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ErrgebUolksfreund. Tageblatt für Schwarzenberg und Umgegend. für die königliche« «nd städtischen Behörde« i« Ane, Grünhain, Harten- stein, Johanngeorgenstadt, Lößnitz, Neustädtel, Schneeberg, Schwarzenberg und Wildenfels. Nedactton, Verlag und Druck von C. M. Gärtner in Schneeberg. «H« 296. Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Preis vierteljährlich 1 Marl 80 Pfennig«. Freitag, den 23. December JnsertionSgebühren: die gespaltene Zeile 10 Pfennige, die zweispaltige Zelle amtlicher Inserate 2b Pfennig«. i887. Erlaß, die Anmeldung zur Rekrutirungs-Stamm- rolle betr. Die Militärpflichtigen in den Aushebungsbezirken Schwarzenberg und Schnee berg werden hierdurch aufgefordert, sich gemäß § 23 der deutschen Wehrordnung vom 28. September 1875 innerhalb der Zeit vom 15. Januar bis zum 1. Februar 1888 zur Aufnahme in die Rekrutirungs-Stammrolle anzumelden. Die Anmeldung hat bei der Ortsbehörde desjenigen Orts zu erfolgen, an wel chem der Militärpflichtige seinen dauernden Aufenthalt oder in Ermangelung eines sol chen seinen Wohnsitz hat. Bei der Anmeldung ist von den im Jahre 1868 geborenen Militärpflichtigen, wenn deren Anmeldung nicht im Geburtsorte selbst erfolgt, das GeburtSzeugniß, von allen Militärpflichtigen aus den früheren Altersklassen aber der Loosungsschtin vorzulegen. Sind Militärpflichtige von dem Orte, an welchem sie sich zur Stammrolle anzu melden haben, zeitig abwesend, so hat die Anmeldung durch die betreffenden Eltern, Vormünder, Lehr- oder Brodherrn zu erfolgen. Militärpflichtige, welche die vorgeschriebene Anmeldung zur RekrutirungS-Stamm- rolle unterlassen, werden mit einer Geldstrafe bis zu 38 Mark oder mit Haft bis zu 3 Tagen bestraft. Schwarzenberg, am 20. December 1887. Der Civilvorsitzende der Ersatz-Commission in den Aus hebungsbezirken Schwarzenberg und Schneeberg. Arhr. v. Wirsing, Amtshauptmann. St. Beka«ntmachMg. Di« betreffenden Gewerbtreibenden pp. werden hierdurch in Kenntniß gesetzt, daß außer der Firma Max Elb in Dresden auch die Firma Gebrüder Dollfuß in Chemnitz zur Bereitung des DenaturirungSmittels für Branntwein nach Maßgabe von ZA. 9 und 10. Abs. 1 des Regulativs, betr. die Steuerfreiheit des Branntweins zu gewerblichen pp. Zwecken, ermächtigt worden ist. Königliches Hauptsteueramt Zwickau, 3 am 9. December 1887. Oertel, O.-St.-Jnsp. Bekanntmachung. Wegen der nach dem Jahresschlüsse zu bewirkenden Rechnungsablegungen werden alle Diejenigen, welche im Laufe dieses Jahres für die hiesige Stadt-, Schul- und Armen gemeinde Arbeiten ausgeführt oder sonstige Lieferungen besorgt haben, hiermit veranlaßt, die darüber auszustellenden Rechnungen bis spätestens den 31. December d. Js. anher einzureichen. Hartenstein, am 19. December 1887. Die Verwaltung der städtischen Kassen. Rosenfeld. Zur Lage. Auf eine glatt« Abwickelung der politischen Geschäfte der nächsten Zeit lassen die russischen Preßstimmen nicht schließen, so berichtet „H. T. B.": Petersburg, 20. Dezember. „Nowoje Wremja" schreibt: Deutschland dränge Oesterreich zum Kriege. Statt Fortsetzung der Rüstungen sollte Deutschland Einstellung der selben anrathen. Auch die in Wie« abgehaltenen Berath- ungen seien, genau betrachtet, eine unmotivirte Herausfor derung. Trotzdem sei, wenn Berlin und Wien wirklich Frieden wollten, der Bruch noch zu vermeiden. Rußland müsse aber, so lange es die Zwecke der Friedensliga nicht k«nne, sich für alle Fälle vorbereiten. Ferner liegen folgende Meldungen des „H. T. B." vor: Odessa, 20. Dezember. Zankow erklärte dem Kon stantinopeler Korrespondenten des „Odessaer Noworossißki telegraf", daß «r seine Reise nach Petersburg aufgegeben habe, da in Bulgarien hochernste Ereignisse bevorstehen und «r deshalb bald dorthin zurückkehren werde. Seit einigen Tagen werden große Truppenmassen auf den Dampfern der russischen freiwilligen Flotte aus dem Kaukasus und dem südöstlichen Rußland nach dem südwest lichen