Volltext Seite (XML)
10. ZYKLUS-KONZERT MOZART-SCHUMANN-ZYKLUS Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 13. Juni 1981, 20.00 Uhr Sonntag, den 14. Juni 1981, 20.00 Uhr ohilhöinooorte? Dirigent: Johannes Winkler Solist: Jürnjakob Timm, Leipzig, Violoncello Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 Adagio und Fuge für Streichorchester c-Moll KV 546 Arnold Schönberg 1874-1951 Verklärte Nacht nach einem Gedicht von Richard Dehmel für Streichorchester op. 4 Zum 30. Todestag des Komponisten am 13. Juli 1981 PAUSE Robert Schumann 1810-1856 Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op. 129 Nicht zu schnell — Langsam — Sehr lebhaft Sinfonie D-Dur KV 385 (Haffner-Sinfonie) Wolfgang Amadeus Mozart Allegro con spirito Andante Menuett Finale (Presto) JÜRNJAKOB TIMM, 1949 in Neubrandenburg geboren, erhielt seine erste musikalische Ausbildung in Schwe rin. 1965 begann er sein Studium an der Leipziger Musikhochschule als Schüler von Friedemann Erben. Nach einer Aspirantur an seiner Ausbildungsstätte wurde er 1973 als 1. Solocellist an das Leipziger Ge wandhausorchester verpflichtet und ist seitdem gleich zeitig Mitglied des Gewandhaus-Quartettes. Im glei chen Jahr errang er den 1. Preis des Internationalen Instrumentalistenwettbewerbes in Markneukirchen und 1975 den 3. Preis beim Internationalen Violoncello wettbewerb in Genf. Er absolvierte bereits zahlreiche erfolgreiche Konzerte in der DDR (mit der Dresdner Philharmonie konzertierte er erstmalig 1980 zu den Arbeiterfestspielen im Bezirk Rostock), in der Ungari schen VR, ÖSSR, UdSSR, in der SR Rumänien, in der BRD und in Italien. ZUR EINFÜHRUNG ZuWolfgangAmadeusMozarts Leb zeiten war die Fuge als streng kontrapunktische Technik bereits weitgehend „aus der Mode" gekommen. Zwar gehörte sie nach wie vor zur unverzichtbaren handwerklichen Grundlage der Komponisten, doch konnte sie in dem neuen, aufklärerischen Zeitalter nicht mehr selbstver ständlicher und zeitgemäßer Ausdruck der Mu sik sein. Trotzdem begann Mozart auf Bitten seiner Ehe frau Konstanze, einer Liebhaberin Bachscher Fugenkunst, sich ab 1782 intensiver mit der Fu gentechnik zu beschäftigen. Nachdem er an fänglich mit Bachschen Fugen experimentierte, indem er sie neu bearbeitete (so instrumentierte Mozart z. B. 5 Fugen aus dem 2.Teil des „Wohl temperierten Klaviers" für 2 Violinen, Viola und Baß um), folgten eigene Kompositionen in die sem Stil. Mozarts Respekt vor der Fugenform als Höchstleistung der Polyphonie war zugleich verknüpft mit dem Bestreben, von ihr aus zu neuen Zielen vorzustoßen, sie in den Dienst eines neuen künstlerischen Wollens zu stellen. Dabei hat er seine Fugen nicht „aus dem Ärmel schütteln können", sondern sich durchaus ernst haft und selbstkritisch mit diesem Problemkreis auseinandergesetzt. Die c - M o I I - F u g e entstand 1783 zunächst in einer Fassung für zwei Klaviere. 1788 instru mentierte Mozart sie für Streichquartett um und komponierte eine Einleitung hinzu. Dieses ab solut mozartisch gehaltene Adagio enthält den Gegensatz zweier kontrastierender Ge danken, in Gestalt eines scharf punktierten, kraftvollen und eines lyrischen innigen Themas. Die streng und dabei kühn durchgearbeitete Fuge ist organisch mit dem einleitenden Adagio verbunden. Bei ihr liegt der Gefühlskontrast be reits im Thema. Die Technik der Fugierung und Engführung dieses Themas weist, wie die Bach schen Fugenkompositionen, unfehlbare kompo sitorische Meisterschaft auf, obgleich die Kunst Bachs nicht mehr Maßstab für die Fuge der Wiener Klassik sein kann. Arnold Schönberg wurde im Jahre 1874 in Wien geboren. Er erwarb sich bei seinem Schwager Alexander von Zemlinsky, vor allem aber durch gründliches Selbststudium ein her vorragendes Wissen um den musikalischen Satz. Ab 1902 übte er eine eigene Lehrtätigkeit aus. Zu seinen berühmtesten Schülern gehörten in der Folgezeit Alban Berg, Anton von Webern, Hanns Eisler, Hans Erich Apostel, Hanns Jelinek, Ernst Krenek und Egon Wellesz. 1910 wurde er Lehrer an der Wiener Musikakademie, 1923 Lei ter der Meisterklasse für Komposition an der Akademie der Künste in Berlin. Vor dem Fa schismus emigrierte er 1933 in die USA, wo er als Professor für Komposition an der Kaliforni schen Universität in Los Angeles tätig war. Seit 1944 lebte er hier von einer geringen Rente und verstarb im Jahre 1951. Arnold Schönberg gehört zu den bedeutendsten Exponenten der bürgerlichen „Neuen Musik" unseres Jahrhunderts. Sein Name ist aufs eng ste mit der Herausbildung der zwölftönigen Setzweise in der musikalischen Komposition verbunden. („Der Methode, mit zwölf Tönen komponieren, gingen viele Vorversuche voi aus . .. Einheit und Ordnung waren es, die mich unbewußt diesen Weg geführt hatten.") Schön bergs dritter Schaffensabschnitt brachte die Auf stellung der Lehre von den zwölf aufeinander bezogenen Halbtönen der Oktave, mit der der Komponist verantwortungsbewußt der Aufhe bung der tonalen Bindungen in der bürgerlichen Musik seiner Zeit entgegenzutreten versuchte. Eine Synthese aus konstruktiver Logik und stärkster Expression, geniale Begabung, ein mathematisch-fundiertes System mit künstleri scher Intensität und musikalischem Ausdruck zu erfüllen — das ist es, was Schönbergs musikge schichtliche Leistungen kennzeichnet, über deren Größe und Grenzen Hanns Eisler treffliche Be obachtungen und Analysen angestellt hat, die dem „Phänomen" Schönberg im Anerkennen den wie im Kritischen sehr gerecht werden. Ob wohl Schönberg selbst sagte: „Musik, die nicht aus dem Innern ihres Schöpfers kommt, kann nie gute Musik sein . . . Auch in heutiger Zeit entbehrt ein Komponist ohne Romantik grundsätzlich der menschlichen Substanz", im mer nach besten Kräften danach handelte und in den Spätwerken der Emigrationszeit mehrfacl zu tonalen Zentren zurückkehrte, spielen seir( Werke im praktischen Musikleben unserer Zeii immer noch nicht wenig mehr als eine periphere Rolle. Der im Wien der Jahrhundertwende aufgewach sene Schönberg begann seine künstlerische Ent wicklung als Spätromantiker und enthusiasti scher Apologet der Wagnerschen „Zukunftsmu sik". Seine frühen Werke bis zur sinfonischen Dichtung „Pelleas und Melisande" stehen im Banne eines Brahms, Mahler, Richard Strauss und vor allem eines übersteigerten Wagneris- mus. Schönberg versuchte zunächst, die bisher gültige Tonalität und Ausdrucksbasis zu erwei tern und zu verfeinern — das führte zu klang-