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Tendenzen der neuen Musik, gelangte der Komponist — nach seinen eigenen Worten — zu einer musikalischen Aussage, „die neben den handwerklichen Fertigkeiten der rasch nacheinander auftauchenden Stil richtungen eine klare, vom Volkslied beeinflußte Tonsprache mit Ein beziehung harmonischer Freiheiten und formaler Raffung anstrebt und zu einer auch dem Hörer verständlichen Kompositionsausübung führen sollte". Die Festliche Tokkata stellt die Verselbständigung des Vorspiels zur Oper „Madame Liselotte" dar. Es handelt sich um ein Tonstück in freier Form. Lineare Entwicklungen wechseln mit akkordischen Partien. Eine dreimalige Aufwärtsbewegung steht am Beginn. Trioien leiten zu einem liedhaften Blechbläserthema über, das mehrmals wiederkehrt. Nach der glanzvoll aufrauschenden langsamen Einleitung folgt ein Allegroteil, der wie eine Durchführung des bisherigen Materials erscheint. Mit einem Rückgriff auf die langsame Einleitung rundet der Komponist das musi- kantische und vitale Stück ab. IGOR STRAWINSKY DER FEUERVOGEL Das 1910 in Paris durch das Djagilew-Ballett uraufgeführte Ballett „Der Feuervogel" gehört zu den beliebtesten Schöpfungen Igor Strawinskys. Die aus diesem Werk zusammengestellte Konzertsuite hat sich wegen ihres bestrickenden Klangzaubers und ihrer lyrischen Verhaltenheit, die mit barbarischer Wildheit wechselt, einen Stammplatz im Repertoire vieler Orchester der Welt errungen. Von der Suite gibt es drei Fassungen: die von 1910 für sehr großes Orchester die heute erklingende von 1919 für mittleres Orchester, ganz dem Zuge der Sparsamkeit nach dem ersten Weltkrieg und der Entwicklung Strawinskys folgend, und die von 1945 für normales Orchester mit eigenen Instrumentationsretuschen. Die Fabel des Balletts folgt einem russischen Märchen vom Prinzen Iwan, der im Zaubergarten des Menschenfressers Kaschtschei dem Feuervogel begegnet, ihn einfängt und gegen Überlassung einer Feder wieder frei läßt. Gefangene Prinzessinnen tanzen im mondbeschienenen Park, Prinz Iwan verliebt sich in eine von ihnen, der er trotz aller Warnungen ins Schloß folgen will. Der Zauberer Kaschtschei tritt ihm entgegen, um ihn in Stein zu verwandeln. Der durch die Feder herbeigerufene Feuervogel ver rät dem Prinzen das Lebensgeheimnis des Zauberers. Der Prinz tötet ihn und befreit dadurch alle Gefangenen und Verzauberten. Die geliebte Prinzessin ist eine Zarentochter, mit der er sich verlobt. Die Suite gibt die wichtigsten Episoden des Balletts wieder. Die Introduk tion (Einleitung) läßt den Zaubergarten aufblühen. Eine Figur wächst aus dunkler Tiefe (Violoncello, Kontrabässe) zu einer lyrischen Melodie der Oboe. Die Farbigkeit, durch eine zauberhafte Instrumentation hervorgeru fen, versetzt den Hörer sofort in eine märchenhafte Stimmung. Ein bunter Vogel, der Feuervogel, schwirrt plötzlich in diesem Zaubergarten umher. Das Schwirren, durch spielerische Figuren zweier Flöten und einer Klari nette, durch Tremoli und das Pizzicato der Streicher, durch Glissandi des Klaviers und der Harfe unterstrichen, ist musikalisch äußerst suggestiv ge staltet. In einem Pas de deux (Tanz zu zweien) wird die Begegnung des Prinzen mit dem Feuervogel geschildert. Dann tanzen die verzauberten Prinzessinnen (Scherzo). Ein Rondo erzählt von der aufkeimenden Liebe des Prinzen zu der schönsten Prinzessin. Hier hat Strawinsky eine Oboen melodie von anmutiger Süße geschaffen. Ihr steht eine Violinmelodie von ähnlicher Lieblichkeit und lyrischer Verhaltenheit zur Seite. Aber der Zau berer Kaschtschei bannt zunächst alle in seine höllischen Fänge; der barbarisch-wilde Tanz, in dem, nach einem Wort Debussys, die „rhythmi sche Gewaltherrschaft" der Musik beginnt, hat etwas Brutales an sich, durch Schlagzeugpassagen und synkopische Melodiefetzen gekennzeich net. Hier sind die Ansätze, die später im „Sacre ii Printemps" ^.Vor herrschaft gelangen, die den Rhythmus in den V^Htrgrund rück^^Ktra- winsky läßt auf dieses entfesselte Stück ein Wiegwlied des Feu^Wogels folgen, das nicht nur durch den gewaltigen Kontrast, sondern auch durch den bestrickenden Liebreiz der Melodie (Fagott) einen tiefen Eindruck hervorruft. Eine Hymne krönt die Ballettsuite, in der er allen moskowiti- schen Prunk und Reichtum aufleuchten läßt, so wie ihn auch viele der alten Märchen Rußlands enthalten. Die Hornmelodie steigt über die Vio linen und Flöten immer höher empor, wird immer reicher harmonisiert und immer verführerischer im Klang ausgestattet. Sie wird metrisch vom Drei- Halbe-Takt zum Sieben-Viertel-Takt umgewandelt, und vor der endgülti gen Steigerung werden durch Klavier- und Harfenakkorde, durch Pauken und tiefste Instrumente Glockeneffekte erzielt. Musikalisch wird der Ein- durck einer gewaltigen, feierlich-großartigen Prozession im alten Rußland hervorgerufen. Strawinsky ist in diesem Werk Folklorist, nicht nur, weil seine Melodien Volksliedcharakter haben, sondern auch, weil die Harmonik so spezifisch russisch ist, der Klang (trotz aller impressionistischen Anklänge, die aber auch bei Rimski-Korsakow zu finden sind) den Zauber des Rußlands der alten Märchen beschwört und der Rhythmus die Kraft dieses Landes und Volkes zum Ausdruck bringt. Künstler- Agentur der DDR Tourneeleitung: Künstleragentur der DDR Redaktion: Dr. phil. habil. Dieter Hartwig Druck: Polydruck III913 2000 ItG 009/95/80