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3. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Mittwoch, den 5. November 1980, 20.00 Uhr Donnerstag, den 6. November 1980, 20.00 Uhr oHiilHonnrrorri^ Dirigent: Carl von Garaguly, Schweden Solist: Oleg Kryssa, Sowjetunion, Violine Richard Strauss 1864-1949 Tod und Verklärung — Tondichtung für großes Orchester op. 24 Max Bruch 1838-1920 Schottische Fantasie für Violine und Orchester Es-Dur op. 46 Einleitung (Grave) — Adagio cantabile Allegro — Andante sostenuto Finale (Allegro guerriero) Harfe: Katharina Hanstedt Zum 60. Todestag des Komponisten am 2. Oktober 1980 PAUSE Jean Sibelius 1865-1957 Sinfonie Nr. 1 e-Moll op. 39 Andante ma non troppo — Allegro energico Andante (ma non troppo lento) Scherzo (Allegro) Finale (quasi una Fantasia) CARL VON GARAGULY, gebürtiger Budapester, wurde mit 17 Jahren Geiger im Berliner Philharmonischen Or chester, unternahm Gastspielreisen als Violinvirtuose, wirkte 1923—1930 als 1. Konzertmeister des Sinfonieor chesters Göteborg, von 1930—1940 in gleicher Position am Stockholmer Philharmonischen Orchester, das er 1941—1953 in der Nachfolge von F. Busch als Chefdi- rigent leitete. 1952—1958 war er Chefdirigent der „Har monien Society" in Bergen, 1959—1972 des „Gelders Orkest" in Arnhem (Niederlande), seit 1965 leitet er das „Sonderjyllands Symfoniorkester" Sonderborg (Dänemark). Er ist Mitglied der Königlichen Akade mie Stockholm und Träger vieler Auszeichnungen. Sei- internationale Dirigententätigkeit führte den pro- ^®3nten Künstler seit 1949 zu insgesamt 10 Gastspie ler zur Dresdner Philharmonie, mit der er u. a. die 1. und 7. Sinfonie von Sibelius für die Schallplatte produzierte. Anläßlich seines im Dezember bevorste henden 80. Geburtstages möchte er sich mit dem heu tigen Konzert vom Dresdner Publikum verabschieden. OLEG KRYSSA, 1942 geboren, begann seine musika lische Ausbildung im Alter von sechs Jahren an der Musikschule in Lwow, 1960 kam er in die Meister klasse David Oistrachs am Moskauer Konservatorium. Bereits 1962 ging er als 2. Preisträger aus dem Wie- niawski-Wettbewerb in Poznan hervor. Seinen Ruf als Violinvirtuose von internationalem Rang begründete jedoch die Teilnahme am Paganini-Wettbewerb 1963 in Genua, wo ihm die Jury den 1. Preis, den soge nannten Paganini-Preis, zuerkannte. Inzwischen kon zertierte er in zahlreichen Ländern als namhafter Ver treter der sowjetischen Geigerschule. Bei der Dresd ner Philharmonie war er erstmalig 1965 zu Gast. ZUR EINFÜHRUNG „Neben ,Don Juan' und .Till', den beiden Haupttreffern seiner Programmsinfonik, neben dem nur noch gelegentlich zu hörenden herb kraftvollen .Macbeth' (nach Shakespeare) kom ponierte Richard Strauss mehrere Ton dichtungen, deren Inhalt uns heute ferngerückt ist“, stellte der Strauss-Biograph Ernst Krause fest. „,Tod und Verklärung' (1889) ist die Frucht einer intensiven Beschäftigung mit Schopenhauers Philosophie während der Münchner und Weimarer Jahre. Der Blick des Komponisten schweifte vorübergehend nach dem Jenseits. Das Werk mit eigener Krankheit oder solcher von Freunden in Beziehung zu bringen (wie es fast immer geschieht), läßt sich historisch nicht rechtfertigen. Alles, was in dem Tonpoem vorgeht, entsprang der Phantasie des Komponisten. Irdisches Leid und himmlischer Sieg werden in dem melodisch reichen, die Ausdrucksbereiche des Weihevollen und Hym nischen bevorzugenden Werk in einer klang lich und formal sinnfälligen Weise besungen, die es ihm bei seinem Erscheinen besonders leicht machte, in die Breite zu dringen. Heute ist ,Tod und Verklärung' gegenüber den weni ger idealistischen