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ter freiem Himmel, auf freiem Feld feierlich aufgeführt wird und erhoffte sich, daß durch seine Musik über den singenden Soldaten der freiwilligen tschechischen Einheiten im Ausland und über den Kämpfern in der Heimat ein mächtiges Band der Verständigung, der Sym pathie und des Vertrauens gespannt werde, was die Entschlossenheit in beiden Lagern be stärken sollte. Das ist das Anliegen des Wer kes, kein religiöses also in erster Linie. Dieser Vorstellung des Komponisten entsprachen die eingesetzten Mittel: Männerchor, Baritonsolo und ein kleines Orchester, bestehend aus je zwei Flöten, Klarinetten und Posaunen, drei Trompeten (aber keinen Streichern) einem Kla vier und einem Harmonium sowie verschiede nen Schlaginstrumenten und Glocken. Das En semble von insgesamt zehn Schlaginstrumenten läßt der Komponist reichlich zu Worte kommen — entweder selbständig oder in interessanten Kombinationen mit dem Klavier. Sehr wirkungs voll sind die rhythmisch skandierten Partien der Trommeln und Pauken sowie das Zusammen spiel aller Schlaginstrumente mit dem Orche ster. Das Harmonium versetzt den Zuhörer in die Atmosphäre einer Dorfkirche. Auch die klanglichen Möglichkeiten des Klavieres wer den reich ausgewertet. Der Text dieser ausdrucksvollen Kantate setzt sich aus liturgischen Texten, Bruchstücken der Psalmen 42, 44, 54, 56, 57 sowie aus Versen von Jiff Mucha zusammen, die die Sehnsucht des Soldaten nach der Heimat ausdrücken. Er enthält lyrische Passagen, Erinnerungen eines Soldaten auf Wachtposten, schildert Augen blicke aufwallenden Zornes, der Furcht, aber auch der Hoffnung, des Gebetes, der Fügung in ein höheres Schicksal und gibt nicht zuletzt dem Selbstvertrauen und der Entschlossenheit zum Kampfe Ausdruck. Die Uraufführung des Werkes erfolgte 1946 durch die Tschechische Philharmonie in Prag unter Rafael Kubelik. Die deutsche Übersetzung des Textes lautet: Vater unser, der du bist im Himmel, Geheiliget werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe Wie im Himmel also auch auf Erden. Unser täglich Brot gib uns heute Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben ... Dein Wille geschehe wie im Himmel also auch auf Erden! Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Herr, unser Vater, Schau auf die Heerscharen unter dir, die, ihre Hände im Gebet auf dem Schwert, Ihren Kindern gelobten, rotes Blut für Brot zu zahlen. O mein Gott, vergib uns unsere Armut, Verzeih’ unsren Anblick: Den Schmutz der Schützengräben auf dem Gesicht, Vergib uns, daß wir deinen Altar nicht mit Blumen schmückten. O mein Gott, mein Gott, welche Bürde hast du diesem Volk, Gebeugt unter seinem Kreuz, abermals aufer legt! Kyrie Eleison! Von fremden Gestaden, O Herr, Rufe und bete ich zu dir aus fernen Landen. Meine Lieder suchen dich im weiten Himmels rund, Doch wirst du wissen, ... und woher, Daß ich es bin, der in seiner Qual dich ruft, Ich, der verlorene Sohn seiner Heimat, Kein Fremder, sondern ich allein, der zu dir fleht? Wie kannst du finden mich in diesem Feld, so fern Von meinem Heimatland? O lieber Herr, laß mich nicht sterben, Wenn wankend ich mein Heer vernichtet seh. Nur für mein Leben, Herr, möcht' flehen, beten ich, Daß deine Hände mich nach Hause führn. Wer weiß, ob stark und mutig uns der Tod wird finden? Und hat nicht selbst dein Sohn geweint vor Pein und Furcht? O Herr, von diesem dunklen Ölberg höre rufen mit Todestraurigkeit im Herzen uns: Mein Gott, mein Gott, verlaß mich nicht! (Psalm 44) Gott, wir haben mit unsern Ohren gehört, Unsre Väter haben’s uns erzählt, Was du getan hast zu ihren Zeiten, in alten Tagen. (Psalm 42) Deine Fluten rauschen daher, Und eine Tiefe ruft die andere; Alle deine Wasserwogen und Wellen gehen über mich. Am Tage sendet der Herr seine Güte, Und des Nachts singe ich ihm Und bete zu dem Gott meines