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artige Begleitstimmen oder Begleitakkorde auszudeuten und zu vertiefen, war nahezu un begrenzt. Das Klavierkonzert Es-Dur KV 271 schrieb Wolfgang Amadeus Mozart im Alter von 21 Jahren, im Januar 1777 für die französische Pianistin Mlle. Jeunehomme. „Dies ist eines der monumentalen Werke Mo zarts, in denen er ganz er selber ist und sein Publikum nicht mehr durch Gefälligkeit und Entgegenkommen zu gewinnen sucht, sondern durch Originalität und Kühnheit", schrieb der Mozart-Forscher Alfred Einstein zu diesem ge nialen Jugendwerk. „Er hat es nie übertroffen. Es gibt im Schaffen großer Meister dergleichen Würfe, die Jugendlichkeit und Reife vereinen: die Tizianische Hochzeitstafel, die als .Himm lische und irdische Liebe' bekannt ist, der .Werther 1 Goethes, die .Eroica' Beethovens. Dies Klavierkonzert in Es-Dur ist die .Eroica' Mozarts. Es besteht zwischen den drei Sätzen nicht nur ein tieferer Gegensatz und infolge dessen eine höhere Einheit, sondern auch eine innigere Verbindung des Solisten mit dem Or chester und das Orchester ist in sich feiner und reicher belebt — es ist ein sinfonisches Or chester. Nirgends ist Virtuosität gesucht; den noch stellt dies Konzert auch in technischer Beziehung höhere Ansprüche als die vorange gangenen Konzerte." Ungewöhnlich ist der Beginn des Eröffnungs satzes: Nachdem das Orchester mit einem kräf tigen Ruf eingesetzt hat, erscheint bereits im zweiten Takt die Antwort des Soloinstruments, das sich also schon am Kopfthema der Or chestereinleitung, am Eingangstutti beteiligt (vor dem eigentlichen Soloeinsatz, der hier nicht gleich mit dem Hauptthema, sondern mit einem kurzen improvisatorischen Präludie ren des Solisten erfolgt). Auch beim Schluß tutti dieses Satzes ist das Soloinstrument wie der dabei. Von besonderer Schönheit und tie fem Empfindungsgehalt ist der beseelte, kan- table langsame Mittelsatz in c-Moll, der übri gens der erste Mollsatz war, den Mozart für ein Konzert komponiert hat. Das Orchester- Ritornell, durch das der Satz in zwei große Teile gegliedert wird, beginnt mit einem Ka non der Streicher (zwischen erster und zweiter Violine), der dann den Untergrund für den ed len Gesang des Soloinstruments bildet. Als ausgedehntes Rondo wurde der Finalsatz des Konzertes angelegt. Besonders zu erwähnen ist hierbei der Einbau eines in As-Dur stehen den ausdrucksvoll-ernsten Menuetts mit vier Variationen in den sehr brillanten, virtuos glänzenden Satz, der ebenfalls eine äußerst enge, meisterliche Verknüpfung zwischen Solo- und Tuttipartien erkennen läßt. über die Entstehung seiner 1. Sinfonie B - D u r o p. 3 8 berichtet uns Robert Schu rn a n n : „Ich schrieb die Sinfonie zu Ende des Winters 1841, wenn ich es sagen darf, in je nem Frühlingsdrang, der den Menschen wohl bis in das höchste Alter hinauf und in jedaa Jahr von neuem überfällt. Schildern, ma^H wollte ich nicht; daß aber eben die Zeit.