und pathetischen Orchester werken in den Schatten getreten. Man kann die .Tondichtung für großes Orchester' (der Alexander Ritter erst nachträglich schwülstige Verse unterlegte) ohne jede Anspielung auf musikalische Einflüsse als einen sinfonischen Sonatensatz erklären, der von einer großen ge tragenen Introduktion eröffnet und von einem Hymnus nach Art einer Coda beschlossen wird. Innerhalb dieses Formgefüges wickelt sich ein vielfältiges, streng durchgeführtes thematisches Leben mit den Kontrasten des Fieberwahns und Todeskampfes wie der Erlösung und Verklä rung ab. Das beherrschende, einfache Verklä rungsthema klingt am Ende des ersten Teiles, von der Tiefe heraufsteigend, an, um im Ver laufe des Tonstücks immer kraftvollere, maje stätische Gestalt anzunehmen. Unschwer wird man heraushören, daß auch bei dieser recht naiv geschauten Vision vom Übergang einer Menschenseele ins Jenseits der Musiker Strauss der Diesseitige, dem Leben Verbundene bleibt." Der Name des zu seinen Lebzeiten hochgeehr ten und vielgespielten Komponisten Max Bruch ist heute eigentlich nur noch durch ein einziges Werk in den Konzertsälen lebendig ge ¬ blieben: durch sein 1. Violinkonzert g-Moll op. 26. Bruch, ein später Vertreter einer ganz vom Mendelssohnschen Ideal herkommenden Kompositionsrichtung, blieb trotz der 82jährigen Dauer seines Lebens unberührt von den gewal tigen musikalischen Veränderungen im Laufe dieser Jahrzehnte. Romantische Klangschönheit und formale Klarheit waren das Ziel dieses Kom ¬ ponisten, der zwar nicht die Originalität einer starken Persönlichkeit besaß, dessen Stil sich aber durch eine hervorragende Melodik, gedie gene Kontrapunktik, vielgestaltige Intrumenta- tion ud einen direkt ansprechenden, schlicht volkstümlichen Ausdruck auszeichnete. Haupt ¬ werke und Schwerpunkt des Schaffens des ge bürtigen Rheinländers Bruch, der bereits mit elf Jahren zu komponieren begann, lange Zeit all angesehener Dirigent in Deutschland und Eng land wirkte, von 1891 bis 1910 eine Professur an der Akademie der Künste in Berlin innehatte, mit dreifachen Ehrendoktorwürden und vielen anderen hohen Auszeichnungen geehrt wurde und große künstlerische Erfolge verzeichnen konnte, waren seine zahlreichen großen Chor werke mit Orchester (u. a. „Frithjof", „Schön Ellen", „Odysseus", „Das Lied von der Glocke", „Achilleus"). Weiterhin schrieb er drei Opern (darunter „Loreley" nach Geibel), drei Sinfo nien, drei Violinkonzerte, mehrere andere kon zertante Kompositionen, von denen besonders sein op. 47, „Kol nidrei" (Adagio für Violoncello auf hebräische Melodien) sehr bekannt wurde, sowie einige Klavier- und Kammermusikwerke. Die FantasiefürViolinemitOrche- sterund Harfe unter freier Benut- zung schottischer Volksmelodien i n Es - Du r o p . 46 entstand 1880 (das Violin konzert in g-Moll wurde bereits 1868 kompo niert, die in d-Moll 1878 und 1891). Ebenso wie das 2. Violinkonzert ist auch die „Schottische Fantasie" seinem Freunde Pablo de Sarasate, dem spanischen Meister des Violinspiels (184 bis 1908) gewidmet, dem eine „artistische Vi tuosität" nachgerühmt wird, die Bruch berück^ sichtigte und die den eminent technischen Schwierigkeitsgrad der Fantasie erklärt. Mei nungsverschiedenheiten mit Sarasate veranlaß ten Bruch, Joseph Joachim (1831—1907) um Mit arbeit an dem Werk zu bitten, dem er das g- Moll-Konzert von Brahms zueignete (auch d und Dvorak sind ie Violinkonzerte Joachim gewid ¬ met). Sarasate spielte die Fantasie übrigens mit dem Gewerbehausorchester erstmalig in Dresden. Bruch, der sich keltischen, schwedischen und he bräischen Volksweisen zuwandte, war nicht de