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ZUR EINFÜHRUNG Die tiefernste Grundstimmung des Werkes wird nur an wenigen Stellen aufgehellt. Nach zwei wuchtigen Einleitungsakkorden steigt das grüb lerische Hauptthema fragend aus der Tiefe empor. Ein kämpferisches Motiv aktiviert das musikalische Geschehen zu einer angespann ten Konfliktsituation. Lyrische Seitengedanken können sich nur wenig behaupten. Nachdenk licher Ernst und elegische Züge kennzeichnen den Charakter der Durchführung, die sich aller dings nicht zum Höhepunkt der Auseinander setzung entfaltet. In unerbittlichem d-Moll ver klingt die' Ouvertüre. Die Tragische Ouvertüre d-Moll o p. 81, die Johannes Brahms 1880 während eines Sommeraufenthaltes in Bad Ischl komponierte, war ursprünglich als Bühnen musik zu einer Faust-Aufführung des Wiener Burgtheaters vorgesehen. Obwohl dieser Insze nierungsplan nicht zur Ausführung kam, wurde Brahms, der sich überhaupt intensiv mit Goethe und besonders mit „Faust" befaßte, von diesem Sujet angeregt. Die Auseinandersetzung mit dem Schicksalsgedanken wurde zum Leitmotiv der Tragischen Ouvertüre, einer überaus pro blemgeladenen und teilweise auch spröden Komposition. Dennoch gehört das Stück zwei fellos zu den großartigsten sinfonischen Leistun gen des Meisters; leider ist es nur selten zu hören. Ludwig van Beethoven hat mit seinen fünf Klavierkonzerten, die er zunächst für sein eigenes öffentliches Wirken als Pianist schrieb, Gipfelwerke der virtuosen Konzertliteratur ge schaffen. Bereits vor den beiden ersten Klavier konzerten op. 15 und op. 19 hatte er sich mit der Komposition von Klavierwerken beschäftigt (Trios op. 1, zahlreiche Sonaten) und auf die sem Schaffensgebiet weit eher musikalisches Neuland, neue Klangbezirke erschlossen als in der Sinfonik. Die Klavierkonzerte entstanden etwa parallel zu den ersten sechs Sinfonien. Als sein Gehörleiden den Meister zwang, seine von den Zeitgenossen hochgeschätzte pianistische Tätigkeit aufzugeben, hatte er sein bedeutend stes Klavierkonzert, das fünfte in Es-Dur, bereits geschaffen und die mit dem dritten Konzert ein setzende Entwicklung seines konzertanten Schaffens von aristokratisch-gesellschaftlicher Unterhaltungskunst zum ideell-schöpferischen Bekenntnis auf den Höhepunkt geführt. Nach Beethovens eigener Mitteilung hat er das als zweites Konzert geltende Opus 19, B-Dur, be reits vor dem ersten, heute erklingenden Kon zert in C-Dur op. 15 komponiert, aber erst 1801 endgültig schriftlich fixiert. Beide Konzerte spiel te der Komponist erstmalig 1795 in seinen Wie ner Akademien und — in überarbeiteter Form — Ende Oktober 1798 in Prag. Das Klavier konzert C-Dur op. 15 bewegt sich in haltlich, stilistisch und formal noch ganz im Rahmen jener „Gesellschaftsmusik", wie sie die Haydn- und Mozartzeit kannte. Dennoch sind durchaus schon typische Merkmale des spc^B ren Personalstiles des damals erst 25jährig^n Komponisten zu erkennen: seine Eigenwilligkeit, Kraft und Phantasie. Das spielfreudige Werk, das dem Solisten mit seinen Verzierungen und brillanten Läufen reichlich Gelegenheit gibt, seine technischen Fertigkeiten zu beweisen, besitzt durch die ju gendliche Frische und klassische Klarheit seiner musikalischen Gedanken einen hellen, kraft vollen Charakter, der an die Nähe der 1. Sin fonie erinnert. Klarinetten, Trompeten und Pau ken verstärken noch diesen festlich-optimisti schen Eindruck. Wie üblich steht der erste, um fangreichste Satz (Allegro con brio) des Kon zerts in Sonatensatzform. Die Orchestereinlei tung bringt die Themenaufstellung. Ein akkor- disches Marschthema kündigt den strahlenden Charakter des Werkes an. Zunächst leise be ginnend, wird es bis zum Tutti gesteigert. In Es- Dur steht das gesangvolle zweite Thema, das nach einer kurzen Durchführung wieder vom Hauptgedanken und einem marschartigen Nachsatz abgelöst wird. Nun setzt das Solo instrument ein und leitet zum Hauptthema üb^L das variiert und mit glanzvollen Passagen spielt wird. Den Durchführungsteil beherrsch! in erster Linie der Solist, obwohl das Orchester durchaus selbständig in die musikalische Ent wicklung eingreift und den Satz — nach der soli- stischen Kadenz ^- epilogartig beschließt. Von intimem Stimmungsgehalt erfüllt ist der Mittel satz, ein As-Dur-Largo, das wie eine große lyri sche Gesangsszene des Soloinstrumentes an mutet. Innige Empfindungen drücken das kan- table Hauptthema, die reichen Verzierungen und Konti lenen dieses Satzes aus. Das Orchester mit dem Solisten dialogisierend, steigert den Gefühlsgehalt der musikalischen Aussage. Mit einem übermütigen tanzliedhaften Thema er- 1981