Lebens. Heimat, du mein Vaterland, Süßer, heil'ger Ort der Kindheit, Kirchenglocke von Geburt und Tod. Heimat, du mein Vaterland. Korn meines Sommers, Herbst meiner Schmer zen ... Kyrie Eleison! Nichts kennen meine Augen als die Einsamkeit der Nacht Wenn Träume mich bedrücken. Kalte Einsamkeit hat sich um meine Furcht gelegt. Schatten und Sterne spielen ihr Spiel unsrer Not, wenn der Tod zum Schlaf sich legt. Herr, bist du bei mir? Sieh’ mich, einen müden Posten im Feld, Mit tastenden Augen im Schweigen, Hellwach, doch die Zeit steht still für mich. Agnus Dei, miserere nobis! Heimat, du mein Vaterland, Süßer, heil'ger Ort der Kindheit, Du himmlische Blume, du köstliche Frucht! Höre, du Volk, die Trommeln unsres Marschs, Unser Tod wird euer Leben sein! (Psalm 57) Sei mir gnädig, Gott, sei mir gnädig! Denn auf dich traut meine Seele, Ich rufe zu Gott, dem Allerhöchsten, Zu Gott, der meine Sache zum guten Ende führt. (Psalm 56) Meine Feinde stellen mir täglich nach; Täglich bekämpfen und bedrängen sie mich. ^alm 57) (^Bjbe dich Gott, über den Himmel una deine Herrlichkeit über alle Welt. (Psalm 54) Er wird die Bosheit meinen Feinden vergelten. Vertilge sie um deiner Treue willen! Vater unser, der du bist im Himmel! Das Bühnenweihfestspiel „ P a r s i f a I “ (1882) istRichardWagners letztes Bühnenwerk, kein eigentliches Musikdrama mehr, aber auch kein eigentlich religiöses und schon gar kein christliches Werk im orthodoxen Sinne. Bei die sem Alterswerk handelt es sich vielmehr um eine Art mystischer „heiliger Vorstellung", um eine Verbindung alt-persischer, alt-indischer, mittelalterlich-christlicher Mysterien, „jung deutscher" Sinnlichkeit, Schopenhauerscher Welterlösungsmystik und Feuerbachscher Ein flüsse. Parsifal, „durch Mitleid wissend, der rei ne Tor", erscheint nunmehr als Erlöser der Ge sellschaft. Die Musik des „Parsifal" ist durch einen erhabenen, verinnerlichten und abgeklär ten Altersstil gekennzeichnet. Souverän ist die Harmonik und Polyphonie behandelt; die In strumentation bevorzugt Streicher und Holz bläser. Wagner hat das Vorspiel zum „Parsifal" mit den drei Begriffen „Liebe — Glaube — Hoffen“ gedeutet. Als Thema der Liebe erklingt eingangs der feierliche Abend mahlsspruch. Dann stimmen die Trompeten hell und zuversichtlich das Gralsmotiv, das Motiv des Glaubens an. Die biblische Szene „Das Liebesmahl der Apostel" für Männerchor und großes Orchester schrieb Richard Wagner als sächsischer Hofkapellmeister beinahe 40 Jahre vor dem „Parsifal", 1843, als Dreißigjähriger, anläßlich des Dresdner Män nergesangsfestes, in dessen Rahmen er selbst auch — mit einem Riesenaufgebot an Ausfüh renden — am 6. Juni 1843 die Uraufführung des Werkes dirigierte, das er der Witwe seines Leh rers, des Leipziger Thomaskantors Christian Theodor Weinlig gewidmet hatte. Stilistisch geht die Komposition von Carl Loewes unbe gleiteten Männerchororatorien („Apostel von Philippi") und in den Apostelrezitativen von Mendelssohns „Paulus" aus, den dieser gerade zwei Monate vorher in Dresden vorgestellt hat te, stößt aber in der hochromantischen Klang wirkung unverkennbar schon in den Ausdrucks bereich des „Tannhäuser“ vor. Das große Män nerchorfinale des 2. Aktes von „Tannhäuser“ hat im „Liebesmahl” seinen Ursprung und auch für den „Parsifal" besitzt es insofern den Cha rakter einer Vorstudie, als sich hier gewisser maßen von Ferne bereits feierliche Gralshar monien ankünden, wenn auch noch ohne die klangliche Transparenz des späteren Meister werkes. Dramatisch wirkt schon die Gruppie rung der Singstimmen: drei Chöre der Jünger, 12 Baßstimmen der Apostel, ein Chor der „Stimme aus der Höhe". Das Werk besteht aus zwei Teilen, deren erster vom unbegleiteten Männerchor vorgetragen wird; im zweiten Teil tritt das Orchester hinzu. Der a-cappella-Teil gliedert sich zunächst in drei dramatisch gegeneinandergeführte Chöre