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5. ZYKLUS-KONZERT MOZART-SCHUMANN-ZYKLUS Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 13. Dezember 1980, 20.00 Uhr Sonntag, den 14. Dezember 1980, 20.00 Uhr okrilhQmniooio Dirigent: Johannes Winkler Solist: Alexander Golyschew, Sowjetunion, Flöte Robert Schumann 1810-1856 Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 Ouvertüre zu Goethes „Hermann und Dorothea" op. 136 Konzert für Flöte und Orchester G-Dur KV 313 Allegro maestoso Adagio non troppo Rondo (Tempo di Menuetto) Robert Schumann PAUSE Ouvertüre zu dem dramatischen Gedicht „Manfred" von Lord Byron op. 115 Arthur Honegger 1892-1955 Sinfonie Nr. 3 („Liturgique“) Dies irae (Allegro marcato) De profundis clamavi (Adagio) Dona nobis pacem (Andante) Zum 25. Todestag des Komponisten am 27. November 1980 Alexander Golyschew, Solo-Flötist des Or chesters des Bolschoi-Theaters Moskau, Verdienter Künst ler der RSFSR, ist gebürtiger Moskauer. Er absolvierte die Zentrale Musikschule seiner Heimatstadt in den Fachrichtungen Flöte und Klavier und vervollständigte anschließend seine Ausbildung am Moskauer Konser vatorium als Schüler von I. Dolshikow. Nach dem Staatsexamen wurde er sogleich Mitglied des Or chesters des Bolschoi-Theaters. Aus dem Internationalen Wettbewerb im Rahmen des „Prager Frühlings" 1974 ging er als 2. Preisträger hervor. Inzwischen kann er auf eine erfolgreiche Konzerttätigkeit im In- und Aus land zurückblicken. ZUR EINFÜHRUNG Im Schaffen Robert Schumanns ge bührt den sinfonischen Werken ein Platz, der auch musikgeschichtlich von hervorragender Bedeutung ist. Sinfonie und Ouvertüre gaben ihm neben seinen großen Klavierkompositio nen, den musikdramatischen und oratorischen Werken vor allem Gelegenheit, sich großen Gegenständen zuzuwenden. Nur selten ist eine der Ouvertüren zu hören, die er zu klassischen Dramen von Shakespeare, Goethe und Schiller geschrieben hat. Innerhalb wenigerTage, vom 19. bis 23. Dezem ber 1851, vollendete er seine Ouvertüre zu Goethes „Hermann und D o - r o t h e a" o p. 1 3 6. Im Projektenbuch bekennt der Komponist: „Diese Ouvertüre schrieb ich mit großer Lust in wenigen Stunden." Sie war eigentlich „zur Eröffnung eines dem Goethe- schen Gedichte nachgebildeten Singspiels be stimmt." Goethes Epos als eine Darstellung des klassischen moralischen Bürgerideals hat Schumann sicher nicht nur aus dichterischen Gründen, sondern vor allem als ein im wei testen Sinne zu verstehendes Selbstbekennt nis angesprochen, das er mit seiner eigenen Haltung bekräftigen konnte. Musikalisches Kernstück der Ouvertüre ist die Marseillaise, die „den Abzug von Soldaten der französi schen Republik darstellte''. Ihr vorwärtsstür- mender Geschwindmarschrhythmus und ihre mitreißende Melodie werden zur Grundidee der Ouvertüre. Bei den Konzerten, die Wolfgang Ama deus Mozart für Bläser geschrieben hat, handelt es sich zumeist um Gefälligkeits- und Gelegenheitswerke im engeren Sinne, die in ihrer inhaltlichen und strukturellen Konzeption Rücksicht nehmen auf die besondere Natur der Blasinstrumente, dennoch einen ganz und gar persönlichen, originellen Charakter besitzen. Das trifft auch auf die beiden Flötenkonzerte G-Dur KV 313 und D-Dur KV 314 zu, die, ein ander in Anlage und Wesen verwandt, dem Vorgang der Mozartschen Violinkonzerte fol gen. Erreichen sie auch nicht immer deren Ge dankentiefe, so fesseln sie doch durch manch poetisches Detail. An das heute erklingende Konzert für Flöte und Orchester G-Dur KV 3 13, das Anfang 1778 in Mannheim auf Be stellung des holländischen Mäzens und Dilettanten de Jean geschrieben wurde, war Mozart zunächst mit Unlust herangegangen, da er das Soloinstrument nicht besonders schätzte. Doch ist das dem Werk keineswegs anzumerken, das im Gegenteil die Flöte mit besonderer Kenntnis ihrer Eigenart, ihrer Tech nik einsetzt, wenn auch eine Anlehnung an die Violintechnik spürbar ist. In der Orchesterbe handlung fällt die selbstständige Führung der Bratschen und zweiten Violinen auf. Nach al ter Triomanier wird der Solist oft nur von den beiden Geigen begleitet. Dem festlichen Ein leitungssatz (Allegro maestoso) schließt sich ein eigenwillig-phantastisches Adagio non troppo an, mit dem der Besteller offenbar nichts anzufangen wußte, da Mozart es ver-' mutlich gegen das idyllische Andante in C-Dur KV 315 zu ersetzen hatte. Das Schlußrondo dieses Konzertes (Tempo di Menuetto) hat Alfred Einstein einen „Springquell guter Laune und frischer Erfindung" genannt —- es atmet unverkennbar den Geist der Pariser komischen Oper. Zu den bedeutendsten Werken, die Robert Schumann während seiner Dresdner Zeit schrieb, gehört die 1848/49 entstandene M u - sik zu dem dramatischen Ge dicht „Manfred" des englischen Dichters Lord Byron (1788—1824). Der Kompo nist schuf zu dem 1817 erschienenen philoso phischen Versdrama Byrons, des neben Shelley hervorragendsten Repräsentanten der revolu tionären Romantik in England, eine 15 Num mern umfassende Bühnenmusik, die aus Ouver türe, Zwischenaktmusik, Solo- und Chorpar tien sowie Melodramen besteht und insge samt erstmals am 13. Juni 1852 unter Franz Lizst im Weimarer Hoftheater zur (szenischen) Aufführung gelangte. Die Dichtungen Byrons, dessen Protest gegen die Wirklichkeit seinen Zeit allerdings vorwiegend in einer pessimisti schen Haltung des „Weltschmerzes" zum Aus druck kam, übten—wie auf zahlreiche Künst ler seiner Epoche — auch auf Schumann eine faszinierende Wirkung aus. An „Man fred" inspirierte ihn der Charakter des mit großer persönlicher Schuld beladenen, leiden schaftlichen und empfindsamen Titelhelden, dessen rastloses Wollen und dessen Streben nach Erkenntnis tragisch scheitern müssen und der schließlich im tiefen Pessimismus endet. Die „Manfred"-Musik op. 115 ist heute als Gesamtwerk durch ihre enge Bindung an die nur noch als Kultur- und Zeitdokument bedeut same Dichtung Byrons nicht mehr lebensfähig.