^n der die Sinfonie entstand, auf ihre Gestaltung und daß sie gerade so geworden, wie sie ist, eingewirkt hat, glaube ich wohl." Diese erste, die „Frühlingssinfonie", entstand also in dem selben Sinfoniejahr 1841 wie die Erstfassung der späteren „Vierten“ und die sogenannte Sinfonietta. Nach langen Kämpfen gegen sei nen Schwiegervater hatte sich Schumann die Ehe mit Clara Wieck erkämpft, und das Glück ihrer Gemeinsamkeit spiegelte sich in Kompo sitionen dieser Zeit wider. Aus diesem Glück heraus ist der Jubel, ist das Jauchzen dieser vorwärtsdrängenden, strahlenden Sinfonie vor allem auch zu verstehen. Obwohl Schumann nicht schildern, nicht malen wollte, hatte er doch ursprünglich den einzelnen Sätzen Über schriften gegeben, die er dann jedoch fortließ (Frühlingsbeginn — Abend — Frohe Gespie len — Voller Frühling). Der erste Satz besitzt eine langsame Einlei tung (Andante un poco maestoso), die mit einem stolzen Ruf der Hörner und Trompeten sowie dessen Wiederholung im Tuttiorchester eröffnet wird. Huschende, unruhige Floskeln schließen sich an, ehe zart das punktie^Ä Kopfmotiv wieder in den Holzbläsern erklin^w Nach einer ritardierenden Flötenkadenz be ginnen Trioien in den Streichern, das Tempo anzutreiben, über anschwellendem Pauken wirbel jagen diese Figuren dem Allegro mol to vivace zu, dessen Hauptthema zwar genau aus dem anfänglichen Hornruf aufgebaut ist, nun aber eine vitale, jubelnde Note erhält. Der rasche Nachsatz führt diese Energien nur noch weiter. In den Holzbläsern wird ein zweites Thema eingeführt, wiegend und schmeichelnd. Aus dem Anfangsthema wird schließlich gegen Ende der Exposition noch ein weiterer Gedanke entwickelt, der in strah lende Höhen führt. Die Durchführung wird wesentlich von dem drängenden Hauptthema bestritten, das in Teilmotivtechnik durch das ganze Orchester wandert und schließlich auf dem Höhepunkt hymnisch gesteigert in der Vergrößerung erscheint. An die Reprise schließt sich noch eine längere Coda an, die den Frühlingsjubel zu neuen Höhen führt. Warmherziger Ausdruck bestimmt den zweiten Satz, ein in Es-Dur stehendes Larghetto. Die tiefempfundene, liedhafte, weit ausgesponne ne Weise wird erst von den Streichern vorge tragen, erscheint dann in den Holzbläsern, später besonders kantabel in den Violoncelli, zmt von den übrigen Instrumenten umspielt. kurz kann sich eine Verdüsterung der ^ffnmung halten. Kurz vor Schluß ertönen fei erliche Posaunenklänge, ehe sich nahtlos der dritte Satz (Scherzo-Molto vivace) anschließt. In dessen Grundmotiv erkennen wir die gerade vernommenen Posaunenklänge wieder, nun al lerdings energisch, leidenschaftlich gesteigert. Leichteres Spiel finden wir in dem tänzerisch konzipierten ersten Trio, dem wiederum das Scherzo folgt. Für das zweite Trio ist ein Ton leiteraufstieg bzw. -abstieg von thematischer Wichtigkeit. Nach einer verkürzten Wiederho lung des Scherzos bringt die in D-Dur stehen de Coda noch einmal helle Farben ins Spiel. Der letzte Satz (Allegro animato e grazioso) wird mit einem jubelnd aufsteigenden, ein mal energisch synkopierten Thema eröffnet, das noch von Bedeutung sein wird. Erst ein mal macht sich in rasch dahinhuschenden Fi guren eine unbeschwerte Heiterkeit breit. Be sonders keck beteiligen sich die Holzbläser an der ausgelassenen Stimmung. Dann jedoch taucht immer wieder das Kopfmotiv auf, dun kel zuerst, dann immer klarer und strahlender. In der Durchführung wird es vollkommen be herrschend, beharrend auf den wiedergewon nenen Kräften der frühlingshaften Natur. Eine Flötenkadenz gibt den Weg für die anfängli che Unbeschwertheit frei. In strahlender Le bensfreude endet dieses glückvolle Werk. Dr. habil. Dieter Härtwig