Rußland transportirt. Rustschuk, 20. Dezember. Prinzessin Clementine will sich direkt an den Sultan wenden, um dessen Schutz für ihren Sohn, d«n Fürsten Ferdinand, zu erwirken. Wie e» heißt, wolle die Prinzessin, wenn nöthig, selbst nach Konstantinopel gehen. Salo nicht, 20. Dezember. Nnch dem „Zeman" be fürchtet die Pforte, daß für den Fall «ine» österreichisch- russischen Konfliktes ein italienische- Kriegsgeschwader sich die Dardanellen-Durchfahrt zu erzwingen suchen werde. (Nach diesem Telegramm müßte die Pforte ziemlich verfrüht an Beklemmung leiden. Wie der „Globe" erfährt, beabsichtigt Lord Randolph Churchill, der thätsächlich Montag Abend über Berlin nach Petersburg abgereist ist, bis Ende Januar in Rußland zu verbleiben. — Wie schon gesagt, der Zweck dieser Reis« wird die Neugier der Politiker rege machen und dürste viel leicht ernsthafter zu nehmen sein, als di« erste unwahr scheinliche Form der Nachricht dies bewirken konnte. Die „Times" »eint nun wieder, daß deutsche und österreichische Staatsmänner wohl berechtigt seien, d«n Alpdruck der rüstenden russischen Nachbarschaft im günstigen Augenblicke abzuschütteln, und hält daher die Lage für äußerst gefährlich. Mit Aus nahme der radikalen „Pall Mall Gazette" steht aber di, ge- sammt» englische Press« auf deutsch-österreichischer Seite. — Wie verlautet, versuchen di« Radikalen in Pari« jetzt wieder die Orenzaffaire Kaufmann hervorziehen, um Kriegsstimmung gegen Deutschland zu machen. So auch Boulanger« , Franc«". Der „National" verlangt, daß auch Frankreich entsprechend« Maßregeln wi« Deutschland mit seiner n«u«n Wehrvorlag« ergreif«. D«r St. Petersburger „Herold" vom 5./17. Dezember k«hrt sich in seinem Eingangsaufsatz« unter der Ueberschrift „Politische Tagesschau" mit außerordentlicher Schärfe gegen den „Pester Lloyd", weil dieser die Stellung Oesterreich- Ungarns in Bosnien und der Herzegowina nicht mit einer solchen Rußlands in Bulgarien als gleichartig gelten lassen will. Das Pester Blatt hatte gesagt: „Einstweilen besteht der Berliner Vertrag, so weit er nicht von der russischen Regierung angegriffen ward, al« europäische Urkunde zu Recht,' dieser Berliner Vertrag aber verpflichtet Rußland zur Räumung Bulgariens, und beauftragt gerade umgekehrt Oesterreich-Ungarn mit der Be setzung und Verwaltung Bosniens und der Herzegowina." Dieser staatsrechtlich wohl unanfechtbaren Ausführung gegenüber, findet der „Herold" kein Wort sachlicher Erör terung, macht nicht einmal den Versuch zu gelassener Wider legung. Allerdings dürfte solche etwaige Leistung nicht leicht fallen. Wir erinnern hierfür nur an jene überraschenven Enthüllungen der „Nordd. Allg. Ztg." vor Jahresfrist, wo raus klärlich hervor ging, daß Rußland selbst 1876, um den Preis künftiger Unbetheiligung Oesterreichs an dem längst geplanten türkischen Kriege, gegen die Zusage also: der Türkei keinen Beistand zu leisten, der habsburgischen Monarchie alle Zugeständnisse bezüglich Bosniens u. s. w. vorweg, ganz freiwillig gemacht hatte. Der Petersburger „Herold" läßt sich auf gar keine ruhige Abwägung in diesen Dingen ein. Geradezu drohend ruft er: „Gemach, gemach! Bevor noch di« Mittagshöhe (der Lage) erstiegen ist, marschirt Ungarn-Oesterreich mit Sack und Pack aus diesen jeweilig besetzten serbischen Provinzen! Haben Sie verstanden, liebenswürdiger Pester Lloyd? Over aber: „bei Philippi sehen wir uns wieder!" Das ist ge wiß deutlich gesprochen. Tagesgeschichte. Deutschland. — Von Vertrauenswerther Seite wird der „Nat-Ztg." mitgetheilt, daß die Instructionen, welche der Botschafter Herr von Schweinitz bei seiner Rückkehr aus Friedrichsruhe nach Petersburg mitnimmt, durchaus friedlicher und ver söhnlicher Natur seien. Auch die Rathschläg«. die von dem Fürsten Bismarck nach Oesterreich gerichtet worden sind, empfehle» militärische Stärkung unter Vermeidung jeder Provocation. Die „Nordd. Allg. Ztg." faßt in ihrer Rund- sch«u die Lage wie folgt zusammen: „Es läßt