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ZUR EINFÜHRUNG 1881 in Nagyszentmiklös geboren, studierte Bela Bartok an der Budapester Musik akademie und wurde dort im Jahre 1906 zum Professor für Klavierspiel ernannt. 1940 emi grierte er als leidenschaftlicher Gegner des Faschismus über Jugoslawien, Italien, die Schweiz in die Vereinigten Staaten von Ame rika. Fünf Jahre waren ihm in den USA, na mentlich in New York, noch zu leben und zu schaffen vergönnt, ehe ihn am 26. September 1945 der Tod von seinem heimtückischen Leu kämie-Leiden erlöste. Die amerikanischen Jah re hatten dem Künstler mehr ideellen als ma teriellen Gewinn gebracht. Doch erst nach sei nem Tode errang sein schöpferisches Lebens werk wahrhaftige Weltgeltung. Bartoks Weg als Komponist begann zunächst in den Bahnen der Wiener Klassiker; Brahms, Liszt und Richard Strauss traten danach in seinen Gesichtskreis. Da man damals in sei nem Heimatlande auf allen Gebieten die Merkmale des typisch Ungarischen erforschte, ereignete es sich von ungefähr, daß auch Bar- tök begann, sich mit dem echten ungarischen Volkslied zu beschäftigen, weil er erkannt hat te, daß die bis dahin unter der Bezeichnung Volkslieder gepflegten ungarischen Weisen mehr oder weniger triviale volkstümliche Kunst lieder waren. Gestützt auf bisherige Untersu chungen, allein oder zusammen mit seinem Landsmann und Freund Zoltän Kodäly, begab er sich auf Forschungsreisen durch Ungarn, Ru mänien, slawische Randgebiete und sammelte — oft unter größten Schwierigkeiten — alles echte Volksmusikgut, das ihm begegnete, na mentlich „die bis dahin schlechtweg unbekann te ungarische Bauernmusik". Bartoks Auf zeichnungen tausender sikulischer, transsylva- nischer, slowakischer, rumänischer, jugoslawi scher und anderer Volksmelodien und Tänze, die Anlaß umfassender Volksliededitionen wurden, sind mit höchster Exaktheit eines Ge lehrten angefertigt, der zum Folkloristen prä destiniert war durch das unerhörte Format sei ner musikalischen Begabung und Kenntnisse, sein Sprachwissen (zum Beispiel slowakisch, englisch, französisch, deutsch, spanisch, rus- isch, arabisch, türkisch) und durch die echte Leidenschaft des Sammlers. Wissenschaft und Kunst, Präzision des Musikforschers und künst lerische Intuition — bei Bartok gab es kei nen Widerspruch auf diesen Gebieten. Der Künstler empfing Anregungen durch den Folk loristen, der Volksliedersammler wurde unter stützt- durch den musikalischen Verstand des Künstlers. Die Begegnung und Beschäftigung mit der Folklore wurde für die Herausbildung von Bar- töks Personalstil entscheidend. Nach spätro mantischen und impressionistischen Anfän gen kam es zu direkter oder indirekter Auf nahme folkloristischer Motive. Die eigenartige, von westeuropäischen Einflüssen kaum berühr te Rhythmik und Harmonik der uralten Volks weisen entdeckte Bartok „die Möglichkeit ei ner vollständigen Emanzipation von der Allein herrschaft des bisherigen Dur- und Moll^t stems". Der Komponist begann, eine na^B nalungarische Musik zu schaffen, unter dW» Aspekt, „die Kunstmusik mit Elementen einer frischen, durch das Schaffen der letzten Jahr hunderte nicht beeinflußten Bauernmusik zu beleben". Der Verschmelzungsprozeß gelang Bartok in einer ganz persönlichen Synthese. Nach seinen eigenen Worten machte er die ungarische Bauernmusik zu seiner musikali schen Muttersprache. In drei Stiletappen voll endete sich sein Werk, über eine gesunde antiromantische Opposition schließlich allmäh lich hineinwachsend in die ernsten, gereiften Bezirke des Geistigen, ohne dabei das Erbe der elementar-vitalen ungarischen Rhythmik zu vernachlässigen. Gleichzeitig blieben auch der Kontrapunkt im Geiste Johann Sebastian Bachs und die kontrastreiche Durchführungstechnik der Wiener Klassiker Grundlagen für die ur wüchsige, vergeistigte Tonsprache Bartoks, der zahlenmäßig nicht allzu viele, jedoch höchst bedeutende Schöpfungen hinterlassen hat, die zu den stärksten musikalischen Leistungen un seres Jahrhunderts gehören. Bartok hat wiederholt Klavierwerke orche striert. Auch die heute zur Aufführung gelcu^ genden Ungarischen Bauernlie c^B stellen Orchesterbearbeitungen einzelner StcnT ke aus dem 1914 bis 1917 geschaffenen Kla vierzyklus „15 ungarische Bauernlieder" dar, aus dem der Komponist 1933 die Nr. 6 (Bal lade — Tema con variazioni) sowie die Num mern 7—12 und 14—15 (Alte Tanzweisen) aus wählte und sie zu dem zweiteiligen Orchester werk zusammenfügte, das am 18. März 1934 unter Gyula Baranyai in Szombathely urauf geführt wurde. Diese kleine Arbeit Bartoks zeigt, auf welch anregende Weise er das Pro blem Volksmusik-Kunstmusik zu lösen ver stand. Seine Fähigkeit, Gesangsmelodien auf Instrumente zu übertragen und sie durch neu- WALTER OLBERTZ studierte an der Weimarer Musik hochschule bei Prof. Horst Liebrecht und wirkt als Do zent für Klavierspiel an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin. Er konzertierte mit führen den Orchestern der DDR und gastierte u. a. in der Sowjetunion, CSSR, BRD, in Kuba, Italien, Japan, in der Schweiz. Walter Olbertz produzierte zahlreiche Schallplattenaufnahmen bei ETERNA (u. a. das Con certo von Strawinsky mit dem Leipziger Gewandhaus orchester unter V. Neumann, Gesamtaufnahme der Klaviersonaten von Haydn, Klavierwerke von Hanns Eisler, mit Karl Suske sämtliche Violinsonaten von Mo zart und Beethoven, mit Peter Schreier sämtliche Beet hoven-Lieder sowie Lieder von Schubert, Schumann, Mendelssohn, Hindemith und Prokofjew, mit Arleen Auger Lieder von Schubert und Schumann). Mit der Dresdner Philharmonie konzertierte er auf Gastspiel reisen in Norwegen, Dänemark, Schweden und in der VR Polen.