Zy klus von sinfonischen Dichtungen, wurde ein gewichtiger Beitrag zur tschechischen National kultur und ein Teil des ideologischen Kampfes. Er ist wesentlich mehr als nur eine Folge histo rischer oder landschaftlicher Bilderbogen' Smetanas Tat ist um so bewunderungswüM ger, als er gewissermaßen einen MehrfrontW krieg führen mußte. Zudem traf ihn persönlich das größte Leid, das einem Musiker wiedej fahren kann: Wie Beethoven verlor er sein hör. Aber statt zu resignieren, verdoppelte er seinen Arbeitseifer. In denselben Wochen des Jahres 1874, in denen ein Nervenleiden eine rasche Zersetzung seines Hörvermögens mit sich brachte, begann er die Arbeit am Zyklus „Mein Vaterland", den er nach Unterbrechun gen durch die Komposition mehrerer Opern und etlicher Instrumentalwerke Ende 1878 be endete. Er hat also niemals mit dem äußeren Ohr vernommen, was seine Phantasie auf das Notenpapier gebannt hatte! „Vysehrad". Smetana beginnt seinen Hymnus auf die tschechische Heimat und ihre Geschichte nicht zufällig mit der klanglichen Darstellung der alten Prager Burg Vysehrad. In ihr sah er das Symbol für die ehemalige Größe des Landes und für die tschechische Nation überhaupt. Schon in seiner historisch legendären Oper „Libusa" hatte er den Vy sehrad zum Schauplatz der Geschehnisse ge wählt. Die alte tschechische Königsburg, heu|| nationale Gedenkstätte mit den Gräbern deutender tschechischer Wissenschaftler und Künstler, darunter auch Smetana, erhebt sic in seinen Klängen vor unserer bildhaften Phai tasie. Harfenakkorde des sagenhaften Barde:, Lumir leiten ein und versetzen uns in die alten Zeiten, aus denen uns der Meister berichten will. Natürlich ginge es zu weit, wollte man jeden einzelnen Takt, jede musikalische Wen dung mittels eines konkreten Vorganges aus deuten, also vor dem inneren Auge gewisser maßen einen Film abrollen lassen. Es genügt dem Komponisten völlig, wenn wir — um einen Hinweis Smetanas zu verwenden — „die Ereignisse um Vysehrad, den Ruhm und Glanz, die Turniere, die Kämpfe und schließlich den