sich nicht eben behaupten, daß der Artikel des „Russ. Jnv.", welcher bezüglich der von Wien au» inkriminirten Truppenbewegungen längst der galizischen Grenze den Spieß geradezu umkehrt und das militärische Verhalten der Mittelmächte für die mißliche Gestaltung der Situation verantwortlich macht, a«f die österreichisch-ungarischen Politiker einen beruhigenden Eindruck hervorgebracht hätt«. Offenbar hatte man sich einer anderen und loyaleren Antwort seitens der russisch«» Press« verseh«», einer Antwort, welche erkennen ließ, daß, wenn Rußland auch nicht zur Rückgängigmachung einmal vollzogener Maßregeln sich entschließe, e« doch, den gerechten Einwendung,» gegen seine umfassenden Grenzvorkehrungen Rechnung tragenv, nunmebr wenigstens' von einer Fortse tzung dieser Taktik Abstand nehmen würde. Statt dessen zeiht der „Russ. Jnv." die mitteleuropäischen Mächte ag gressiver Gelüste, offenbar nicht in der Absicht, den Sach verhalt zu vereinfachen und zu klären, sondern ihn zu ver wickeln und zu verdunkeln, mit der Aussicht auf Ergreifung neuer Maßregeln in der österreich-ungarischerseits doch so ernst beanstandeten Richtung! Und das Raisonnement des „Russ. Jnv." erhält durch den Kommentar de« „Journ. de St. Petersbourg" obendrein eine Verstärkung, welche kaum einen Zweifel läßt, daß man an der Neva nicht, wie das Wiener „Frdrl." noch unlängst that, zwischen politischer und militärischer Situation unterscheidet, sonder» jene wie diese in den Dienst der gleichen, für die Zukunft wenig Gutes verheißenden Tendenz einstellt. Es wäre hiernach nicht zu verwundern, wenn, falls Rußland mit seinen militärischen Vorbereitungen an der Grenze fortfahren sollte, auch Oester reich-Ungarn in der Bahn praktisch wirksamer Vorkehrungen im Interesse der Wahrung des militärischen Gleichgewicht« einlenkte. Danach handelt es sich nicht um die Frage rus sischer Rüstungen im Allgemeinen, oder auch nur um die Rückgängigmachung der Grenzvorkehrungen, sondern lediglich um die Unterlassung der Fortsetzung solcher Vorkehrungen, eintretendenfalls um die von Oesterreich vorzunehmende Wahrung des militärischen Gleichgewicht». Man wird wohl nicht fehlgreifen, wenn man annimmt, daß die militärische Gerathung, welche Kaiser Wilhelm mit dem Prinzen Wilhelm, dem Feldmarschall Grafen Moltke, dem General-Quartiermeister Grafen Waldersee, dem Kriegs minister und dem General von Albedyll am 17. Dezember gehabt hat, wesentlich bedingt worden ist durch die Mitthei- lungen, w«lche der russische „Invalide" über die Verhältnisse Deutschland», Oesterreichs und Rußlands zu einander ver öffentlicht hat, Mittheilungen, welche nach hiesigen allgemei nen Annahmen das wirkliche Sachverhältniß geradezu auf den Kopf stellen. Soweit aus Petersburg verlautet, ist der Bericht des „Invaliden" wahrscheinlich ein Auszug aus einem dem Czaren vom Chef des russischen Generalstabe», General Obrutschew, erstatteten amtlichen Berichte. E» muß also in Rußland schon sehr weit gekommen sein", schreibt die „K. Z.", „daß man es wagt, dem Czaren, der sich belehren lassen will, solche falsche Zusammenstellungen und Angaben amtlich zu machen, wie st« aus d«m Aufsatz des „Invaliden" sich verrathen.. Auch das ist wieder ein neuer Beweis da für, daß di« Ursachen der jüngsten Truppenverschiebungen nicht, wie vorgegeben, auf ei» Mißtrauen gegen Oesterreich- feindliche Absichten zurückzuführen sind, vielmehr den Bestre bungen. einer hochvermögenden panslavistischrn Sippe ent springen, wi« sie s» schroff in den letzten Monaten sowohl in der panslavlstischen Presse wie bei den russischen Freunden Geroul«»«» zu Tage getreten find." — Da« „Kl. Journal" bringt folgende Notiz: Der Hofmarschall de» Kaiser-, Graf Perponcher, soll, wie ver lautet, sein EntlassungSgesnch dem Monarchen überreicht haben. Dieser Entschluß de« Hofmarschalls wird auf die bekannte Deplactrung de« Reichskanzlers an der kaiserlichen Tafel bei Gelegenheit d«» Czarenbesuche» zurückgeführt, über 'm"«