Volltext Seite (XML)
4. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Donnerstag, den 25. Dezember 1980, 20.00 Uhr Freitag, den 26. Dezember 1980, 20.00 Uhr oHiilhomooioi^ Dirigent: Johannes Winkler Solist: Peter Rösel, Dresden, Klavier Max Reger 1873-1916 Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart op. 132 III IV V VI VII VIII Thema Variation Variation Variation Variation Variation Variation Variation Variation (Andante grazioso) (L'istesso tempo) (Poco agitato) (Con moto) (Vivace) (Quasi Presto) (Sostenuto quasi Adagietto) (Andante grazioso) (Molto sostenuto) Fuge (Allegretto grazioso — Maestoso — Largo) PAUSE Carl Maria von Weber 1786-1826 Peter Tschaikowski 1840-1893 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 Es-Dur op. 32 Allegro maestoso Adagio Rondo (Presto) Der Nußknacker — Ballettsuite op. 71 a Ouvertüre (Allegro giusto) Marsch (Tempo di marcia viva) Tanz der Zuckerfee (Andante non troppo) Trepak (Tempo di trepak, molto vivace) Arabischer Tanz (Allegretto) Chinesischer Tanz (Allegro moderato) Tanz der Rohrflöten (Moderato assai) Blumenwalzer (Tempo di valse) PETER RÖSEL wurde 1945 in Dresden geboren. Sein Klavierstudium an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber" in Dresden bei Ingeborg Finke- Siegmund beendete er 1963 und setzte es von 1964 bis 1969 am Moskauer Konservatorium fort. Dort waren seine Lehrer die Professoren Dmitri Baschkirow und Lew Oborin. Bei mehreren international hoch do tierten Wettbewerben war Peter Rösel unter den ersten Preisträgern, so 1963 beim III. Internationalen Schu mann-Wettbewerb in Zwickau, 1966 beim III. Interna tionalen Tschaikowksi-Wettbewerb in Moskau und beim IV. Internationalen Musikwettbewerb in Montreal 1968. Der junge Künstler, der bereits zahlreiche Rundfunk-, Fernseh- und Schallplattenaufnahmen produzierte, kon zertierte seit Beendigung seines Studiums mit außeror dentlichem Erfolg in vielen Ländern Europas. Asiens und in Nordamerika. Bei der Dresdner Philharmonie ist er seit 1968 ständiger Gast. Er zählt heute nicht nur zu den erfolgreichsten Künstlern der DDR, sondern auch zu den Besten seines Faches im europäischen Maßstab. 1972 erhielt Peter Rösel den Kunstpreis der DDR und 1978 wurden seine hervorrragenden künstle rischen Leistungen mit dem Nationalpreis der DDR gewürdigt. Seit 1976 ist er Solist des Gewandhausor chesters Leipzig. ZUR EINFÜHRUNG Die Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart op. 132 sind neben den Hiller-Variationen rasch zu M a x Regers berühmtestem und volkstümlichstem Orchesterwerk aufgestiegen. Das im Sommer 1914 entstandene Werk mutet in der umfas sen überschau der Regerschen Kunst wie ein testamentarisches Vermächtnis an. Der Kom ponist hat hier den Gipfelpunkt seines jahre langen Ringens um Einfachheit, Klarheit und Durchsichtigkeit des Ausdrucks und der Or chesterbehandlung erreicht. Sein reifstes, schön stes und bedeutendstes Orchesterwerk müs sen wir also in den Mozart-Variationen sehen, denen das bekannte 6/8-Thema aus Mozarts Pariser A-Dur-Klaviersonate zugrunde liegt. Mit einem harmonischen Raffinement ohne gleichen, einer hochgesteigerten Chromatik und differenzierten Rhythmik, einer stark kontrastierenden Dynamik wird der großartige Cantus firmus des Mozart-Themas, das hier nur als Phänomen, nicht als stilistische Vorla ge, dient, wundersam zu etwas völlig Eigenem und Neuem umgeformt. Regers Werk reicht al so weit über den Begriff „Mozart" hinaus. Seine überlegene Phantasie und Gabe zu kon zentrierter Ausdrucksverdichtung ließen ein Werk entstehen, dessen gestalterische Vielfalt, dessen schöpferischer Reichtum scheinbar alle Formen sprengt und das doch in die Formen der Klassik und des Barocks, Variationen und Fuge, wie wir sie bei Reger oft begegnen, hineingepreßt ist. Das Mozart-Thema erklingt zunächst in Ori ginalgestalt, von Hornbläsern und Streichern vorgetragen. Dann folgen acht Variationen, deren größter Teil das Thema oder Ausschnit te aus diesem unangetastet lassen. Im Sinne des barocken Figurationsprinzipes werden da bei neue Stimmungen durch andere Harmoni sierung (auch Mollversetzung), kontrapunkti- sche Gegenstimmen, Umkehrungen, Verände rungen der Rhythmik und der Instrumentation usw. erreicht. In der 4. und 5. Variation ver wandelt Reger auch den Charakter des The mas völlig, wie es in der Romantik üblich war. Die 8. Variation ist eine ungemein ausdrucks starke Fantasie über das Thema. Dann setzt als überwältigende Krönung des Werkes eine Doppelfuge ein. Das erste Thema wird in leichtflüssigem Staccato angestimmt, das zwei te besitzt einen mehr gesanglichen Charak ter. Beide Themen werden verknüpft, als Kontrapunkte treten Reminiszenzen aus den Variationen hinzu. Auf dem Höhepunkt der Entwicklung erklingt zu den beiden Fugenthe men (in den ersten Violinen und in der Klari nette) mit strahlend-festlichem Hörner- und Trompetenklang das originale Mozart-Thema gleichsam als fixe Idee. Der Kreis dieses ein zigartigen Variationenzyklus hat sich geschlos sen. Carl Maria von Weber war einer der brillantesten Pianisten seiner Zeit. Besonders gerühmt war seine Gabe der Improvisation. Er besaß eine ungewöhnlich weite Handspan ne; der virtuose Grundzug seines Klavierstils, die Vorliebe für Terzen- und Oktavengänge, für Dezimengriffe, für kühne Sprünge, für glanzvolles Passagenwerk usw. stehen damit in engem Zusammenhang. Webers Klavier werke, die heute zu Unrecht vernachlässigt werden, verschmelzen zweifellos verschieden ste klavieristische Anregungen, so von seinen Lehrern M. Haydn, G. J. Vogler und F. Danzi, von C. Ph. E. Bach, J. N. Hummel, J. L. Dusik, auch von J. Haydn, Mozart und Beethoven, doch besitzen sie vor allem einen Eigenklang, der einerseits aus einer Mischung von cheva- leresker, heiterer Eleganz und volkstümlicher Schlichtheit des Empfindens besteht, anderer seits durch opernhafte Ausdruckswirkungen ge kennzeichnet ist. Weber wußte als echter Virtuose seinen Kla vierkompositionen, die vielfach für den eige nen Gebrauch auf Konzertreisen geschrieben wurden, stets einen absolut klavieristischei Charakter zu geben, die Möglichkeiten des h| struments ausschöpfend und ins rechte Licht rückend. So wurde seine Klaviermusik beispiel haft für die pianistische Virtuosenmusik des 19. Jahrhunderts. F. Liszt, der verschiedene Webersche Klavierstücke bearbeitete, konnte sich mit Fug und Recht als sein Fortsetzer füh len. Aber auch zu Mendelssohn, Schumann und Chopin spinnen sich Fäden. Doch ist Webers Virtuosität und Brillanz nicht äußerlicher Selbstzweck, sondern Ausdruck inneren Wol lens. Mit Orchesterbegleitung schuf Weber zwei Konzerte und das Konzertstück f-Moll. Das 2. Klavierkonzert Es-Dur op. 32